Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 6488 13. 02. 2015 1Eingegangen: 13. 02. 2015 / Ausgegeben: 19. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Was ist unter einer „großen Zahl von Betroffenen“ zu verstehen, ab der sich laut Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 das Ermessen der Straßenverkehrsbehörde zum Einschreiten verdichtet, wenn bestimmte Beurteilungspegel überschritten werden? 2. Was ist unter der „grundsätzlichen Pflicht zur Anordnung bzw. Durchführung von Maßnahmen“ im Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 bei einer Überschreitung um 3 dB(A) zu verstehen? 3. Nach welchen Kriterien ist zu bewerten, dass wiederum ein Absehen von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen in diesen Fällen „gerechtfertigt“ erscheint , insbesondere bei den Punkten „Leistungsfähigkeit“ und „Verkehrsverlagerung “? 4. Sind die in den vorstehenden Fragen 1 bis 3 gemachten Vorgaben des Landes gesetzlich zwingend oder hat das Land seinerseits diesbezüglich Spielräume genutzt und wenn ja, mit welchen Erwägungen? 5. Entspricht der Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 inhaltlich den vergleichbaren Vorgaben in anderen Bundesländern bzw. welche Unterschiede gibt es hier? 13. 02. 2015 Lusche CDU Kleine Anfrage des Abg. Ulrich Lusche CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Straßenverkehrliche Maßnahmen, insbesondere Geschwindig - keitsbegrenzungen im Zusammenhang mit Lärmaktionsplänen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6488 2 B e g r ü n d u n g Die aktuell im Zuge der Umsetzung von EU-Recht bzw. Bundesrecht aufzustellenden Lärmaktionspläne lösen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Betroffenheiten intensive Diskussionen vor Ort aus. Dies zeigt sich nicht zuletzt dann, wenn verkehrlich bedeutende Straßenabschnitte aufgrund des Fahrzeugaufkommens für die Anwohner zu Lärmbelastungen führen. Für den zu findenden Ausgleich zwischen insbesondere Verkehrsfunktion und Lärmschutz stellt sich dann im konkreten Diskussionsprozess die Frage nach den vorhandenen Spielräumen bzw. wo zwingend gehandelt werden muss. Das Land hat hierzu mit seinem Kooperationserlass vom 23. März 2012 Vorgaben gemacht. Bei diesen Vorgaben stellen sich in der konkreten Umsetzung Fragen , insbesondere, auf welcher Grundlage diese Vorgaben beruhen und welche Spielräume das Land, seine Straßenverkehrsbehörden und die planenden Kommunen haben. A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. März 2015 Nr. 3-882/1875 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was ist unter einer „großen Zahl von Betroffenen“ zu verstehen, ab der sich laut Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 das Ermessen der Straßenverkehrsbehörden zum Einschreiten verdichtet, wenn bestimmte Beurteilungspegel überschritten werden? 2. Was ist unter der „grundsätzlichen Pflicht zur Anordnung bzw. Durchführung von Maßnahmen“ im Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 bei einer Überschreitung von 3 dB(A) zu verstehen? 3. Nach welchen Kriterien ist zu bewerten, dass wiederum ein Absehen von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen in diesen Fällen „gerechtfertigt“ erscheint , insbesondere bei den Punkten „Leistungsfähigkeit“ und „Verkehrsverlagerung “? Die Ziff. 1. bis 3. werden wie folgt beantwortet: Rechtsgrundlage für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutze der Wohnbevölkerung vor Lärm ist § 45 Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrs-Ordnung in Verbindung mit den Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr. Die tatbestand - lichen Voraussetzungen für verkehrsrechtliche Maßnahmen sind dann erfüllt, wenn der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss. Es liegen jedoch keine auf Rechtssetzung beruhenden Grenzwerte für eine Lärmbelastung vor, die unmittelbar Anwendung finden können. Die Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 23. November 2007 geben den Straßenverkehrsbehörden eine Orientierungshilfe zur Ausübung des Ermessens durch die Nennung von Richtwerten. Im Rahmen einer Gesamtabwägung der Belange des Verkehrs sowie der Anwohner/-innen hat der Bund in den Lärmschutz-RichtlinienStraßenverkehr gemeinsam mit den Ländern gebietsspezifische Orientierungswerte für eine ortsübliche Lärmbelastung in Folge der vom Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegeben Regelgeschwindigkeit Tempo 50 km/h innerorts festgelegt . Für Straßen des überörtlichen Verkehrs beschreiben die Richtwerte der Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr regelmäßig die untere Tatbestandsgrenze für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz vor Lärm. Damit wird berücksichtigt, dass üblicherweise Anliegern dieser Straßen wegen ihrer der Wid- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6488 mung entsprechenden Verkehrsbedeutung mehr Verkehrslärm zugemutet werden kann als beispielsweise Anliegern von reinen Wohnstraßen. Die Richtwerte setzen keine strikte rechtliche Grenze. Von ihnen kann im begründeten Einzelfall, zum Beispiel bei Vorliegen eines atypischen Falles, nach oben und unten abge - wichen werden. Liegen die Beurteilungspegel für eine große Zahl von Betroffenen bzw. Wohngebäuden über den genannten Werten, verdichtet sich das Ermessen der Behörde zum Einschreiten. Eine Pflicht, also eine Ermessensreduzierung auf Null ist aber nicht grundsätzlich gegeben. Bei einer Überschreitung der Werte um 3 dB(A) reduziert sich das Ermessen hin zur grundsätzlichen Pflicht zur Anordnung bzw. Durchführung von verkehrsrechtlichen Maßnahmen auf den betroffenen Straßenabschnitten . Die zuständige Behörde darf bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen oberhalb der oben genannten Werte von verkehrsrechtlichen Maßnahmen absehen , wenn dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile, zum Beispiel in Bezug auf Luftreinhaltung, Leistungsfähigkeit oder Verkehrsverlagerung gerechtfertigt erscheint. Die Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr und der Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung des Landes vom 23. März 2012 sind eine fachliche Grundlage für verkehrsbehördliche Lärmschutzmaßnahmen. In diesen Handlungsanleitungen zur Ermessensausübung sind jedoch keine festen Grenzwerte vorgegeben. Die anordnende Behörde hat alle Aspekte des Verkehrs und des Schutzes der Anwohner -/innen in jedem Einzelfall zu gewichten und abzuwägen. So können sehr hohe Überschreitungen der Orientierungswerte in Verbindung mit einer geringen Zahl von Betroffenen, aber auch weniger hohe Überschreitungen der Orientierungswerte in Verbindung mit einer großen Zahl von Betroffenen tatbestandliche Vo - raussetzung für einen Eintritt der Behörden in eine Ermessensentscheidung sein. Um das Schutzbedürfnis der Wohnbevölkerung zu konkretisieren, wurde festgelegt , dass bei einer Überschreitung der Orientierungswerte um 3 dB(A) die Belange des Anwohnerschutzes den Belangen des Verkehrs grundsätzlich vorgehen, sofern andere Schutzziele nicht entgegenstehen. 4. Sind die in den vorstehenden Fragen 1 bis 3 gemachten Vorgaben des Landes gesetzlich zwingend oder hat das Land seinerseits diesbezüglich Spielräume genutzt und wenn ja, mit welchen Erwägungen? 5. Entspricht der Kooperationserlass des Landes vom 23. März 2012 inhaltlich den vergleichbaren Vorgaben in anderen Bundesländern bzw. welche Unterschiede gibt es hier? Zu den Fragen 4. und 5.: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wird bei Lärmbelastungen von über 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts ein kritischer Bereich hinsichtlich einer Gesundheitsgefährdung für lärmbetroffene Anwohner/-innen erreicht, die belas - tende Verwaltungsakte in Form von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs begründen können. Damit wird auf eine gebietsspezifische Lärmschutzwürdigkeit verzichtet, was den seitens des Bundes und der Länder im Jahr 2007 neu gefassten Lärmschutz-Richtlinien-Straßenverkehr widerspricht. Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg hat deshalb ermessenslenkend im Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung des Landes vom 23. März 2012 festgelegt, dass straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen unabhängig vom Gebietstyp nach Baunutzungsverordnung und unter Be - rücksichtigung eines bereits vorhandenen Lärmschutzes insbesondere ab Werten von 70 dB(A) zwischen 6:00 und 22:00 Uhr (tags) und 60 dB(A) zwischen 22:00 und 6:00 Uhr (nachts) in Betracht kommen können. In Gewerbegebieten erfolgt ein Zuschlag von 5 dB(A). Mit diesen Regelungen hat das Land die Vorgaben der Rechtsprechung in einen Erlass umgesetzt, was in anderen Bundesländern noch nicht der Fall ist. Dr. Splett Staatssekretärin << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice