Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7578 15. 10. 2015 1Eingegangen: 15. 10. 2015 / Ausgegeben: 16. 11. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wird der Pro-Kopf-Konsum von Fruchtsaft – insbesondere von Apfelsaft – und dessen Anteil aus heimischer Produktion in Baden-Württemberg berechnet ? 2. Wie wird in dieser Rechnung der Eigenverbrauch von Fruchtsaft – insbesondere von Apfelsaft – gemessen? 3. Welche Kenntnis hat sie über die Zahl, die Produktionskapazität und die produzierte Saftmenge von mobilen Mostereien? 4. Liegen ihr Zahlen zu baden-württembergischen Fruchtsaftherstellern vor, was deren Absatz als Lohnmostereien mit entsprechender Rücknahmevereinbarung des produzierten Safts durch die Anlieferer (private Streuobstbesitzer) anbelangt ? 5. Welche Entwicklung der Verbraucherzahlen von Fruchtsaft im Allgemeinen und bei Apfelsaft im Besonderen lässt sich beim Konsum im Laufe der letzten zehn Jahre ablesen (insbesondere mit Blick auf die Entwicklung des Eigenverbrauchs )? 6. Wie bewertet sie vor dem Hintergrund des Eigenverbrauchs die Validität der Verbrauchszahlen von Fruchtsaft, insbesondere von Apfelsaft? 7. Sieht sie einen Handlungsbedarf bei der Berechnung des Frucht- bzw. Apfelsaftverbrauchs ? Kleine Anfrage des Abg. Wolfgang Reuther CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Validität der Verbrauchszahlen beim Apfelsaftkonsum Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7578 2 8. Sieht sie eine Möglichkeit, über das Schulfruchtprogramm die Abgabe von Apfelsaft an Schulen zu stärken? 9. Welche weiteren Handlungsbedarfe leitet sie aus den Antworten auf die Fragen 1. bis 7. ab? 12. 10. 2015 Reuther CDU B e g r ü n d u n g Fruchtsaft aus eigenem Obst, insbesondere Apfelsaft, erfreut sich immer stärkerer Beliebtheit, was sich in einer zunehmenden Zahl an mobilen Mostereien, meist mit Bag-in-Box-Abfüllung manifestiert. Ziel dieser Kleinen Anfrage ist, in Erfahrung zu bringen, inwiefern der Landesregierung statistisch relevante und belast - bare Zahlen in diesem Zusammenhang vorliegen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. November 2015 Nr. Z(22)-0141.5/588 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wird der Pro-Kopf-Konsum von Fruchtsaft – insbesondere von Apfelsaft – und dessen Anteil aus heimischer Produktion in Baden-Württemberg berechnet? 2. Wie wird in dieser Rechnung der Eigenverbrauch von Fruchtsaft – insbesondere von Apfelsaft – gemessen? Zu 1. und 2.: Die Landesregierung führt keine eigenen Erhebungen zum Pro-Kopf-Konsum von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft durch, sondern stützt sich auf die entsprechenden Veröffentlichungen des Verbandes der deutschen Fruchtsaft-Industrie e. V. (VdF). Nach Auskunft des VdF berechnet dieser den Pro-Kopf-Konsum von Fruchtsaft und auch von Apfelsaft auf Basis der Daten verschiedener Marktforschungsinstitute , des Statistischen Bundesamtes, der Informationen seiner Verbandsmitglieder sowie anderer externer Quellen. Bevorzugte Marktforschungsinstitute sind die GfK SE in Nürnberg, Canadean und Nielsen. Im Falle der GfK erfolgt die Erhebung und Beobachtung der Konsumgütermärkte über die anerkannte Methode des Verbraucherpanels. Hier berichten repräsentativ ausgewählte Haushalte stellvertretend für die Grundgesamtheit der zurzeit 40,3 Mio. privaten Haushalte über ihre gesamten Einkäufe im Bereich des Haushaltskonsums. Nach Auskunft des VdF ist der Eigenverbrauch als sogenannter Bag-in-Box- Apfelsaft in dieser Rechnung enthalten (s. auch Antwort auf Frage 3.). Die Bagin -Box-Verpackung, ein Verbundsystem aus Folienbeutel (in der Regel 5 oder 10 Liter) mit Karton-Umhüllung und Auslasshahn, hat sich während der letzten zehn Jahre beim Abfüllen von Apfelsaft zum Eigenverbrauch stark durchgesetzt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7578 Gesonderte Auswertungen zum Pro-Kopf-Konsum von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft in Baden-Württemberg und dem entsprechenden Anteil aus heimischer Produk - tion liegen der Landesregierung nicht vor. 3. Welche Kenntnis hat sie über die Zahl, die Produktionskapazität und die produzierte Saftmenge von mobilen Mostereien? Zu 3.: Belastbare Auswertungen bezüglich Anzahl, Produktionskapazität und produzierter Saftmenge von mobilen Mostereien liegen der Landesregierung nicht vor. Eine bundesweite und nach Ländern differenzierte Auflistung stationärer und mobiler Mostereien in Deutschland findet sich auf der Website des NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V.: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/ landnutzung/streuobst/service-und-adressen/. Derzeit sind dort 80 mobile Mos - tereien aus 15 Bundesländern aufgelistet, davon 10 aus Baden-Württemberg. Der NABU erhebt bei der Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Nach Schätzungen des VdF – abgeleitet von Zahlen der Beutelhersteller von Bagin -Box-Verpackung – liegt die Menge an Apfelsaft, der von mobilen Mostereien produziert wurde, bei rund 100 Mio. Liter im Jahr 2014 für Deutschland. Dies entspricht einem Pro-Kopf-Konsum von rd. 1,2 Liter bzw. rd. 15 Prozent des ProKopf -Konsums an Apfelsaft insgesamt. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil noch bei null. 4. Liegen ihr Zahlen zu baden-württembergischen Fruchtsaftherstellern vor, was deren Absatz als Lohnmostereien mit entsprechender Rücknahmevereinbarung des produzierten Safts durch die Anlieferer (private Streuobstbesitzer) anbelangt ? Zu 4.: Zahlen zum Absatz von baden-württembergischen Fruchtsaftherstellern als Lohnmostereien mit entsprechender Rücknahmevereinbarung liegen der Landesregierung nicht vor. Auch der Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft e. V. VdAW, in dem ein Großteil der baden-württembergischen Fruchtsaftbetriebe organisiert ist, kann hierzu aktuell keine belastbaren Zahlen nennen. Generell unterliegt der Anteil nach Auskunft des VdAW großen jährlichen Schwankungen. Bestimmungsfaktoren sind die alternierende Menge an Äpfeln sowie der Auszahlungspreis für Mostobst. In Jahren mit geringem Auszahlungspreis ist der Anteil mit Rücknahmevereinbarung tendenziell höher als in Jahren mit höherem Auszahlungspreis (wie z. B. 2015). Große Unterschiede hinsichtlich des LohnmostAnteils bestehen auch zwischen den Fruchtsaftherstellern. Bei kleineren, regional ausgerichteten Keltereien beträgt dieser teilweise mehr als die Hälfte der gesamten Apfelsaftverarbeitung. Bei größeren Betrieben, die z. B. auch im Halbwarengeschäft tätig sind, liegt der Anteil je nach Ausrichtung des Betriebes zwischen 5 und 20 Prozent. 5. Welche Entwicklung der Verbraucherzahlen von Fruchtsaft im Allgemeinen und bei Apfelsaft im Besonderen lässt sich beim Konsum im Laufe der letzten zehn Jahre ablesen (insbesondere mit Blick auf die Entwicklung des Eigenverbrauchs )? Zu 5.: In der Tendenz ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Fruchtsäften und Fruchtnektaren sowie an Apfelsaft und Apfelsaftschorle während der letzten zehn Jahre rückläufig (s. Abb. 1). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7578 4 Abb. 1: Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Fruchtsäften und Fruchtnektaren sowie an Apfelsaft und Apfelsaftschorlen in Deutschland Quelle: Verband der Fruchtsaftindustrie e. V. VdF 6. Wie bewertet sie vor dem Hintergrund des Eigenverbrauchs die Validität der Verbrauchszahlen von Fruchtsaft, insbesondere von Apfelsaft? Zu 6.: Da der – durchaus signifikante – Anteil des Eigenverbrauchs am Pro-Kopf-Verbrauch von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft nicht direkt sondern nur indirekt durch Schätzungen ermittelt wird (s. Antwort auf Frage 3), ist eine gewisse Unsicherheit bei den Verbrauchszahlen von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft nicht von der Hand zu weisen. Aufgrund der Berücksichtigung der in Bag-in-Box abgefüllten Menge an Apfelsaft können die vom VdF veröffentlichten Zahlen zum Pro-Kopf-Verbrauch von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft nach Auffassung der Landesregierung jedoch insgesamt als realitätsnah erachtet werden. 7. Sieht sie einen Handlungsbedarf bei der Berechnung des Frucht- bzw. Apfelsaftverbrauchs ? Zu 7.: Die Landesregierung sieht derzeit keinen Handlungsbedarf bei der Berechnung des Frucht- bzw. Apfelsaftverbrauchs, sie wird jedoch die weitere Entwicklung des Themas im Auge behalten. 8. Sieht sie eine Möglichkeit, über das Schulfruchtprogramm die Abgabe von Apfelsaft an Schulen zu stärken? Zu 8.: Grundsätzlich lässt das EU-Recht die Einbeziehung von Fruchtsaft bzw. Apfelsaft in das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm zu. Die baden-württembergische Strategie für das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm, die als Grundlage für die Umsetzung dient, umfasst jedoch nur frisches Obst und Gemüse einschließlich Bananen. Saft ist im Rahmen des baden-württembergischen EU-Schulobst- und -gemüseprogramms nicht förderfähig. 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Fruchtsäfte und Fruchtnektare 40,0 39,8 38,3 37,4 37,0 36,3 35,8 33,9 33,0 32,0 Apfelsaft 12,4 12,0 11,4 9,3 8,5 8,1 8,2 8,7 8,4 7,9 Apfelsaftschorle 8,3 10,3 10,8 10,3 10,5 11,0 9,6 9,4 8,5 7,9 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0 45,0 Liter 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7578 Dahinter stehen verschiedene Erwägungen, vor allem ernährungsphysiologischer Art: Ziel des Programmes ist es, Kinder von klein auf an ein gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten heranzuführen. Dazu sollen Kinder Obst und Gemüse möglichst in ihrer ursprünglichen Form, also unverarbeitet, kennenlernen und verzehren . Besonders wichtig dabei ist, dass die Kinder merken, dass jede Frucht nicht nur einen eigenen Geschmack hat, sondern auch ein unterschiedliches Mundgefühl hervorruft. Das Abbeißen und Kauen der ganzen Frucht ist auch für die Sprach- und Zahnentwicklung wichtig. Als Durstlöscher ist unverdünnter Apfelsaft aufgrund seines hohen Zuckergehalts nicht geeignet. 9. Welche weiteren Handlungsbedarfe leitet sie aus den Antworten auf die Fragen 1. bis 7. ab? Zu 9.: Die Landesregierung leitet aus den Antworten auf die Fragen 1. bis 7. keine weiteren Handlungsbedarfe ab. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz