Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7916 22. 12. 2015 1Eingegangen: 22. 12. 2015 / Ausgegeben: 01. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Rettungsdiensteinsätze – jeweils mit und ohne notärztliche Versorgung – gab es in 2013/2014 im Landkreis Tübingen (differenziert nach den einzelnen Gemeinden im Landkreis)? 2. In welchen Gemeinden konnte die gesetzliche Hilfsfrist von 10 bzw. 15 Minuten von Rettungsdienst und Notarzt nicht eingehalten werden und wie ist unter diesem Gesichtspunkt die Wirksamkeit der Rettungskette aus dem Blickwinkel jener Gemeinden zu bewerten? 3. Wie oft wurden in 2013/2014 Rettungsmittel (Notarzteinsatzfahrzeug, Rettungs - wagen) aus den Nachbarkreisen im Landkreis Tübingen zu Einsätzen alarmiert (mit Angabe, von welchen Standorten diese kamen)? 4. Aus welchen Gründen wurde die Planung und die Organisation der Notarztversorgung vom Universitätsklinikum Tübingen und der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in eine Tübinger Notarztorganisation gGmbH ausgegliedert und warum werden die Notärzte der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in den veränderten Strukturen nicht berücksichtigt? 5. Wurden die Disponenten des Deutschen Roten Kreuzes in der Tübinger Leitstelle entsprechend den Vorgaben weiter ausgebildet und welche weiteren Qualifikationsschritte sind im Hinblick auf die Anforderungen des Rettungsdienstgesetzes notwendig? Kleine Anfrage der Abg. Rita Haller-Haid SPD und Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE und Antwort des Innenministeriums Rettungsdiensteinsätze und die Rettungsleitstelle im Landkreis Tübingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7916 2 6. Wie viele Notärzte ohne Fahrer sind im Bereichsplan 2013/2014 der Rettungsleitstelle Tübingen vorgesehen und haben diese Einsätze mit dieser speziellen Bedingung Auswirkungen auf die Berechnung der Hilfsfrist? 21. 12. 2015 Haller-Haid SPD Lede Abal GRÜNE B e g r ü n d u n g Die Kleine Anfrage soll dazu dienen, die Qualität der Rettungsdienststrukturen im Landkreis Tübingen zu erfragen. Darüber hinaus soll erhoben werden, ob der Rettungsablauf vom Eingang der Notrufmeldung in der Leitstelle bis zur Übergabe eines Patienten im Krankenhaus von allen Gemeinden des Landkreises Tübingen in einer entsprechenden Frist erfolgt. Darüber hinaus soll abgefragt werden, welche Qualifizierungsmaßnahmen für die Disponenten in der Integrierten Leitstelle im Hinblick auf das neue Rettungsdienstgesetz notwendig werden könnten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. Januar 2016 Nr. 6-5461.0/12 beantwortet das Innenminis - terium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Rettungsdiensteinsätze – jeweils mit und ohne notärztliche Versorgung – gab es in 2013/2014 im Landkreis Tübingen (differenziert nach den einzelnen Gemeinden im Landkreis)? Zu 1.: Im Rettungsdienstbereich Tübingen liegen für den genannten Zeitraum folgende Einsatzzahlen in der Notfallrettung vor: Gemeindezahlen liegen dem Innenministerium nicht vor. 2. In welchen Gemeinden konnte die gesetzliche Hilfsfrist von 10 bzw. 15 Minuten von Rettungsdienst und Notarzt nicht eingehalten werden und wie ist unter diesem Gesichtspunkt die Wirksamkeit der Rettungskette aus dem Blickwinkel jener Gemeinden zu bewerten? Zu 2.: Nach § 3 Absatz 2 Rettungsdienstgesetz (RDG) gilt in der Notfallrettung im bodengebundenen Rettungsdienst als Planungsmaßstab eine Hilfsfrist von 15 Minuten . Die Zielerreichungsgrade dieser Hilfsfrist für das Eintreffen des ersteintreffenden Rettungsmittels (in der Regel der Rettungswagen [RTW]) im Rettungsdienstbereich Tübingen sind für die Jahre 2010 bis 2014 nachstehend dargestellt: Jahr Zahl der Einsätze Rettungswagen (RTW) Notarzteinsätze 2013 8.702 5.272 2014 9.056 5.400 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7916 Die Hilfsfrist ist entsprechend den Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes und des Rettungsdienstplans 2014 keine ortsbezogene Eintreffzeit, sondern eine jahresund bereichsbezogene Planungsgröße, die alle Einsätze im Rettungsdienstbereich im Zeitraum eines Jahres umfasst. Teilhilfsfristen sind nicht vorgesehen; insbesondere , weil sie zu unkorrekten Interpretationen führen können. Belastbare Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Rettungskette sind dadurch alleine nicht möglich. Dies gilt sowohl in Bezug auf vierteljahres-, monats- oder sogar tagesbezogene als auch auf orts- und straßengebundene Hilfsfristangaben, die nur Teilbereiche des Rettungsdienstbereiches umfassen. 3. Wie oft wurden in 2013/2014 Rettungsmittel (Notarzteinsatzfahrzeug, Rettungs - wagen) aus den Nachbarkreisen im Landkreis Tübingen zu Einsätzen alarmiert (mit Angabe, von welchen Standorten diese kamen)? Zu 3.: Wenn es darum geht, Menschen in Notfallsituationen zu helfen, ist es wichtig, dass Bereichsgrenzen kein Hindernis sind. Nach 13 RDG haben sich daher die Träger in benachbarten Rettungsdienstbereichen auf Anforderung der Leitstellen grundsätzlich gegenseitig zu unterstützen. Die Leitstelle hat im Rahmen dieser gegenseitigen Kooperation in dem entsprechenden Zeitraum wie folgt Unterstützung aus den benachbarten Rettungsdienstbereichen Böblingen, Calw, Esslingen, Freudenstadt, Reutlingen und Zollernalb angefordert: 4. Aus welchen Gründen wurde die Planung und die Organisation der Notarztversorgung vom Universitätsklinikum Tübingen und der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in eine Tübinger Notarztorganisation gGmbH ausgegliedert und warum werden die Notärzte der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in den veränderten Strukturen nicht berücksichtigt? Zu 4.: Die Notarztgestellung für den Standort Tübingen „Im Steinlachwasen“ wird durch das Universitätsklinikum Tübingen gewährleistet. Dem Bereichsausschuss Tübingen als dem für die Sicherstellung der Notarztversorgung örtlich zuständigen Planungsorgan ist bekannt, dass die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Interesse an einer Beteiligung des Notarztdienstes für diesen Notarztstandort hat. Eine nähere Beratung im Bereichsausschuss hat dazu bisher allerdings noch nicht stattgefunden . 2010 2011 2012 2013 2014 RTW 95,4 95,7 96,6 96,4 94,6 Notarzt 94,9 94,5 92,7 93,6 90,6 Jahr Zahl der Einsätze Rettungswagen (RTW) Notarzteinsätze 2013 182 393 2014 166 457 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7916 4 5. Wurden die Disponenten des Deutschen Roten Kreuzes in der Tübinger Leitstelle entsprechend den Vorgaben weiter ausgebildet und welche weiteren Qualifikationsschritte sind im Hinblick auf die Anforderungen des Rettungsdienstgesetzes notwendig? Zu 5.: Die Qualität der Leitstellen wird vor allem durch das Personal bestimmt. Nach § 6 RDG müssen die Leitstellen mit geeignetem Personal ausgestattet sein. Aus sicherheits- und notfallmedizinischen Gründen ist dabei ein hohes Qualifikationsund Sicherheitsniveau gefordert. Dieses Qualifikations- und Sicherheitsniveau wird durch die Gemeinsamen Hinweise zur Leitstellenstruktur der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und hier insbesondere durch deren Anlage 3 reflektiert. Die Qualifizierung erfolgt demnach im Rahmen einer beruflichen Weiterbildung. Diese dauert je nach Vorkenntnissen bis zu 18,5 Monaten schulischer und praktischer Ausbildung. Die genaue Aufgliederung ist aus nachfolgender Darstellung ersichtlich. Eingangsvoraussetzungen jeweilige Dauer in Monaten R et tu ng sa ss is te nt m itt le re r f eu er w eh rte ch ni sc he r D ie ns t m itt le re r f eu er w eh rte ch ni sc he r D ie ns t m it R et tu ng ss an itä te r m itt le re r f eu er w eh rte ch ni sc he r D ie ns t m it R et tu ng sa ss is te nt G eh ob en er o de r h öh er er fe ue rw eh rte ch ni sc he r D ie ns t ge ho be ne r f eu er w eh rte ch ni sc he r D ie ns t m it R et tu ng ss an itä te r be so nd er s e rf ah re ne A ng eh ör ig e ei ne r Fr ei w ill ig en F eu er w eh r m it ab ge sc hl os - se ne r B er uf sa us bi ld un g na ch Z iff er 3 .1 Grundtätigkeiten im Rettungsdienst 1 1 1 Krankenhauspraktikum 1 1 1 Rettungsdienst-Praktikum 1 1 1 Grundtätigkeiten in der Feuerwehr 1,5 Feuerwehr-Praktikum 2 Abschluss Grundtätigkeiten 0,5 0,5 0,5 0,5 Praktikum I 1 1 1 1 1 1 1 Leitstellenlehrgang 2 2 2 2 2 2 2 Praktikum II 1 1 1 1 1 1 1 Einsatztaktik Feuerwehr 2 2 2 2 Krankheits-/Verletzungs- und Einsatzlehre 4 4 4 4 4 Praktikum III 3 3 3 3 3 3 3 Großschadenmanagement 0,75 0,75 0,75 0,75 0,75 Praktikum IV 1 1 1 1 1 1 1 Abschlussprüfung 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 Summe 15 18,5 15 11 15,75 12,25 16,5 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7916 Die Gemeinsamen Hinweise zur Leitstellenstruktur der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr sind seit Anfang des Jahres 2011 eingeführt und gelten ohne Einschrän - kungen für alle Disponentinnen und Disponenten in den Integrierten Leitstellen. Neue Disponenten der Leitstelle werden daher grundsätzlich entsprechend den Gemeinsamen Hinweisen ausgebildet. Disponenten, die vor Inkrafttreten der Gemeinsamen Hinweise bereits eingesetzt waren, genießen zwar Bestandsschutz, werden jedoch im Rahmen der Möglichkeiten nach diesen Regelungen ebenso weiterqualifiziert. Zusätzlich werden im Rahmen von Fortbildungen die Kenntnisse der Disponenten auf dem aktuellen Stand gehalten. 6. Wie viele Notärzte ohne Fahrer sind im Bereichsplan 2013/2014 der Rettungsleitstelle Tübingen vorgesehen und haben diese Einsätze mit dieser speziellen Bedingung Auswirkungen auf die Berechnung der Hilfsfrist? Zu 6.: Nach dem Bereichsplan für den Rettungsdienstbereich Tübingen sind zur Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Rettungsdienstbereich Tübingen folgende Notarztstandorte festgelegt: – Tübingen und – Rottenburg. Am Standort Tübingen steht für Duplizitätsfälle auch ein selbstfahrender Notarzt zur Verfügung. Bei Einsätzen dieses Notarztes wird die Hilfsfrist nur in den Fällen markiert, in denen auch der RTW innerhalb der Hilfsfrist am Notfallort eingetroffen ist. Gall Innenminister