Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 7452 29. 09. 2015 Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung Effektive Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Flüchtlinge konnten durch das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ bereits seit dessen Anlaufen in einen Arbeitsplatz vermittelt werden, gestaffelt nach Zeitpunkt des Arbeitsbeginns im Verhältnis zur bereits abgelaufenen Aufenthaltsdauer in Baden-Württemberg ? 2. Inwieweit unterliegt das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ einem Monitoring betreffend des Zeitpunkts der Erfassung beruflicher und schulischer Qualifikationen sowie des Sprachstands, womit sichergestellt würde, dass ein möglichst überblickendes Screening der Potenziale bereits in der Erstaufnahme geschieht? 3. Von wie vielen der Flüchtlinge im arbeitsfähigen Alter liegen prozentual und absolut bei der Verteilung auf die Stadt- und Landkreise keine Erkenntnisse über den Bildungsstand vor? 4. Wie stellt sich das Betreuungsverhältnis von Personal der sogenannten Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren zu potenziellen Arbeitskräften unter den Flüchtlingen dar, unterteilt nach Erstaufnahmestandorten je Regierungsbezirk? 5. Inwieweit wird die in der Erstaufnahme erfasste berufliche Qualifikation bei der Entscheidung über die Zuweisung an einen speziellen Stadt- oder Landkreis beachtet, soweit beispielsweise an einem Ort Bedarfe an spezialisierten Fachkräften verortet werden konnten? 6. Welche Vermittlungsleistungen stehen in der Erstaufnahme zur Verfügung, um den Flüchtlingen möglichst bereits zum Ende des Arbeitsverbots nach drei Monaten passgenaue Praktikums- und Arbeitsplätze anzutragen? Eingegangen: 29. 09. 2015 / Ausgegeben: 18. 11. 2015 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 2 7. Inwieweit stellt sie Anstrengungen an, nach dem Vorbild des Modellprojekts „Early Intervention“ in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auf Landesebene ein umfassendes Qualifikations-Screening bereits in der Erstaufnahme einzurichten? 8. Inwieweit sieht sie Chancen darin, nun vorhandene Doppelstrukturen in Welcome -Centern und Kompetenzzentren in Synergien umzuformen, etwa durch Änderung der Förderstatuten der Welcome-Center, die bereits wichtige Protagonisten zusammenbringen, wie etwa die Land-/Stadtkreise, die Handwerkskammern , Industrie- und Handelskammern sowie die Arbeitsagenturen? 9. Inwieweit sieht sie die essenzielle Aufgabe der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen durch die Netzwerke auf der Ebene der Stadt- und Landkreise gewährleistet bzw. ob bereits ein flächendeckender Ausbau dieser Strukturen gegeben ist? 10. Zu welchem frühestmöglichen Zeitpunkt können die Flüchtlinge einen Antrag auf Anerkennung ihrer beruflichen Bildung stellen und wann geschieht dies tatsächlich? 11. Welche Orientierungshilfen erhalten die Flüchtlinge in der Erstaufnahme vom Land, die beispielsweise die grundlegenden Werte und Normen der hiesigen Gesellschaft vermitteln? 12. Plant sie, bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen Bildungsberatungsstellen einzurichten, die mögliche Bildungswege von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule aufzeigen? 13. Welche Sprachkursangebote, auch niederschwelliger Art zur Erreichung des Sprachniveaus A1, werden in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes vorgehalten , um Angebotslücken zu den erst ab diesem Sprachniveau zugänglichen Kursen des Bundes zu schließen? 14. Stellt sie den Zugang zum Internet in den Erstaufnahmeeinrichtungen sicher, sodass dieser zur Jobsuche und zum Spracherwerb genutzt werden kann? 15. Welche Erkenntnisse hat sie darüber, dass die Regelungen des Mindestlohns oder der aufenthaltsrechtliche Status des potenziellen Arbeitnehmers die Aufnahme eines Praktikums- oder Ausbildungsplatzes verhindern bzw. wie beurteilt sie entsprechende Äußerungen der Arbeitgeber? 16. Inwieweit können die Landesmittel, die für Sprachkurse des Landes vorgesehen wurden, bis die Integrationskurse des Bundes den Flüchtlingen zugänglich sind, nun für ergänzende Kurse im niederschwelligen Bereich und im Bereich des berufsbezogenen Spracherwerbs eingesetzt werden? 17. Wie gedenkt sie sicherzustellen, dass Angebote betriebsnaher Maßnahmen, die über Praktika die Potenziale für den Fachkräftebedarf unter den Flüchtlingen erschließen, flächendeckend vorgehalten werden? 18. Sieht sie einen Bedarf darin, auch berufsbegleitende Sprachkurse in enger Zusammenarbeit mit potenziellen Arbeitgebern zu entwickeln, die speziell auf die berufsbezogenen Anforderungen an die sprachliche Qualifikation angepasst sind? 19. Welche Hilfestellungen und Unterstützungen bietet das Land, um die vielgestaltigen Angebote von Arbeitgebern, etwa zahlreiche Praktikumsplätze für Flüchtlinge zu schaffen, weiter zu fördern und auch über den jeweiligen Stadtoder Landkreis des Unternehmensstandorts hinaus zugänglich zu machen? 20. Plant sie Initiativen über den Bund, die Frist von 15 Monaten, in denen ein Flüchtling der Vorrangprüfung unterliegt, zu verkürzen? 21. Plant sie Angebote, die in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Branchenverbänden eine gezielte Vermittlung von Flüchtlingen in Mangelberufe fördert, beispielsweise im Gastronomie- oder Pflegebereich? Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 3 22. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, dass für die Vermittlung geflüchteter Akademiker auch Netzwerke im Land gefördert werden, die einen Anschluss an den hiesigen Wissenschaftsbetrieb sicherstellen? 23. Inwieweit sind die Angebote zur Arbeitsmarktintegration über die Aufnahme von Praktikums- und Arbeitsplätzen durch die Netzwerke in den Kreisen auch Geduldeten zugänglich? 24. Wie gedenkt sie den sogenannten „Spurwechsel“, der auf dem Bundesgipfel am 25. September 2015 beschlossen wurde, zu ermöglichen, der denjenigen einen Arbeitsmarktzugang einräumt, die eigentlich asylrechtlich in die sicheren Herkunftsländer zurückkehren müssten? 25. Wurden die Landesmittel als Projektförderung aus dem Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ von den Stadtund Landkreisen für den Antragszeitraum bis Ende September vollumfänglich von allen Kreisen abgerufen? 29. 09. 2015 Dr. Rülke, Glück und Fraktion B e g r ü n d u n g Zahlreiche namhafte Unternehmen im Land bieten Praktikumsplätze für Flüchtlinge . Laut dem Beschäftigungsbarometer des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo suchen Betriebe so viel Personal wie seit Anfang 2012 nicht mehr. All diese Faktoren lassen erkennen, dass die Wirtschaft in den aktuellen Flüchtlingsströmen auch eine Chance für den hiesigen Arbeitsmarkt sieht. Die bundesrechtlichen Zugangsmöglichkeiten wurden verbessert, sodass eine Arbeitsaufnahme nunmehr nach drei Monaten theoretisch möglich ist. Diese Verkürzung des Arbeitsverbots nun mit Leben zu füllen und Flüchtlinge möglichst schnell in passende Arbeitsund Praktikumsmöglichkeiten zu vermitteln, muss besondere Aufmerksamkeit zukommen, damit aus einer Flüchtlingskrise keine Integrationskrise wird. Denn in dem Miteinander im Berufsleben, dem gemeinsamen Arbeiten und Lernen von Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte und schließlich der Möglichkeit , den eigenen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, sehen wir einen zentralen Schlüssel der Integration. Deswegen sollten Flüchtlinge so rasch wie möglich die Chance auf Integration in unser Erwerbsleben erhalten. In der Praxis haben Flüchtlinge aber mit großen Hemmnissen zu kämpfen, mangelnde Sprachkenntnisse und der schwierige Nachweis von Berufsabschlüssen und -qualifikationen erschweren den Zugang zum Arbeitsmarkt. Deswegen müssen Hemmnisse weiter abgebaut werden, Hilfestellungen und Angebote müssen zum frühestmöglichen Zeitpunkt gemacht werden. Ob das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ diesen Anforderungen gerecht wird, soll diese Große Anfrage klären. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 4 A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 10. November 2015 Nr. IV-594/LTANFRAGEN : In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 5 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Integration Mit Schreiben vom 3. November 2015 Nr. 3-0141.5/15/7452 beantwortet das Ministerium für Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Innenministerium und dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren im Namen der Landesregierung und nach Beteiligung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit die Große Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Ziel der Landesregierung ist eine möglichst schnelle Integration der Flüchtlinge mit einer Bleiberechtsperspektive, auch in den Arbeitsmarkt. Die Fragestellungen in der Großen Anfrage könnten aber den Eindruck erwecken, dass viele Flüchtlinge schon nach einem kurzen Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung direkt in den Arbeitsmarkt vermittelt werden und dass eine Vielzahl entsprechender Maßnahmen schon in der Erstaufnahme erfolgen könnten. Die Landesregierung weist deshalb darauf hin, dass die Möglichkeiten und insbesondere die erforderliche Zeit für die Arbeitsmarktintegration der ins Land kommenden Flüchtlinge realistisch gesehen werden müssen. a) Hinsichtlich mitgebrachter beruflicher Qualifikationen der Flüchtlinge liegen derzeit keine belastbaren repräsentativen Daten vor. Nach Schätzungen bringt jedoch nur ein kleinerer Teil der Flüchtlinge die Voraussetzungen mit, um direkt , also ohne Qualifizierungsmaßnahmen und ohne Sprachförderung, in Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden zu können. So geht beispielsweise die Bundesarbeitsministerin sogar davon aus, dass nicht einmal jeder Zehnte diese Voraussetzungen mitbringt. Hinzu kommt, dass – wie bei anderen Zuwanderern auch – nicht alle ausländischen Qualifikationen ohne weiteres in Deutschland anerkannt werden können und dass nicht alle Qualifikationen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gleichermaßen gefragt sind. Darüber hinaus war im Jahr 2014 über ein Viertel der Asylantragstellerinnen und Asylantragsteller in einem Alter von unter 16 Jahren und insgesamt über die Hälfte der Antragstellerinnen und Antragsteller weniger als 25 Jahre alt. Viele dieser Menschen haben die zurückliegenden Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in einem Umfeld verbracht, das eine geregelte Schul- oder Berufsbildung zuließ. b) Eine weitere – oft entscheidende – Hürde für den Zugang zum Arbeitsmarkt stellen fehlende oder nicht ausreichende deutsche Sprachkenntnisse dar. Als ausreichend sind Sprachkenntnisse anzusehen, wenn sie ein selbstverantwortliches Leben in Deutschland ermöglichen. Sie zu erwerben, bedarf einiger Zeit. c) Erfolgreiche Arbeitsmarktintegration bedeutet für die Landesregierung eine möglichst qualifikationsadäquate, regulär entlohnte Erwerbstätigkeit unter den allgemein üblichen Rahmenbedingungen. Bestrebungen, Flüchtlinge schnellstmöglich nach dem Ende des Arbeitsverbots in unqualifizierte Tätigkeiten zu vermitteln, für die auch mangelhafte Sprachkenntnisse genügen, werden von der Landesregierung nicht unterstützt. Dadurch würde ein Niedriglohnsektor für Flüchtlinge geschaffen und das Ziel, gesellschaftliche Integration durch berufliche Integration zu fördern, verfehlt. d) Die Erstaufnahme der Flüchtlinge dient vor allem der kurzfristigen Unterbringung und dem Durchlaufen mehrerer Verfahrensschritte, die nach dem Asylgesetz erforderlich sind. Während dieser Zeit sollen die Flüchtlinge registriert, erkennungsdienstlich behandelt und gesundheitlich untersucht werden. Ebenso sollte während dieses Zeitraums der Asylantrag beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt und im Falle der sicheren Herkunftsländer auch entschieden werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 6 Die Durchführung aller in der Großen Anfrage angesprochenen Schritte bzw. Maßnahmen in der Erstaufnahme ist derzeit schon aufgrund der Zugangssituation nicht möglich. Unabhängig davon ist es auch nicht sinnvoll, sich bei der Arbeitsmarktintegration auf die Phase der Erstaufnahme zu konzentrieren. Denn Antragstellerinnen und Antragsteller mit guten Bleibeperspektiven sollen die Erstaufnahmeeinrichtung möglichst schnell verlassen und in die vorläufige Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen weitergeleitet werden, während Asylsuchende mit geringen Bleibechancen möglichst bis zu ihrer Ausreise oder Rückführung in der Erstaufnahme verbleiben sollen. Für diejenigen, die für Maßnahmen zur (Arbeitsmarkt-)Integration infrage kommen, ist der Zeitraum der Erstaufnahme damit vergleichsweise kurz; Flüchtlinge mit schlechten Bleibeperspektiven sind nicht Zielgruppe der Integrationsmaßnahmen. Zudem wurde mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) ein Beschäftigungsverbot für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten erlassen (vergleiche dazu die Antwort zu Frage Nummer 24). Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Flüchtlinge konnten durch das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ bereits seit dessen Anlaufen in einen Arbeitsplatz vermittelt werden, gestaffelt nach Zeitpunkt des Arbeitsbeginns im Verhältnis zur bereits abgelaufenen Aufenthaltsdauer in Baden-Württemberg ? Zu 1.: Die Frist für die Stadt- und Landkreise zur Einreichung der Anträge für Sprachförderangebote nach dem Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ (im Folgenden: „Chancen gestalten“) und nach der dazu erlassenen Verwaltungsvorschrift Deutsch für Flüchtlinge endete am 30. September 2015. Wo noch nicht vollumfänglich vorhanden, mussten oder müssen sich vor Ort die für die Arbeitsmarktintegration verantwortlichen Netzwerke erweitern oder werden durch die Teilnahme am Programm aufgebaut. Für die Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, die die Aufgabe der Kompetenzerhebung und der Unterstützung der Netzwerke in den Kreisen übernehmen, war nach der entsprechenden Anpassung der Förderung neues Personal einzustellen und für den Einsatz zu schulen. Das Programm befindet sich insofern noch in der Anlaufphase. Eine zentrale Erfassung der Vermittlungen in Arbeitsverhältnisse findet derzeit nicht statt. 2. Inwieweit unterliegt das Landesprogramm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ einem Monitoring betreffend des Zeitpunkts der Erfassung beruflicher und schulischer Qualifikationen sowie des Sprachstands , womit sichergestellt würde, dass ein möglichst überblickendes Screening der Potenziale bereits in der Erstaufnahme geschieht? 3. Von wie vielen der Flüchtlinge im arbeitsfähigen Alter liegen prozentual und absolut bei der Verteilung auf die Stadt- und Landkreise keine Erkenntnisse über den Bildungsstand vor? Zu 2. und 3.: Wie jede Fördermaßnahme unterliegt auch das Programm „Chancen gestalten“ einer Erfolgskontrolle. Das mit der Kompetenzerhebung verbundene Hauptziel ist die erfolgreiche individuelle Arbeitsmarktintegration. Der wesentliche Faktor ist dabei die damit verbundene Beratung und Information, die in Einzelberatungen und Gruppenveranstaltungen erfolgen und dokumentiert werden. Im Übrigen ist aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen die Durchführung der Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration in der Erstaufnahme derzeit nur eingeschränkt möglich, was aber für die Integration in den Arbeitsmarkt nicht entscheidend ist. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 7 4. Wie stellt sich das Betreuungsverhältnis von Personal der sogenannten Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren zu potenziellen Arbeitskräften unter den Flüchtlingen dar, unterteilt nach Erstaufnahmestandorten je Regierungsbezirk? Zu 4.: Die Flüchtlinge erhalten während der Dauer der Erstaufnahme zunächst Unterstützungsangebote durch die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung, für die in jeder Erstaufnahmeeinrichtung ein Personalschlüssel von 1 : 100 gilt. Hier liegt der Fokus auf den während der Erstaufnahme relevanten Themen wie beispielsweise der Einleitung des Asylverfahrens, Orientierungshilfen über Verhaltensweisen oder der Identifizierung Schutzbedürftiger. Für die Zwecke und aus Mitteln des Programms „Chancen gestalten“ wurden die vier Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Mannheim, Stuttgart, Ulm und Freiburg um insgesamt 7,6 Personalstellen verstärkt. Sie bieten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen Beratung über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen an und unterstützen auch die Netzwerke in den Stadt- und Landkreisen in der weiteren Beratung sowie Begleitung der Personen im Anerkennungsverfahren und bei der beruflichen Integration . Das Kompetenzzentrum in Mannheim ist für die Kreise im Regierungsbezirk Karlsruhe sowie die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Mannheim zuständig , das Kompetenzzentrum in Stuttgart für die Kreise im Regierungsbezirk Stuttgart sowie die LEA Ellwangen, das Kompetenzzentrum in Ulm für die Kreise im Regierungsbezirk Tübingen sowie die LEA Meßstetten und das Kompetenzzentrum in Freiburg für die Kreise im Regierungsbezirk Freiburg sowie die LEA Karlsruhe. Eine persönliche „Betreuung“ der potenziellen Arbeitskräfte unter den Flüchtlingen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kompetenzzentren war und ist nicht beabsichtigt. Aufgaben der Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind die frühzeitige Vermittlung von Grundinformationen und der Beginn des Beratungsprozesses, zum Beispiel durch Gruppeninformationsveranstaltungen , die Ausgabe von Informationsmaterial bezüglich der beruflichen Integrationsförderung sowie die Beratung hinsichtlich der Anerkennung beruflicher Qualifikationen, Ausbildungsmöglichkeiten und Qualifizierungsangeboten . Darüber hinaus besteht ihre Aufgabe darin, die Netzwerke zur Arbeitsmarktintegration in den Stadt- und Landkreisen und insbesondere das an diese Netzwerke angebundene Fachpersonal (z. B. in der Sozialberatung und in den Arbeitsagenturen) in Form von Schulungen, Informationsveranstaltungen und Fortbildungen zu unterstützen und zu beraten. Die persönliche Einzelfallbetreuung findet auf dieser Ebene statt und ist als ein längerer Prozess mit verschiedenen Aspekten (u. a. Sprachförderung, Anerkennung vorhandener Abschlüsse, Anpassungs - oder Weiterqualifikation, Arbeitsplatzsuche) zu betrachten, der in der Erstaufnahmeeinrichtung bestenfalls begonnen werden kann. 5. Inwieweit wird die in der Erstaufnahme erfasste berufliche Qualifikation bei der Entscheidung über die Zuweisung an einen speziellen Stadt- oder Landkreis beachtet, soweit beispielsweise an einem Ort Bedarf an spezialisierten Fachkräften verortet werden konnten? Zu 5.: Die Zuteilung der Flüchtlinge an die Stadt- und Landkreise erfolgt grundsätzlich nach einem Schlüssel, der sich aus dem Anteil des jeweiligen Stadt- oder Landkreises an der Bevölkerung des Landes errechnet (Zuteilungsquote). Bei der Zuteilung wird der Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen und humanitären Umständen von vergleichbarem Gewicht in besonderem Maße Rechnung getragen. Zusätzlich speziell nach beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten an einen bestimmten Stadt- oder Landkreis zu verteilen, wäre zwar grundsätzlich wünschenswert , ist aber in Anbetracht der gegenwärtigen Zugangssituation leider nicht realisierbar . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 8 6. Welche Vermittlungsleistungen stehen in der Erstaufnahme zur Verfügung, um den Flüchtlingen möglichst bereits zum Ende des Arbeitsverbots nach drei Monaten passgenaue Praktikums- und Arbeitsplätze anzutragen? Zu 6.: Zu den Unterstützungsangeboten, die die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen durch die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung erhalten, wird zunächst auf die Antwort zu Frage Nummer 4 verwiesen. Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, ist nur ein überschaubarer Kreis von Flüchtlingen bereits nach drei Monaten sprachlich dazu in der Lage, qualifikationsadäquat ein Praktikum oder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Das Programm „Chancen gestalten“ geht dementsprechend davon aus, dass die Vermittlung von Flüchtlingen in Praktikums- oder Arbeitsplätze auf der Ebene der Netzwerke in den Stadt- und Landkreisen geschieht. Die Vermittlung in Arbeit durch die Agenturen für Arbeit ist sowohl für Asylbewerberinnen und Asylbewerber als auch für Geduldete nach Ablauf des dreimonatigen Arbeitsverbotes erst möglich, wenn die Ausländerbehörden Beschäftigung bzw. Erwerbstätigkeit gestatten (Löschung von Nebenbestimmungen in den Aufenthaltspapieren ). Die Vermittlung in Ausbildung ist für Geduldete ab dem ersten Tag des Aufenthalts in Deutschland, für Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach Ablauf des dreimonatigen Arbeitsverbotes möglich. Nach dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 können für Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, aber auf der Grundlage von § 61 des Asylgesetzes keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen, bis zum 31. Dezember 2018 bereits Vermittlungs-, Aktivierungs- und Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten und Dritten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Dritten Kapitels sowie nach den §§ 44 und 45 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) erbracht werden, wenn bei ihnen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Darüber hinaus zielen zwei Projekte der Bundesagentur für Arbeit auf die frühzeitige Integration von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ab: Das Projekt „Schnelle Integration von Flüchtlingen und Asylbewerber/-innen in gemeinsamer Verantwortung“ (StellA) ist ein Projekt der Regionaldirektion Baden -Württemberg der Bundesagentur für Arbeit sowie der beteiligten Landkreise und wird an drei Standorten (Ludwigsburg, Reutlingen/Tübingen, Ortenaukreis) für den Projektzeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 durchgeführt. Insgesamt neun Vermittlungsfachkräfte haben beratende Aufgaben, vermitteln in Arbeit, identifizieren Bedarfe, führen Coachings der Arbeitskräfte durch und sind Ansprechpartner für die Arbeitgeber. Das Projekt „Early Intervention – Frühzeitige Integration von Asylbewerbern“ ist ein Modellprojekt, das innerhalb von Baden-Württemberg in Freiburg durchgeführt wird. Flüchtlinge werden dabei schon während des laufenden Asylverfahrens bei der Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt. Das Verfahren im Modellprojekt gliedert sich in mehrere Schritte. Nach der Verteilung auf die Gemeinschaftsunterkünfte oder Wohnungen identifiziert das BAMF Neu-Antragstellerinnen und Neu-Antragsteller mit einer voraussichtlich hohen Bleibeperspektive. Die Bleibeperspektive wird dabei nach Herkunftsländern auf der Grundlage der höchsten Schutzquoten und der geringsten Zahl an Abschiebungen prognostiziert. In einem zweiten Schritt erfolgt eine Kompetenzerhebung durch die Bundesagentur für Arbeit . Hierfür wird ein Mini-Arbeitspaket eingesetzt, das in verschiedenen Sprachen zur Verfügung steht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer freiwilligen Selbstauskunft über Beruf, Abschlüsse und wesentliche Stationen des Lebenslaufes. Auf dieser Grundlage erfolgt anschließend die Vorauswahl durch die Arbeitsvermittlung in der zuständigen Agentur für Arbeit. Mit den nachfolgenden Erstgesprächen werden die Asylbewerberinnen und Asylbewerber in den regulären Vermittlungsprozess einbezogen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 9 7. Inwieweit stellt sie Anstrengungen an, nach dem Vorbild des Modellprojekts „Early Intervention“ in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auf Landesebene ein umfassendes Qualifikations-Screening bereits in der Erstaufnahme einzurichten? Zu 7.: Entsprechend dem Begriff „Modellprojekt“ findet „Early Intervention“ unter besonderen Bedingungen statt und kann nicht ohne Weiteres in die Fläche getragen werden. Gleichwohl werden bei den in den Antworten zu den Fragen Nummer 1 bis 4 geschilderten Beratungen persönliche Daten auf einem Erhebungsbogen gesammelt , bei dessen Entwicklung auch das Mini-Arbeitspaket des Projekts „Early Intervention“ herangezogen wurde. Insofern bestehen zwischen den Kompetenzerhebungen im Programm „Chancen gestalten“ und im Modellprojekt „Early Intervention “ keine wesentlichen Unterschiede. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage Nummer 4 verwiesen. 8. Inwieweit sieht sie Chancen darin, nun vorhandene Doppelstrukturen in Welcome -Centern und Kompetenzzentren in Synergien umzuformen, etwa durch Änderung der Förderstatuten der Welcome-Center, die bereits wichtige Protagonisten zusammenbringen, wie etwa die Land-/Stadtkreise, die Handwerkskammern , Industrie- und Handelskammern sowie die Arbeitsagenturen? Zu 8.: Die Aufgabenbereiche der vom Ministerium für Integration geförderten Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und der vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft geförderten Welcome Center sind klar voneinander abgegrenzt und überschneiden sich nicht. Die Zielgruppe der Welcome Center sind derzeit internationale Fachkräfte, deren Aufenthalt in Deutschland zum Zweck der Erwerbstätigkeit erfolgt. Bei den Erstanlaufstellen und Kompetenzzentren handelt es sich um spezialisierte Fachberatungsstellen , an die die fachlich breiter ausgerichteten Welcome Center verweisen können. Doppelstrukturen bestehen zwischen diesen beiden Institutionen nicht. Falls mit den in der Fragestellung genannten Kompetenzzentren die Netzwerke zur Arbeitsmarktintegration in den Stadt- und Landkreisen gemeint sein sollten, ist darauf hinzuweisen, dass das Programm „Chancen gestalten“ und die Verwaltungsvorschrift Deutsch für Flüchtlinge für diese Netzwerke nur zurückhaltende Vorgaben machen, damit den örtlichen Verhältnissen ausreichend Rechnung getragen werden kann. Partner in diesen Netzwerken können beispielsweise sein: Arbeitsagenturen und Jobcenter, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die Flüchtlingssozialarbeit, Integrationsbeauftragte der Kommunen, Sozialpartner, Bleiberechtsnetzwerke, kreisangehörige Gemeinden und Sprachkursträger. Die jeweilige genaue Zusammensetzung und innere Organisation dieser Netzwerke zur Arbeitsmarktintegration ist den einzelnen Kreisen überlassen. In der Verwaltungsvorschrift Deutsch für Flüchtlinge wird jedoch ausdrücklich auf die Welcome Center als mögliche Partner der Netzwerkarbeit hingewiesen. Umgekehrt haben die Welcome Center für die Wahrnehmung ihrer Lotsenfunktion ein festes Netz an Ansprechpartnern in Behörden und Organisationen aufgebaut und kooperieren in diesem Zusammenhang auch mit Netzwerken vor Ort. Diese örtliche Vernetzung ermöglicht es den Welcome Centern, bei ihnen Rat suchende Flüchtlinge an die jeweiligen zuständigen Ansprechpartner weiterzuvermitteln, zum Beispiel auch an die Netzwerke des Programms „Chancen gestalten“. So wird gerade nicht die Errichtung von Doppel- oder Parallelstrukturen betrieben, sondern die Realisierung von Synergien befördert, und die Ausrichtung der jeweiligen Initiative bleibt geschärft. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 10 9. Inwieweit sieht sie die essenzielle Aufgabe der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen durch die Netzwerke auf der Ebene der Stadt- und Landkreise gewährleistet bzw. ob bereits ein flächendeckender Ausbau dieser Strukturen gegeben ist? Zu 9.: Zum Stand des Programms „Chancen gestalten“ wird auf die Antwort zu Frage Nummer 1 verwiesen. Bei der Antragstellung gaben 35 Stadt- und Landkreise an, dass sie über Netzwerke zur Arbeitsmarktintegration verfügen, diese erweitern oder im Zuge der Beteiligung an dem Programm „Chancen gestalten“ aufbauen. Zwei weitere Landkreise gaben an, dass sie bereits an einem vergleichbaren Programm der Bundesagentur für Arbeit teilnehmen und über entsprechende Netzwerke verfügen. Für die flächendeckende Versorgung mit Ansprechpartnern zur Arbeitsmarktintegration ist weiterhin zu beachten, dass im Rahmen der sogenannten ESF-BAMF-Kurse Praktika vorgesehen sind, für deren Zustandekommen netzwerkartige Strukturen notwendig sind. Die Kurse finden an 31 Standorten in Baden-Württemberg statt, darunter auch in fünf Landkreisen, die sich derzeit nicht am Programm „Chancen gestalten“ beteiligen. Da noch nicht aus allen Landkreisen Rückmeldungen vorliegen, geht die Landesregierung davon aus, dass in mindestens 38 Kreisen Strukturen der Arbeitsmarktintegration in Verantwortung der Kreise vorhanden sind. Nach Angaben der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bestehen arbeitsmarktbezogene Netzwerkstrukturen unabhängig von der jeweiligen Verantwortlichkeit in jedem Agenturbezirk; die Agenturbezirke decken alle Stadt- und Landkreise ab. 10. Zu welchem frühestmöglichen Zeitpunkt können die Flüchtlinge einen Antrag auf Anerkennung ihrer beruflichen Bildung stellen und wann geschieht dies tatsächlich? Zu 10.: Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz Baden-Württemberg ist auf alle Personen anwendbar, die im Ausland einen Ausbildungsnachweis erworben haben und darlegen, in Baden-Württemberg eine ihren Berufsqualifikationen entsprechende Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen. Der Aufenthaltsstatus spielt dabei keine Rolle . Vergleichbare Regelungen finden sich in anderen relevanten Vorschriften zur Berufsanerkennung, beispielsweise dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes. Damit ist eine Antragstellung bereits unmittelbar nach dem Abschluss der Ausbildung möglich. Das Anerkennungsberatungsgesetz räumt entsprechend auch Personen im Ausland einen Beratungsanspruch ein. Die zuständigen Stellen nehmen Anträge aus dem Ausland an, und die Anerkennungsberatungsstellen in Baden-Württemberg beraten Anfragende aus dem Ausland beispielsweise telefonisch oder per E-Mail. Daraus ergibt sich, dass Flüchtlinge in Deutschland auch unmittelbar nach ihrer Einreise einen Antrag auf Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikationen stellen können. Da weder der Aufenthaltsstatus noch die Aufenthaltsdauer in Deutschland bei der Antragstellung erhoben werden, ermöglicht die amtliche Statistik keine Aussagen über das Antragsverhalten von Flüchtlingen zur Anerkennung ihrer ausländischen Abschlüsse. 11. Welche Orientierungshilfen erhalten die Flüchtlinge in der Erstaufnahme vom Land, die beispielsweise die grundlegenden Werte und Normen der hiesigen Gesellschaft vermitteln? Zu 11.: In den Erstaufnahmeeinrichtungen neu eintreffende Flüchtlinge werden grundsätzlich über die geltenden Regeln innerhalb der Einrichtung und außerhalb des Geländes informiert. Anlassbezogen finden auf dem Gelände Wiederholungen und Vertiefungen durch die Beschäftigten, die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung sowie die Ehrenamtlichen statt. Hierzu gehören nicht nur Hinweise auf Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 11 Gesetze und Hausordnungen, sondern auch allgemein auf Verhaltensregeln sowie gesellschaftliche Normen und Werte. Darüber hinaus gibt es Informationsveranstaltungen der unabhängigen Sozial- und Verfahrensberatung, bei denen auch durch Bildmaterial und/oder mit Hilfe von Dolmetschern auf Verhaltensregeln hingewiesen wird. 12. Plant sie, bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen Bildungsberatungsstellen einzurichten, die mögliche Bildungswege von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule aufzeigen? Zu 12.: Derzeit ist dies nicht geplant (siehe auch Vorbemerkung, Buchstabe d). Während der Dauer der Erstaufnahme erhalten die Flüchtlinge zunächst Unterstützungsangebote durch die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung (siehe dazu die Antwort auf Frage Nummer 4). Hier liegt der Fokus auf den während der Erstaufnahme unmittelbar relevanten Themen. Das Wissenschaftsministerium bezieht die Erstaufnahmeeinrichtungen bei der Verteilung von Informationen bezüglich des Studiums für Flüchtlinge bereits mit ein. So hat es die Ausschreibung für das „Baden-Württemberg-Programm zur Studienförderung von Flüchtlingen aus Syrien“ auch an die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes versandt. Die kürzlich durch das Wissenschaftsministerium eingerichteten vier Regionalen Koordinatorenstellen – in jedem Regierungsbezirk eine – stehen auch in Erstaufnahmeeinrichtungen Tätigen und Untergebrachten für die Beratung und Unterstützung bezüglich des Studiums von Flüchtlingen in BadenWürttemberg zur Verfügung. 13. Welche Sprachkursangebote, auch niederschwelliger Art zur Erreichung des Sprachniveaus A1, werden in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes vorgehalten , um Angebotslücken zu den erst ab diesem Sprachniveau zugänglichen Kursen des Bundes zu schließen? Zu 13.: In den Erstaufnahmeeinrichtungen bestehen niedrigschwellige Sprachförderangebote insbesondere durch ehrenamtliches Engagement. Daneben nutzen viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber frei zugängliche und kostenlose Sprachlern-Anwendungen („Apps“) auf ihren Smartphones. Einfache Sprachkenntnisse können gemäß § 13 Absatz 2 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) während der Zeit der vorläufigen Unterbringung erworben werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Integrationskurse des Bundes auch ohne vorherige Deutschkenntnisse zugänglich sind; auch bietet der Bund Alphabetisierungskurse an. Ein vorheriges Sprachniveau A1 ist somit nicht erforderlich und es besteht insofern keine Angebotslücke. Weiterhin finanziert die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen einer Nothilfe Sprachfördermaßnahmen für Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung oder eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende bzw. eine diese Bescheinigung ersetzende Duldungsbescheinigung besitzen und aus den Ländern Eritrea, Irak, Iran oder Syrien stammen. In Baden-Württemberg sollen mehr als 12.000 Menschen dieses Sprachförderangebot erhalten. Die Kurse müssen bis zum 31. Dezember 2015 begonnen haben. Dabei handelt es sich ausschließlich um Einstiegskurse mit einer Kursdauer von acht Wochen bzw. von maximal 320 Stunden mit dem Ziel, Basiskenntnisse der deutschen Sprache zu vermitteln. Fundierte, für den Einstieg in Ausbildung und Beruf erforderliche Sprachkenntnisse lassen sich in diesem Zeitrahmen nicht erwerben. Das Förderangebot der Bundesagentur für Arbeit richtet sich direkt an Sprachkursträger, während beim Landesprogramm „Chancen gestalten“ die Kommunen die Fördermittel erhalten und dafür auch die Auswahl von Sprachkursträgern und den Aufbau von regionalen Netzwerken zur Arbeitsmarktintegration leisten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 12 14. Stellt sie den Zugang zum Internet in den Erstaufnahmeeinrichtungen sicher, sodass dieser zur Jobsuche und zum Spracherwerb genutzt werden kann? Zu 14.: Die Landesregierung hat bereits im Juni 2015 beschlossen, Bewohnerinnen und Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtungen die Möglichkeit der kostenlosen Internetnutzung in Form von WLAN-Bereichen zu eröffnen. Die Umsetzung ist für den überwiegenden Teil der längerfristig bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen bereits erfolgt. 15. Welche Erkenntnisse hat sie darüber, dass die Regelungen des Mindestlohns oder der aufenthaltsrechtliche Status des potenziellen Arbeitnehmers die Aufnahme eines Praktikums- oder Ausbildungsplatzes verhindern bzw. wie beurteilt sie entsprechende Äußerungen der Arbeitgeber? Zu 15.: Die mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) geschaffenen flächendeckenden Regelungen dienen dem Ziel, deutsche wie ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Praktikantinnen und Praktikanten vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen und für sie angemessene Arbeitsbedingungen herzustellen. Die Regelungen sollen gewährleisten, dass mit dem Einkommen auch der Lebensunterhalt gesichert werden kann. Anspruch auf eine Entlohnung nach dem MiLoG haben volljährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Praktikantinnen und Praktikanten zum Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen. Dagegen sind Schülerinnen und Schüler oder Studentinnen und Studenten während des Praktikums im Rahmen der Schulausbildung oder des Studiums vom Mindestlohn ausgenommen. Genauso wenig unterliegen Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums sowie begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung dem Mindestlohngesetz . Zu den Ausnahmen vom Mindestlohn gehören auch Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung und Auszubildende. Der Zugang zu einem Praktikum mit einer Entlohnung nach dem MiLoG ist Asylbewerberinnen und Asylbewerbern mit ungeklärtem Bleiberecht und Geduldeten, deren Abschiebung lediglich ausgesetzt ist, nach drei Monaten möglich. Asylberechtigte und Kontingentflüchtlinge sind berechtigt, sofort eine nach dem MiLoG vergütete Praktikantenstelle anzunehmen. Für Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist eine Ausbildung mit Erlaubnis der Ausländerbehörde ab dem vierten Aufenthaltsmonat zulässig. Anerkannte Flüchtlinge und Geduldete können eine Ausbildung ohne Wartezeit aufnehmen. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der gesetzliche Mindestlohn die Aufnahme von Praktika oder den Einstieg in Ausbildungsverhältnisse verhindert. Sie nimmt zur Kenntnis, dass vereinzelt in Äußerungen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Höhe des Mindestlohns als ein Hemmnis für die Beschäftigung von Flüchtlingen ausgemacht und damit die Forderung verbunden wird, weitergehende Ausnahmeregelungen für Flüchtlinge, Geduldete und Personen mit Aufenthaltsgestattung einzuführen. Die Landesregierung ist der Auffassung , dass die gesellschaftliche Herausforderung der Integration von Flüchtlingen nur dann erfolgreich gelingen kann, wenn gerade im Bereich der Beschäftigungsbedingungen kein Unterschied zwischen deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie diesen gleichgestellten Ausländerinnen und Ausländern und Flüchtlingen erfolgt. In diesem Sinne teilt sie die Aussagen der Gewerkschaften und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vom 22. September 2015, dass es selbstverständlich sei, dass für die Beschäftigung von Flüchtlingen die gleichen arbeitsrechtlichen und tarifvertraglichen Regelungen gelten wir für alle anderen Beschäftigten, d. h. auch die üblichen Regelungen zum gesetzlichen Mindestlohn. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 13 Vonseiten der Arbeitgeber wird schon länger auf mehr Rechtssicherheit für die Beschäftigung von Flüchtlingen gedrängt. Dabei wird insbesondere die sogenannte 3+2-Regelung für Flüchtlinge in Ausbildung gefordert. Danach sollen junge Flüchtlinge eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis zur Absolvierung einer beruflichen Ausbildung mit anschließendem zweijährigem Aufenthaltsrecht zur Aufnahme einer Beschäftigung erhalten können. Die Landesregierung hat die Forderung nach einem Aufenthaltstitel für Flüchtlinge in Ausbildung aufgegriffen und im Bundesrat unterstützt. Der Bundesgesetzgeber ist dem nur teilweise gefolgt. So bestimmt seit dem 1. August 2015 § 60 a Absatz 2 Satz 4 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), dass dringende persönliche Gründe für eine Duldung insbesondere vorliegen können, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in Deutschland vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnimmt oder aufgenommen hat und nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Nach § 60 a Absatz 2 Satz 5 und 6 AufenthG kann die Duldung für die Aufnahme einer Berufsausbildung für ein Jahr erteilt werden und soll bei Fortdauer der Ausbildung jeweils für ein Jahr verlängert werden. Hinsichtlich der Forderung nach einer 3+2-Regelung ist insbesondere auf die Regelung des § 18 a AufenthG hinzuweisen, die bereits jetzt die Möglichkeit bietet, eine Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss einer beruflichen Ausbildung im Inland zu erhalten. 16. Inwieweit können die Landesmittel, die für Sprachkurse des Landes vorgesehen wurden, bis die Integrationskurse des Bundes den Flüchtlingen zugänglich sind, nun für ergänzende Kurse im niederschwelligen Bereich und im Bereich des berufsbezogenen Spracherwerbs eingesetzt werden? Zu 16.: Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 werden die Integrationskurse „im Rahmen verfügbarer Kursplätze“ unter anderem geöffnet für Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Die Öffnung gilt für alle Arten der Integrationskurse, auch Alphabetisierungskurse oder Intensivkurse für lernerfahrene Teilnehmende fallen darunter. Auch hat das BAMF angekündigt, die ESF-BAMF-Mittel für berufsbezogene Sprachkurse zu erhöhen, wirksam allerdings erst ab Jahresmitte 2016. Beide Maßnahmen erfordern erhebliche Kapazitätserweiterungen auch auf Seiten der Kooperationspartner des BAMF, bei denen derzeit noch nicht absehbar ist, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum sie abgeschlossen sein werden. Deshalb und auch im Hinblick auf die Öffnung der Integrationskurse nur nach Maßgabe verfügbarer Plätze bleibt zunächst abzuwarten, inwieweit mit der Öffnung der tatsächliche Bedarf abgedeckt werden kann. Das Integrationsministerium beobachtet die Entwicklung sorgfältig und zeitnah. Zudem wird das Programm „Chancen gestalten“ fortlaufend evaluiert. Eine Arbeitsgruppe bewertet den Ablauf und die Umsetzung des Programms und schlägt gegebenenfalls Anpassungen vor. Das Wissenschaftsministerium ist bestrebt, studienbefähigte Flüchtlinge möglichst frühzeitig an hochschulische Strukturen heranzuführen. Dazu sollen Plätze für Deutschkurse an Hochschulen und hochschulnahen Einrichtungen künftig ausgebaut werden. Die Erhebung der Bildungsstände und der bereits vorhandenen Bedarfe wird zur Klärung beitragen, in welchem Umfang dies erforderlich ist. 17. Wie gedenkt sie sicherzustellen, dass Angebote betriebsnaher Maßnahmen, die über Praktika die Potenziale für den Fachkräftebedarf unter den Flüchtlingen erschließen, flächendeckend vorgehalten werden? Zu 17.: Für die Personengruppen der Ausbildungssuchenden, von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsuchenden und Arbeitslosen besteht die Möglichkeit, im Rahmen von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III Maßnahmen bzw. Teile einer Maßnahme mit einer Gesamtdauer von maximal sechs Wochen bei einem Arbeitgeber im Betrieb zu absolvieren. Nach Ablauf des Ar- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 14 beitsverbotes sind Flüchtlinge im Regelfall einer dieser Personengruppen zuzuordnen , sodass ihnen die Förderleistungen des SGB III grundsätzlich offenstehen. Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 sieht vor, diese Fördermöglichkeiten künftig auch für Flüchtlinge schon vor Ablauf des Arbeitsverbotes zu öffnen, wenn bei ihnen ein rechtmäßiger dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (siehe die Antwort zu Frage Nummer 6). Für die Zielgruppe der Flüchtlinge hat die Bundesagentur für Arbeit ein spezielles Angebot unter dem Namen „Perspektiven für Flüchtlinge – Potenziale identifizieren , Integration ermöglichen“ konzipiert, um das Fachkräftepotenzial von geflüchteten Menschen frühzeitig zu erheben und für den Arbeitsmarkt nutzen zu können. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Potenziale von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Geduldeten zu identifizieren und ihre berufsfachlichen Kompetenzen zu erfassen, Perspektiven aufzuzeigen, über Bedingungen des deutschen Arbeitsmarktes zu informieren und Bewerbungsaktivitäten zu unterstützen. Weiterhin sollen ihnen berufsbezogene Sprachkenntnisse vermittelt bzw. diese erweitert werden. Die Identifizierung der beruflichen Kompetenzen soll im Idealfall bei einem Arbeitgeber im betrieblichen Umfeld mit einer Dauer bis zu sechs Wochen erfolgen. Dadurch sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland vorbereitet werden. Diese spezielle Maßnahme oder vergleichbare Maßnahmeangebote stehen für die Zielgruppe der Flüchtlinge in allen Agenturbezirken in Baden-Württemberg zur Verfügung. Als Teil des Programms „Chancen gestalten“ fördert die Landesregierung das zweijährige Modellprojekt „Landesprogramm Arbeitsmarkt und regionale Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen – LAurA“. Dieses Projekt bietet an fünf Standorten in Baden-Württemberg (Mannheim, Ludwigsburg, Karlsruhe, Albstadt, Aalen) sozialpädagogische Begleitung zu betrieblichen Praktika. Dabei erfolgt in kleinen Gruppen eine intensive Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der betrieblichen Praktika durch entsprechend qualifizierte Fachkräfte während eines zwölfwöchigen Teilnahmezeitraums. Zielgruppe sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber im laufenden Asylverfahren mit einer Bleibeperspektive sowie Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge und Flüchtlinge aus dem Landeskontingent . Junge Flüchtlinge benötigen Unterstützung auf dem Weg in Ausbildung. Dies gilt in besonderem Maße für die unbegleiteten Minderjährigen, aber auch für alle anderen jungen Flüchtlinge, für die grundsätzlich eine Ausbildung in Betracht kommt. Das Modellprojekt JuFA („Junge Flüchtlinge in Ausbildung“) fördert durch eine assistierte Ausbildung die Möglichkeit eines Berufsabschlusses. Dieses Programm des Landes Baden-Württemberg, das in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt wird, unterstützt die Verbesserung der Übergangs- und Ausbildungssituation von förderungsbedürftigen jungen Flüchtlingen an fünf Standorten (Aalen, Freiburg, Karlsruhe, Pforzheim, Reutlingen, Großraum Stuttgart). Es soll den Flüchtlingen den Weg in eine Ausbildung ermöglichen und sie durch gezielte Förderung und Assistenz darin unterstützen, einen Berufsabschluss zu erwerben. Darüber hinaus fördert die Landesregierung mit dem Programm „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Flüchtlinge“ ab dem 1. Januar 2016 regionale Unterstützungsstrukturen in Form von „Kümmerern“. Sie sollen junge Flüchtlinge, die ausbildungsreif sind, identifizieren, betreuen und rasch in Praktika und Ausbildung vermitteln. Im Fokus stehen dabei insbesondere solche Wirtschaftsbereiche, die Probleme haben, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. 18. Sieht sie einen Bedarf darin, auch berufsbegleitende Sprachkurse in enger Zusammenarbeit mit potenziellen Arbeitgebern zu entwickeln, die speziell auf die berufsbezogenen Anforderungen an die sprachliche Qualifikation angepasst sind? Zu 18.: Die sprachliche Qualifizierung ist ein entscheidendes Integrationsmerkmal. Alle Erfahrungen sprechen für eine fundierte Sprachvorbereitung im Vorfeld einer Tätigkeitsaufnahme (mindestens B2-Niveau) und eine zusätzlichen Begleitung des sprachlichen Fortschritts nach Aufnahme der Tätigkeit oder eines Studiums. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 15 Die für die Sprachvorbereitung im beruflichen Bereich in ESF-BAMF-Kursen enthaltenen berufsbezogenen Module im Umfang von 100 Unterrichtseinheiten werden nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit derzeit nicht berufsbegleitend angeboten. Die Möglichkeiten für Teilzeitbeschäftigte beschränken sich – je nach Lage und Verteilung der Arbeitszeit – auf die Teilnahme an Integrationskursen und berufsbezogenen ESF-BAMF-Sprachkursen in Teilzeit (in der Regel 20 Unterrichtseinheiten pro Woche). Die Durchführbarkeit erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität. Eine Kooperation der Landesregierung mit Arbeitgebern zur Entwicklung von berufsbegleitenden Sprachkursen besteht nicht. Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die betriebsspezifische Aus- und Weiterbildung (beispielsweise beim Erlernen der Sprache, speziell auch von beruflich und auf den Betrieb zugeschnittenem Fachvokabular) Aufgabe des jeweiligen Arbeitgebers ist. Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 wurden die Integrationskurse des BAMF für Ausländerinnen und Ausländer geöffnet, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (siehe bereits die Antwort zu Frage Nummer 16). Das BAMF plant nach eigener Aussage, seine Sprachfördermaßnahmen insgesamt (allgemein und berufsbezogen) neu aufzustellen . Die weiteren Schritte des BAMF sollten zunächst abgewartet und auch unter berufsbezogenen Aspekten bewertet werden. 19. Welche Hilfestellungen und Unterstützungen bietet das Land, um die vielgestaltigen Angebote von Arbeitgebern, etwa zahlreiche Praktikumsplätze für Flüchtlinge zu schaffen, weiter zu fördern und auch über den jeweiligen Stadtoder Landkreis des Unternehmensstandorts hinaus zugänglich zu machen? Zu 19.: Das Sozialministerium hat im Sommer die „Handreichung für die Praxis – Asylsuchende und Praktika“ herausgegeben. Dieser Leitfaden gibt Arbeitgebern zahlreiche Informationen und Hilfestellung bei der Beschäftigung von Asylsuchenden als Praktikanten. Er informiert unter anderem über die praxisrelevanten Themen Arbeitserlaubnis, Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit und Mindestlohn . Daneben hat die Bundesagentur eine umfangreiche Informationsbroschüre mit dem Titel „Potenziale nutzen – geflüchtete Menschen beschäftigen“ veröffentlicht, die ebenfalls Arbeitgebern bei der Beschäftigung von Asylsuchenden , anerkannten Flüchtlingen und Geduldeten Hilfestellung bieten soll. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage Nummer 17 verwiesen. 20. Plant sie Initiativen über den Bund, die Frist von 15 Monaten, in denen ein Flüchtling der Vorrangprüfung unterliegt, zu verkürzen? Zu 20.: Die Landesregierung plant derzeit keine dementsprechenden Initiativen. Zur Thematik „Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden“ stehen Bund und Länder jedoch in ständigem Austausch. 21. Plant sie Angebote, die in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Branchenverbänden eine gezielte Vermittlung von Flüchtlingen in Mangelberufe fördert, beispielsweise im Gastronomie- oder Pflegebereich? Zu 21.: Überall im Land gibt es seitens der Wirtschaft vielerlei Bemühungen, einen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen zu leisten. So z. B. von Südwestmetall, die eine Million Euro für die Integration von Flüchtlingen zur Verfügung stellt. Des Weiteren möchte die Samariterstiftung mit dem vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft geförderten Kooperationspartner Welcome Center Sozialwirtschaft Flüchtlinge für die Altenpflege-Ausbildung gewinnen. Dieses Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von viereinhalb bis fünf Jahren. Die Landesregierung begrüßt diese Bemühungen der Wirtschaft. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 16 Auf Basis der Erkenntnisse aus einem erfolgreichen Modellprojekt an einer privaten Altenpflegeschule hat die Landesregierung gemeinsam mit den relevanten Fachverbänden ein Konzept für eine „Zweijährige Altenpflegehilfeausbildung mit intensiver Deutschförderung“ entwickelt. Der fachliche Unterricht in der Altenpflegehilfe wird auf zwei Jahre verteilt und durch Deutschstunden und das Wahlpflichtfach Staatsbürgerkunde ergänzt. Durch die intensive Deutschförderung (10 Wochenstunden im ersten Schuljahr und 5 Wochenstunden im zweiten Schuljahr) sollen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Sprachniveau A2 auf Niveau B2 steigern. Diese Ausbildung ist sowohl für Menschen mit Migrationshintergrund geeignet, die schon länger in Deutschland sind, aber geringe Deutschkenntnisse haben, als auch für Flüchtlinge, die nach ersten Sprachqualifizierungen das Niveau A2 erreicht haben. Der Schulversuch hat zum Schuljahr 2015/2016 begonnen. Angeboten wird die Ausbildung derzeit an Altenpflegeschulen in Stuttgart, Ludwigsburg , Heilbronn, Mosbach, Ulm und Nürtingen; weitere Schulen haben Interesse bekundet. Die Bundesagentur für Arbeit nutzt zudem die Möglichkeiten der Fachkräftegewinnung über die Zuwanderung in Ausbildungsberufe, die in der Positivliste der Bundesagentur für Arbeit als Mangelberuf ausgewiesen sind (Positivliste gemäß § 6 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 der Beschäftigungsverordnung). 22. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, dass für die Vermittlung geflüchteter Akademiker auch Netzwerke im Land gefördert werden, die einen Anschluss an den hiesigen Wissenschaftsbetrieb sicherstellen? Zu 22.: Einige Hochschulen, wie beispielsweise die Universitäten Konstanz und Stuttgart, haben Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler ihrer Partnerhochschulen aufgenommen und integrieren diese in ihren Wissenschaftsbetrieb. Geflüchtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können teilweise auf bestehende Kontakte im Land zurückgreifen. Die Europäische Kommission hat eine Initiative mit dem Namen „science4refugees“ gestartet, die europäische Forschungseinrichtungen und geflüchtete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammenbringen soll. 23. Inwieweit sind die Angebote zur Arbeitsmarktintegration über die Aufnahme von Praktikums- und Arbeitsplätzen durch die Netzwerke in den Kreisen auch Geduldeten zugänglich? Zu 23.: Das Programm „Chancen gestalten“ ist neben der Hauptzielgruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge auch offen für Geduldete mit einer Bleibeperspektive, soweit ein Sprachförderbedarf wegen des fehlenden Zugangs zu anderen Förderangeboten , insbesondere zu den Integrationskursen des Bundes, nicht abgedeckt werden kann. Die Teilnehmenden an Sprachkursen werden von den im Programm vorgesehenen Netzwerken der Stadt- und Landkreise unter den Voraussetzungen der VwV Deutsch für Flüchtlinge bestimmt. 24. Wie gedenkt sie den sogenannten „Spurwechsel“, der auf dem Bundesgipfel am 25. September 2015 beschlossen wurde, zu ermöglichen, der denjenigen einen Arbeitsmarktzugang einräumt, die eigentlich asylrechtlich in die sicheren Herkunftsländer zurückkehren müssten? Zu 24.: Bei der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und den Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik wurde kein „Spurwechsel “ beschlossen. Zwar wurde dort vereinbart, für Angehörige der Westbalkanstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien) Möglichkeiten der legalen Migration aus dem Herkunftsland zur Arbeitsaufnahme in Deutschland zu schaffen. Dies wurde durch Artikel 1 Nummer 1 der Verordnung Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7452 17 der Bundesregierung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1789) umgesetzt, mit dem § 26 der Beschäftigungsverordnung um einen neuen Absatz 2 ergänzt wird. § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung sieht jedoch vor, dass die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung nur erteilt werden darf, wenn der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels bei der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsstaat gestellt wurde. Außerdem sind von der Regelung Asylbewerberinnen und Asylbewerber ausgeschlossen, die in den letzten 24 Monaten vor Antragstellung Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen haben; eine Ausnahme gilt nur für diejenigen, die nach dem 1. Januar 2015 und vor dem 24. Oktober 2015 (Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015) einen Asylantrag gestellt haben, sich am 24. Oktober noch im Bundesgebiet aufgehalten haben und unverzüglich ausreisen. Gleichzeitig wurde bei dieser Besprechung ein Beschäftigungsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die ab dem 1. September 2015 einen Asylantrag gestellt haben, beschlossen, das während des Asylverfahrens und nach Ablehnung des Asylantrags gelten soll. Dieses Vorhaben wurde durch Artikel 1 Nummer 20 und Artikel 3 Nummer 10 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 umgesetzt. 25. Wurden die Landesmittel als Projektförderung aus dem Programm „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ von den Stadtund Landkreisen für den Antragszeitraum bis Ende September vollumfänglich von allen Kreisen abgerufen? Zu 25.: Nach aktuellem Stand haben 35 Stadt- und Landkreise die Fördermittel beantragt , davon lediglich vier Kreise nicht im vollen Umfang. Zwei Stadtkreise sind Standorte von Erstaufnahmeeinrichtungen und bieten daher keine Sprachkurse an, zwei Kreise nehmen an Programmen der Bundesagentur für Arbeit teil (siehe die Antwort zu Frage Nummer 9). Die oben in der Antwort auf die Frage Nummer 9 dargestellten ESF-BAMF-Kurse werden an 31 Standorten in Baden-Württemberg durchgeführt; auch in fünf Landkreisen, die sich nicht am Programm „Chancen gestalten “ beteiligen. Bedarfsorientiert fanden im Jahr 2015 bereits 85 ESF-BAMFKurse statt, weitere 34 ESF-BAMF-Kurse laufen an oder sind geplant. Mindestens drei Kreise, die derzeit keinen Antrag gestellt haben, wollen sich in der Förderrunde 2016 beteiligen. Häufig genannte Gründe für die Nichtteilnahme sind personelle Engpässe für Antragstellung oder Projektsteuerung. Dem kommt das Integrationsministerium bereits durch die Öffnung der VwV-Integration entgegen, die künftig analog zu Integrationsbeauftragten auch die Förderung der Stellenbesetzung für Flüchtlingsbeauftragte für bis zu drei Jahre ermöglichen wird. Öney Ministerin für Integration