Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7335 24. 08. 2015 1Eingegangen: 24. 08. 2015 / Ausgegeben: 15. 10. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wer entscheidet über die Geltungsbereiche der baden-württembergischen Nahverkehrsverbünde einschließlich der Anschlussbahnhöfe bzw. die Geltungsbereiche der Verbundzeitkarten? 2. Fanden im Bereich des Verkehrsverbunds Kreis Tuttlingen (TUTticket) oder diesem benachbarten Verkehrsverbünden in den vergangenen drei Jahren Änderungen der Geltungsbereiche (inkl. Anschlussbahnhöfe) von Zeitkarten statt? 3. Wenn ja, inwieweit war sie in diese Änderungen involviert? 4. Welche Einflussmöglichkeiten hat sie auf die Preis- und Geltungsbereichsgestaltung der Nahverkehrsverbünde? 5. Welche Unterstützung, insbesondere Zuschüsse, erhalten die baden-württembergischen Nahverkehrsverbünde neben dem Landeszuschuss zum Ausgleich der verbundbedingten Lasten für den allgemeinen Verkehrsbetrieb oder für bestimmte Angebote? 6. Welche Bedingungen sind für die Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)- Anbieter an diese Zuschüsse geknüpft? 7. Welche quantitativen Änderungen sind für die Kunden durch die Einführung des Landestarifs für verbundübergreifende Fahrten zu erwarten, insbesondere im Bereich der Verkehrsverbünde Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar GmbH (VSB), TUTicket und Verkehrsunternehmen Hegau-Bodensee Verbund GmbH (VHB)? Kleine Anfrage des Abg. Niko Reith FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Gestaltung des Nahverkehrs Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7335 2 8. Welche Übergangslösungen sieht sie bis zur verzögerten Einführung des Landestarifs vor, um die Kunden zu entlasten und die Übersichtlichkeit der Tarifsysteme zu erhöhen? 24. 08. 2015 Reith FDP/DVP B e g r ü n d u n g Im Übergangsbereich der Verkehrsverbünde Tuttlingen und Hegau-Bodensee galt in der Vergangenheit Immendingen als Anschlussbahnhof für VHB-Zeitkarten. Durch den Wegfall dieses Anschlussbahnhofs entstehen den Kunden für eine einzelne zusätzliche Haltestelle (ca. 12 km lange Strecke Engen–Immendingen) Mehr - kosten von monatlich 65 Euro für das Anschlussticket. Die Verhältnismäßigkeit dieser Mehrkosten ist den Bürgern nicht ersichtlich. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 Nr. 3-3890.0/1833 beantwortet das Ministe - rium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wer entscheidet über die Geltungsbereiche der baden-württembergischen Nahverkehrsverbünde einschließlich der Anschlussbahnhöfe bzw. die Geltungsbereiche der Verbundzeitkarten? Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr sind nach dem ÖPNVG des Landes die Stadt- und Landkreise in eigener Verantwortung. Das Land ist lediglich für den Schienenpersonennahverkehr zuständig. Nach dem ÖPNVG sind Verkehrskooperationen, wie etwa die Bildung von Verkehrs- und Tarifgemeinschaften oder Verkehrs- und Tarifverbünden, zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs mit dem Ziel einer integrierten Verkehrsgestaltung zwischen den Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen oder zwischen Verkehrsunternehmen anzustreben. In dieser Folge wurden in Baden-Württemberg nach und nach flächendeckend Verkehrsverbünde gegründet. Der räumliche Geltungsbereich kann sich dabei auf einen Landkreis und oder mehrere Landkreise erstrecken. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von verbundüberschreitenden Kooperationen zwischen Verkehrsverbünden, wie Übergangs-, Überlappungsund Anschlusstarife. 2. Fanden im Bereich des Verkehrsverbundes Kreis Tuttlingen (TUTicket) oder diesem benachbarter Verkehrsverbünden in den vergangenen drei Jahren Änderungen der Geltungsbereiche (inkl. Anschlussbahnhöfe) von Zeitkarten statt? Bis zum 31. Juli 2014 galten bei Verbundgrenzen überschreitenden Fahrten bestimmte VHB-Zeitkarten zusätzlich im Bahn- bzw. Regionalbusverkehr zu einigen im Landkreis Tuttlingen liegenden Haltepunkten. Seit 1. August 2014 gilt für Fahrten zwischen dem Verkehrsverbund Hegau-Bodensee und dem Landkreis *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7335 Tuttlingen (Verkehrsverbund Tuttlingen, TUTicket) der Kooperationstarif VHB/ TUTicket, mit dem in den jeweils gewählten Zonen der beiden Verkehrsverbünde alle Verkehrsmittel des Nahverkehrs beliebig genutzt werden können. Dieser Tarif umfasst Einzelfahrkarten, Tageskarten und Zeitkarten (Monatsticket/Abonnements ). Durch diese tarifliche Neuordnung, die für die Fahrgäste eine deutliche Ausweitung und Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten mit sich brachte, liegen die Preise der neuen Zeitkarten höher als die Preise der vergleichbaren Zeitkarten der alten tariflichen Regelung. Gemäß einer bei den Verbünden eingeholten Information beläuft sich die Preisdifferenz bei den Monatskarten für die Relation Engen– Immendingen auf maximal 20,10 Euro pro Monat. Der in der Begründung der Kleinen Anfrage genannte Betrag in Höhe von 65 Euro wurde nicht bestätigt. 3. Wenn ja, inwieweit war sie in diese Änderungen involviert? 4. Welche Einflussmöglichkeiten hat sie auf die Preis- und Geltungsbereichsgestaltung der Nahverkehrsverbünde? Zu 3. und 4.: Die Tarife bzw. Fahrpreise werden grundsätzlich durch die Verkehrsunternehmen bzw. bei Übertragung durch die Verkehrskooperation/den Verkehrsverbund im Rahmen ihrer Tarifhoheit festgelegt. Nach dem Personenbeförderungsgesetz haben die Verkehrsunternehmen ihre Verkehrsleistung grundsätzlich eigenwirtschaftlich zu erbringen. Die Landesregierung nimmt keinen Einfluss auf die Preisgestaltung. Die Verkehrsverbünde sind nach den gültigen Verbundförderverträgen gehalten, miteinander zu kooperieren. 5. Welche Unterstützung, insbesondere Zuschüsse, erhalten die baden-württembergischen Nahverkehrsverbünde neben dem Landeszuschuss zum Ausgleich der verbundbedingten Lasten für den allgemeinen Verkehrsbetrieb oder für bestimmte Angebote? 6. Welche Bedingungen sind für die Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)- Anbieter an diese Zuschüsse geknüpft? Zu 5. und 6.: Die Landesregierung unterstützt die kommunalen Aufgabenträger im Rahmen der Verbundförderung mit rund 50 Millionen Euro pro Jahr. Die Verbundförderverträge enthalten eine Vielzahl von Regelungen und Konditionen. Beispielsweise müssen die Verbünde das Land als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen unterstützen, sich konstruktiv an der landesweiten Harmonisierung der Verbundtarife beteiligen, eine Mobilitätsgarantie einführen, das Land bei der Umsetzung landesweiter Marketingkonzepte und bei sonstigen Aktivitäten zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV unterstützen. Von zentraler Bedeutung ist insbesondere eine Kooperations - klausel, nach der es den Fahrgästen des Verbundes möglich sein muss, Tarif - punkte eines Nachbarverbundes mit einem Verbundfahrausweis (Einzel- und Zeitfahrausweis) zu erreichen. 7. Welche quantitativen Änderungen sind für die Kunden durch die Einführung des Landestarifs für verbundübergreifende Fahrten zu erwarten, insbesondere im Bereich der Verkehrsverbünde Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar GmbH (VSB), TUTicket und Verkehrsunternehmen Hegau-Bodensee Verbund GmbH (VHB)? Der Landestarif soll zu einer landesweiten Vereinheitlichung der tariflichen Regelungen bei Verbundgrenzen überschreitenden Verkehren beitragen. Gleichwohl ist sich die Landesregierung bewusst, dass es regional begrenzte Tarifkooperationen zwischen Verkehrsverbünden gibt, die am Markt gut eingeführt sind. Daher Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7335 4 hat sich die Landesregierung mit den Verkehrsverbünden darauf verständigt, dass mit vollständiger Ausprägung des Landestarifs über den Fortbestand bereits bestehender Tariflösungen für verbundübergreifende Fahrten jeweils nach Einzelfallprüfung einvernehmlich zwischen dem Land und den jeweils betroffenen Verkehrsverbünden entschieden wird. Damit soll sichergestellt werden, dass durch die Einführung des Landestarifs den Fahrgästen insgesamt kein Nachteil entsteht. 8. Welche Übergangslösungen sieht sie bis zur verzögerten Einführung des Landestarifs vor, um die Kunden zu entlasten und die Übersichtlichkeit der Tarifsysteme zu erhöhen? Vgl. die Antwort zu Nummer 6. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur