Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7851 10. 12. 2015 1Eingegangen: 10. 12. 2015 / Ausgegeben: 05. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Haushalte sind in Baden-Württemberg erfasst, die seit Anfang 2013 den Rundfunkbeitrag leisten müssen? 2. Wie viele Selbstständige und Kleinstunternehmer sowie Unternehmen sind in Baden-Württemberg erfasst, die diesen Rundfunkbeitrag leisten müssen? 3. Wie viele Ausnahme- bzw. Ermäßigungsgenehmigungen wurden für die in Fra - ge 1 und 2 genannten Beitragszahler erteilt? 4. Wie viele Zahlungsverweigerungen wurden registriert? 5. Wie viele Bürgerinitiativen, Unterschriftenkampagnen und Eingaben seit Umstellung des Gebührensystems sind ihr und den öffentlich-rechtlichen Rund - funkanstalten bekannt, die eine Änderung des Beitragssystems fordern? 6. Wie viele Bürgerinitiativen, Unterschriftenkampagnen und Eingaben seit Umstellung des Gebührensystems sind ihr bekannt, die eine Änderung des öffentlich -rechtlichen Rundfunksystems einfordern? 10. 12. 2015 Reith FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Niko Reith FDP/DVP und Antwort des Staatsministeriums Rundfunkbeitrag Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7851 2 B e g r ü n d u n g Nach Änderung des Beitragssystems für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Anfang 2013 gibt es immer wieder Bestrebungen von Wirtschaftsunternehmen und einzelnen Beitragszahlern, dieses System zu ändern. Um eine erste Bewertung der Umstellung und deren Akzeptanz zu ermöglichen, sind die Zahlen von Ausnahmeregelungen und Beitragsverweigerungen grundlegend. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 22. Januar 2016 Nr. III – 3472.70 beantwortet das Staatsminis - terium die Kleine Anfrage wie folgt: Der Landesregierung selbst liegen keine Daten zu den Rundfunkbeitragserträgen vor. Sie ist deshalb auf eine entsprechende Zulieferung seitens des Südwestrundfunks (SWR) angewiesen. Nach Angaben des SWR ist es allerdings nicht möglich , alle vom Fragesteller erbetenen Informationen in vollem Umfang zu liefern, da die Daten entweder nicht unterjährig erhoben und/oder nur auf Bundesebene ausgewiesen würden. Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „So sind viele Maßnahmen, die im Rahmen der Umstellung auf den Rundfunkbeitrag erfolgt sind, noch nicht vollständig abgeschlossen und werden auch in den kommenden Monaten noch Auswirkungen haben. Dies betrifft etwa die Klärung der Beitragspflicht bei bis dato nicht angemeldeten Bürgerinnen und Bürgern (mit insgesamt rund 14,8 Mio. verschickten „Klärungsschreiben“ allein im vergangenen Jahr) oder den einmaligen Meldedatenabgleich, in dessen Rahmen rund 70 Millionen Datensätze verarbeitet wurden. Allein diese Maßnahme zieht bis heute täglich mehrere tausend Sachverhaltsklärungen nach sich und beeinflusst maßgeblich das Tagesgeschäft des Beitragsservice. Auch das vom Abgeordneten Reith hinterfragte Befreiungs- und Ermäßigungsverfahren ist durch die Umstellung tangiert. Viele der Beitragskonten, die sich aktuell in diesem Verfahren befinden , wurden im Rahmen der sogenannten Direktanmeldung durch den Beitragsservice angemeldet und befinden sich derzeit noch in Klärung. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht der Beitragsservice Zahlen zum Rundfunkbeitrag ausschließlich auf jährlicher Basis im Rahmen des Geschäftsberichts. Nur anhand des stichtagsbezogenen Jahresabschlusses lassen sich valide Aussagen treffen und Entwicklungen ablesen. Angaben, etwa zur Anzahl an Beitragskonten oder zu der von Herrn Reith erfragten Anzahl an Bürgerinnen und Bürgern, denen eine Befreiung oder Ermäßigung anerkannt wurde, weist der Beitragsservice zudem ausschließlich auf Bundesebene aus.“ Zu den einzelnen Fragen: 1. Wie viele Haushalte sind in Baden-Württemberg erfasst, die seit Anfang 2013 den Rundfunkbeitrag leisten müssen? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Mit Stand 31. Dezember 2014 befanden sich 39.346.878 Wohnungen im Bestand des Beitragsservice. Dies entspricht einer Zunahme von rund 8,14 % im Vergleich zum Vorjahr (31. Dezember 2013: 36.385.345 Wohnungen). Der Anstieg ist im Wesentlichen auf den einmaligen Meldedatenabgleich und das Instrument der Direktanmeldung zurückzuführen. Im Rahmen des Meldedatenabgleichs wurden dem Beitragsservice seit 2013 die Adressdaten aller volljährigen Bür - gerinnen und Bürger durch die Einwohnermeldeämter übermittelt. Ziel dieses Datenabgleichs war die Klärung, für welche Wohnungen bis dato kein Rundfunkbeitrag entrichtet wurde. Übergeordnetes Ziel ist es, hierdurch mehr Beitragsge- *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7851 rechtigkeit herzustellen. Alle Personen, die sich keiner Wohnung im Bestand zuordnen ließen, hat der Beitragsservice bis Januar 2015 zur Klärung der Beitragspflicht angeschrieben. Mit diesen Schreiben wurde erfragt, ob bereits eine Person den Rundfunkbeitrag für die jeweilige Wohnung entrichtet. Reagierte der Angeschriebene nicht, erfolgte nach einer nochmaligen Erinnerung eine Anmeldung durch den Beitragsservice, die sogenannte Direktanmeldung.“ Einen Wert für das Land Baden-Württemberg weist der Beitragsservice aus den einleitend dargestellten Gründen nicht aus. 2. Wie viele Selbstständige und Kleinstunternehmer sowie Unternehmen sind in Baden-Württemberg erfasst, die diesen Rundfunkbeitrag leisten müssen? Im Zusammenhang mit der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht einzelne Selbständige, Kleinstunternehmer und Unternehmen als solche mit dem Rundfunkbeitrag veranlagt werden, sondern dass die Veranlagung je Betriebsstätte erfolgt. Die Zahl der Betriebsstätten kann daher auch nicht mit der Zahl der mit dem Rundfunkbeitrag veranlagten Selbständigen, Kleinstunternehmern und Unternehmen gleichgesetzt werden, da diese im Einzelfall auch über mehrere beitragspflichtige Betriebsstätten verfügen können. Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Ende 2014 waren beim Beitragsservice 3.462.590 Betriebsstätten erfasst. Dies entspricht einem Zuwachs von rund 4,39 % im Vergleich zum Vorjahr (31. Dezember 2013: 3.316.951). Bei den Betriebsstätten handelt es sich zu knapp 93 % um Betriebsstätten von Unternehmen, die weder den Beherbergungsbetrieben noch den Einrichtungen des Gemeinwohls zuzuordnen sind. Für Beherbergungsbetriebe (ca. 2 % der gewerblichen Betriebsstätten) und Einrichtungen des Gemeinwohls (ca. 5 % der gewerblichen Betriebsstätten), die einen geringen Teil der Betriebsstätten ausmachen, gelten gesonderte Regelungen zum Rundfunkbeitrag.“ Einen Wert für das Land Baden-Württemberg weist der Beitragsservice aus den einleitend dargestellten Gründen nicht aus. 3. Wie viele Ausnahme- bzw. Ermäßigungsgenehmigungen wurden für die in Frage 1 und 2 genannten Beitragszahler erteilt? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Die Anzahl der Personen, die von der Beitragspflicht befreit sind, ist im Jahr 2014 um 28.831 (1,15 %) auf 2.528.674 Personen angestiegen (31. Dezember 2013: 2.499.843 Personen). Bei den Ermäßigungen ist im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 22.250 (4,22 %) auf 505.506 zu verzeichnen (2013: 527.756 Personen ). Da eine Person über mehrere Wohnungen verfügen kann und sich eine Befreiung oder Ermäßigung auf alle Wohnungen der Person erstreckt, ist die Anzahl der Personen mit einer Befreiung oder Ermäßigung nicht auf die Anzahl der befreiten /ermäßigten Wohnungen übertragbar. So waren zum Jahresende 2014 zwar 2.528.674 Personen von der Beitragspflicht befreit, gleichzeitig aber 2.531.325 Wohnungen. Bei den Ermäßigungen ergab sich ein ähnliches Bild. 505.506 Personen mit Ermäßigung standen 508.570 Wohnungen mit Ermäßigung gegenüber.“ 4. Wie viele Zahlungsverweigerungen wurden registriert? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Der weitaus überwiegende Teil der Beitragszahlenden (Unternehmen, Institutionen , Einrichtungen des Gemeinwohls, Bürgerinnen und Bürger) entrichtet den Rundfunkbeitrag regelmäßig und pünktlich. Nur wenige zahlen nicht oder nicht rechtzeitig. Werden fällige Rundfunkbeitrag nicht oder nicht in voller Höhe entrichtet , verschickt der Beitragsservice zunächst eine Zahlungserinnerung. Wird auch daraufhin nicht gezahlt, folgen weitere Schreiben, wie ein Beitragsbescheid oder eine Mahnung. Die letzte Stufe des Mahnverfahrens ist die Vollstreckung. Das Vollstreckungsersuchen stellt die jeweilige Landesrundfunkanstalt bei den Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7851 4 zuständigen kommunalen Behörden. Zum 31. Dezember 2014 wiesen von den insgesamt rund 44,5 Mio. Beitragskonten knapp 4,5 Mio. Beitragskonten (4,3 Mio. aus dem privaten Bereich und 0,2 Mio. aus dem gewerblichen Bereich) einen sogenannten Mahnstatus auf. Bei dieser Zahl von Zahlungsverweigerern zu sprechen , wäre jedoch falsch. In dieser Zahl sind viele Bürgerinnen und Bürger enthalten , die den Rundfunkbeitrag – ohne diesen grundsätzlich zu verweigern – lediglich nicht pünktlich zum fälligen Termin entrichtet haben, aber an sich regelmäßig und problemlos zahlen.“ 5. Wie viele Bürgerinitiativen, Unterschriftenkampagnen und Eingaben seit Umstellung des Gebührensystems sind ihr und den öffentlich-rechtlichen Rund - funkanstalten bekannt, die eine Änderung des Beitragssystems fordern? 6. Wie viele Bürgerinitiativen, Unterschriftenkampagnen und Eingaben seit Umstellung des Gebührensystems sind ihr bekannt, die eine Änderung des öffentlich -rechtlichen Rundfunksystems einfordern? Das Staatsministerium als das für das Rundfunkrecht zuständige Ministerium hat sowohl vor als auch nach der Umstellung des Finanzierungssystems für den öffentlich -rechtlichen Rundfunk vielfältige Eingaben und – über den Petitionsausschuss des Landtags – Petitionen zur früheren Rundfunkgebühr und zum jetzigen Rundfunkbeitrag erhalten. In den Eingaben und Petitionen wird jedoch nicht in jedem Fall die Abschaffung oder Änderung des Rundfunkbeitragssystems oder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt gefordert; Gegenstand der Ein - gaben sind vielmehr sehr unterschiedliche Anliegen, zum Teil mit der Bitte um Hilfestellung in ganz konkreten Fragestellungen zum Rundfunkbeitrag. Die höchste Anzahl an Eingaben und Petitionen zum neuen Rundfunkbeitrag lag im Jahr 2013 und damit im Jahr der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags bei ca. 250 Eingaben und Petitionen. Seitdem sind die Zahlen rückläufig. Im Jahr 2014 lag die Zahl der Eingaben und Petitionen bei ca. 150 und reduzierte sich im Jahr 2015 weiter auf eine hohe zweistellige Anzahl. Da von der Rundfunkbeitragsumstellung an sich jeder Haushalt bzw. jeder Wohnungsinhaber betroffen ist, bewegen sich die Eingaben und Petitionen damit auf einem eher niedrigen Niveau. Dem SWR liegen zu diesen Fragen nach eigenen Angaben keine Informationen vor. Natürlich kenne man Online-Foren wie „online-boykott.de“ und „gez-boykott.de“, könne aber keine Zahlen zur Anzahl vergleichbarer Foren oder sonstiger Aktionen nennen, bei denen sich gegen den Rundfunkbeitrag ausgesprochen wird. Krebs Ministerin im Staatsministerium