Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7353 04. 09. 2015 1Eingegangen: 04. 09. 2015 / Ausgegeben: 13. 10. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich der aktuelle Sachstand bezüglich der möglichen Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für Flüchtlinge in einem Firmenschulungszentrum in Herrenberg dar, insbesondere hinsichtlich des voraussichtlichen Datums für einen Abschluss der Verhandlungen zwischen dem Land, der betroffenen Firma und dem Eigentümer der betreffenden Liegenschaft ? 2. Wie viele Flüchtlinge könnten beziehungsweise sollen dort maximal untergebracht werden? 3. Gibt es hinsichtlich der Möglichkeiten einer Nachnutzung der Immobilie bereits Überlegungen, welche auf Erkenntnissen dahingehend beruhen, ab wann und für wie lange die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Herrenberg voraussichtlich bestehen soll? 4. Welche Herausforderungen würden sich für die Stadt Herrenberg durch den Betrieb einer Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge stellen? 5. Mit welcher Unterstützung durch das Land kann die Kommune bei deren Bewältigung rechnen? 6. Ist geplant, ein Sicherheitskonzept einzuführen und die Personalkapazitäten der örtlichen Polizei entsprechend anzupassen? 7. Mit wie vielen zusätzlichen Arbeitsplätzen und welchen Infrastrukturmaßnahmen wäre die Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung für Herrenberg voraussichtlich verbunden? Kleine Anfrage des Abg. Sabine Kurtz CDU und Antwort des Ministeriums für Integration Flüchtlingsunterbringung in Herrenberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7353 2 8. Wäre sichergestellt, dass die Flüchtlinge vor Ort medizinisch und psychologisch betreut werden können, weitere Betreuungsaspekte wie Aufnahmeverwaltung , Asylverfahren, Integration, Sprachförderung, Sozialarbeit und Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind und eine ausreichende ÖPNV-Anbindung an den Stadtkern erfolgt? 9. Mit welchen Kosten wäre die Landeserstaufnahmeeinrichtung für die Stadt Herrenberg voraussichtlich für welchen Träger verbunden? 10. Wie wird sie die örtliche Bevölkerung informieren? 03. 09. 2015 Kurtz CDU B e g r ü n d u n g Derzeit laufen Verhandlungen über die mögliche Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in einem Firmenschulungszentrum in Herrenberg . Mit dieser Kleinen Anfrage soll der aktuelle Sachstand zu diesem für die Stadt Herrenberg und ihre Bürger zentralen Thema eruiert werden. Dabei soll unter anderem erfragt werden, wie viele Flüchtlinge für welchen Zeitraum gegebenenfalls in Herrenberg untergebracht werden sollen, mit welchen Auswirkungen auf die Herrenberger Bürgerschaft und mit welchen Kosten zu rechnen wäre sowie welche flankierenden Maßnahmen vorgesehen sind. Nach Ansicht der Antragstellerin muss das Land die Kommune möglichst frühzeitig in die entsprechenden Planungen miteinbeziehen und die Bevölkerung umfassend und transparent informieren, um das Unterstützungspotenzial und die Integrationsbereitschaft der Wohnbevölkerung auszuschöpfen und ein verträgliches Miteinander von Flüchtlingen und Bevölkerung zu erreichen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 30. September 2015 Nr. 2-0141.5/15 beantwortet das Ministerium für Integration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stellt sich der aktuelle Sachstand bezüglich der möglichen Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für Flüchtlinge in einem Firmenschulungszentrum in Herrenberg dar, insbesondere hinsichtlich des voraussichtlichen Datums für einen Abschluss der Verhandlungen zwischen dem Land, der betroffenen Firma und dem Eigentümer der betreffenden Liegenschaft ? Zu 1.: Das Land hat zunächst eine Projektgruppe aus Mitgliedern der beteiligten Ressorts und dem Landesbetrieb Vermögen und Bau gebildet, die sich mit fachlichen Fragen zur Umwandlung des ehemaligen Firmenschulungszentrums zur Erstaufnahmeeinrichtung befasst. Mit dem Eigentümer des Objekts und dem Mieter hat das Land erste Gespräche in Bezug auf den Erwerb oder die Anmietung der Liegenschaft geführt. Nach heutigem Stand sind noch keine Aussagen zum möglichen Abschluss der Gespräche möglich. Am 30. September 2015 fand eine Be- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7353 sprechung zum aktuellen Sachstand zwischen Vertretern des Landes, des Landkreises Böblingen und der Stadt Herrenberg statt. 2. Wie viele Flüchtlinge könnten beziehungsweise sollen dort maximal untergebracht werden? Zu 2.: Über eine Maximalbelegung können derzeit keine Angaben gemacht werden, da der Nutzungsumfang für Zwecke der Flüchtlingsaufnahme noch nicht feststeht. 3. Gibt es hinsichtlich der Möglichkeiten einer Nachnutzung der Immobilie bereits Überlegungen, welche auf Erkenntnissen dahingehend beruhen, ab wann und für wie lange die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Herrenberg voraussichtlich bestehen soll? Zu 3.: Der anhaltende Zustrom an Flüchtlingen lässt derzeit keine Prognose zu, mit welcher Laufzeit für eine Erstaufnahmeeinrichtung in Herrenberg zu rechnen ist. Dementsprechend gibt es derzeit noch keine konkreten Überlegungen für eine spätere Nachnutzung. 4. Welche Herausforderungen würden sich für die Stadt Herrenberg durch den Betrieb einer Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge stellen? 5. Mit welcher Unterstützung durch das Land kann die Kommune bei deren Bewältigung rechnen? Zu 4. und 5.: Einrichtung und Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen durch das Land, das auch die Kosten hierfür trägt. Dem Landkreis wird die tatsächliche Belegung der Erstaufnahmeeinrichtung zur Hälfte auf seine quotengemäßen Zuteilungen für die vorläufige Unterbringung angerechnet . Es steht ihm frei, die Standortkommune aufgrund ihrer Sondersituation z. B. im Rahmen der Anschlussunterbringung ebenfalls zu begünstigen. Auch im Übrigen werden die Belange der Kommune berücksichtigt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf ein friedliches Zusammenleben zwischen Einheimischen und Flüchtlingen gelegt. Zu diesem Zweck ist u. a. vorgesehen, Sozialarbeiter mit einem Personalschlüssel 1:100 einzusetzen. Diese sind neben Beratung und Betreuung auch für die Koordinierung ehrenamtlicher Aktivitäten der Bürgerschaft zuständig. Im Bedarfsfall kann im Rahmen der Flüchtlingssozialarbeit auch ein Streetworker eingesetzt werden. Für Anregungen und Beschwerden, auch aus der Bürgerschaft, ist eine zentrale Ombudsstelle eingerichtet, die auch einen Ansprechpartner in der Erstaufnahmeeinrichtung hat. 6. Ist geplant, ein Sicherheitskonzept einzuführen und die Personalkapazitäten der örtlichen Polizei entsprechend anzupassen? Zu 6.: Im Zuge der Planung der Einrichtung wird die Landespolizei frühzeitig mit in das Verfahren eingebunden. Die Landespolizei wird, so wie dies auch bei anderen Einrichtungen bereits erfolgt ist, für die Erstaufnahmeeinrichtung in Herrenberg ein eigenes standortbezogenes Einsatzkonzept aufstellen, in dem auch der notwendige Personalbedarf der Polizei berücksichtigt wird. Ferner wird in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Sicherheitsberater bestellt, der die LEA-Leitung in Sicherheitsfragen berät und auch für die eingesetzten Security-Dienstleister als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7353 4 7. Mit wie vielen zusätzlichen Arbeitsplätzen und welchen Infrastrukturmaßnahmen wäre die Einrichtung einer Landeserstaufnahmeeinrichtung für Herrenberg voraussichtlich verbunden? Zu 7.: Durch den Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung können neue Arbeitsplätze in der Verwaltung, im Dienstleistungsbereich und für die Sozialbetreuung entstehen. Gegebenenfalls benötigt auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Personal für die Asylantragsannahme und -entscheidung am Standort. Die Anzahl der insgesamt zu schaffenden Arbeitsplätze hängt von der Kapazität und der Belegung der Einrichtung sowie von der vor Ort vorgehaltenen Funktionalität ab und kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht konkretisiert werden. Erforderliche Verbesserungen der vorhandenen Infrastruktur werden sich ebenfalls erst im Zuge der konkreten Planungen ergeben. 8. Wäre sichergestellt, dass die Flüchtlinge vor Ort medizinisch und psychologisch betreut werden können, dass weitere Betreuungsaspekte wie Aufnahmeverwaltung , Asylverfahren, Integration, Sprachförderung, Sozialarbeit und Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind und dass eine ausreichende ÖPNVAnbindung an den Stadtkern erfolgt? Zu 8.: Das Land trägt Sorge dafür, dass Flüchtlinge, die nach Baden-Württemberg kommen , zügig alle Verfahrensschritte nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz durchlaufen . In jeder Erstaufnahmeeinrichtung wird eine Krankenambulanz eingerichtet , die auch eine erste psychologische Betreuung wahrnimmt. Darüber hinaus wird in jeder Erstaufnahmeeinrichtung eine Kinderbetreuung eingerichtet. Ferner finanziert das Land den Zugang zu unabhängiger Sozial- und Verfahrensberatung nach § 6 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Angebote zur Tagesgestaltung gehören ebenfalls zum Standard einer Erst auf - nahme einrichtung, häufig unterstützt durch ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger. An jedem Erstaufnahmestandort wird Flüchtlingen der Zugang zu WLAN ermöglicht . Ob und inwieweit der ÖPNV in Herrenberg an die durch eine LEA entstehenden Bedarfe angepasst werden müsste, wird Gegenstand der konkreten Planungen sein. 9. Mit welchen Kosten wäre die Landeserstaufnahmeeinrichtung für die Stadt Herrenberg voraussichtlich für welchen Träger verbunden? Zu 9.: Die Kosten sind von Kapazität, Belegung und vorgehaltener Funktionalität abhängig und können derzeit nicht beziffert werden. Kostenträger einer LEA ist grundsätzlich das Land. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7353 10. Wie wird sie die örtliche Bevölkerung informieren? Zu 10.: Das Land wird sich zunächst mit der Stadt und dem Landkreis abstimmen. Die Bürgerschaft soll zeitnah und transparent über das Vorhaben und die weiteren Planungen informiert werden. Als mögliche Plattformen der Information und des Austauschs bieten sich der Gemeinderat sowie das Instrument der Bürgerversammlung an. Über das weitere Vorgehen werden Land, Kreis und Kommune sprechen, sobald sich die Rahmenbedingungen für eine Erstaufnahmeeinrichtung in Herrenberg abzeichnen. Öney Ministerin für Integration