Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7876 14. 12. 2015 1Eingegangen: 14. 12. 2015 / Ausgegeben: 20. 01. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie gestalten sich derzeit die Umsetzung und Nachfrage im Rahmen des EU- Schulfruchtprogramms in Baden-Württemberg? 2. In welcher Form trägt das Land zur Realisierung des EU-Schulfruchtprogramms bei? 3. Nach welchen Kriterien wird der Kreis an Schülern, der vom EU-Schulfruchtprogramm profitiert, definiert? 4. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob und wenn ja, inwieweit es im Rahmen der Finanzierung des Programms im laufenden Schuljahr 2015/2016 zu Engpässen kommt? 5. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob und wenn ja, inwieweit die Schulobstausgabe im laufenden Schuljahr gekürzt werden könnte? 6. Weshalb beteiligt sich das Land neben den anfälligen Verwaltungskosten nicht direkt an der Finanzierung des EU-Schulfruchtprogramms, vergleichbar mit anderen Bundesländern wie etwa Bayern? 7. Wie wird die Umsetzung des EU-Schulfruchtprogramms in Baden-Württemberg für die Zukunft geplant und soll am Sponsoren-Modell zur Kofinanzierung festgehalten werden? 11. 12. 2015 Reuther CDU Kleine Anfrage des Abg. Wolfgang Reuther CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Finanzierung EU-Schulfruchtprogramm Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7876 2 B e g r ü n d u n g Die Europäische Union stellt seit 2009 finanzielle Beihilfen für die Durchführung von Schulobstprogrammen zur Verfügung. Ziel ist es, Kinder bei der Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Ernährungsverhaltens zu unterstützen und die Wert - schätzung von Obst und Gemüse zu steigern. Für die Umsetzung sind die Bundesländer verantwortlich. Seit Februar 2010 wird das EU-Schulfruchtprogramm in Baden-Württemberg angeboten. Im Schuljahr 2015/2016 werden 75 Prozent der Kosten von der EU getragen, für die weiteren 25 Prozent (plus Mehrwertsteuer) benötigen die Einrichtungen in Baden-Württemberg Sponsoren. In anderen Bundesländern wird der Restbetrag durch die Landeshaushalte finanziert. Für das laufende Schuljahr wird gerade evaluiert, ob und inwieweit die derzeitige Umsetzung des Programms bis zu den Sommerferien weiterlaufen kann, da die finanziellen Mittel der EU knapp werden könnten. Durch die Bereitstellung der Mittel übernimmt die EU Verantwortung dafür, Kinder möglichst frühzeitig an eine gesunde Ernährung heranzuführen. Dieser wichtige Ansatz muss von der Landes - regierung unterstützt und gegebenenfalls mit einem größeren finanziellen Engagement flankiert werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. Januar 2016 Nr. Z(210)-0141.5/603 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie gestalten sich derzeit die Umsetzung und Nachfrage im Rahmen des EU- Schulfruchtprogramms in Baden-Württemberg? Zu 1.: Das Land Baden-Württemberg setzt das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm seit 2010 sehr erfolgreich um. Im aktuellen Schuljahr nehmen über 330.000 Kinder in ca. 3.300 Einrichtungen am Programm teil. Darunter sind Kindertageseinrichtungen einschließlich Kindergärten, Schulen im Primarbereich sowie weiterführende Schulen mit den Klassen 5 bis 8. Die stärkste Nachfragesteigerung ist in der Kernzielgruppe bei Kindern in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu verzeichnen. Außerdem besteht eine beachtliche Steigerung des Anteils an ökologisch erzeugtem Obst und Gemüse. Das Land hat im aktuellen Schuljahr 2015/2016 6,65 Mio. Euro an EU-Mitteln erhalten, das sind 80 % mehr als im Vorjahr. Der EU-Beihilfesatz wurde auf 75 % erhöht. Dadurch wurde das Programm für Einrichtungen und Lieferanten noch attraktiver. Es gibt nach wie vor Nachfrage von Einrichtungen, die ins Programm einsteigen wollen. Der Anmeldezeitraum für das kommende Schuljahr wird zwischen Ostern und Pfingsten 2016 liegen. 2. In welcher Form trägt das Land zur Realisierung des EU-Schulfruchtprogramms bei? Zu 2.: Das Land sorgt für die verwaltungsmäßige, EU-konforme Umsetzung des Programms . Federführend ist das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz . Beim Regierungspräsidium Tübingen liegt die Vor-Ort-Zuständigkeit für das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm in Baden-Württemberg. Hier erfolgen unter anderem die Zulassung der Lieferanten und Einrichtungen, die Bearbei- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7876 tung der Förderanträge (Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen) sowie die Bewilligungsfreigabe . Das Regierungspräsidium Tübingen ist auch Ansprechpartner für Lieferanten und Einrichtungen. Unterstützt wird das Förderprogramm außerdem durch die Schulfrucht-Geschäftsstelle bei der Marketing- und Absatzförderungsgesellschaft für Agrar- und Forstprodukte aus Baden-Württemberg mbH (MBW). Diese übernimmt Dienstleis - tungsaufgaben, wie z. B. die Betreuung der Homepage, die Verteilung von Informationsmaterialien , das Beantworten von Fragen von Einrichtungen und Sponsoren sowie die Evaluierung des Programms. Die pädagogische Begleitung des Programms ist dem Land ein großes Anliegen und für einen nachhaltigen Erfolg notwendig: Die Kinder sollen Früchte als wichtigen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung wertschätzen und Kompetenzen bei der Zubereitung von Obst und Gemüse erlangen. Mit der Landesinitiative „BeKi“ (Bewusste Kinderernährung) wird das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm pädagogisch unterstützt. Geschulte Fachkräfte, sogenannte BeKi-Fachfrauen , sind sowohl in vorschulischen Einrichtungen als auch in Schulen bis zur Klasse 6 aktiv und arbeiten mit den Kindern, veranstalten Elternabende und führen Fortbildungen für die pädagogischen Fachkräfte durch. Koordiniert wird die pädagogische Begleitung des Programms von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL). 3. Nach welchen Kriterien wird der Kreis an Schülern, der vom EU-Schulfruchtprogramm profitiert, definiert? Zu 3.: Zur Kernzielgruppe des EU-Schulobst- und -gemüseprogramms in Baden-Württemberg gehören Kinder in Kindertageseinrichtungen und in Schulen im Primarbereich . Dahinter steht die Überlegung, dass das Ernährungsverhalten maßgeblich in der Kindheit geprägt wird. Mit Blick auf eine möglichst große und anhaltende Wirkung des Programms können bei ausreichend zur Verfügung stehenden EU-Mitteln auch Kinder in weiterführenden Schulen teilnehmen, aktuell bis zur Klassenstufe 8. 4. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob und wenn ja, inwieweit es im Rahmen der Finanzierung des Programms im laufenden Schuljahr 2015/2016 zu Engpässen kommt? 5. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob und wenn ja, inwieweit die Schulobstausgabe im laufenden Schuljahr gekürzt werden könnte? Zu 4. und 5.: Es zeichnet sich ab, dass aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage bis zum Ende des ersten Schulhalbjahrs bereits so viele Obst- und Gemüseportionen im Land verteilt sein werden, dass bis dahin deutlich mehr als die Hälfte des zur Verfügung stehenden EU-Budgets bereits verplant ist. Um keine Engpässe bei der Finanzierung am Ende des Schuljahrs zu riskieren, wird daher ab Februar 2016 die Zahl der maximal beihilfefähigen Verteiltage pro Monat für Schulen auf 8 und für Kindertageseinrichtungen inclusive Kindergärten auf 10 begrenzt. Alle aktuell teilnehmenden Einrichtungen und Kinder können damit im laufenden Schuljahr weiterhin vom Programm profitieren. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7876 4 6. Weshalb beteiligt sich das Land neben den anfälligen Verwaltungskosten nicht direkt an der Finanzierung des EU-Schulfruchtprogramms, vergleichbar mit anderen Bundesländern wie etwa Bayern? Zu 6.: Seit seiner Einführung unter der Vorgängerregierung im Jahr 2010 wird das Schul obst- und -gemüseprogramm in Baden-Württemberg mit dem sogenannten Sponsoren-Modell umgesetzt, d. h. Mittel zur Kofinanzierung der EU-Mittel erbringen sogenannte Schulfruchtpaten oder Sponsoren. Dieses Modell hat sich bewährt. Der Finanzierungssatz aus EU-Mitteln wurde mit dem laufenden Schuljahr auf 75 % erhöht, sodass der erforderliche Anteil an Sponsorenmitteln deutlich verringert wurde. In Bundesländern, die zur Kofinanzierung der Obstlieferungen Landesmittel verwenden , ist z. T. die Zahl der möglichen Verteilungen pro Monat deutlich geringer und/oder die Zielgruppe ist wesentlich enger gefasst. Andere Bundesländer verzichten ganz auf die Umsetzung des Programms. 7. Wie wird die Umsetzung des EU-Schulfruchtprogramms in Baden-Württemberg für die Zukunft geplant und soll am Sponsoren-Modell zur Kofinanzierung festgehalten werden? Zu 7.: Das erfolgreiche EU-Schulobst- und -gemüseprogramm soll in Baden-Württemberg auch zukünftig umgesetzt werden. Am Sponsoren-Modell zur Kofinanzierung soll dabei festgehalten werden. Auf EU-Ebene zeichnet sich die Zusammenlegung der beiden Programme „Schul - obst- und -gemüse“ und „Schulmilch“ zu einem sogenannten „Schulprogramm“ ab. Diese Reform wird aber erst ab dem Schuljahr 2017/2018 greifen. Details zur Umsetzung müssen auf Basis des im Trilog zwischen Rat, Parlament und Kommission erarbeiteten Kompromissvorschlags auf der europäischen Ebene noch beschlossen und weiter ausgearbeitet werden. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz