Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 743 19. 10. 2011 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Qualität und Arbeitsbedingungen bei studentischen Praxissemestern K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass Studentinnen und Studenten der Sozialwissenschaft und der Erziehungswissenschaft ein Praxissemester vorweisen müssen, und welche Maßstäbe die Hochschulen hinsichtlich der Auswahl und Qualität dieser Ausbildungsstellen vorgeben? 2. Inwieweit überprüfen die Hochschulen die Qualität der Ausbildungsstellen, nehmen sie Einfluss oder machen Vorgaben und kennen sie die Arbeitsbedingungen der Studentinnen und Studenten? 3. Hält sie es für richtig, in Kooperation mit den Hochschulen und Praxiseinrichtungen Vorgaben hinsichtlich der Qualität, der Leistungs- und Lernziele und der Arbeitsbedingungen festzulegen? 4. Wird sie sich dafür einsetzen, dass die Studentinnen und Studenten für ihre Arbeitsleistung angemessen vergütet werden? 18. 10. 2011 Dr. Löffler CDU Eingegangen: 19. 10. 2011 / Ausgegeben: 14. 11. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 743 2 B e g r ü n d u n g Praxissemester sind ein wertvoller und wichtiger Bestandteil der akademischen Ausbildung. Die „Marktsituation“ von Studentinnen und Studenten der Erziehungswissenschaft und der Sozialwissenschaft verengt sich in der Regel auf öffentliche und karitative Träger, bei denen diese Studentinnen und Studenten in den Betriebsablauf eingebunden sind und in der Regel auch eine 40-Stunden-Woche leisten. Dabei ist jedoch nicht üblich, dass diese Studentinnen und Studenten für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten. Sie haben darüber hinaus das betriebliche Mittagessen in der Kantine und ihre Fahrtkosten selbst zu tragen. Die Landesregierung sollte darauf hinwirken, dass öffentliche Träger die studentische Arbeitsleistung in den Praxissemestern angemessen vergüten. Zum Vergleich: Studentinnen und Studenten in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) erhalten bei freien Arbeitgebern eine monatliche Praktikantenvergütung von 500 bis 800 Euro. Die Landesregierung sollte ferner darauf hinwirken, dass die öffentlichen Träger mit den Studentinnen und Studenten Lern- und Leistungsziele festlegen und die Qualität der Ausbildung an nachvollziehbaren und messbaren Kriterien festlegen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 3. November 2011 Nr. 23–866.20/155 beantwortet das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass Studentinnen und Studenten der Sozialwissenschaft und der Erziehungswissenschaft ein Praxissemester vorweisen müssen, und welche Maßstäbe die Hochschulen hinsichtlich der Auswahl und Qualität dieser Ausbildungsstellen vorgeben? Nicht nur Studentinnen und Studenten der Sozialwissenschaft und der Erziehungswissenschaft müssen ein Praxissemester vorweisen. Praxisbezug ist für jede Hochschulausbildung unabhängig vom Fach geboten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 LHG ist es Aufgabe der Hochschulen, auf berufliche Tätigkeiten vorzubereiten. Nach § 29 Abs. 4 Satz 2 LHG schließt die Regelstudienzeit Zeiten eines in den Studiengang eingeordneten Berufspraktikums und praktische Studiensemester ein. Dementsprechend folgen die Maßstäbe, die Hochschulen hinsichtlich der Auswahl und Qualität dieser Ausbildungsstätten vorgeben, aus der Natur der Praxissemester als integrierte Bestandteile eines Hochschulstudiums. 2. Inwieweit überprüfen die Hochschulen die Qualität der Ausbildungsstellen, nehmen sie Einfluss oder machen Vorgaben und kennen sie die Arbeitsbedingungen der Studentinnen und Studenten? Aus dem Wesen der Praxissemester als Bestandteile des Hochschulstudiums folgt, dass Praxissemester von den Hochschulen begleitet und betreut werden. Die Hochschulen haben die Pflicht, Prüfungsregelungen über die Ableistung der Praxissemester aufzustellen (§ 34 Abs. 1 S. 1 LHG). 3. Hält sie es für richtig, in Kooperation mit den Hochschulen und Praxiseinrichtungen Vorgaben hinsichtlich der Qualität, der Leistungs- und Lernziele und der Arbeitsbedingungen festzulegen? Nein. Die Hochschulen legen im Rahmen ihrer Autonomie die Qualität der gesamten Hochschulausbildung fest – auch der Praxissemester. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 743 3 4. Wird sie sich dafür einsetzen, dass die Studentinnen und Studenten für ihre Arbeitsleistung angemessen vergütet werden? Der Einflussbereich des Landeshochschulgesetzes endet, sobald es um das Rechtsverhältnis des Studierenden mit dem Arbeitgeber der Praktikumsstelle geht. Dieses Rechtsverhältnis unterliegt dem Regime des Arbeitsrechts. Gleichwohl ist der Landesregierung bekannt, dass die Hochschulen einen engen Kontakt zu den Arbeitgebern von Praktikumsstellen pflegen und nur wohlabgewogene Empfehlungen für Praktikumsstellen geben. Eine pauschale Regelung der Vergütung von Praktika ist nicht sinnvoll. Denn diese sind wie dargelegt ein Teil des Studiums und dienen dem Erwerb von Prüfungsansprüchen. Bauer Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst