Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 805 02. 11. 2011 1Eingegangen: 02. 11. 2011 / Ausgegeben: 06. 12. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Nah- und Fernverkehrsverbindungen bestehen derzeit zwischen den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach und Stuttgart Hauptbahn - hof bzw. Stuttgart Flughafen/Messe sowie in andere Regionen des Landes? 2. Welche Fahrzeiten haben die unter Frage 1 genannten Nah- und Fernverkehrsverbindungen von den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach nach Stuttgart Hauptbahnhof und Stuttgart Flughafen/Messe sowie in andere Regionen des Landes derzeit? 3. Welche Verbesserungen ergeben sich durch die Realisierung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm bei den Verbindungen im Regionalverkehr in die Verkehrsräume Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach? 4. Welche Verbesserungen ergeben sich durch die Realisierung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm bei den Verbindungen im Fernverkehr in den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach? 5. Welche Investitionen in den Nah- und Fernverkehr mit positiven Auswirkungen für die Anbindung von den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach an die Landeshauptstadt Stuttgart und an andere Regionen des Landes haben in den vergangenen 20 Jahren stattgefunden, wie viel Geld wurde dabei investiert, wie wurden die Investitionen jeweils finanziert? 6. Wie haben sich durch die unter Frage 5 genannten Verbesserungen die Fahrgastzahlen entwickelt? Kleine Anfrage des Abg. Manfred Hollenbach CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Vorteile von Stuttgart 21 für die Verkehrsräume Bietigheim-Bissingen und Marbach Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 805 2 7. Welchen Zuwachs erwartet sie im Fahrgastaufkommen in Bezug auf die Verkehrsräume Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach durch den Bau von Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm? 28. 10. 2011 Hollenbach CDU B e g r ü n d u n g Die Verwirklichung von Stuttgart 21 bringt für das Land große Vorteile. Die Vorteile sind gerade im Hinblick auf die Information der Bevölkerung für die Volksabstimmung über das „S 21 Kündigungsgesetz“ von besonderem Interesse. A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. November 2011 Nr. 3-3824.1-0-01/155 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Das Land Baden-Württemberg hat mit Unterstützung der Planungsfirma SMA die Angebotskonzeption 2020 für den Schienenpersonennahverkehr erarbeitet. Reisezeitveränderungen infolge dieser Angebotskonzeption entstehen einerseits durch die neue Infrastruktur der Projekte Stuttgart 21, Neubaustrecke Wendlingen–Ulm und weiterer Aus- und Neubauvorhaben im Land, den Einsatz von moderneren Fahrzeugen sowie andererseits durch geplante Verbesserungen des Verkehrsangebots (z. B. Taktverdichtungen). Die angestrebten Reisezeitveränderungen können daher nicht allein auf einzelne Infrastrukturverbesserungen zurückgeführt werden. Die Realisierbarkeit der Angebotskonzeption 2020 hängt in finanzieller Hinsicht generell von den Ergebnissen der geplanten Ausschreibungen bei der Neuvergabe der Bestellungen im Schienenpersonennahverkehr durch das Land und davon ab, dass von Seiten des Bundes Regionalisierungsmittel in einem bedarfsgerechten Umfang zur Verfügung gestellt werden. Die folgenden Angaben beschreiben den aktuellen Planungsstand des Angebotskonzepts 2020 (Grundtakt ohne ergänzende Züge der Spitzenstunde sowie sonstige ergänzende Einzelzüge). Dabei handelt es sich um ein Zielkonzept, bei dem neben den bereits genannten Projekten insbesondere auch der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn, der Bau der Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim, die Elektrifizierung der Südbahn und der Ausbau der Gäubahn unterstellt wurde. Die Landesregierung setzt sich für eine zügige Umsetzung dieser weiteren ergänzenden Ausbaumaßnahmen ein. Die beiden erstgenannten Projekte werden mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht bis zum Jahr 2020 realisiert sein, anders als der Name der Konzeption möglicherweise suggeriert. Grundsätzlich ist aber der aktuelle Planungsstand des Angebotskonzepts 2020 nicht mit dem Fahrplan 2020 gleichzusetzen . Falls die derzeitigen Planungen zu Stuttgart 21 nicht umgesetzt werden, wird das Konzept angepasst werden; die Grundstrukturen und hier insbesondere auch die geplanten Taktverbesserungen sind jedoch nicht tangiert. Eine Verbesserung des Fahrplans und des Zugangebots ist bereits schrittweise ab dem Jahr 2016 im Rahmen neuer Verkehrsverträge vorgesehen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 805 1. Welche Nah- und Fernverkehrsverbindungen bestehen derzeit zwischen den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach und Stuttgart Hauptbahn - hof bzw. Stuttgart Flughafen/Messe sowie in andere Regionen des Landes? 2. Welche Fahrzeiten haben die unter Frage 1 genannten Nah- und Fernverkehrsverbindungen von den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach nach Stuttgart Hauptbahnhof und Stuttgart Flughafen/Messe sowie in andere Regionen des Landes derzeit? Zu 1. und 2.: Während der Tagesstunden außerhalb des Berufsverkehrs ist Bietigheim-Bissingen derzeit stündlich durch 2 S-Bahn-Züge und 3 bis 4 RE-Züge mit Stuttgart Hbf verbunden. Die Fahrzeit liegt zwischen 18 Min. beim RE und 26 Min. bei der S-Bahn. Der Bahnhof Stuttgart Flughafen/Messe wird von Bietigheim-Bissingen mit Umsteigen in Stuttgart Hbf viermal stündlich erreicht. Die Fahrzeiten liegen zwischen 56 und 65 Min. Von Bietigheim-Bissingen aus bestehen regelmäßige weitere umsteigefreie Verbindungen mit RE- oder RB-Zügen nach Karlsruhe, Heidelberg, Heilbronn und Würzburg. Im Rahmen der Planungen für die Ausschreibungen des Regionalverkehrs ab 2016 ist vorgesehen, zusätzlich durchgehende Züge nach Tübingen sowie Mannheim (über Eberbach bzw. Sinsheim) anzubieten . Marbach ist während der Tagesstunden außerhalb des Berufsverkehrs derzeit stündlich durch zwei S-Bahn-Züge mit Stuttgart Hbf verbunden (Fahrzeit 28 Min.). Nach Stuttgart Flughafen/Messe besteht jeweils in Stuttgart Hbf direkt Anschluss. Die gesamte Fahrzeit beträgt 57 Min. Bietigheim-Bissingen und Marbach werden nicht von Linien des Fernverkehrs bedient. 3. Welche Verbesserungen ergeben sich durch die Realisierung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm bei den Verbindungen im Regionalverkehr in die Verkehrsräume Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach? Von Bietigheim-Bissingen würde Stuttgart Flughafen/Messe mit durchgehenden RE-Zügen in 26 Min. erreicht. Statt der bestehenden RE-Verbindung nach Ulm über Göppingen würde neu eine IRE-Verbindung nach Ulm über Stuttgart Flughafen /Messe angeboten. Durch die geplante Haltestelle Mittnachtstraße würde sich die Fahrzeit mit der S-Bahn ab Bietigheim-Bissingen und Marbach nach Stuttgart um ca. 1 Min. verlängern. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 4. Welche Verbesserungen ergeben sich durch die Realisierung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm bei den Verbindungen im Fernverkehr in den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach? Bietigheim-Bissingen und Marbach werden nicht von Linien des Fernverkehrs bedient. 5. Welche Investitionen in den Nah- und Fernverkehr mit positiven Auswirkungen für die Anbindung von den Verkehrsräumen Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach an die Landeshauptstadt Stuttgart und an andere Regionen des Landes haben in den vergangenen 20 Jahren stattgefunden, wie viel Geld wurde dabei investiert, wie wurden die Investitionen jeweils finanziert? Die auf einzelne Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg entfallenden Zuwendungen aus Bundes- und Landesmitteln für ÖPNV-Investitionen in den vergangenen 20 Jahren können aus der als Anlage beigefügten Tabelle entnommen werden. Eine Aussage zur Wirkung von Investitionen im Hinblick auf die Anbindung an die Landeshauptstadt Stuttgart und an andere Regionen ist in der für die Antwort zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Darüber hinaus investiert die DB jährlich erhebliche Mittel in die Infrastruktur in Baden-Württemberg. Eine auf einzelne Regionen bezogene Auskunft war der DB in der für die Antwort zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 805 4 Auch im Bereich der nichtbundeseigenen Bahnen (NE) werden z. B. zur Erhöhung der Streckengeschwindigkeit, der Beseitigung von Langsamfahrstellen oder der allgemeinen Verbesserung der Infrastruktur und damit ihres Angebots kontinuierlich Investitionen erforderlich. Die NE im Land investieren in das Instandhaltungs - und Erneuerungsprogramm ihres Schienennetzes durchschnittlich 16 bis 18 Mio. Euro/Jahr. Das Land unterstützt die NE hierbei mit jährlich rd. 10 Mio. Euro. 6. Wie haben sich durch die unter Frage 5 genannten Verbesserungen die Fahrgastzahlen entwickelt? 7. Welchen Zuwachs erwartet sie im Fahrgastaufkommen in Bezug auf die Verkehrsräume Bietigheim-Bissingen bzw. Marbach durch den Bau von Stutt - gart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm? Zu 6. und 7.: Aktuelle Daten zur Entwicklung der Fahrgastzahlen der DB Regio AG waren im Rahmen der für die Antwort zur Verfügung stehenden kurzen Bearbeitungszeit nicht verfügbar. Die in den LT-Drs. 14/1802 bzw. 14/4208 für den Zeitraum 2002 bis 2007 bzw. 2002 bis 2008 aufgezeigten Veränderungen zeigen jedoch eine teils deutliche Steigerung der Fahrgastzahlen auf vielen wichtigen von der DB Regio AG betriebenen Strecken im Land. Auch in den Daten der letzten Jahre für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen wird der Trend einer kontinuierlichen Erhöhung der Fahrgastzahlen im SPNV im Land deutlich. Diese positive Entwicklung kann u. a. auf die in Ziff. 5 genannten Infrastruktur - maßnahmen zurückgeführt werden. Ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen einzelnen Infrastrukturverbesserungen zu Erhöhungen des Fahrgastaufkommens kann jedoch bezogen auf einzelne Strecken oder Teilräume nicht her - gestellt werden. Neben Infrastrukturverbesserungen stellen auch Fahrplanmaßnahmen und punktuelle Verbesserungen im Fuhrpark eine wichtige Erklärungsgröße für bisherige Fahrgaststeigerungen dar. Für die Projekte Stuttgart 21 und Neubaustrecke Wendlingen–Ulm werden Verkehrsverlagerungen zum öffentlichen Verkehr erwartet, die eine Reduzierung im motorisierten Individualverkehr zur Folge haben. Die Verlagerungseffekte sind dabei Folge der neuen Infrastruktur (Reisezeitgewinne) wie auch der geplanten Aufstockung der Zugverbindungen, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Infrastruktur stehen. Im Gutachten des IWW/SRF/VWI im Auftrag des Innenministeriums Baden-Württemberg vom März 2009 werden diese Verkehrsverlagerungen wie folgt angegeben: • Rd. 310 Mio. Pkw-km je Jahr im Fernverkehr Stuttgart 21 • Rd. 67 Mio. Pkw-km je Jahr im Regionalverkehr Stuttgart 21 • Rd. 630 Mio. Pkw-km je Jahr im Fernverkehr NBS Wendlingen–Ulm Diese erwartete jährliche Reduktion von 1.007 Mio. Pkw-km entspricht einer Reduktion um 1,2 % der jährlichen Pkw-Jahresfahrleistung in Baden-Württemberg in Bezug auf das Jahr 2009. Davon entfallen 0,45 % auf Stuttgart 21. 0,75 % entfallen auf die Neubaustecke, die auch unabhängig von Stuttgart 21 realisiert werden kann. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 805 Anlage: Zuwendungen aus Bundes- und Landesmitteln von 1990 bis 2010 für ÖPNV-Investitionen* Land-/Stadtkreis Infrastruktur-maßnahmen Fahrzeugbeschaffungen Zuwendungen gesamt Alb-Donau-Kreis 3.074.376 € 14.263.300 € 17.337.676 € Baden-Baden 8.153.630 € 5.948.246 € 14.101.877 € Biberach 13.220.418 € 14.449.726 € 27.670.144 € Böblingen 55.959.182 € 44.998.276 € 100.957.459 € Bodenseekreis 14.505.328 € 6.239.569 € 20.744.897 € Breisgau- Hochschwarzwald 26.868.643 € 29.706.402 € 56.575.045 € Calw 31.392.178 € 22.992.113 € 54.384.291 € Emmendingen 8.732.049 € 16.225.274 € 24.957.323 € Enz-Kreis 11.780.371 € 22.989.354 € 34.769.725 € Esslingen 81.554.702 € 56.278.907 € 137.833.609 € Freiburg 137.353.936 € 88.882.694 € 226.236.631 € Freudenstadt 25.046.770 € 13.774.897 € 38.821.667 € Göppingen 13.887.712 € 37.688.775 € 51.576.486 € Heidelberg 90.106.721 € 40.237.576 € 130.344.298 € Heidenheim 3.779.508 € 13.810.772 € 17.590.280 € Heilbronn 95.254.693 € 42.280.130 € 137.534.823 € Heilbronn (Stadt) 32.795.588 € 11.875.634 € 84.574.897 € Hohenlohekreis 10.850.165 € 12.561.174 € 23.411.339 € Karlsruhe 233.682.057 € 66.498.885 € 300.180.942 € Karlsruhe (Stadt) 254.045.564 € 140.540.433 € 394.585.997 € Konstanz 14.027.390 € 26.862.020 € 40.889.409 € Lörrach 40.150.052 € 8.783.800 € 48.933.852 € Ludwigsburg 97.221.522 € 47.869.256 € 145.090.778 € Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 805 6 Land-/Stadtkreis Infrastruktur-maßnahmen Fahrzeugbeschaffungen Zuwendungen gesamt Main-Tauber-Kreis 2.726.612 € 6.782.786 € 9.509.397 € Mannheim (Stadt) 248.425.571 € 101.463.872 € 349.889.444 € Neckar-Odenwald-Kreis 28.143.282 € 4.542.362 € 32.685.644 € Ortenau-Kreis 20.441.199 € 66.763.455 € 87.204.655 € Ostalbkreis 17.326.071 € 28.534.314 € 45.860.385 € Pforzheim 8.638.249 € 18.058.257 € 26.696.506 € Rastatt 85.035.084 € 26.890.965 € 111.926.049 € Ravensburg 18.000.815 € 17.838.571 € 35.839.385 € Rems-Murr-Kreis 55.146.521 € 53.245.357 € 108.391.878 € Reutlingen 27.546.614 € 28.670.516 € 56.217.130 € Rhein-Neckar-Kreis 48.936.264 € 37.812.713 € 86.748.977 € Rottweil 7.228.662 € 21.707.594 € 28.936.255 € Schwäbisch Hall 8.160.051 € 27.330.718 € 35.490.769 € Schwarzwald-Baar-Kreis 19.124.740 € 22.285.125 € 41.409.865 € Sigmaringen 11.066.879 € 12.954.406 € 24.021.285 € Stuttgart 918.775.750 € 201.835.442 € 1.120.611.192 € Tübingen 21.777.977 € 27.983.160 € 49.761.137 € Tuttlingen 19.287.762 € 18.996.867 € 38.284.628 € Ulm 66.928.050 € 64.302.579 € 131.230.629 € Waldshut 9.871.577 € 12.930.937 € 22.802.514 € Zollernalbkreis 16.157.704 € 22.793.047 € 38.950.751 € Summen: 2.962.187.987 € 1.609.480.255 € 4.611.571.917 € Anmerkung * Statistiken über das tatsächliche Investitionsvolumen werden nicht geführt. Das generierte Investitionsvolumen kann mit dem Faktor 1,5 – bezogen auf die bewilligten Zuwendungen – angenommen werden. Stand: Nov. 2011