Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7477 05. 10. 2015 1Eingegangen: 05. 10. 2015 / Ausgegeben: 10. 11. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die Leitungsfunktion in einer Kindertagesstätte nach dem Kindertagesbetreuungsgesetz (KiTaG) von 2013 definiert, welche Qualifikation ist hierfür erforderlich und welches Aufgabenspektrum muss dabei abgedeckt werden? 2. Wie ordnen die landesweiten Regelungen in der Kindertagesstättenverordnung (KiTaVo) von 2010 bisher die Leitungsfreistellung für verwaltungstechnische und organisatorische Führungsaufgaben auch unter Berücksichtigung des Belegungsschlüssels ein? 3. Ist dadurch, dass die Anforderungen an die Leitungen von Kinderbetreuungseinrichtungen gestiegen sind, ohne dass entsprechende Leitungsfreistellungen erfolgten, die Folge entstanden, dass die Übernahme von Leitungsaufgaben nicht mehr erstrebenswert ist? 4. Sind die Empfehlungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) einer Leitungsfreistellung von 12 bis 15 Prozent pro Gruppe aus ihrer Sicht angemessen und ausreichend, um auch die Anforderungen an Träger und Leitung zur Qualitätssicherung und -entwicklung umzusetzen? 5. Inwieweit sind die Leitungsfunktionen an Kindertagesstätten vergleichbar mit denen an Schulen und anderen Einrichtungen außerhalb der Kinderbetreuung? Kleine Anfrage des Abg. Paul Locherer CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Leitungsfreistellung in Kindertagesstätten Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7477 2 6. Wie weit sind Überlegungen vorangeschritten, die Anhörungsergebnisse aus der Anhörung zum KiTaG von 2013 zu berücksichtigen und die Freistellung für eine Leitungsfunktion an Kindertagesstätten gesetzlich zu regeln und in welchem Umfang ist hierbei eine Refinanzierung durch das Land Baden-Württemberg denkbar, um dem Grundsatz der Konnexität zu genügen? 01. 10. 2015 Locherer CDU B e g r ü n d u n g Das vom Landtag von Baden-Württemberg beschlossene Gesetz zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes vom 15. Mai 2013 hat zwar die Leitungsfunktionen in Kindertagesstätten definiert, jedoch ist die Ausgestaltung dieser Leitungsfunktion gesetzlich nicht geregelt. Es ist dringend erforderlich, hierbei den Gemeinden Planungssicherheit zu geben. A n t w o r t Mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 Nr. 33-6930.10/162/1 beantwortet das Minis - terium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die Leitungsfunktion in einer Kindertagesstätte nach dem Kindertagesbetreuungsgesetz (KiTaG) von 2013 definiert, welche Qualifikation ist hierfür erforderlich und welches Aufgabenspektrum muss dabei abgedeckt werden? Zur Leitung befugte Fachkräfte (Leitungskräfte) sind im Kindertagesbetreuungsgesetz (KiTaG) in § 7 „Pädagogisches Personal und Zusatzkräfte“ Absatz 6 Nummer 1 aufgeführt. Leitungskräfte müssen Fachkräfte nach § 7 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 sein oder sonstige Fachkräfte nach Absatz 2 mit einer mindestens zweijährigen Bewährung als Gruppenleitung und einer Fortbildung zur Vorbereitung auf Leitungsaufgaben im Umfang von mindestens 160 Stunden. Das Aufgabenspektrum ist in § 7 Absatz 7 umrissen. Es umfasst einerseits die Förderung des Kindes in seiner Persönlichkeitsentwicklung, die Unterstützung der Familie bei der Erziehung und Bildung sowie die Unterstützung der Eltern im Hinblick auf die Vereinbarung von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung. Andererseits ist die Anleitung der in der Kindertageseinrichtung mitwirkenden Fachund Zusatzkräfte in der Erfüllung ihres Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrags und der Zusammenarbeit mit den Familien eingeschlossen. 2. Wie ordnen die landesweiten Regelungen in der Kindertagesstättenverordnung (KiTaVo) von 2010 bisher die Leitungsfreistellung für verwaltungstechnische und organisatorische Führungsaufgaben auch unter Berücksichtigung des Belegungsschlüssels ein? Aufgrund von § 2 a Absatz 4 des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG) regelt die Kindertagesstättenverordnung (KiTaVO) vom 25. November 2010 in § 1 die Mindestpersonalschlüssel einschließlich Verfügungs- und Ausfallzeiten für Fach- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7477 kräfte nach § 7 KiTaG und in § 2 die Qualifizierung des pädagogischen Personals. Die Kindertagesstättenverordnung sieht keine Leitungsfreistellung vor. 3. Ist dadurch, dass die Anforderungen an die Leitungen von Kinderbetreuungseinrichtungen gestiegen sind, ohne dass entsprechende Leitungsfreistellungen erfolgten, die Folge entstanden, dass die Übernahme von Leitungsaufgaben nicht mehr erstrebenswert ist? Zwei Drittel der Träger von Kindertageseinrichtungen gewähren ihrem Leitungspersonal Leitungsfreistellungskontingente. Dem Kultusministerium liegen keine Rückmeldungen vor, dass die Übernahme von Leitungsaufgaben nicht mehr erstrebenswert sei. 4. Sind die Empfehlungen des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) einer Leitungsfreistellung von 12 bis 15 Prozent pro Gruppe aus ihrer Sicht angemessen und ausreichend, um auch die Anforderungen an Träger und Leitung zur Qualitätssicherung und -entwicklung umzusetzen? Der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) hat dem Kultusministe - rium mitgeteilt, dass er Trägern keine Empfehlung zu einer Leitungsfreistellung gebe. Bis zum Inkrafttreten der KiTaVO habe das KVJS-Landesjugendamt auf Anfrage Hinweise zur Orientierung für eine Leitungsfreistellung gegeben, wenn vor Ort eine freiwillige Leitungsfreistellung beschlossen war und umgesetzt werden sollte. Diese Hinweise resultierten aus Erfahrungswerten, die sich aus einer Umfrage des KVJS-Landesjugendamts an Einrichtungsträger anlässlich dieser Fragestellung ergeben hätten und beinhalteten die Orientierungswerte von 0,12 bis 0,15 Stellen pro Gruppe. Diese Hinweise seien jeweils mit der Klarstellung verbunden gewesen , dass eine Leitungsfreistellung gesetzlich nicht geregelt sei und ein Gewähren einer Leitungsfreistellung in eigenem Ermessen liege. Auch nach dem Inkraft - treten der KiTaVO gebe das KVJS-Landesjugendamt auf Nachfrage bei Beratungen diese Orientierungswerte mit der damit verbundenen Information weiter. Mit Inkrafttreten der KiTaVO hat das KVJS-Landesjugendamt eine Personalberechnungstabelle erstellt und auf der Webseite des KVJS-Landesjugendamts veröffentlicht . Diese Personalberechnungstabelle beinhaltet die Berechnungsvorgaben für den Mindestpersonalschlüssel für die Fachkräfte in den Gruppen. In Bezug auf die Leitung ist in den Ausführungshinweisen des KVJS-Landesjugend - amts zur KiTaVO hierzu folgendes vermerkt: „Der Mindestpersonalschlüssel nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KiTaVO berücksichtigt die gesetzlich vorgesehene Einrichtungsleitung im Sinne des § 47 SGB VIII (§ 1 Abs. 2 Satz 5 KiTaVO). Nach § 47 SGB VIII hat der Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung der zuständigen Behörde (KVJS-Landesjugendamt) den Namen und die berufliche Ausbildung des Leiters unverzüglich anzuzeigen. Demnach ist für jede Einrichtung eine Fachkraft mit der Funktion einer Leitung zu bestimmen. Es besteht keine Verpflichtung der Träger, die Leitung einer Einrichtung ganz oder teilweise freizustellen. Eine gegebenenfalls im Einzelfall freiwillig vereinbarte Leitungsfreistellung (z. B. aufgrund der Gruppenanzahl einer Einrichtung) ist nicht beim Mindestpersonalschlüssel berücksichtigt. In diesen Fällen ist ein entsprechender Ausgleich zur Einhaltung des erforderlichen Mindestpersonalschlüssels der Gruppen zu gewährleisten .“ 5. Inwieweit sind die Leitungsfunktionen an Kindertagesstätten vergleichbar mit denen an Schulen und anderen Einrichtungen außerhalb der Kinderbetreuung? Die Leitungsfunktion an Kindertageseinrichtungen ist insofern mit denen an Schulen und anderen Einrichtungen außerhalb der Kinderbetreuung vergleichbar als das Führungspersonal über Fach- und Feldkompetenz verfügen muss und Füh - rungsaufgaben zu übernehmen sind, die einen geregelten Betrieb ermöglichen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7477 4 6. Wie weit sind Überlegungen vorangeschritten, die Anhörungsergebnisse aus der Anhörung zum KiTaG von 2013 zu berücksichtigen und die Freistellung für eine Leitungsfunktion an Kindertagesstätten gesetzlich zu regeln und in welchem Umfang ist hierbei eine Refinanzierung durch das Land Baden-Württemberg denkbar, um dem Grundsatz der Konnexität zu genügen? Baden-Württemberg hat am 6. November 2014 das Communiqué „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“, unterzeichnet, in dem sich der Bund und die Länder darauf verständigt haben, einen gestuften und auf längere Zeit angelegten Qualitätsprozess voranzutreiben, der u. a. die Leitungsposition in Kinder - tageseinrichtungen einbezieht. Die Länder und der Bund legen bis Ende 2016 einen ersten Zwischenbericht vor, der den Stand der Umsetzung der Ziele, u. a. „Stärkung der Leitung“ wiedergibt. Baden-Württemberg ist Mitglied der BundLänder -KSV (kommunale Spitzenverbände)-Arbeitsgemeinschaft, die Umsetzungs - vorschläge für die turnmäßigen Bund-Länder-Konferenzen erarbeitet. Zwei Drittel der Träger von Kindertageseinrichtungen gewähren dem Leitungspersonal Leitungszeit. Auf dieser Grundlage bieten sich Gespräche der Verantwortungsgemeinschaft von Land, Kommunen und Trägern an. Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport