Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7823 03. 12. 2015 1Eingegangen: 03. 12. 2015 / Ausgegeben: 20. 01. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich der Umfang der jagdlich genutzten Flächen im Bereich des Landesbetriebs ForstBW bzw. der Landesforstverwaltung insgesamt in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (Angabe in Hektar und Kalenderjahren)? 2. Welchen Flächenanteil hatten daran jeweils die in Eigenregie als Regiejagd bewirtschafteten Flächen, die als staatliche Eigenjagdbezirke verpachteten Flä chen, die im Rahmen von Abrundungspachtverträgen an benachbarte nichtstaatliche Jagdbezirke angegliederten Flächen und die aufgrund zu geringer Größe als Bestandteile gemeinschaftlicher Jagdbezirke verpachteten Flächen (Angabe in Hektar und Kalenderjahren)? 3. Inwiefern hat der Landesbetrieb ForstBW bzw. die Landesforstverwaltung in den vergangenen 15 Jahren als Reaktion auf die wiederholte Kritik des Landesrechnungshofs an vermeintlich unverhältnismäßigen Angliederungen von Jagdflächen zuvor zugepachtete Feldjagden abgestoßen? 4. Inwiefern war in der unmittelbaren Umgebung betroffener Jagdbezirke nach einschlägigen Abrundungskündigungen ein Anstieg der Wildschäden zu verzeichnen ? 5. Teilt sie die Auffassung der Wildforschungsstelle Aulendorf, wonach den Verpächtern im Sinne der Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums eine Führungsrolle dabei zukommt, die jagdliche Kooperation auf allen Ebenen einzufordern und zu fördern? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Gestaltung von Jagdbezirken im Bereich des Staatsforsts Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7823 2 6. Wenn ja, wie wird das Land als Verpächter dieser Führungsrolle bei der jagd - lichen Kooperation und bei sinnvollen Abrundungen gerecht, insbesondere mit Blick auf ein sinnvolles Verhältnis von Wald- und Feldanteilen in den eigenen Jagdbezirken? 7. Was tut sie über den unmittelbaren Einflussbereich des Staatsforsts hinaus für eine sinnvolle und an den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung ausgerichtete Gestaltung der Jagdbezirke? 03. 12. 2015 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 Nr. Z(55)-0141.5/599F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich der Umfang der jagdlich genutzten Flächen im Bereich des Landesbetriebs ForstBW bzw. der Landesforstverwaltung insgesamt in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (Angabe in Hektar und Kalenderjahren)? 2. Welchen Flächenanteil hatten daran jeweils die in Eigenregie als Regiejagd bewirtschafteten Flächen, die als staatliche Eigenjagdbezirke verpachteten Flächen, die im Rahmen von Abrundungspachtverträgen an benachbarte nichtstaatliche Jagdbezirke angegliederten Flächen und die aufgrund zu geringer Größe als Bestandteile gemeinschaftlicher Jagdbezirke verpachteten Flächen (Angabe in Hektar und Kalenderjahren)? Zu 1. und 2.: Für die Zeit vor Gründung des Landesbetriebs ForstBW und vor der Digitalisierung der Flächendaten liegen der Landesregierung nur relativ grobe Zahlenangaben vor. Ab dem Jahr 2002 wurde mit der landesweiten Digitalisierung der Flächendaten begonnen, die zunächst dem ALB-Ü (automatisiertes Liegenschaftsbuch Übergangslösung ) entnommen und in das Programm FOKUS 2000 überführt wurden. Diese Daten konnten erst nach und nach konsolidiert und gepflegt werden, sodass die Zahlen ebenfalls überwiegend nur die Größenordnungen der jeweiligen Flä - chen wiedergeben. Eine Auflistung der Flächendaten in digitaler Form nach Jahren (vgl. Anlage 1) ist ab dem Jahr 2005 verfügbar. Da eine Historisierung im Sinne einer Aufstellung der Flächendaten nach Jahren durch das Programm FOKUS 2000 nicht stattfindet und das Programm die Flächendaten bei jedem Aufruf neu berechnet, befinden sich die Daten für die Jahre 2014 und 2015 noch in der Endbearbeitung. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7823 3. Inwiefern hat der Landesbetrieb ForstBW bzw. die Landesforstverwaltung in den vergangenen 15 Jahren als Reaktion auf die wiederholte Kritik des Landesrechnungshofs an vermeintlich unverhältnismäßigen Angliederungen von Jagdflächen zuvor zugepachtete Feldjagden abgestoßen? Zu 3.: Sowohl das Landesjagdgesetz (alte Fassung bis 2015) als auch das am 1. April 2015 in Kraft getretene Jagd- und Wildtiermanagementgesetz fordern bei der Bildung von Jagdbezirken die Berücksichtigung von Belangen der Jagdpflege und Jagdausübung und damit auch, dass die jagdliche Nutzung und die Regulation der Wildtierbestände zum Schutze anderer Rechtsgüter unter jagdpraktischen Aspekten möglich sind. Unter anderem mit Rücksicht auf die Schwarzwildproblematik sieht sich der Landesbetrieb ForstBW verpflichtet, einen Beitrag zur Gestaltung sinnvoll bejagbarer Jagdreviere zu leisten und legt daher bei seinem Jagdflächenmanagement Wert darauf, dass möglichst viele Jagdreviere sowohl Feld- als auch Waldanteile beinhalten . Zur Erreichung dieses Ziels stehen dem Landesbetrieb im Wesentlichen zwei Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Zum einen kann der Landesbetrieb Wald - flächen an angrenzende Jagdgenossenschaften, Eigenjagdbesitzer oder jagdaus - übungsberechtigte Personen verpachten, nachdem das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz die hierfür notwendigen Handlungsspielräume eröffnet hat. Zum anderen kann der Landesbetrieb selbst Feldflächen halten oder ggf. auch zupachten und diese z. B. zusammen mit eigenen Waldflächen als sinnvoll bejagbare Jagd - reviere verpachten. Feldanteile eines selbstbewirtschafteten Eigenjagdbezirks werden nur nach strenger Abwägung mit den Belangen der Jagdpflege und der Jagdausübung reduziert. Welche Maßnahme im Einzelfall zu ergreifen ist, ist in Form einer Gesamtabwägung unter Berücksichtigung von Aspekten wie dem Erreichen waldbaulicher Verjüngungsziele oder den Belangen des Naturschutzes zu beurteilen. Der Landesbetrieb hat aufgrund der Vorgabe des Rechnungshofs, den Umfang angegliederter Feldflächen zu reduzieren, die jagdlich nutzbare Gesamtfläche (Verwaltungsjagdfläche) von rund 415.000 ha im Jahr 1999 durch Beendigung von Pachtverträgen auf nach vorläufiger Datenlage (2015) rund 371.000 ha gesenkt . Die Vorgaben des Rechnungshofes sind somit unter Berücksichtigung der Belange der Jagdpflege zwischenzeitlich schrittweise umgesetzt worden. Von den derzeit rund 371.000 ha Verwaltungsjagdflächen befinden sich 358.000 ha im Eigentum des Landes. Von den 371.000 ha werden 264.000 ha in Regie durch den Landesbetrieb ForstBW selbst bejagt, die restlichen Flächen sind verpachtet . Der Feldanteil in den selbstbewirtschafteten staatlichen Regiejagden liegt derzeit bei rund 10 Prozent der Gesamtjagdfläche, in den verpachteten Eigen - jagden des Landes bei rund 18 Prozent. Der überwiegende Teil dieser Feldflächen ist als Domänenbesitz im Besitz des Landes. Der Landesbetrieb ForstBW reduziert aus Gründen der Jagdpflege künftig den Feldflächenanteil nur noch bei direktem Pachtinteresse angrenzender Jagdgenossenschaften bzw. Eigenjagdbesitzer oder in besonders begründeten Fällen, sofern die Bejagung der Flächen insbesondere mit Blick auf die Schwarzwildbestände sichergestellt ist. 4. Inwiefern war in der unmittelbaren Umgebung betroffener Jagdbezirke nach einschlägigen Abrundungskündigungen ein Anstieg der Wildschäden zu verzeichnen ? Zu 4.: Eine amtliche Erhebung der bei den Gemeinden anzumeldenden Wildschäden erfolgt aus Gründen der Vermeidung von Bürokratiebelastung nicht. Daher liegen dem MLR keine landesweiten Angaben zur Zahl, Schadenshöhe und Entwicklung der gemeldeten Wildschadensfälle vor. Ein Zusammenhang zwischen Abrundungs - kündigungen und steigenden Schwarzwildschäden ist nicht erkennbar. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7823 4 5. Teilt sie die Auffassung der Wildforschungsstelle Aulendorf, wonach den Verpächtern im Sinne der Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums eine Führungsrolle dabei zukommt, die jagdliche Kooperation auf allen Ebenen einzufordern und zu fördern? Zu 5.: Die Jagd ist der nachhaltigen Nutzung natürlicher Lebensgrundlagen verpflichtet und hat zugleich dem Schutz der Wildtiere und deren Lebensräume sowie deren Entwicklung zu dienen. Daneben kann die Jagd dazu beitragen, die berechtigten Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie der gesamten Gesellschaft zu wahren, indem sie einen dem bestehenden Lebensraum in Baden-Württemberg angepassten Bestand an Wildtieren gewährleisten soll. Das Jagdrecht als Eigentumsrecht im Sinne des Artikels 14 des Grundgesetzes bietet eine wesentliche Grundlage für die Bereitschaft und Motivation der Jägerinnen und Jäger, die Aufgaben zum Wohl der Allgemeinheit zu übernehmen. Es gibt den Inhaberinnen und Inhabern des Jagdrechts eine verlässliche und starke Rechtsposition. Die besondere Verantwortung der Jägerinnen und Jäger, die Aufgaben der Jagd zu erfüllen, ergibt sich zugleich aus der verfassungsrechtlichen Sozialbindung des Eigentumsrechts. Diese Verpflichtung ermöglicht eine ordnungsgemäße Hege und Bejagung. Den Inhaberinnen und Inhabern des Jagdrechts kommt in Bezug auf die jagdliche Kooperation bei der Verpachtung eine herausgehobene Stellung zu, da sie pachtvertraglich Rechte und Pflichten der Jagdpächterinnen und Jagdpächter beeinflussen können, beispielsweise in Form einer Verpflichtung zur Teilnahme an revierübergreifenden Drückjagden. 6. Wenn ja, wie wird das Land als Verpächter dieser Führungsrolle bei der jagdlichen Kooperation und bei sinnvollen Abrundungen gerecht, insbesondere mit Blick auf ein sinnvolles Verhältnis von Wald- und Feldanteilen in den eigenen Jagdbezirken? Zu 6.: Dem Landesbetrieb ForstBW kommt sowohl bei der naturnahen Waldbewirtschaftung als auch bei der Bejagung eine Vorbildfunktion zu. So ist der Landesbetrieb ForstBW führend in Bezug auf die Zahl der jährlich durchgeführten Bewegungsjagden . Die Bewegungsjagden werden im Regelfall mit den angrenzenden Privatrevieren abgestimmt und die Privatreviere in die Durchführung mit einbezogen . Die unteren Forstbehörden stellen dabei eine geeignete Infrastruktur zur Verfügung, beispielsweise durch Übernahme der Organisation und Koordination straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen. Daneben unterstützt das Land die Jagdrechtsinhaberinnen und Jagdrechtsinhaber sowie die Jagdausübungsberechtigten mit Bewirtschaftungshinweisen und Forschungsergebnissen, insbesondere im Bereich der Schwarzwildforschung sowie des Artenschutzes. Das Land wird ebenfalls im Bereich des Flächenmanagements unterstützend tätig. Der Landesbetrieb ForstBW führt die Pacht an Feldflächen fort bzw. gibt diese nur noch nach strenger Abwägung mit den Belangen der Jagdpflege und der Jagdausübung auf. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, pachtet der Landesbetrieb Feldflächen zu und verpachtet diese zusammen mit eigenen Waldflächen, damit Einheiten entstehen, die bejagt werden können. Außerdem besteht seit Inkrafttreten des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes die Möglichkeit, (Wald-)Flä chen des Landes an Jagdgenossenschaften zu verpachten. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7823 7. Was tut sie über den unmittelbaren Einflussbereich des Staatsforsts hinaus für eine sinnvolle und an den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung ausgerichtete Gestaltung der Jagdbezirke? Zu 7.: Mit der Novelle des Landesjagdgesetzes hin zum Jagd- und Wildtiermanagementgesetz wurden die Rechte der Jagdgenossenschaften gestärkt. Jagdgenossenschaften sind nun nach § 17 Absatz 5 Satz 4 JWMG pachtfähig und können Flächen von geringerer Größe als die in § 17 Absatz 2 JWMG genannten Mindestflächen pachten. Diese Möglichkeit der Jagdpacht durch die angrenzende Jagdgenossenschaft vereinfacht die an den Erfordernissen der Jagdpflege ausgerichtete Gestaltung von Jagdbezirken deutlich. Damit wurde ein Regelungsvorschlag aus dem Beteiligungsverfahren realisiert. Zudem können Eigentümerinnen und Eigentümer eines Eigenjagdbezirks künftig mit Zustimmung der Jagdgenossenschaft eines angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirks für den Zeitraum der gesetzlichen Mindestpachtdauer gegenüber der unteren Jagdbehörde auf die Selbstständigkeit des Eigenjagdbezirks verzichten. In diesem Fall wird der Eigenjagdbezirk für den Zeitraum der gesetzlichen Mindestpachtdauer Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks, sofern dies im Hinblick auf die Erfordernisse der Jagdpflege sinnvoll erscheint. In Vertretung Reimer Ministerialdirektor Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7823 6 An la ge 20 05 20 06 20 07 20 08 20 09 20 10 20 11 20 12 20 13 Einheit Zeile B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg B ad en - W ür tte m - be rg in sg es am t ( Ze ile 2 +3 ) ha 1 26 6. 63 8, 6 26 6. 63 8, 6 26 6. 63 8, 6 26 3. 42 7, 7 26 2. 45 0, 6 26 3. 46 3, 3 27 3. 71 0, 2 28 0. 41 6, 4 27 9. 36 8, 9 Su m m e st aa ts ei ge ne F lä ch en ha 2 23 5. 47 3, 1 23 5. 47 3, 1 23 5. 47 3, 1 23 1. 97 1, 7 23 1. 88 5, 5 23 5. 47 7, 0 24 5. 31 6, 8 25 1. 86 3, 8 25 1. 38 8, 9 A ng lie de ru ng ha 3 31 .1 65 ,6 31 .1 65 ,6 31 .1 65 ,6 31 .4 55 ,9 30 .5 65 ,1 27 .9 86 ,2 28 .3 93 ,4 28 .5 52 ,6 27 .9 80 ,0 da vo n W al d ha 4 23 5. 12 2, 2 23 5. 12 2, 2 23 5. 12 2, 2 23 1. 93 4, 7 23 1. 74 7, 0 23 3. 68 1, 7 24 2. 76 4, 6 24 9. 62 9, 1 24 8. 40 8, 4 Su m m e st aa ts ei ge ne F lä ch en ha 5 70 .1 85 ,2 70 .1 85 ,2 70 .1 85 ,2 69 .9 26 ,7 71 .6 86 ,2 69 .7 20 ,1 67 .6 69 ,3 68 .3 19 ,7 65 .0 66 ,4 A ng lie de ru ng /ü br ig e Fl äc he ha 6 7. 92 3, 9 7. 92 3, 9 7. 92 3, 9 7. 48 2, 2 7. 85 4, 3 7. 96 5, 5 8. 66 6, 2 8. 62 1, 2 7. 86 9, 3 A bg lie de ru ng en Su m m e st aa ts ei ge ne F lä ch en ha 7 31 .7 90 ,4 31 .7 90 ,4 31 .7 90 ,4 34 .2 11 ,6 35 .1 51 ,2 35 .1 51 ,2 19 .5 62 ,9 21 .1 32 ,7 22 .0 54 ,2 A nt ei le a n ge m ei ns ch . 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