Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 7954 18. 01. 2016 1Eingegangen: 18. 01. 2016 / Ausgegeben: 15. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit und in welcher Form stellt die Landesverwaltung für landwirtschaftliche Zwecke Geobasis- und Geofachdaten bereit? 2. Welche Gebühren erhebt sie für entsprechende Dienstleistungen? 3. Inwieweit unterscheidet sich die Bereitstellung von Geobasis- und Geofach - daten für Landwirte sowie die entsprechende Gebührenerhebung in Baden- Württemberg nach ihrer Kenntnis vom einschlägigen Service der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz? 4. Welche zeitnahen Verbesserungen und Weiterentwicklungen plant sie hinsichtlich der Bereitstellung von Geobasis- und Geofachdaten für Landwirte? 18. 01. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Bereitstellung von Geobasis- und Geofachdaten für Landwirte Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7954 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 10. Februar 2016 Nr. Z-(43)0141.5/610F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit und in welcher Form stellt die Landesverwaltung für landwirtschaftliche Zwecke Geobasis- und Geofachdaten bereit? Zu 1.: Im Bereich Landwirtschaft verwendet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) Geobasis- und Geofachdaten bei der Bearbeitung von Anträgen zur Gewährung von Fördermitteln im Rahmen des Gemeinsamen Antragsverfahrens . Die Landwirtinnen und Landwirte erhalten diese Daten bei der jährlichen Antragstellung über das elektronische Fachverfahren „FIONA“ (Flächeninformation und Onlineantrag) zur Ansicht. Das Online-Verfahren FIONA bildet seit 2015 das alleinige Antragstellungsverfahren und wird 2016 um eine grafische Antragstellungsvariante nach Vorgabe der Europäischen Union erweitert. Dabei wird eine GIS-Komponente (GIS = Geoinformationssystem) genutzt, in der die Antragstellerinnen und Antragsteller auf der Basis von Luftbildern (sogenannte Digitale Orthophotos [DOP] der Vermessungsverwaltung) und Flurstücken aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) sowie verschiedenster Geometrien zu Fachinformationen (z. B. Wasserschutzzonen, FFH-Gebiete, Land - schaftselemente, Abgrenzung der beihilfefähigen Höchstfläche – Bruttofläche für die EU-Flächenbeihilfen) ihre Flächenangaben bezüglich bewirtschafteter Schläge , deren Nutzungsart, den angebauten Kulturarten und den beantragten Fördermaßnahmen eintragen und damit beantragen können. Dazu können die Antragstellerinnen und Antragsteller auch die Daten ihres Antrags aus dem Vorjahr aufrufen . Die Antragstellerinnen und Antragsteller können online landesweit ihre Flächen einsehen oder bei neuen Pachtflächen diese suchen und identifizieren. Durch Anzeigefunktionen können sie die wichtigsten Flächen- und Katasterinformationen einsehen. Im weiteren Verlauf der Antragsbearbeitung und insbesondere der Vor-Ort- Kontrolle werden die Antragsdaten und Geobasisdaten an das Fachverfahren „GISELa“ (GIS-Entwicklung Landwirtschaft) übergeben und dort u. a. über eine mobile Komponente aus Feldrechner und GNSS-Positionsempfänger (GNSS = Globales Navigationssatellitensystem) bei der vorgeschriebenen Flächenkontrolle durch die unteren Landwirtschaftsbehörden genutzt. Die dabei gewonnenen Daten werden zur Plausibilisierung der Antragstellung und Berechnung der Auszahlungsbeträge genutzt und im Folgejahr den landwirtschaftlichen Betrieben für die nächste Antragstellung zur Verfügung gestellt. Die Geobasisdaten werden den Nutzergruppen und damit auch den Landwirtinnen und Landwirten auf unterschiedlichen Vertriebswegen zugänglich gemacht. Zum einen bietet das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) die Geobasisdaten über eine Online-Vertriebstheke an (www.lgl-bw.de). Die Nutzerinnen und Nutzer können dabei die Geobasisdaten über einen Downloadbereich oder auf einem Datenträger beziehen. Durch den Aufbau und Betrieb der Geo - dateninfrastruktur Baden-Württemberg (GDI-BW) ist zum anderen der Zugang zu den Geobasisdaten mit Hilfe von Geodatendiensten möglich. Die Geodatendienste greifen direkt auf den originären Geodatenbestand des LGL zu, d. h. Nutzerinnen und Nutzer können rund um die Uhr auf einen aktuellen Datenbestand in nutzergerechten Datenformaten zugreifen und ihn in ihren webfähigen Applikationen nutzen. Diese Technik dient auch dazu, Geobasisdaten in den landwirtschaftlichen Fachverfahren (z. B. FIONA) zu präsentieren. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7954 Landwirtschaftliche Unternehmen, die der Rahmenvereinbarung Landwirtschaft bei getreten sind, können die Geobasisdaten auch offline auf Datenträgern be - ziehen. Die Umweltverwaltung führt im Umweltinformationssystem Baden-Württemberg (UIS BW) und dessen Fachverfahren verschiedene Geofachdaten, welche insbesondere aus den Bereichen Naturschutz und Wasserwirtschaft auch für landwirtschaftliche Zwecke bereitgestellt und genutzt werden. Die Geofachdaten werden dabei zum einen automatisiert in die Fachverfahren der Landwirtschaftsverwaltung oder über standardisierte Geodatendienste in das Geoportal BW integriert. Relevante Geofachdaten sind Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete , Überschwemmungsgebiete, Naturparke, Wasserschutzgebiete , Vogelschutzgebiete oder auch Informationen zum Cross-Compliance-Erosions - kataster und zu Moorflächen. Zum anderen bietet das UIS BW über das Landesumweltportal (vgl. http:// www.umwelt-bw.de) oder den Daten- und Kartendienst der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (vgl. http://udo.lubw.baden-wuerttemberg .de) eigene Zugänge zu landwirtschaftlich relevanten Umweltinformationen an. Beispiele hierfür sind Informationen zum Gewässerrandstreifen oder zu Wasserschutzgebieten . 2. Welche Gebühren erhebt sie für entsprechende Dienstleistungen? Zu 2.: Für die Landwirtinnen und Landwirte entstehen derzeit keine Kosten für die Nutzung der Geodaten im Rahmen der Antragstellung in FIONA. Weitere Nutzungsmöglichkeiten , insbesondere auf elektronischem Wege, bestehen über das Geoportal Baden-Württemberg (www.geoportal-bw.de). Die Vermessungsbehörden des Landes erheben für die Bereitstellung, Nutzung und Weiterverwendung der Geobasisdaten Gebühren und Entgelte nach der • Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Be - hörden in seinem Geschäftsbereich (Gebührenverordnung MLR – GebVO MLR) vom 14. Februar 2007, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 23. Juni 2015 bzw. nach der • Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum für die Bereitstellung und Nutzung von Geobasisdaten (VwVNutzGeo) vom 23. April 2009. Grundlage der Gebühren- bzw. Entgelterhebung sind § 2 Abs. 4 Vermessungs - gesetz und das Landesgebührengesetz. Zur integrierten Erledigung der öffentlichen Aufgaben mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung und der Kosteneinsparung innerhalb der öffentlichen Verwaltung hat das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in den letzten Jahren verschiedene Vereinbarungen u. a. auch mit der Landwirtschaftsverwaltung und den Landwirtschaftsverbänden abgeschlossen: • Seit 2007 stellt das LGL der Landwirtschaftsverwaltung Geobasisdaten nach der „Generalvereinbarung Geobasisdaten“ bereit. Die Generalvereinbarung wurde zwischen dem LGL, den Ressorts sowie dem Landkreistag Baden-Württemberg abgeschlossen und stellt Geobasisdaten gegen ein pauschaliertes Entgelt zur Verfügung. • Im November 2013 wurde mit dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband e. V. (BLHV) und dem Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) sowie mit den Stadtkreisen und Gemeinden nach § 10 VermG (als untere Vermessungsbehörden) die „Rahmenvereinbarung Landwirtschaft“ über die Nutzung der Geobasisinformationen der Vermessungsverwaltung zur Er - ledigung von Aufgaben in der Landwirtschaft durch landwirtschaftliche Betriebe zu pauschalierten Entgelten abgeschlossen. Nutzungsberechtigt sind alle Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7954 4 BLHV-/LBV-Mitgliedsbetriebe bzw. deren Ortsvereine und Kreisbauernverbände , sofern sie dieser Vereinbarung beitreten. Eine wesentliche Bedeutung kommt auch dem Geoportal Baden-Württemberg zu, das den zentralen Zugangsknoten zur Geodaten-Infrastruktur im Internet darstellt. Mit dem Geoportal Baden-Württemberg können die im Land vorliegenden Geo - basis- und Geofachdaten verschiedenster Fachdisziplinen aus Verwaltung und Wirtschaft von jedermann auf einfache Weise gesucht, in einem Viewer gemeinsam visualisiert und bei Bedarf bezogen werden. Die dort vorliegenden Daten (z. B. Flurstücke, Gebäude, Digitale Orthophotos, Topographie) werden der Öffentlichkeit kostenlos präsentiert. Dies entspricht auch der Regelung in den anderen Ländern. 3. Inwieweit unterscheidet sich die Bereitstellung von Geobasis- und Geofach - daten für Landwirte sowie die entsprechende Gebührenerhebung in Baden- Württemberg nach ihrer Kenntnis vom einschlägigen Service der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz? Zu 3.: Das aktuelle Vorgehen stellt bei den Verfahren GISELa und FIONA im Gegensatz zu den Möglichkeiten in den genannten Bundesländern in der Landwirtschaft eine reine Anzeigekomponente mit der Möglichkeit eines Ausdrucks durch die Nutzerin oder den Nutzer dar. Eine Möglichkeit zur Abspeicherung der Daten auf lokalen Datenverarbeitungsgeräten ist derzeit noch nicht vorgesehen. Die Entwicklung einer solchen Komponente kann im Rahmen der Datenbereitstellung für INSPIRE (INfrastructure for SPatial InfoRmation in Europe) bzw. GDI-BW erfolgen und voraussichtlich auch für landwirtschaftliche Geofachdaten genutzt werden . Das Vermessungswesen und insoweit auch die Bereitstellung und Übermittlung von Geobasisinformationen sind in Deutschland Länderangelegenheit. Die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz haben hierzu eigene Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften erlassen. Die hessischen Landesbehörden erhalten die Geobasisdaten gebührenfrei. Diese Gebührenbefreiung erstreckt sich auch auf die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, welche auch zuständig ist für die Umsetzung des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Landwirtinnen und Land - wirte, Verbände, Vereine etc. sind uneingeschränkt kostenpflichtig. In Rheinland-Pfalz gibt es eine Ressortvereinbarung sowie eine Zusatzvereinbarung zu dieser für die Weitergabe der Geobasisdaten zur Optimierung von Prozessen mit Raumbezug in der Landwirtschaft, die es dem für die Landwirtschaft zuständigen Ressort erlaubt, Geobasisdaten (ohne Eigentümerangaben) an landwirtschaftliche Betriebe, Erzeugergruppen oder einzelne Landwirte weiterzugeben. Die Kosten für die Geobasisdaten werden von der Vermessungsverwaltung pauschalisiert der Landwirtschaftsverwaltung jährlich in Rechnung gestellt. Die Abgabe amtlicher Auszüge aus dem Liegenschaftskataster, Eigentümerinformationen usw. oder analoge Karten werden nach den einschlägigen Gebühren- bzw. Entgeltvorschriften abgerechnet. In Rheinland-Pfalz wurden die Daten für die InVeKoS-Antragstellung den Landwirtinnen und Landwirten bisher per CD übermittelt. Ab 2016 werden die Geo - basisdaten per WFS/WMS-Dienst (über Web Feature Service Web Map Service) zur Verfügung gestellt. Zusätzlich kann auf Anforderung eine DVD mit den Daten übermittelt werden. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7954 4. Welche zeitnahen Verbesserungen und Weiterentwicklungen plant sie hinsichtlich der Bereitstellung von Geobasis- und Geofachdaten für Landwirte? Zu 4.: Das Land Baden-Württemberg befindet sich derzeit im Aufbau einer leistungsstarken Geo-IT-Infrastruktur in der Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW). Damit werden die von der Landwirtschaftsverwaltung bereitgestellten und von den Landwirtinnen und Landwirten genutzten Internet-Portale unterstützt . Erreicht wird eine umfassende, ressortübergreifende Bereitstellung von Geobasisund Geofachdaten, um sowohl interessierten Bürgerinnen und Bürgern und somit auch Landwirtinnen und Landwirten als auch den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kommunen für ihre planerische Tätigkeit umfassend Informationen zu allgemeinen und fachspezifischen Fragestellungen zur Verfügung stellen zu können. Der Aufbau einer performanten und hoch verfügbaren Geo-IT-Infrastruktur kommt daher auch diesen Nutzergruppen zugute. Bezüglich FIONA siehe Ziffer 1. erster Absatz. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz