Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8038 02. 02. 2016 1Eingegangen: 02. 02. 2016 / Ausgegeben: 08. 03. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie die Praktikabilität der Kopfsatzbezuschussung für die Schulträger von VABO-Klassen? 2. Wie beurteilt sie die Problematik der hohen Fluktuation in den VABO-Klassen und welche Maßnahmen ergreift sie, um dieser entgegenzuwirken? 3. Ob und wenn ja, welche weiteren Maßnahmen ergreift sie, um das finanzielle Risiko der einzelnen Schulträger, insbesondere auch der Volkshochschulen, die VABO-Klassen anbieten, zu minimieren? 4. Wie beurteilt sie die Option, die Kopfsatzbezuschussung durch eine Stichtagsregelung analog der an den Abendgymnasien einzuführen? 5. Wie beurteilt sie die Effizienz des Unterrichts in den VABO-Klassen und die Größe des Klassenteilers von 18 Schülerinnen und Schülern? 6. Verfügt sie über erste Ergebnisse, Erfahrungswerte, wie viele Schülerinnen und Schüler den Hauptschulabschluss erreichen? 7. Welches Sprachniveau erachtet sie als Voraussetzung für die berufliche Integration als notwendig? Kleine Anfrage des Abg. Andreas Deuschle CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Anwendung der Stichtagsregelung bei der Bezuschussung privater Schulen; Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in den Bildungsgang „Ausbildung und Prüfung im Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit dem Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO)“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8038 2 8. Wie viele „Brückenkurse“ werden an welchen Orten landesweit bereits angeboten ? 02. 02. 2016 Deuschle CDU B e g r ü n d u n g Im Bildungsgang VABO werden unter anderem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen. Neben allgemeiner Bildung steht vor allem das Er - lernen der deutschen Sprache und des allgemeinen Alltags in Deutschland im Vordergrund. In der Kleinen Anfrage geht es um den Status des Bildungsgangs „Ausbildung und Prüfung im Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit dem Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO)“ und zum anderen darum, wie bei der Bezuschussung den im Jahresverlauf stark schwankenden Schülerzahlen Rechnung getragen werden kann. Es soll in Erfahrung gebracht werden, ob die derzeitige Regelung in Form der Kopfsatzbezuschussung praktikabel ist und ob angesichts der hohen festzustellenden Fluktuation in den VABO-Klassen Änderungen bei der Bezuschussung vorgenommen werden müssen. Unabhängig von der in der Praxis stark fluktuierenden Anzahl der Schüler pro Klasse obliegt es den Schulträgern, für das laufende Schuljahr qualifiziertes Personal zur Betreuung der VABO-Klassen sicherzustellen und Lehrkräfte für das laufende Schuljahr fest anzustellen. Das finanzielle Risiko liegt bei den Schul - trägern. Angesichts der Heterogenität der betroffenen Schüler, einem breit gefächerten Bildungsgrad vom Gymnasialniveau bis zum Analphabeten, ist weiter zu hinterfragen , ob eine differenzierte und flexiblere Handhabung beim Klassenteiler und neben einer dauerhaften Begleitung des Unterrichts durch eine Lehrkraft und einen Sozialpädagogen zusätzliche sozialpädagogische Betreuungsstunden und zusätzliche Stunden für Supervision u. ä. geboten sind. Elementare Voraussetzung für Integration ist eine ausreichende Sprachkompetenz . Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt auch für Flüchtlinge und Asylsuchende , die funktionale und primäre Analphabeten sind. Die Fördermöglichkeiten in den VABO-Klassen sind unzureichend. Die betroffenen Schüler bedürfen zusätzlicher gezielter Unterstützung und Förderung. In der Praxis werden die betroffenen Schüler zeitweise aus dem Regelunterricht herausgenommen, um gezielt gefördert zu werden. Dies bedeutet zum einen erheblichen zusätzlichen personellen Aufwand, zum anderen nehmen die betroffenen Schüler in dieser Zeit nicht am regulären Unterricht teil und versäumen dadurch wieder Teile dieses Unterrichts. Die Grundlage für die Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit ist ein Sprach - niveau, das es erlaubt, auch komplexe sprachliche Zusammenhänge zu verstehen und diese nach Möglichkeit fehlerfrei zu kommunizieren und verschriftlichen zu können. Voraussetzung für das Nachholen eines Hauptschulabschlusses ist nicht nur eine ausreichende Sprachkompetenz. Häufig müssen auch andere Grundbildungskompetenzen nachgeholt werden. Dies ermöglichen die mancherorts bereits eingeführten sogenannten „Brückenkurse“, die der Teilnahme an einem Vorbereitungskurs für den Hauptschulabschluss noch vorgeschaltet sind. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8038 A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 Nr. 24-6462.16/69 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie die Praktikabilität der Kopfsatzbezuschussung für die Schulträger von VABO-Klassen? 3. Ob und wenn ja, welche weiteren Maßnahmen ergreift sie, um das finanzielle Risiko der einzelnen Schulträger, insbesondere auch der Volkshochschulen, die VABO-Klassen anbieten, zu minimieren? Mit Ausnahme der sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, der sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Internat, der Schulen des 2. Bildungswegs sowie der Bekenntnisschulen nach Artikel 15 der Landesverfassung werden alle privaten Ersatzschulen mit einem jährlichen schülerbezogenen Zuschuss („Kopfsatz“) bezuschusst. Stichtag für den Zuschussanspruch ist der Stichtag der amtlichen Schulstatistik. Dieses Bezuschussungssystem hat sich bewährt . Es gilt nach der gesetzlichen Regelung auch für den Bildungsgang VABO. In der laufenden Gesetzesänderung zur Änderung des Schulgesetzes und des Privatschulgesetzes (Drucksache 15/7957) ist eine Ermächtigung vorgesehen, für Bildungsgänge mit stark schwankenden Schülerzahlen durch Rechtsverordnung eine vom Stichtag der amtlichen Schulstatistik abweichende Stichtagsregelung zu treffen, die die tatsächliche Schülerzahlentwicklung besser berücksichtigt. Das Kultusministerium beabsichtigt, durch eine Rechtsverordnung für den Bildungsgang „VABO“ als Stichtag den Mittelwert der Schülerzahlen der Monate Januar bis Juli und September bis Dezember eines Jahres zugrunde zu legen. Die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS) hat diese Regelung grundsätzlich begrüßt. 2. Wie beurteilt sie die Problematik der hohen Fluktuation in den VABO-Klassen und welche Maßnahmen ergreift sie, um dieser entgegenzuwirken? Die Gründe der Fluktuation in den VABO-Klassen sind vielfältig. Sie liegen in der Regel nicht im Einflussbereich der Schulverwaltung oder der beruflichen Schulen. 4. Wie beurteilt sie die Option, die Kopfsatzbezuschussung durch eine Stichtagsregelung analog der an den Abendgymnasien einzuführen? Für die privaten Abendgymnasien gilt die Stichtagsregelung des § 18 Abs. 1 PSchG unverändert; bei diesen privaten Schulen handelt es sich nicht um „Kopfsatzschulen “. 5. Wie beurteilt sie die Effizienz des Unterrichts in den VABO-Klassen und die Größe des Klassenteilers von 18 Schülerinnen und Schülern? Die Klassengröße im VABO trägt der großen Heterogenität der dortigen Schülerschaft Rechnung und unterstützt die Schulen dabei, das wichtige Anliegen einer schnellstmöglichen Integration der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in eine Ausbildung zu erreichen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8038 4 6. Verfügt sie über erste Ergebnisse, Erfahrungswerte, wie viele Schülerinnen und Schüler den Hauptschulabschluss erreichen? Das VABO zielt primär auf den Spracherwerb in Deutsch ab. Schülerinnen und Schüler, die gemäß dem Europäischen Referenzrahmen für Fremdsprachen die Niveaustufe A2 erlangen, können formal einen VABO-Abschluss erlangen. Im Anschluss an das VABO können die Schülerinnen und Schüler im VAB einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand erwerben. Dieser entspricht im Fach Deutsch der Niveaustufe B1 des Europäischen Referenzrahmens für Fremdsprachen. Das Statistische Landesamt erfasst die Bestehensquoten im VAB nicht in Abhängigkeit vom vormals besuchten Bildungsgang. 7. Welches Sprachniveau erachtet sie als Voraussetzung für die berufliche Integration als notwendig? Das Kultusministerium empfiehlt die Erlangung der Niveaustufe A2 gemäß Europäischem Referenzrahmen für Fremdsprachen für den Übergang in ein VAB sowie mindestens die Niveaustufe B1 für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines auf dem Hauptschulabschluss aufbauenden Bildungsgangs. 8. Wie viele „Brückenkurse“ werden an welchen Orten landesweit bereits angeboten ? Dem Kultusministerium ist ein laufender Brückenkurs bei der Abendakademie Mannheim als Kurs zur „Vorbereitung auf den Besuch der Hauptschule“ zwischen den Alphabetisierungskursen und dem Besuch der Hauptschule bekannt. Der Kurs im Umfang von 800 Unterrichtseinheiten mit maximal zwölf Teilnehmern wird zum dritten Mal ausgerichtet und vom Land mit 40.000 Euro gefördert. Er richtet sich unter anderem an jüngere Teilnehmer aus Alphabetisierungskursen mit dem Sprachniveau Alphalevel 3 und 4, an Zugewanderte mit B1-Sprach - niveau sowie verstärkt an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen noch nicht über den notwendigen Kenntnisstand für einen Besuch der Hauptschule. Die Kurs-Dauer beträgt zehn Monate. Die Abendakademie Mannheim will das Angebot verstetigen. Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport