Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 6475 12. 02. 2015 1Eingegangen: 12. 02. 2015 / Ausgegeben: 19. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit ist ihr ein Gutachten des Referats Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bekannt , das den Verdacht nährt, dass die Versicherungswirtschaft ihr Hinweisund Informationssystem (HIS) zum Teil missbräuchlich nutzt? 2. Ist ihr bekannt, welche Inhalte das Gutachten gegebenenfalls konkret hat und zu welchen Schlussfolgerungen es gelangt? 3. Wie bewertet sie das HIS der deutschen Versicherungswirtschaft und die kritisierte Praxis der Versicherer vor diesem Hintergrund aus Sicht von Verbrauchern und Datenschutz? 4. Was unternimmt sie, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor einer miss - bräuchlichen Verwendung des HIS zu schützen? 11. 02. 2015 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Verbraucher- und Datenschutz in der Versicherungswirtschaft Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6475 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. März 2015 Nr. Z (37)-0141.5/499F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) im Einvernehmen mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit ist ihr ein Gutachten des Referats Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bekannt , das den Verdacht nährt, dass die Versicherungswirtschaft ihr Hinweisund Informationssystem (HIS) zum Teil missbräuchlich nutzt? 2. Ist ihr bekannt, welche Inhalte das Gutachten gegebenenfalls konkret hat und zu welchen Schlussfolgerungen es gelangt? Zu 1. und 2.: Die deutsche Versicherungswirtschaft lässt seit dem Jahr 2011 vom Unternehmen informa Insurance Risk and Fraud Prevention GmbH mit Sitz in Baden-Baden ein Hinweis- und Informationssystem (HIS) als Auskunftei betreiben. Nähere Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV; vgl. http://www.gdv.de/his/). In das HIS können Versicherungsunternehmen aus bestimmten Sparten Daten zu Personen, Fahrzeugen oder Immobilien einmelden, wenn ein erhöhtes Risiko oder eine Auffälligkeit, die auf Versicherungsmissbrauch hindeuten könnte, vorliegt. Im Gegenzug dürfen sie daraus auch personenbezogene Informationen abrufen, um Risiken bei der Bearbeitung von Versicherungsanträgen und im Leistungsbzw . Schadensfall zu prüfen (vgl. auch Artikel 14 der „Verhaltensregeln für den Umgang mit personenbezogenen Daten durch die deutsche Versicherungswirtschaft “ vom 7. September 2012, http://www.gdv.de/wp-content/uploads/ 2013/03/ GDV_Code-of-Conduct_Datenschutz_2012.pdf). Laut Auskunft des LfD ist das 2011 eingeführte System an die Stelle eines seit 1993 betriebenen Vorläufersystems getreten, das in vielfacher Hinsicht nicht den datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprochen habe. Demgegenüber weise das neue Verfahren etliche datenschutzrechtliche Verbesserungen auf. Unter anderem sieht es vor, dass die Versicherungen die Betroffenen von der Einmeldung ihrer Daten im HIS benachrichtigen (vgl. auch Artikel 14 Absatz 4 a. a. O.). Ein „Gutachten“ der Dienststelle des LfD zum HIS existiert nicht. Soweit sich die Anfrage auf einen Artikel im „Handelsblatt“ vom 9. Februar 2015 bezieht, in dem dieser Begriff verwendet wurde, ergab eine Nachfrage beim LfD, dass es dabei lediglich um eine Einzelfallentscheidung aufgrund der datenschutzrechtlichen Beschwerde einer jungen Bürgerin gegangen sei. Dieser Einzelfallentscheidung lag nach Angaben des LfD folgender Sachverhalt zugrunde: Die Petentin habe eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Versicherungsunternehmen abschließen wollen und habe auf dem dafür vorgesehenen Fragebogen der Versicherung wahrheitsgemäß gesundheitliche Beschwerden angegeben. Nachdem ihr das Versicherungsunternehmen eine Versicherung nur zu einem erhöhten Prämiensatz angeboten habe, habe sie von einem Vertragsschluss Abstand genommen. Das Versicherungsunternehmen habe sie dennoch im HIS mit dem Meldegrund „Person – Erschwernis“ eingemeldet und das der Bürgerin mitgeteilt. Diese habe sich daraufhin an den LfD gewendet. Die Dienststelle des LfD sei nach der Einholung von Stellungnahmen der Versicherung und der Auskunftei zum Ergebnis gekommen, dass die Einmeldevoraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Dies sei der Petentin in einem umfangreichen Schreiben mitgeteilt worden. Dieses Schreiben sei ohne Zutun des LfD der oben gennannten Zeitung zugeleitet, von dieser teilweise zitiert und als „Gutachten“ bezeichnet worden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6475 In dem konkreten Fall hat der LfD bemängelt, dass das angeblich erhöhte Risiko in Bezug auf die Petentin nicht durch Tatsachen untermauert war. Das Risiko habe nach Ansicht der Versicherung darin gelegen, dass die Petentin im Falle eines erneuten Versicherungsantrags bei einem anderen Versicherungsunternehmen ihre gesundheitlichen Beschwerden – trotz ausdrücklicher Nachfrage auf dem üblichen Antragsformular – verschweigen würde, weil sie beim ersten Anlauf mit einem Risikozuschlag konfrontiert worden sei. Die Versicherung habe jedoch weder einen allgemeinen Erfahrungssatz dieser Art vorgetragen, noch habe der konkrete Fall tatsächliche Anhaltspunkte für eine derartige Befürchtung geboten. Insofern bestand nach Ansicht des LfD auch kein hinreichender Anlass, andere Versicherungsunternehmen vor einem Vertragsschluss mit der Petentin zu warnen. Darüber hinaus sei der oben genannte Meldegrund („Erschwernis“) nach Ansicht des LfD ausgesprochen unscharf und könne gemäß Auskunft des GDV für eine abfragende Versicherung unterschiedliche Bedeutungen haben. Er könne besagen, dass die oder der Betroffene nachteilige Angaben zu ihrem oder seinem Gesundheitszustand – hierzu könnten neben medizinischen Risiken auch gefährliche Berufe oder gefährliche Sportarten zählen – gemacht habe, sich gegenüber einer Versicherung betrügerisch verhalten habe oder sonstige Risiken mit sich bringe. Diese Auslegungsmöglichkeiten gingen aus den nicht veröffentlichten „Anwendungshinweisen “ zu HIS hervor, die die Versicherungswirtschaft 2013 herausgegeben habe. 3. Wie bewertet sie das HIS der deutschen Versicherungswirtschaft und die kritisierte Praxis der Versicherer vor diesem Hintergrund aus Sicht von Verbrauchern und Datenschutz? Zu 3.: Aus Sicht des Daten- und des Verbraucherschutzes kann das HIS grundsätzlich rechtskonform betrieben werden, wenn die gesetzlichen Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), die an eine Auskunftei gestellt werden, hinreichend beachtet werden. Maßgeblich ist insoweit, ob für die jeweilige Datenübermittlung oder -nutzung die Voraussetzungen nach § 28 Absatz 2 Nummer 2 a BDSG vorliegen. Danach ist die Übermittlung oder Nutzung für einen anderen Zweck (als den eigenen Geschäftszweck) zulässig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung oder Nutzung hat. Die Übermittlung von Informationen über tatsächliche Versicherungsrisiken an bzw. durch eine Auskunftei kann daher grundsätzlich erforderlich sein, wenn die Versicherung sich auf diese Weise zum Beispiel wirksam vor Betrugsversuchen oder vertragswidrigem Verhalten schützen kann. Die mitgeteilten Risiken sollten allerdings – wie dargelegt – auf statistisch belegbaren Annahmen beruhen und die Betroffenen nicht durch begriffliche Unschärfen diskriminieren. 4. Was unternimmt sie, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor einer miss - bräuchlichen Verwendung des HIS zu schützen? Zu 4.: Nach Angaben des LfD ist das HIS regelmäßig Gegenstand der Beratungen in den einschlägigen Gremien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Dabei sollen demnächst auch die Erfahrungen mit den Einmeldekriterien in HIS, nicht zuletzt aufgrund der angesprochenen Medienberichterstattung , erörtert werden. Weiterer Diskussionsbedarf ergebe sich, weil die Versicherungswirtschaft beabsichtige, den Anwendungsbereich des HIS auf die privaten Krankenversicherer zu erweitern. Der LfD werde sich dafür einsetzen, dass im HIS nur noch Personen eingemeldet werden, von denen tatsächliche oder zumindest statistisch belegbare Risiken ausgehen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6475 4 Das MLR begrüßt diese Zielsetzung des LfD und setzt sich im Rahmen seiner verbraucherpolitischen Kompetenzen für eine weitere Stärkung der Durchsetzung verbraucherschützender Datenschutzvorschriften ein. Unter anderem beteiligte es sich frühzeitig an der fachlichen Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts im Bundesrat (BR-Drucksache 55/15) und wirkt derzeit aktiv an den parlamentarischen Beratungen dieses Gesetzentwurfs im Bundesrat mit. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice