Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8049 11. 02. 2016 1Eingegangen: 11. 02. 2016 / Ausgegeben: 10. 03. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchem Anlass und mit welchem Hintergrund hat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur am 28. Januar 2016 in einer Pressemitteilung angekündigt , mit Blick auf landwirtschaftliche Nutzgebäude eine Änderung der Landesbauordnung anzustreben, wonach „die Wirksamkeit einer Baugeneh - migung für solche innerörtlichen landwirtschaftlichen Anlagen (insbesondere Ställe) nach einer mehrjährigen Nichtausübung der genehmigten Nutzung entfällt “? 2. In welchem zeitlichen Horizont soll diese angestrebte Änderung der Landesbauordnung umgesetzt werden? 3. Inwiefern bewertet sie eine derartige Änderung der Landesbauordnung unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und des Bestandsschutzes als rechtlich zulässig? 4. Welche weiteren Eingriffe in die Eigentumsrechte von Landwirten plant das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur in den kommenden Monaten? 11. 02. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Änderungspläne der Landesregierung für die Landes - bauordnung hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzgebäude im Innenbereich Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8049 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. März 2016 Nr. 41-0141.5/65 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Ministerium für Länd - lichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchem Anlass und mit welchem Hintergrund hat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur am 28. Januar 2016 in einer Pressemitteilung angekündigt , mit Blick auf landwirtschaftliche Nutzgebäude eine Änderung der Landesbauordnung anzustreben, wonach „die Wirksamkeit einer Baugeneh - migung für solche innerörtlichen landwirtschaftlichen Anlagen (insbesondere Ställe) nach einer mehrjährigen Nichtausübung der genehmigten Nutzung entfällt “? Anlass sind Mitteilungen des Gemeindetages sowie von Kommunen und Landkreisen über zunehmende Schwierigkeiten bei der innerörtlichen Entwicklung in dörflichen Gebieten, wenn Stallgebäude zwar schon jahrelang nicht mehr zur Tierhaltung genutzt werden, aber theoretisch jederzeit wieder in Betrieb genommen werden können. Hintergrund ist die derzeitige Rechtslage, nach der eine einmal genehmigte landwirtschaftliche Nutzung Bestandsschutz genießt, solange sich der Eigentümer bzw. die Eigentümerinnen auf eine wirksame Baugenehmigung berufen kann. In Ermangelung einer spezialgesetzlichen Regelung richtet sich die Fortdauer der Wirksamkeit einer Baugenehmigung derzeit allein nach den allgemeinen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes. Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine anerkannte Fallgruppe der Erledigung auf sonstige Weise ist der einseitige Verzicht. Da das geltende Baurecht aber keine Rechtspflicht zur fortgesetzten Nutzung einer genehmigten baulichen Anlage kennt, kann die bloße Nichtnutzung in aller Regel nicht als konkludente Erklärung eines Verzichts auf die Baugenehmigung angesehen werden. Eine Unterbrechung der genehmigten Nutzung führt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg daher nur dann zur Erledigung und damit zu einem Erlöschen der Baugenehmigung, wenn der Nutzungsunterbrechung ein dauernder Verzichtswille zugrunde liegt und dieser unmissverständlich und unzweifelhaft zum Ausdruck kommt. Ein solcher dauerhafter und endgültiger Verzichtswille wird in der Rechtsprechung jedoch selbst bei längeren, auch Jahrzentelangen Nutzungsunterbrechungen äußerst selten festgestellt und angenommen. 2. In welchem zeitlichen Horizont soll diese angestrebte Änderung der Landesbauordnung umgesetzt werden? Die angestrebte Änderung ist in Vorbereitung. 3. Inwiefern bewertet sie eine derartige Änderung der Landesbauordnung unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und des Bestandsschutzes als rechtlich zulässig? 4. Welche weiteren Eingriffe in die Eigentumsrechte von Landwirten plant das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur in den kommenden Monaten? Zu 3. und 4.: Die Landesregierung hat die Rechtsfrage eingehend geprüft, ob eine Regelung in der Landesbauordnung, nach der die Wirksamkeit einer Baugenehmigung für innerörtliche landwirtschaftliche Anlagen mit Tierställen nach einer mehrjährigen Nichtausübung der genehmigten Nutzung entfällt, verfassungsrechtlich zulässig wäre. Diese Rechtsprüfung hat ergeben, dass die Beschränkung der Wirksamkeit 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8049 der Baugenehmigung kein unzulässiger Eingriff in Eigentumsrechte, sondern eine zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums durch den Landesgesetzgeber im Rahmen der verfassungsrechtlich vorgesehenen Sozialbindung des Eigentums wäre. Sonstige Überlegungen bestehen nicht. Dr. Splett Staatssekretärin