Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7218 28. 07. 2015 1Eingegangen: 28. 07. 2015 / Ausgegeben: 03. 09. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie haben sich die Anzahl der Straftaten und die Anzahl der aufgeklärten Straftaten im Schwarzwald-Baar-Kreis in den letzten zehn Jahren entwickelt (gegliedert nach Deliktsarten)? 2. Welche Kriminalitätsschwerpunkte, Signifikanzen, neue Entwicklungen und neue Tendenzen der Kriminalität im Schwarzwald-Baar-Kreis sind seit Umsetzung der Polizeireform, insbesondere seit Beginn des Jahres, erkennbar; dies auch im Hinblick auf die vorliegenden Daten der polizeilichen Kriminalsta - tistik sowie der zentralen integrierten Auswertung der Kriminalpolizeidirektion Rottweil und der strategischen Auswertung des Polizeipräsidiums Tuttlingen in 2014 und 2015 im Schwarzwald-Baar-Kreis? 3. Aus welchen Gründen ist aus ihrer Sicht die Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle im Schwarzwald-Baar-Kreis von 2013 auf 2014 von 117 auf 168 gestiegen ? 4. Warum weicht die Aufklärungsquote der Wohnungseinbruchsdiebstähle von der durchschnittlichen Aufklärungsquote aller erfassten Straftaten im Schwarzwald -Baar-Kreis so signifikant nach unten ab? 5. Wie schätzt sie die Erfolgsaussichten der strategischen und operativen Maßnahmen ein, insbesondere auch im Bereich der Kriminalprävention, die ergriffen wurden, um die Wohnungseinbrüche im Schwarzwald-Baar-Kreis nachhaltig zu bekämpfen? 6. Welche Erkenntnisse hat sie über potenzielle organisierte Strukturen von Wohnungseinbrechern sowie über die Herkunft der Tatverdächtigen im Schwarzwald -Baar-Kreis? Kleine Anfrage des Abg. Karl Rombach CDU und Antwort des Innenministeriums Kriminalität im Schwarzwald-Baar-Kreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 2 7. Welche Maßnahmen des Sicherheitspaketes der Landesregierung werden im Schwarzwald-Baar-Kreis mit welchen Erfolgen umgesetzt? 8. Welche Erkenntnisse hat sie über eventuelle Fehlentwicklungen aufgrund des Zuschnitts der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit sowie der räumlichen Verteilung der einzelnen Polizeidienststellen beziehungsweise Organisationseinheiten im Präsidiumsbereich Tuttlingen? 9. Wie hat sich die Zahl der besetzten Vollzugsstellen und der Vollzeitäquivalente (VZÄ) im Schwarzwald-Baar-Kreis mit Stand zum 1. Juli 2015 im Vergleich zu Beginn der Polizeireform verändert? 10. Welche Erkenntnisse hat sie über die Mitarbeiterzufriedenheit des Polizeivollzugsdienstes seit Umsetzung der Polizeireform im Schwarzwald-Baar-Kreis? 28. 07. 2015 Rombach CDU B e g r ü n d u n g Im Jahr 2014 ist die Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle im SchwarzwaldBaar -Kreis in außerordentlicher Weise gestiegen. Die Gesamtzahl der Straftaten stieg um 16,5 Prozent auf 8 501 Fälle, der höchsten Zahl seit 2009. Die Hintergründe dieser Entwicklung sollen beleuchtet werden. Aus dem Umfeld des Polizeipräsidiums Tuttlingen sind im Hinblick auf den Zustand der Mitarbeiterzufriedenheit, den örtlichen und sachlichen Aufgabenzuschnitt des Polizeivollzugsdienstes, die relativ langen Wege zu Tatorten/Unfall - orten und Dienstbesprechungen bei übergeordneten Dienststellen sowie die zahlreichen dislozierten Standorte von Organisationseinheiten der Kriminalpolizei vermehrt kritische Stimmen zu vernehmen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. August 2015 Nr. 3-1210/144 beantwortet das Innenminis - terium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich die Anzahl der Straftaten und die Anzahl der aufgeklärten Straftaten im Schwarzwald-Baar-Kreis in den letzten zehn Jahren entwickelt (gegliedert nach Deliktsarten)? Zu 1.: Im Zehn-Jahres-Vergleich stellt sich die Entwicklung der Fallzahlen sowie der aufgeklärten Straftaten im Schwarzwald-Baar-Kreis in Hinsicht auf die Delikts - obergruppen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wie folgt dar: In der Gesamtschau ist festzustellen, dass die Gesamtzahl der Straftaten im Betrachtungszeitraum der Jahre 2005 bis 2014 um 6,4 Prozent rückläufig war. Die Kriminalitätsbelastung (Anzahl der Straftaten je 100.000 Einwohner) lag im Schwarzwald-Baar-Kreis im Jahr 2014 mit 4.145 Straftaten deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 5.592 Delikten je 100.000 Einwohner. Bei der Aufklärungsquote (AQ) konnte eine Steigerung von 58,5 Prozent im Jahr 2013 auf 60 Prozent im Jahr 2014 erzielt werden. Damit lag die AQ im Schwarzwald-BaarKreis über der landesweiten AQ von 58,9 Prozent. Im Übrigen wird auf die Darstellung der Entwicklung der AQ insgesamt in der Antwort zu Frage 4 verwiesen. Schwarzwald-Baar-Kreis 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Straftaten insgesamt insgesamt 9.084 8.821 8.960 9.261 8.028 8.250 8.307 7.539 7.299 8.501 aufgeklärte Fälle 5.723 5.531 5.334 5.439 4.657 5.209 4.919 4.148 4.272 5.104 Straftaten gegen das Leben insgesamt 2 9 6 4 5 4 9 5 5 6 aufgeklärte Fälle 2 9 6 3 5 4 9 5 5 6 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung insgesamt 96 86 117 83 86 71 75 76 75 114 aufgeklärte Fälle 69 67 97 78 67 64 70 60 62 87 Rohheitsdelikte/Delikte gegen die persönliche Freiheit insgesamt 1.049 1.011 1.107 1.044 933 977 1.021 915 935 1.058 aufgeklärte Fälle 926 903 995 927 845 875 917 807 846 975 Diebstahl ohne erschwerte Umstände insgesamt 2.423 2.500 2.208 2.229 2.058 2.053 2.213 1.938 2.016 1.938 aufgeklärte Fälle 1.248 1.338 1.069 1.100 1.129 1.004 1.098 892 922 876 Diebstahl unter erschwerten Umständen insgesamt 1.276 936 1.148 1.177 1.072 944 1.100 1.195 923 1.201 aufgeklärte Fälle 441 160 294 205 210 216 206 248 181 189 Vermögens- und Fälschungsdelikte insgesamt 1.590 1.534 1.480 1.842 1.350 1.901 1.253 1.243 1.188 1.640 aufgeklärte Fälle 1.436 1.376 1.279 1.639 1.158 1.752 1.097 1.002 1.025 1.427 Sonstige Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch insgesamt 1.907 1.963 2.191 2.330 2.078 1.749 2.074 1.714 1.648 1.876 aufgeklärte Fälle 891 925 938 966 820 771 999 722 745 915 Strafrechtliche Nebengesetze insgesamt 741 782 703 552 446 551 562 453 509 668 aufgeklärte Fälle 710 753 656 521 423 523 523 412 486 629 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 4 2. Welche Kriminalitätsschwerpunkte, Signifikanzen, neue Entwicklungen und neue Tendenzen der Kriminalität im Schwarzwald-Baar-Kreis sind seit Umsetzung der Polizeireform, insbesondere seit Beginn des Jahres, erkennbar; dies auch im Hinblick auf die vorliegenden Daten der polizeilichen Kriminalsta - tistik sowie der zentralen integrierten Auswertung der Kriminalpolizeidirektion Rottweil und der strategischen Auswertung des Polizeipräsidiums Tuttlingen in 2014 und 2015 im Schwarzwald-Baar-Kreis? Zu 2.: Der Feststellung von Kriminalitätsschwerpunkten geht regelmäßig eine Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) voraus. Bezogen auf den Schwarzwald-Baar-Kreis hoben sich im Jahr 2014 die Deliktsbereiche Betrug und Diebstahl unter erschwerten Umständen sowie die Rauschgiftkriminalität , Körperverletzungsdelikte und Straftaten gegen die sexuelle Selbst - bestimmung in unterschiedlicher Intensität von den Fallzahlen des Vorjahres ab. Mit Blick auf die signifikant ausgefallene Mehrung der Betrugsdelikte (als Bestandteil der Obergruppe „Vermögens- und Fälschungsdelikte“) ist bemerkenswert , dass im Jahr 2014 Seriendelikte aufgeklärt wurden, die nur wenigen Tätern zuzurechnen waren. Diese aufgeklärten Tatserien sind ursächlich für den Anstieg der Fallzahlen in diesem Deliktsbereich. Während im Jahr 2013 insgesamt 506 Tatverdächtige zu 898 Betrugsstraftaten ermittelt wurden, konnten im Jahr 2014 den 510 Tatverdächtigen 1.251 Delikte polizeilich nachgewiesen werden. Innerhalb der Deliktsobergruppe „Diebstahl unter erschwerten Umständen“ wies die PKS im Jahr 2014 im Vorjahresvergleich Zuwächse der Fallzahlen bei Wohnungseinbrüchen sowie Diebstählen aus Dienst- und Büroräumen, Gaststätten und Verkaufsräumen aus. Die Entwicklung verläuft dabei kongruent zum landesweiten Fallaufkommen in diesen Deliktsbereichen. Der Anstieg der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (als Bestandteil der Deliktsobergruppe der strafrechtlichen Nebengesetze) ist differenziert zu betrachten . Hierbei handelt es sich primär um sogenannte „Holkriminalität“, insofern ist ein Anstieg der Fallzahlen auf das initiative, polizeiliche Tätigwerden zurückzuführen . Innerhalb des Polizeipräsidiums Tuttlingen bildete die Rauschgiftkrimi - nalität einen Handlungsschwerpunkt im Jahr 2014, infolgedessen die ermittelten Straftaten nach dem Jahr 2005 einen Zehn-Jahres-Höchststand erreichten. Eine Abnahme der Fallzahlen wurde im vergangenen Jahr unter anderem bei Laden - sowie Taschendiebstählen festgestellt. Im Hinblick auf die Entwicklung der Fallzahlen in den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 war das Fallaufkommen insgesamt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu vergleichbar. Auch die Kriminalitätsbelastung blieb damit unver - ändert. Die Aufklärungsquote konnte ersten Auswertungen zufolge indessen auf 62,1 Prozent weiter gesteigert werden und erreichte einen Fünf-Jahres-Höchststand im Bezugszeitraum. Im Deliktsfeld der Wohnungseinbrüche (WED) waren, entgegen des landesweiten Trends, in den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 im Vorjahresvergleich tendenziell höhere Fallzahlen zu konstatieren, wenngleich bei der Bewertung der Kriminalitätsentwicklung im bisherigen Verlauf des Jahres 2015 auf Basis der PKS zu berücksichtigen ist, dass die Fallzahlen durch unterschiedliche Faktoren im Jahresverlauf weiteren Veränderungen unterliegen können. Zudem war ins - besondere das erste Quartal 2015 durch hohe Fallzahlen belastet, woraufhin das Polizeipräsidium Tuttlingen mit umfangreichen Maßnahmen einen deutlichen Schwerpunkt auf die Bekämpfung dieses Deliktsfeldes legte, was sich unmittelbar positiv auf die Fallzahlen im zweiten Quartal des Jahres 2015 auswirkte. Geografisch bildeten sich in den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 bei WED Schwerpunkte in Villingen-Schwenningen und Bad Dürrheim, wohingegen in mehr als der Hälfte der Städte und Gemeinden des Schwarzwald-Baar-Kreises im Jahr 2015 überhaupt kein Wohnungseinbruch registriert wurde. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 3. Aus welchen Gründen ist aus ihrer Sicht die Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle im Schwarzwald-Baar-Kreis von 2013 auf 2014 von 117 auf 168 gestiegen? 4. Warum weicht die Aufklärungsquote der Wohnungseinbruchsdiebstähle von der durchschnittlichen Aufklärungsquote aller erfassten Straftaten im Schwarzwald -Baar-Kreis so signifikant nach unten ab? Zu 3. und 4.: Der Verlauf der Fallzahlen des Wohnungseinbruchdiebstahls (WED) in den vergangenen Jahren ist im Kontext der landes- und bundesweiten Entwicklung dieses Deliktsfeldes zu bewerten. So stiegen die Fallzahlen des WED im Jahr 2014 im Bundesgebiet zum sechsten Mal in Folge an. Auch Baden-Württemberg konnte sich dieser Entwicklung nicht entziehen, wenngleich Baden-Württemberg nach Bayern nach wie vor zu den sichersten Bundesländern mit der geringsten Kriminalitätsbelastung in Deutschland gehört. Im Schwarzwald-Baar-Kreis stellt sich die Entwicklung der Fallzahlen des WED im Zehn-Jahres-Vergleich wie folgt dar: Mithin sind besonders die Tatgelegenheitsstruktur und der Zugang zur Tatörtlichkeit bei der Auswahl der Tatobjekte von Bedeutung. Dies hat gleichermaßen Auswirkungen auf die WED im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Anbindung an Fernstraßen , wie die BAB 81 bzw. die Bundesstraßen 27, 31 und 500 stellen für die Täter eine geeignete Möglichkeit der schnellen An- und Abreise zum bzw. vom Tatort dar. Die Grenznähe zur benachbarten Schweiz begünstigt zudem die Tatbegehung durch überregionale Täter. Bei der Betrachtung der Tatmonate wird deutlich, dass im Jahr 2014 mit 78 WED nahezu die Hälfte aller Delikte des Jahres in den Monaten November und Dezember verübt wurden. Diese zeitliche Konzentration ist ein deutliches Indiz dafür, dass organisiert oder gewerbsmäßig handelnde Serientäter und Tätergruppen für eine Vielzahl dieser WED und damit auch für den Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2014 verantwortlich sein dürften. Darüber hinaus lassen sich aus den Falldaten der PKS und der Auswertung der Einzelfälle keine, über den allgemeinen Trend hinausgehenden, belastbaren Begründungen für die Zunahme der WED im Schwarzwald-Baar-Kreis im Jahr 2014 ableiten. Die Aufklärungsquote (AQ) im Bereich des WED rangiert landes- und bundesweit regelmäßig auf niedrigem Niveau. Aufgrund der oftmals geringen objektiven Spurenlage und meist nur wenigen Zeugenhinweisen ist die Aufklärung von WED teils äußerst komplex. Andere Delikte, beispielsweise der Ladendiebstahl oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben demgegenüber regelmäßig hohe AQ, da die Täter meist bei Tatentdeckung bereits bekannt sind, was sich auch auf die AQ aller erfassten Straftaten entsprechend auswirkt. Die deut liche Differenz zwischen der AQ aller erfassten Straftaten und der Quote bei WED im Schwarzwald-Baar-Kreis ist daher nicht als landkreisspezifisch anzu sehen. Die Entwicklung der AQ aller Straftaten im Schwarzwald-Baar-Kreis im Vergleich zur AQ für Baden-Württemberg im Zehn-Jahres-Vergleich ergibt sich aus nachfolgender Tabelle: 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 WED 91 72 103 138 113 82 84 122 117 168 davon Versuche 43 30 35 49 35 29 27 44 34 59 aufgeklärte Fälle 23 13 13 18 21 18 26 16 27 19 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 6 Die AQ WED im Schwarzwald-Baar-Kreis unterlag im Zehn-Jahres-Vergleich starken Schwankungen. Auffallend hohe AQ in einzelnen Jahren ergaben sich unter anderem durch die Aufklärung von Tatserien mit einer Vielzahl von Einzelfällen . Im ersten Halbjahr 2015 stieg die AQ WED deutlich an und nähert sich nach derzeitigem Stand wieder dem Wert aus dem Jahr 2013 an. Diesbezüglich bleibt aber die weitere Jahresentwicklung abzuwarten. 5. Wie schätzt sie die Erfolgsaussichten der strategischen und operativen Maßnahmen ein, insbesondere auch im Bereich der Kriminalprävention, die ergriffen wurden, um die Wohnungseinbrüche im Schwarzwald-Baar-Kreis nachhaltig zu bekämpfen? Zu 5.: Die erkennbar steigenden Tendenzen im Bereich des Wohnungseinbruchdiebstahls (WED) führten bereits im Jahr 2013 zu einem landesweiten, polizeilichen Handlungsschwerpunkt. In Bezug auf die zur Bekämpfung und Aufklärung des WED eingeleiteten polizeilichen Maßnahmen wird auf die Antwort zur Kleinen Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke (FDP/DVP) zur „Gefährdung der inneren Sicherheit durch steigende Zahl an Wohnungseinbrüchen“ (Drs. 15/7194) sowie auf die umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU „Sicher wohnen in Baden-Württemberg – Wirksame Bekämpfung der Einbruchskriminalität “ (Drs. 15/6816) verwiesen. Das Polizeipräsidium Tuttlingen richtete bereits im Herbst 2014 bei der Kriminalpolizeidirektion Rottweil die Ermittlungsgruppe „Hebel“ und zum Jahreswechsel 2014/2015 die „Besondere Aufbauorganisation WED“ (BAO WED) zur Bekämpfung dieses Deliktsbereichs gemäß des landesweit gültigen Konzepts des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ein. Zum 15. Juni 2015 wurden die mit dem Deliktsfeld befassten Organisationseinheiten noch enger vernetzt. Durch eine weitergehende Bündelung und Koordinierung aller im Zusammenhang mit Wohnungseinbrüchen anfallenden Aufgaben sowie einer Konzentration der unterschiedlichen polizeilichen Kernkompetenzen der Schutz- und Kriminalpolizei in Verbindung mit einer zentralen delikts- und täterorientierten Ermittlungsführung sollen Wohnungseinbrüche verhindert bzw. aufgeklärt werden. So ist die konzentrierte Bekämpfung des WED ein hoch priorisierter Schwerpunkt der Polizeiarbeit in ganz Baden-Württemberg. Eine besondere Bedeutung kommt dabei auch dem präventivpolizeilichen Ansatz zu. Einen wesentlichen Bestandteil der polizeilichen Präventionsaktivitäten bilden dabei verhaltensorientierte Empfehlungen an die Bürgerinnen und Bürger. Zusammen mit Kooperationspartnern aus der Versicherungswirtschaft, den Indus trieverbänden und Errichterfirmen wurde im Jahr 2012 die bundesweite Öffentlichkeitskampagne „K-EINBRUCH“ gestartet. Über den Internetauftritt www.k-einbruch.de können die Bürgerinnen und Bürger neben Verhaltenstipps auch produktneutrale Informationen zu geeigneter Sicherungstechnik erhalten oder sich im „interaktiven Haus“ über zu sichernde Gebäudeteile informieren. Umfassende polizeiliche Informationen zum Thema Einbruchschutz werden im Internet auch unter www.polizei-bw.de und www.polizei-beratung.de, auf zahlreichen Informa tionsveranstaltungen, Messen und in vielfältigen Publikationen zu diesem Thema in Form von Flyern und in Printmedien vermittelt. Neben den zahlreichen, naturgemäß eher allgemein gehaltenen Informationsmöglichkeiten im Internet und in den unterschiedlichen Printmedien stehen vor allem AQ in % 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Straftaten insgesamt BadenWürttemberg 60,1 59,9 59,5 58,8 59,4 59,9 58,6 57,7 58,0 58,9 SchwarzwaldBaar -Kreis 63,0 62,7 59,5 58,7 58,0 63,1 59,2 55,0 58,5 60,0 WED BadenWürttemberg 18,3 17,7 19,2 19,7 14,7 16,0 16,4 12,7 10,9 14,0 SchwarzwaldBaar -Kreis 25,3 18,1 12,6 13,0 18,6 22,0 31,0 13,1 23,1 11,3 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 die Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen den Bürgerinnen und Bürgern für eine individuelle Beratung kostenlos zur Verfügung. Hierbei besteht die Möglichkeit, sich entweder in den Räumen der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Villingen -Schwenningen individuell zu informieren oder eine Schwachstellenanalyse direkt am jeweiligen Wohnobjekt durchführen zu lassen. Durch die Kombination von Sicherungstechnik, sicherheitsbewusstem Verhalten und einer aufmerksamen Nachbarschaft werden die Präventionsbotschaften konsequent ins Bewusstsein der Bevölkerung getragen. Im Schulterschluss mit ihren Kooperationspartnern und den Bürgerinnen und Bürgern sieht die Polizei BadenWürttemberg damit gute Erfolgsaussichten, unter anderem durch intensivierte strategische und operative Maßnahmen im Bereich der Kriminalprävention, die Wohnungseinbrüche im Land und so auch im Schwarzwald-Baar-Kreis weiterhin nachhaltig zu bekämpfen. 6. Welche Erkenntnisse hat sie über potenzielle organisierte Strukturen von Wohnungseinbrechern sowie über die Herkunft der Tatverdächtigen im Schwarzwald -Baar-Kreis? Zu 6.: Unter Berücksichtigung der relativ geringen „Hellfelddaten“ liegen hinsichtlich der Täterstrukturen im Zusammenhang mit Wohnungseinbruchdiebstählen nur eingeschränkt Erkenntnisse vor. Im Jahr 2014 wohnten 80 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen (TV) im Schwarzwald-Baar-Kreis. Unter den 25 TV waren 16 TV deutscher Nationalität, drei TV aus Serbien, zwei TV mit ungeklärter Staatsangehörigkeit und jeweils ein TV aus Kroatien, der Türkei, Ecuador und dem Libanon. Im Jahr 2015 waren bislang knapp zwei Drittel der ermittelten Tatverdächtigen nichtdeutsche Staatsangehörige (sechs Georgier, vier TV aus den Balkanstaaten sowie ein rumänischer TV). 7. Welche Maßnahmen des Sicherheitspaketes der Landesregierung werden im Schwarzwald-Baar-Kreis mit welchen Erfolgen umgesetzt? Zu 7.: Die Landesregierung hat am 17. März 2015 zur nachhaltigen Bekämpfung des Deliktsbereichs ein „Offensivkonzept gegen Wohnungseinbruch“ beschlossen. Damit wurden u. a. 226 kw-Stellen im Polizeivollzugsdienst verstetigt, die an - sons ten weggefallen wären, und 100 zusätzliche Stellen für Polizeimeisteranwärter geschaffen. Ziel ist, den Dienststellen langfristig ausreichend Personal für die Umsetzung der landesweiten Handlungskonzeption zur Bekämpfung des WED zur Verfügung zu stellen. Auf die Wirksamkeit dieser Maßnahmen deuten insbesondere die aktuellen, positiven Tendenzen bei der Entwicklung der Fallzahlen des WED im ersten Halbjahr 2015 in Baden-Württemberg hin, wenngleich vor allem die Wirkung der zusätzlich geschaffenen Haushaltsstellen für Polizeimeisteranwärter im Zuge der zu absolvierenden Ausbildung naturgemäß mittelfristig zu erwarten ist. Die positiven Folgen der genannten Maßnahmen des Offensivkonzepts werden dabei grundsätzlich auch für den Schwarzwald-Baar-Kreis prognostiziert. 8. Welche Erkenntnisse hat sie über eventuelle Fehlentwicklungen aufgrund des Zuschnitts der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit sowie der räumlichen Verteilung der einzelnen Polizeidienststellen beziehungsweise Organisationseinheiten im Präsidiumsbereich Tuttlingen? Zu 8.: Das Polizeipräsidium (PP) Tuttlingen wurde aus den früheren Polizeidirektionen Freudenstadt, Balingen, Rottweil, Villingen-Schwenningen und Tuttlingen gebildet . Damit umfasst der Zuständigkeitsbereich fünf Landkreise aus drei Regie- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 8 rungsbezirken (Freiburg, Karlsruhe, Tübingen). Die örtlichen Zuständigkeiten der Polizeireviere wurden durch die Polizeireform nicht verändert. Ein Kernelement der Polizeireform war die Einrichtung eines leistungsstarken Führungs- und Lagezentrums als Einsatzleitstelle mit zentraler Einsatzführung. Es ermöglicht rund um die Uhr eine zentrale Einsatzsachbearbeitung und -führung mit speziell geschulten Polizeiführern vom Dienst und erfahrenen Einsatzsachbearbeitern . Dadurch wird ein optimiertes Kräftemanagement bei Einsätzen innerhalb des Präsidiums mit einem anlassbezogenen Personaleinsatz über Polizei - reviergrenzen hinweg erreicht. Insbesondere die Zentralisierung der Notrufan - nahme, verbunden mit der Auflösung der dezentralen Notrufabfragestellen (ehemalige Leitreviere) und die zentral durch das FLZ koordinierte Einsatzmitteldisposition entlasten die Polizeireviere. Weitere Kernelemente der Reform – die Einrichtung eines Kriminaldauerdienstes, einer spezialisierten Verkehrsunfallaufnahme und einer zentralen Polizeihundeführerstaffel – zeigen nach nunmehr eineinhalb Jahren seit Umsetzung der Polizeireform Verbesserungen hinsichtlich einer zeitgemäßen und zukunftsorientierten Polizeiarbeit . Auch das Referat Prävention, personell an allen ehemaligen Standorten von Polizeidirektionen im PP Tuttlingen vertreten und sehr gut ausgestattet, verfügt über ausgezeichnete Grundbedingungen für intensivierte und bürgernahe Präven - tionsarbeit. Die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit nimmt auch an Wochenenden die Presse-/Medienarbeit wahr. Vormals waren bei den fünf Polizeidirektionen regelmäßig die Dienstgruppenleiter der Polizeireviere mit dieser Aufgabe betraut. Mit dem Abschluss der vorgesehenen Baumaßnahmen werden derzeit noch disloziert untergebrachte Organisationseinheiten zusammengeführt, was zu einer weiteren Optimierung der Arbeitsprozesse im PP Tuttlingen führen wird. Die neue Organisation und die Optimierung der internen Prozesse ermöglichen es, sich verändernde Anforderungen an die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung zu antizipieren (z. B. polizeiliche Aufgaben im Zusammenhang mit den steigenden Flüchtlingszahlen) und lageorientiert Schwerpunkte zu setzen. Unterstützt wird die Erfüllung dieses Anspruchs beim PP Tuttlingen durch einen bereits weit fortgeschrittenen Stand des strukturierten Qualitätsmanagements nach EFQM-Standards. Fehlentwicklungen aufgrund des Zuschnitts der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit bzw. der Lage der Polizeistandorte im Raum sind im Zuständigkeitsbereich des PP Tuttlingen im Hinblick auf den angestrebten Endzustand daher in der Gesamtschau nicht ersichtlich. 9. Wie hat sich die Zahl der besetzten Vollzugsstellen und der Vollzeitäquivalente (VZÄ) im Schwarzwald-Baar-Kreis mit Stand zum 1. Juli 2015 im Vergleich zu Beginn der Polizeireform verändert? Zu 9.: Die Veränderung ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Polizeivollzugsdienst Stichtag 1. Januar 2014 Stichtag 1. Juli 2015 Veränderung Ist-StärkePersonen („brutto“) Ist-StärkeVZÄ („brutto“) Ist-StärkePersonen („brutto“) Ist-StärkeVZÄ („brutto“) Ist-StärkePersonen („brutto“) Ist-StärkeVZÄ („brutto“) Polizeirevier Donaueschingen 47 43,1 48 42 1 -1,1 Polizeirevier VillingenSchwenningen , Schwenningen 57 55,6 63 60,9 6 5,3 Polizeirevier St. Georgen 48 42,1 50 43 2 0,9 Polizeirevier VillingenSchwenningen , Villingen 68 54,5 73 59,25 5 4,75 Kriminalkommissariat Villingen-Schwenningen 28 27,3 22 21,8 -6 -5,5 Verkehrspolizeidirektion – Verkehrsüberwachungsgruppe Villingen-Schwenningen 23 21,5 19 18,75 -4 -2,75 Direktion Polizeireviere – Fachbereich Gewerbe/Umwelt 4 4 4 4 - - Gesamtsumme im Schwarzwald-Baar-Kreis 275 248,1 279 249,7 4 1,6 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7218 Unter Ist-Stärke-Personen („brutto“) sind die Polizeibeamtinnen und -beamten zu subsumieren, die an den genannten Stichtagen den jeweiligen Organisationseinheiten zugeordnet waren. Allerdings stehen aus vielfältigen Gründen (z. B. wegen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, Abordnungen zur temporären Verstärkung anderer Organisationseinheiten bzw. Dienststellen, Mutterschutz, Elternzeit) in der Regel nicht alle zugeordneten Personen tatsächlich zur Dienstverrichtung zur Verfügung. Die Ist-Stärke-VZÄ („brutto“) bildet die rechnerische Arbeitskraft unter Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung ab. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Angehörige des Polizeipräsidiums Einsatz, die temporär im Rahmen der Revierdienstunterstützung ihren Dienst bei den Polizeirevieren im Schwarzwald-Baar-Kreis verrichten, hier nicht aufgeführt sind. Darüber hinaus sind am Standort des Kriminalkommissariats Villingen -Schwenningen weitere Angehörige der Kriminalpolizeidirektion Rottweil tätig, die hier ebenfalls nicht abgebildet sind (insgesamt 27,4 VZÄ). 10. Welche Erkenntnisse hat sie über die Mitarbeiterzufriedenheit des Polizeivollzugsdienstes seit Umsetzung der Polizeireform im Schwarzwald-Baar-Kreis? Zu 10.: Die Polizei in Baden-Württemberg führte ab dem Jahr 2007 landesweit und verbindlich die Mitarbeiterbefragung als Instrument einer modernen Personalführung ein. Den Beschäftigten wurde die Möglichkeit eröffnet, zu den Arbeitsbedingungen , dem Arbeits- und Betriebsklima, den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten , der Führung im Allgemeinen und der Arbeits- und Berufszufriedenheit Bewertungen abzugeben und Aussagen zu treffen. Aktuelle Rückmeldungen aus den nachgeordneten Organisationseinheiten indizieren eine weitreichende Zufriedenheit in Bezug auf die Kernelemente der Polizeireform, insbesondere aufgrund der in der Antwort zu Frage 8 dargestellten Vorteile. Darüber hinaus ist eine institutionalisierte Mitarbeiterbefragung geplant; über den konkreten Durchführungszeitpunkt ist noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Gall Innenminister