Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7719 17. 11. 2015 1Eingegangen: 17. 11. 2015 / Ausgegeben: 18. 12. 2015 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge sind derzeit in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises untergebracht (mit Auflistung, aus welchen Staaten diese Menschen jeweils stammen sowie getrennt nach Geschlechtern, Alter und wie viele Familien und unbegleitete Jugendliche sich darunter jeweils befinden)? 2. Wie hoch ist die jeweilige Anerkennungsquote für Asylbewerber bzw. Flüchtlinge aus den in Frage 1 genannten Ländern? 3. Welche Zahl an Asylbewerbern und Flüchtlingen werden die Kommunen des Main-Tauber-Kreises bis Ende des Jahres 2015 aufnehmen müssen? 4. Wie hat sich die Zahl der in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises untergebrachten Asylbewerber und Flüchtlinge seit 2013 entwickelt (aufgeschlüsselt nach Monaten und Art der Unterbringung)? 5. In welchen Kommunen des Main-Tauber-Kreises gibt es Einrichtungen zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen und wie sind diese aktuell belegt (mit Angabe der Immobilien und der maximal möglichen Belegung)? 6. Wie hoch ist der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum für Asylbewerber und Flüchtlinge in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises (unter Angabe, in welchen Kommunen in den nächsten Monaten neue Unterkünfte entstehen bzw. wo mit neuen Unterkünften zu rechnen ist)? 7. Wie viele Anzeigen und Ermittlungsverfahren wurden durch die Polizei im Main-Tauber-Kreis in den vergangenen 12 Monaten im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern bearbeitet und um welche Delikte handelte es sich hierbei? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU und Antwort des Ministeriums für Integration Flüchtlingssituation im Main-Tauber-Kreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7719 2 8. Trifft es zu, dass, wie in der Presse berichtet, Staatsanwaltschaft und Polizei der Öffentlichkeit gegenüber zu den unter Ziffer 7 genannten Delikten keine Angaben machen? 16. 11. 2015 Dr. Reinhart CDU A n t w o r t Mit Schreiben vom 11. Dezember 2015 Nr. 2-0141.5/15/7719 beantwortet das Ministerium für Integration im Einvernehmen mit dem Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge sind derzeit in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises untergebracht (mit Auflistung, aus welchen Staaten diese Menschen jeweils stammen sowie getrennt nach Geschlechtern, Alter und wie viele Familien und unbegleitete Jugendliche sich darunter jeweils befinden)? Zu 1.: Zum Stichtag 25. November 2015 waren 1.015 Flüchtlinge und Asylbewerber in der vorläufigen Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften im Main-Tauber- Kreis untergebracht. Die Gruppe der männlichen Einzelpersonen stellt die größte Gruppe mit 59,5 % (604 Personen) dar. Dagegen ist die Anzahl alleinreisender Frauen von acht Personen sehr gering. Insgesamt leben 37 Ehepaare sowie 60 Familien mit 115 Kindern in den Gemeinschaftsunterkünften des Main-Tauber -Kreises. Zum Stichtag 25. November 2015 beläuft sich der Anteil der Syrerinnen und Syrer an der Gesamtzahl der in Gemeinschaftsunterkünften des Main-Tauber- Kreises untergebrachten Personen auf 38,8 %, das entspricht 394 Personen. Die Gruppe der Iraker umfasst 148 Personen, was 14,6 % entspricht, gefolgt von 89 eri - treischen Asylbewerbern, mit einem Anteil von 8,8 % an der Gesamtzahl der im Main-Tauber-Kreis untergebrachten Personen. 154 Flüchtlinge kommen aus Ländern des Westbalkans (15,3 %), davon 76 aus dem Kosovo. Aus welchen Herkunftsländern die Flüchtlinge und Asylbewerber kommen, ergibt sich aus folgender Tabelle: Herkunftsland Personen Herkunftsland Personen Afghanistan 55 Libanon 3 Albanien 33 Libyen 5 Algerien 8 Marokko 1 Bosnien u. Herzegowina 6 Mazedonien 9 Eritrea 89 Nigeria 12 Gambia 21 Pakistan 16 Georgien 4 Russische Föderation 2 Ghana 1 Serbien 30 Indien 5 Somalia 49 Irak 148 Syrien 394 Iran 4 Togo 6 Kamerun 15 staatenlos 17 Kosovo 76 ungeklärt 6 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7719 Außerdem waren zum Stichtag 25. November 2015 insgesamt 46 unbegleitete minderjährige Ausländer im Alter von 17 Jahren (19 Personen), 16 Jahren (16 Jugendliche ), 15 Jahren (fünf Personen) und 14 Jahren (fünf unbegleitete minderjährige Ausländer) und ein Kind mit 13 Jahren im Landkreis aufgenommen. Die Herkunftsländer sind Afghanistan (16 Personen), Syrien (21 unbegleitete Kinder und Jugendliche), Indien (zwei Personen), Somalia (zwei unbegleitete minderjährige Ausländer), Eritrea (eine Person) und Gambia (zwei Personen); bei zwei Jugendlichen ist das Herkunftsland (noch) nicht geklärt. Die Aufnahme und Unterbringung erfolgt in stationären Wohngruppen der Jugend - hilfe Creglingen e. V. sowie in Gastfamilien im Landkreis. Zum Stichtag 30. November 2015 waren in der EA Wertheim 988 Flüchtlinge aufgenommen. Von den registrierten 701 Flüchtlingen sind 493 männlich und 208 weiblich. Unter den Flüchtlingen sind ca. 200 Kinder, davon aber keine unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, da diese bereits dem Jugendamt unterstellt sind. Nähere Angaben zu Familien sind nicht verfügbar. 2. Wie hoch ist die jeweilige Anerkennungsquote für Asylbewerber bzw. Flüchtlinge aus den in Frage 1 genannten Ländern? Zu 2.: 3. Welche Zahl an Asylbewerbern und Flüchtlingen werden die Kommunen des Main-Tauber-Kreises bis Ende des Jahres 2015 aufnehmen müssen? Zu 3.: Nach der Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für das Jahr 2015 von einem bundesweiten Zugang von geschätzten 800.000 Asyl - bewerbern auszugehen. Unter Zugrundelegung dieser Prognose ist in Baden- Württemberg für 2015 mit einem Zugang von etwa 104.000 Asylantragstellern zu rechnen. Insgesamt wurden in den Monaten Januar bis November 2015 85.457 Asylsuchende in Baden-Württemberg aufgenommen und registriert. Die derzeitige Aufnahmequote des Main-Tauber-Kreises zur vorläufigen Unterbringung beträgt 1,20 % der Gesamtzahl der in Baden-Württemberg aus den Aufnahmeeinrichtungen zu verteilenden Personen. Die genannte Quote unterliegt einer monatlichen Anpassung. Herkunftsland Anerkennungs-quote (%) Herkunftsland Anerkennungsquote (%) Afghanistan 47,4 Kosovo 0,1 Albanien 0 Libanon 0 Algerien 3,1 Libyen 50 Bosnien u. Herzegowina 0,6 Marokko 0 Eritrea 32,1 Mazedonien 0 Gambia 0,5 Nigeria 0 Georgien 0 Pakistan 4,1 Ghana 0 Russische Föderation 3,1 Indien 0 Serbien 0 Irak 95,6 Somalia 29 Iran 70,3 Syrien 90,9 Kamerun 3,8 Togo 2,1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7719 4 Die Zuteilung der Personen an die Gemeinden erfolgt nach einem Schlüssel, der sich aus dem Anteil der jeweiligen Gemeinde an der Bevölkerung des Landkreises errechnet. Die unteren Aufnahmebehörden können im Einvernehmen mit den Gemeinden hiervon abweichende Zuteilungsregelungen festlegen. 4. Wie hat sich die Zahl der in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises untergebrachten Asylbewerber und Flüchtlinge seit 2013 entwickelt (aufgeschlüsselt nach Monaten und Art der Unterbringung)? Zu 4.: In den Jahren 2013 und 2014 hat der Main-Tauber-Kreis Asylbewerber und Flüchtlinge nur in festen Gebäuden untergebracht. Und zwar in der Liegenschaft Bad Mergentheim (Ia) und ab Juni 2013 in Külsheim. In 2014 kamen dann hinzu: Tauberbischofsheim (I), Lauda-Königshofen (II), Bad Mergentheim (Ib und II). Zum 1. Januar 2015 waren 427 Plätze verfügbar. Alle weiteren Liegenschaften wurden seit 1. Januar 2015 geschaffen. 5. In welchen Kommunen des Main-Tauber-Kreises gibt es Einrichtungen zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen und wie sind diese aktuell belegt (mit Angabe der Immobilien und der maximal möglichen Belegung)? Zu 5.: Zum Stichtag 25. November 2015 befinden sich in neun kreisangehörigen Städten und Gemeinden 17 Liegenschaften zur vorläufigen Unterbringung mit einer Gesamtkapazität von 1.070 Plätzen. Zuweisungen 2013 2014 2015 Januar 10 5 17 Februar 13 27 40 März 0 13 45 April 9 20 38 Mai 3 18 23 Juni 41 33 52 Juli 3 23 82 August 0 36 91 September 25 36 119 Oktober 10 44 191 November 24 24 134 (bis 25.11.2015) Dezember 18 60 Summe: 156 339 832 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7719 In der EA Wertheim sind derzeit 988 Flüchtlinge aufgenommen. Eine vorläufige Unterbringung findet in Wertheim aufgrund der Erstaufnahme nicht statt. 23 bis 24 Personen befinden sich in Wertheim in der Anschlussunterbringung in eigenen Wohneinheiten. 6. Wie hoch ist der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum für Asylbewerber und Flüchtlinge in den Kommunen des Main-Tauber-Kreises (unter Angabe, in welchen Kommunen in den nächsten Monaten neue Unterkünfte entstehen bzw. wo mit neuen Unterkünften zu rechnen ist)? Zu 6.: Nach Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart wird bis zum Jahresende von einem Bedarf von bis zu 1.400 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung des Main-Tauber-Kreises ausgegangen. Nach der aktuellen Planung werden bis zum Jahresende 1.379 Plätze (weitgehend) fertiggestellt sein. Als große Herausforderung zeigt sich aktuell die termingerechte Fertigstellung der Liegenschaften. Folgende Gemeinschaftsunterkünfte werden derzeit vorbereitet: Es wird eine dezentrale, alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden mit Ausnahme des EA-Standortes Wertheim umfassende Unterbringungskonzeption umgesetzt . Auch die beiden Kommunen Wittighausen und Königheim haben kon - krete Vorschläge zur Akquise von Grundstücken bzw. Liegenschaften vorgelegt, die voraussichtlich Anfang 2016 realisiert werden können. Kapazität Belegung Art der Unterbringung Bad Mergentheim Ia/Ib 165 148 Gebäude Bad Mergentheim II 120 122 Gebäude Assamstadt 39 34 Container Külsheim 60 56 Gebäude Tauberbischofsheim I 140 136 Gebäude Tauberbischofsheim II 54 51 Gebäude Tauberbischofsheim III 64 62 Gebäude Tauberbischofsheim IV 60 54 Gebäude Lauda-Königshofen I 63 62 Container Lauda-Königshofen II 28 28 Gebäude Lauda-Königshofen III 45 45 Container Lauda-Königshofen IV 52 49 Gebäude Weikersheim 60 60 Container Boxberg-Wölchingen 50 46 Gebäude Freudenberg 22 19 Gebäude Igersheim 48 43 Container Summen 1.070 1.015 Werbach 38 Plätze Großrinderfeld 39 Plätze Grünsfeld 51 Plätze Ahorn 51 Plätze Weikersheim 15 Plätze Niederstetten I 43 Plätze Niederstetten II 22 Plätze Creglingen 50 Plätze bis Ende 12/2015: 309 Plätze Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7719 6 Das Landratsamt plant außerdem, im Jahr 2016 weitere 1.100 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis zu schaffen. Außerdem soll versucht werden, die zeitlich begrenzten Containerstandorte abzulösen bzw. gemeinsame Projekte zur vorläufigen Unterbringung und Anschlussunterbringung mit den kreisange - hörigen Städten/Gemeinden auf den Weg zu bringen. 7. Wie viele Anzeigen und Ermittlungsverfahren wurden durch die Polizei im Main-Tauber-Kreis in den vergangenen 12 Monaten im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern bearbeitet und um welche Delikte handelte es sich hierbei? Zu 7.: Polizeilich bekannt gewordene Straftaten werden der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorgelegt und gleichzeitig mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registriert. Die PKS ist dabei als Jahresstatistik konzipiert, insofern unterliegen unterjährige PKS-Auswertungen fortwährenden Veränderungen. So würde eine jahresübergreifende, unterjährige Auswertung erheblichen Verzerrungsfaktoren – beispielsweise aufgrund der Erfassungsstichtage – unterliegen. Im Main-Tauber-Kreis wurden im Jahr 2015 in den Monaten Januar bis einschließlich Oktober insgesamt 148 Straftaten erfasst, bei denen Asylbewerber oder Flüchtlinge als Tatverdächtige registriert wurden. Schwerpunkte liegen bei Diebstahlsdelikten und Körperverletzungen. 15 Asylbewerber wurden im genannten Zeitraum Opfer einer Straftat, woraus sich gegebenenfalls abhängig vom jeweiligen Straftatbestand weitere polizeilich bearbeitete Ermittlungsverfahren ergaben. Hier liegt die Mehrzahl der Fälle im Deliktsfeld der Körperverletzungen.¹ 8. Trifft es zu, dass, wie in der Presse berichtet, Staatsanwaltschaft und Polizei der Öffentlichkeit gegenüber zu den unter Ziffer 7 genannten Delikten keine Angaben machen? Zu 8.: Dies trifft nicht zu. Die Schwelle der Berichterstattung über besondere Vorkommnisse unterliegt lokal unterschiedlichen Einflussfaktoren. Daher obliegt die Verantwortung über die Berichterstattung polizeilicher Ereignisse grundsätzlich den Stabsstellen Öffentlichkeitsarbeit (Pressestellen) der Polizeipräsidien und Einrichtungen . Bei Sachverhalten, die den Justizbereich betreffen (staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, Strafbefehle, gerichtliche Verhandlungen) erfolgt eine Veröffentlichung in enger Abstimmung mit der jeweils zuständigen Justizbehörde bzw. dem jeweils zuständigen Gericht. Die Entscheidung über eine Mitteilung festgestellter Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder allgemein polizeilich relevanter Geschehnisse in oder im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften liegt demnach – analog zu anderen polizeilichen Tätigkeitsfeldern – allein bei den Pressestellen der Dienststellen (bei Straftaten in Abstimmung mit der Justiz). Angaben zu bestimmten Delikten können problemlos regelmäßig dann gemacht werden, wenn durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens nicht vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt werden würde. Die Schutzwürdigkeit privater Daten spielt dabei ebenfalls eine große Rolle. Öney Ministerin für Integration _____________________________________ 1 Aus statistischen Gründen ist eine Addition der Straftaten durch Asylbewerber/Flüchtlinge sowie der Anzahl der Opfer nicht zulässig.