Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 79 08. 06. 2011 1Eingegangen: 08. 06. 2011 / Ausgegeben: 19. 07. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Mit welchen Gesamtkosten plant sie aktuell für den Ausbau des Bahnhofs Weinheim im Rahmen der zweiten Ausbaustufe der S-Bahn Rhein-Neckar? 2. Wie hoch ist die Kostensteigerung jeweils gegenüber den beiden Vorstudien 2006 und 2008? 3. Welche in den Vorstudien fehlenden Einzelmaßnahmen führen zu Kostensteigerungen in welcher Höhe? 4. Auf welchen gesetzlichen Vorschriften basieren die jetzt zusätzlich geplanten Einzelmaßnahmen? 5. Sind alle jetzt zusätzlich geplanten Einzelmaßnahmen zwingend für die Förderfähigkeit der Gesamtmaßnahme notwendig? 6. Kommen alle jetzt zusätzlich geplanten und dem S-Bahn-Ausbau zugerechneten Einzelmaßnahmen ausschließlich der S-Bahn zugute oder werden sie auch für den Güter- und/oder Fernverkehr benötigt? 7. Welcher Anteil der Kostensteigerung ist von der Stadt Weinheim zu tragen? 8. Gedenkt sie als Aufgabenträger für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), sich an den gesteigerten Kosten zu beteiligen? 9. Gedenkt sie sich dafür einzusetzen, dass die plötzliche Kostensteigerung gegenüber den ursprünglichen Planungen der DB AG auch zum Teil von dieser getragen wird? Kleine Anfrage des Abg. Georg Wacker CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur S-Bahn Rhein-Neckar, zweite Ausbaustufe – Weinheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 79 2 10. Welche weiteren Lösungsmöglichkeiten sieht sie, die Stadt Weinheim bei der Bewältigung der gestiegenen Kosten zu unterstützen? 03. 06. 2011 Wacker CDU B e g r ü n d u n g Auf die Stadt Weinheim und den Rhein-Neckar-Kreis, aber auch auf das Land als offiziellen Aufgabenträger des ÖPNV, kommt gegenüber den Vorplanungen eine erhebliche Kostensteigerung bei der zweiten Ausbaustufe der S-Bahn Rhein- Neckar zu, die nicht allein aufgrund allgemeiner Teuerung zustande gekommen ist. Für die Stadt Weinheim bedeutet dies nach ersten Erkenntnissen fast eine Verdoppelung der notwendigen Investitionssumme, die weder voraussehbar war noch in der aktuellen Haushaltslage kurzfristig zu schultern ist. Sofern die Kostensteigerung aufgrund mangelhafter Vorplanungen durch die DB AG entstanden ist, sollte diese sich auch an der Kostensteigerung beteiligen. Zudem ist von Seiten der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg darauf zu achten, dass im Rahmen des S-Bahn-Ausbaus nicht Einzelmaßnahmen allein der S-Bahn zugerechnet werden, die auch für den Fern- oder Güterverkehr notwendig wären. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 12. Juli 2011 Nr. 3-3895.02-01 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Mit welchen Gesamtkosten plant sie aktuell für den Ausbau des Bahnhofs Weinheim im Rahmen der zweiten Ausbaustufe der S-Bahn Rhein-Neckar? Der S-Bahn-gerechte Ausbau des Bahnhofs Weinheim wird nach den Ergebnissen der Vorplanung mit rund 6,8 Mio. € (Planungskosten 1,3 Mio. € sowie Baukosten 5,5 Mio. €) veranschlagt. 2. Wie hoch ist die Kostensteigerung jeweils gegenüber den beiden Vorstudien 2006 und 2008? Im Rahmen einer im Jahr 2006 durchgeführten Vorstudie erfolgte eine erste grobe Kostenabschätzung. Hierbei wurde zunächst vom S-Bahn-gerechten Ausbau des Mittelbahnsteiges an Gleis 2 und 3 sowie der barrierefreien Erschließung mit zwei Aufzügen (Haus- und Mittelbahnsteig 1) ausgegangen. Die Gesamtkosten hierfür wurden mit rund 2,2 Mio. € (Planungskosten 0,4 Mio. €; Baukosten 1,8 Mio. €) veranschlagt. Im Jahr 2008 wurde deutlich, dass zusätzlich der S-Bahn-gerechte Ausbau der Bahnsteige an den Gleisen 1 (Hausbahnsteig) und 4 (Außenbahnsteig 2) und hierdurch auch ein weiterer Aufzug (Außenbahnsteig 2) notwendig ist. Die Vor- *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 79 studie wurde entsprechend angepasst und die Gesamtkosten mit rund 4,1 Mio. € (Planungskosten 0,8 Mio. €; Baukosten 3,3 Mio. €) veranschlagt. 3. Welche in den Vorstudien fehlenden Einzelmaßnahmen führen zu Kostensteigerungen in welcher Höhe? Zu den bereits in der Vorstudie dargelegten Einzelmaßnahmen wurden im Rahmen der Vorentwurfsplanung nur wenige Einzelmaßnahmen ergänzt. Der Maßnahmenumfang der Vorstudie wurde um • die Neubauten bzw. die Anpassungen von zwei zusätzlich vorhandenen Treppenanlagen (Mehrkosten Bau 251 T€; Mehrkosten Planung 60 T€), • die Anpassungsarbeiten an den Dächern der beiden Mittelbahnsteige (Mehr - kosten Bau 206 T€; Mehrkosten Planung 50 T€), und • dem Neubau eines Betonschalthauses für die elektrischen Energieanlagen (Mehrkosten Bau 237 T€; Mehrkosten Planung 57 T€), erweitert. Darüber hinaus wurde auf Wunsch der Stadt Weinheim ein weiterer Bahnsteig - zugang auf den Mittelbahnsteig 2 im Bereich der Viernheimer Straße in der Vorplanung berücksichtigt (Mehrkosten Bau 16 T€; Mehrkosten Planung 4 T€). Der überwiegende Anteil der Mehrkosten gegenüber der Vorstudie ist somit nicht auf das Fehlen von Einzelmaßnahmen zurückzuführen. Die Kostenzunahme beruht hierbei überwiegend auf dem Planungsfortschritt, d. h. belastbaren Ergebnissen aus der Vermessung, dem Baugrundgutachten und der darauf basierenden richt - linienkonformen Planung. 4. Auf welchen gesetzlichen Vorschriften basieren die jetzt zusätzlich geplanten Einzelmaßnahmen? Grundsätzlich beruhen die geplanten Maßnahmen auf der von den Projektpartnern erarbeiteten Betrieblichen Aufgabenstellung (BAST) und darüber hinaus auf den zusätzlichen Anforderungen z. B. der betroffenen Kommune. Die gesetzlichen Grundlagen der Gesamtplanung beruhen auf der Eisenbahn-Bauund Betriebsordnung (EBO) sowie dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG). Darüber hinaus gelten die nationalen und internationalen Vorschriften und Richtlinien wie z. B. die von der Europäischen Kommission festgelegten Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) oder die DB-Richtlinie 813 zur Planung von Bahnsteigen. 5. Sind alle jetzt zusätzlich geplanten Einzelmaßnahmen zwingend für die Förderfähigkeit der Gesamtmaßnahme notwendig? Die im Rahmen der Vorentwurfsplanung enthaltenen Einzelmaßnahmen sind in erster Linie relevant für die Genehmigungsfähigkeit der Bahnanlage. Des Weiteren orientiert sich der Maßnahmenumfang an dem von der Bestellerseite (SPNV- Aufgabenträger) vorgegebenen S-Bahn-Betriebskonzeptes. Über die Förderfähigkeit der Einzelmaßnahmen entscheidet der Zuwendungsgeber. 6. Kommen alle jetzt zusätzlich geplanten und dem S-Bahn-Ausbau zugerechneten Einzelmaßnahmen ausschließlich der S-Bahn zugute oder werden sie auch für den Güter- und/oder Fernverkehr benötigt? Alle im Rahmen der Vorentwurfsplanung geplanten Teilmaßnahmen sind zur Abwicklung des zukünftigen Betriebes der S-Bahn Rhein-Neckar auf einer auch vom Fern- und Güterverkehr genutzten Strecke erforderlich. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 79 4 Hinzu kommt die Verlängerung des Mittelbahnsteiges 1 auf eine für den Fernverkehr notwendigen Bahnsteiglänge von 330 m. Diese fernverkehrsrelevanten Maßnahmenanteile (inkl. Anteile für Beleuchtung, Beschallung usw.) werden seitens der DB Station&Service AG über LuFV-Mittel (Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ), welche der DB AG in Vereinbarung mit dem Bund zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen, finanziert. 7. Welcher Anteil der Kostensteigerung ist von der Stadt Weinheim zu tragen? Alle durch die S-Bahn bedingten Maßnahmenteile sind entsprechend den Finanzierungsregularien des Landes für Bundes-GVFG-Vorhaben durch die kommunale Seite mitzufinanzieren. Der kommunale Anteil beträgt demnach 20 % der zuwendungsfähigen Baukosten abzüglich eines (anteiligen) Selbstbehaltes sowie 100 % der nicht zuwendungsfähigen Bau- und Planungskosten. Im Rhein-Neckar-Kreis erfolgt die Finanzierung dieses kommunalen Anteils in der Regel hälftig durch Kreis und Stadt. 8. Gedenkt sie als Aufgabenträger für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), sich an den gesteigerten Kosten zu beteiligen? Das Land wird sich an der Finanzierung der Maßnahme im Rahmen der Regelungen des Bundes-GVFG wie in anderen Fällen auch an den gestiegenen Kosten beteiligen. 9. Gedenkt sie sich dafür einzusetzen, dass die plötzliche Kostensteigerung gegenüber den ursprünglichen Planungen der DB AG auch zum Teil von dieser getragen wird? Aus der Beantwortung der Fragen 2. und 3. ergibt sich, dass die Kostensteigerung von der Vorstudie zur Vorentwurfsplanung nicht auf die Anforderungen der DB zurückzuführen sind. Sie ergeben sich im Wesentlichen aus der Verfeinerung der Planungen und den belastbaren Ergebnissen aus der Vermessung, dem Baugrundgutachten und der darauf basierenden richtlinienkonformen Planung. Im Rahmen der Prüfung innerhalb der Bundes-GVFG-Maßnahmen legt der Bund (EBA und BMVBS) die zuwendungsfähigen Kosten fest. Die Finanzierungspartner (DB AG, Land und Kommunen) schließen einen Bau- und Finanzierungsvertrag über die verbleibenden zuwendungsfähigen bzw. nicht zuwendungsfähigen Baukosten. Im Rahmen der Verhandlungen zu diesem Vertrag ist zu klären, ob und welchen Anteil die DB AG dabei übernimmt. 10. Welche weiteren Lösungsmöglichkeiten sieht sie, die Stadt Weinheim bei der Bewältigung der gestiegenen Kosten zu unterstützen? Das Land sieht aufgrund der finanziellen Lage im Bereich des ÖPNV derzeit keine Möglichkeit, seinen Finanzierungsanteil zu erhöhen. Auch im Bereich der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) sind bis zum Jahr 2018 alle Mittel ausgeschöpft und keine zusätzlichen Mittel zu erwarten. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur