Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7348 01. 09. 2015 1Eingegangen: 01. 09. 2015 / Ausgegeben: 30. 09. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wann wurde die Baugenehmigung für das Pellet- und Mineraldüngerlager bei der Lobenhäuser Mühle, Stadt Kirchberg mit welchen Auflagen erteilt? 2. Wann erfolgte durch wen und mit welchem Ergebnis die Bauabnahme? 3. Trifft es zu, dass das Unternehmen ursprünglich für einen alternativen Stand - ort, der ca. 500 m von der Mühle an der Jagst entfernt liegt, einen Bauantrag bzw. eine Bauvoranfrage stellte? 4. Trifft es zu, dass dieser Standort 2009 von der unteren Naturschutzbehörde und dem Landratsamt Schwäbisch Hall nicht zuletzt durch massiven Druck von Umweltverbänden und dem Umweltzentrum Schwäbisch Hall abgelehnt wurde? 5. Trifft es nach ihrer Kenntnis weiter zu, dass der Gemeinderat der Stadt Kirchberg nicht grundsätzlich gegen den jagstfernen Standort war, sich jedoch der Ablehnung durch das Landratsamt beugen musste? 6. Trifft es nach ihrer Kenntnis weiter zu, dass sich ein erheblicher Teil der Gemeinderäte der Fraktion Unabhängige Grüne Liste (UGL) gegen den jagst - fernen Standort und damit für die Bebauung an der Jagst ausgesprochen hat? 7. Ist ihr bekannt, welche Ergebnisse die Abstimmungen bei der Beratung des Standorts jeweils in den Gemeinderatssitzungen 2009 bis 2011 in dieser Sache erbrachten? 8. Ist sie der Auffassung, dass ein 500 m von der Jagst entfernter Standort für unbedenklicher einzuschätzen ist als eine Bebauung direkt am Fluss? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baugenehmigung, Bauabnahme und Versagung eines alternativen Standorts durch die Baurechtsbehörden bei der Erweiterung der Mühle Lobenhausen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7348 2 9. Ist sie bereit, auf die Baugenehmigungsbehörden des Landes dahingehend einzuwirken , dass bei der Abwägung von Landschaftsschutzelementen und Elementen des Gewässerschutzes zukünftig dem Gewässerschutz eine höhere Priorität beigemessen wird? 10. Ist sie bereit, auf Bundesebene eine wie in Frage 9 angeregte Priorisierung auch bei anstehenden Novellierungen im Fachrecht einzubringen? 01. 09. 2015 Dr. Bullinger FDP/DVP B e g r ü n d u n g Aus der Umweltkatastrophe durch den Brand der Mühle Lobenhausen, Stadt Kirch - berg/Jagst gilt es nach Auswertung aller Fakten rechtliche Konsequenzen dahingehend zu ziehen, dass bei der Abwägung zwischen Landschaftsschutzelementen und Wasserschutzelementen eine höhere Gewichtung für das Lebenselement Wasser bei der Genehmigung angewandt wird. Baumaßnahmen, gegen die landschaftsästhetische Aspekte vorgebracht werden und die nach Fertigstellung eine entsprechende Eingrünung erhalten würden, sind sicherlich landschaftsästhetisch nicht schlechter zu bewerten, als 200 m hohe Windkraftanlagen mitten in Waldund Naturschutzgebieten. Dem Lebenselement Wasser gilt es klare Priorität zu verschaffen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. September 2015 Nr. 41-0141.5/44 beantwortet das Minis - terium für Verkehr und Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wann wurde die Baugenehmigung für das Pellet- und Mineraldüngerlager bei der Lobenhäuser Mühle, Stadt Kirchberg mit welchen Auflagen erteilt? Eine Baugenehmigung für ein Mineraldüngerlager wurde überhaupt nicht erteilt; es handelt sich insoweit um eine illegale Lagerung. Im Einzelnen: Nach Auskunft des Landkreises Schwäbisch Hall als der zuständigen unteren Baurechtsbehörde wurde folgendes Bauvorhaben genehmigt: Abbruch des bestehenden Sägewerkgebäudes ; Neubau einer Lagerhalle für landwirtschaftliche Produkte, drei Silos für Getreide, einem Silo für Holzpellets sowie einer Fahrzeugwaage. Nach den Planunterlagen sollte die geplante Lagerhalle der Einlagerung von Saatgetreide, Einzel- und Mischfuttermittel bis max. 400 Tonnen dienen. Die Lagerung von Mineraldünger, geschweige denn von großen Mengen davon, in der Halle bzw. den Silos war weder Gegenstand des Bauantrags noch im Tenor der Baugenehmigung genannt und daher baurechtlich auch nicht genehmigt. Hätte der Antrag die Lagerung von großen Mengen Mineraldünger beinhaltet, wären von der Baugenehmigungsbehörde entsprechende technische Schutzvorkehrungen vorgegeben worden, wenn der Antrag überhaupt hätte genehmigt werden können. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7348 2. Wann erfolgte durch wen und mit welchem Ergebnis die Bauabnahme? Nach Auskunft des Landkreises Schwäbisch Hall wurde eine Abnahme angeordnet , ist bisher aber nicht erfolgt, weil noch keine Fertigstellungsanzeige des Bauherrn (vgl. § 67 Abs. 2 der Landesbauordnung) vorlag. Im Übrigen lag auch der Abschlussbericht des Prüfstatikers über die vorgeschriebene bautechnische Prüfung noch nicht vor. 3. Trifft es zu, dass das Unternehmen ursprünglich für einen alternativen Stand - ort, der ca. 500 m von der Mühle an der Jagst entfernt liegt, einen Bauantrag bzw. eine Bauvoranfrage stellte? 4. Trifft es zu, dass dieser Standort 2009 von der unteren Naturschutzbehörde und dem Landratsamt Schwäbisch Hall nicht zuletzt durch massiven Druck von Umweltverbänden und dem Umweltzentrum Schwäbisch Hall abgelehnt wurde? Zu 3. und 4.: Nach Auskunft des Landkreises Schwäbisch Hall wurden im Jahr 2006 und 2009 je ein Bauantrag für die Errichtung einer Lagerhalle für Mineraldünger und landwirtschaftliche Produkte auf zwei verschiedenen Grundstücken gestellt. Eine Baugenehmigung konnte für diese Standorte nicht in Aussicht gestellt werden, da die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 35 BauGB nicht vorlagen. Beide damals zunächst beantragten Standorte liegen im Landschaftsschutzgebiet „Jagsttal mit Seitentälern zwischen Crailsheim und Kirchberg“. Beide Anträge wurden vom Antragsteller zurückgezogen. Von Druck durch Umweltverbände bzw. Umweltzentrum ist beim Landratsamt nichts bekannt. 5. Trifft es nach ihrer Kenntnis weiter zu, dass der Gemeinderat der Stadt Kirchberg nicht grundsätzlich gegen den jagstfernen Standort war, sich jedoch der Ablehnung durch das Landratsamt beugen musste? Nach Mitteilung des Landratsamtes Schwäbisch Hall hat der Gemeinderat der Stadt Kirchberg/Jagst in seiner Sitzung am 26. Januar 2009 das Einvernehmen zum jagstfernen Standort an der GV Lobenhausen Mistlau auf Flst. Nr. 2500, Markung Gaggstatt, mit dem Hinweis erteilt, dass ein Pflanzgebot mit Eingrünung gefordert werden solle. Dieser Standort war jedoch nicht genehmigungsfähig (vgl. zu Fragen 3 und 4). 6. Trifft es nach ihrer Kenntnis weiter zu, dass sich ein erheblicher Teil der Gemeinderäte der Fraktion Unabhängige Grüne Liste (UGL) gegen den jagst - fernen Standort und damit für die Bebauung an der Jagst ausgesprochen hat? Nach Auskunft der Stadt Kirchberg/Jagst erfolgte die Abstimmung in der Gemeinderatssitzung vom 26. Januar 2009 bei zwei Gegenstimmen. Im Protokoll werde nicht festgehalten, welcher Gemeinderat wie abstimmt. Die Abstimmung habe sich nur auf den Standort auf Flst. Nr. 2500 bezogen. Eine Alternativplanung für den jetzigen Standort habe seinerzeit nicht vorgelegen. 7. Ist ihr bekannt, welche Ergebnisse die Abstimmungen bei der Beratung des Standorts jeweils in den Gemeinderatssitzungen 2009 bis 2011 in dieser Sache erbrachten? Nach Auskunft der Stadt Kirchberg/Jagst erfolgte die Abstimmung in der Gemeinderatsitzung am 31. Januar 2011 zum einzig beantragten Standort einstimmig . Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 6. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7348 4 8. Ist sie der Auffassung, dass ein 500 m von der Jagst entfernter Standort für unbedenklicher einzuschätzen ist als eine Bebauung direkt am Fluss? Eine generelle Antwort kann auf die Frage nicht gegeben werden. Es kommt jeweils auf den Einzelfall und auf die konkreten Gegebenheiten vor Ort an, wobei insbesondere der Abfluss des Wassers und Rückhaltemöglichkeiten entscheidend sein werden. Dennoch spricht viel dafür, dass eine Bebauung direkt am Fluss ein erhöhtes Risikopotenzial für den Gewässerschutz birgt. Darauf hinzuweisen ist, dass die Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen in Gewässerrandstreifen , soweit sie nicht standortgebunden oder wasserwirtschaftlich erforderlich sind, nach geltendem Landesrecht verboten ist (§ 29 Absatz 3 Nr. 1 Wassergesetz für Baden-Württemberg [WG]). 9. Ist sie bereit, auf die Baugenehmigungsbehörden des Landes dahingehend einzuwirken , dass bei der Abwägung von Landschaftsschutzelementen und Elementen des Gewässerschutzes zukünftig dem Gewässerschutz eine höhere Priorität beigemessen wird? Der Bauherr hat nach § 58 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung (LBO) einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung, wenn seinem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Die Baurechtsbehörden können daher einen Bauantrag nur prüfen und haben ihn zu genehmigen, wenn das Vorhaben an diesem Standort rechtlich zulässig ist. Der Bauherr kann nicht auf einen anderen Standort verwiesen werden. 10. Ist sie bereit, auf Bundesebene eine wie in Frage 9 angeregte Priorisierung auch bei anstehenden Novellierungen im Fachrecht einzubringen? Soweit die Lagerung wassergefährdender Stoffe betroffen ist, hat sich das Land auf Bundesebene im Rahmen des Entwurfs der neuen Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) für qualifizierte Anforderungen eingesetzt . Damit erhält der Gewässerschutz ein größeres Gewicht. Hinzuweisen ist darauf, dass nach Landesrecht und insoweit weitgehender als die bundesrechtliche Regelung in § 38 Absatz 4 Nr. 3 Wasserhaushaltsgesetz in den Gewässerrandstreifen der Einsatz und die Lagerung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in einem Bereich von fünf Metern verboten sind (§ 29 Absatz 3 Nr. 1 WG). Dr. Splett Staatssekretärin