Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8089 23. 02. 2016 1Eingegangen: 23. 02. 2016 / Ausgegeben: 21. 03. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass der von türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern getragene Verein „Bildungsinitiative Blautal“ in Ulm ein Gymnasium betreiben möchte? 2. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit sie die Gründung eines solchen Gymnasiums genehmigen bzw. es staatlich anerkennen kann? 3. Welche Informationen sind ihr über den Trägerverein „Bildungsinitiative Blau - tal“ bekannt (insbesondere über dessen Finanzierung und seine Verbindungen zu Vereinigungen und/oder Verbänden)? 4. Wie beurteilt sie dieses Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Integration, d. h. deren Förderung oder deren Gefährdung? 23. 02. 2016 Rivoir SPD Kleine Anfrage des Abg. Martin Rivoir SPD und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Das Projekt eines Gymnasiums in privater Trägerschaft in Ulm und seine Hintergründe Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8089 2 B e g r ü n d u n g Nach Medienberichten beabsichtigt der Verein „Bildungsinitiative Blautal“ die Gründung eines türkischen Gymnasiums in privater Trägerschaft in Ulm. Der Trägerverein soll der Gülen-Bewegung nahestehen, die in der Beurteilung von Experten ein streng konservatives Islambild vertritt, das zum Teil nicht mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sei. A n t w o r t Mit Schreiben vom 16. März 2016 Nr. 24-6461.13/4 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Ministerium für Integration die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass der von türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern getragene Verein „Bildungsinitiative Blautal“ in Ulm ein Gymnasium betreiben möchte? Der Verein „Bildungsinitiative Blautal“ hatte zunächst mit Datum vom 12. November 2014 einen Antrag auf Genehmigung eines privaten Gymnasiums „Alpha Privatgymnasium Ulm“ beim Regierungspräsidium Tübingen als zuständige Genehmigungsbehörde gestellt. Es waren Änderungen an den Schulcurricula erforderlich; der Antrag wurde zwischenzeitlich seitens der Antragsteller noch ergänzt bzw. – insbesondere im Hinblick auf die Schulcurricula – nachgebessert und befindet sich derzeit noch beim Regierungspräsidium in Bearbeitung. 2. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit sie die Gründung eines solchen Gymnasiums genehmigen bzw. es staatlich anerkennen kann? Die Genehmigungsvoraussetzungen ergeben sich aus dem Grundgesetz, der Verfassung des Landes Baden-Württemberg, dem Privatschulgesetz und der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz. Die Genehmigung einer privaten Ersatzschule ist zu erteilen, wenn die Schule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den bestehenden öffentlichen Schulen zurücksteht (Artikel 7 Abs. 4 GG, § 5 des Privatschulgesetzes – PSchG). Die räumliche Ausstattung sowie Lehr- und Anschauungsmittel müssen im Vergleich zu öffentlichen Schulen gleichwertig sein. Das pädagogische Konzept muss auf dem badenwürttembergischen Bildungsplan aufbauen. Die Höhe des Schulgelds darf nicht zu einer Sonderung der Schülerinnen und Schüler führen. Der Schulleiter muss die für die Tätigkeit persönliche Eignung besitzen (§ 8 PSchG). Die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte muss gewährleistet sein (Artikel 7 Abs. 4 GG, § 6 Abs. 2 PSchG). Nach § 6 Abs. 1 PSchG darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Unternehmer oder bei einer juristischen Person die Vertretungsberechtigten die für die verantwortliche Führung einer Schule erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8089 3. Welche Informationen sind ihr über den Trägerverein „Bildungsinitiative Blau - tal“ bekannt (insbesondere über dessen Finanzierung und seine Verbindungen zu Vereinigungen und/oder Verbänden)? Dem Regierungspräsidium liegen über den Trägerverein nur die nach dem Privatschulgesetz und der Vollzugsverordnung erforderlichen Unterlagen vor. Dies sind die Vereinssatzung, Registereintrag, Angaben zu den vertretungsberechtigten Mit - gliedern (Name, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Lebenslauf, Führungszeugnis). Zur Finanzierung des Vereins liegen keine spezifischen schriftlichen Angaben vor. Die Satzung des Vereins enthält die Angabe, dass der Verein seine Einkünfte aus „Mitgliederbeiträgen, Spenden von natürlichen oder juristischen Personen und sonstiger Unterstützung oder Förderung aller Art“ bezieht. Ferner wird ein Schulgeld erhoben. In einem Gespräch mit dem Leiter der geplanten Schule, einem Vertreter der Gründungsinitiative und dem Regierungspräsidium am 16. Februar 2016 zur weiteren Abklärung der Genehmigungsvoraussetzungen wurde unter anderem auch die Finanzierung angesprochen. Hier gab der Vertreter der Gründungsinitiative an, dass sog. Verpflichtungserklärungen von Privatpersonen existieren, die eine finanzielle Unterstützung der Privatschule zugesichert hätten. Die Verpflichtungserklärungen selbst liegen dem Regierungspräsidium noch nicht vor. Angebliche Verbindungen des Vereins mit der Gülen-Bewegung sind dem Kultusministerium nicht bekannt. Anhaltspunkte für eine solche Verbindung ergeben sich auch aus den beim Regierungspräsidium eingereichten Genehmigungsunterlagen nicht. Im Übrigen ist die Gülen-Bewegung kein Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz. 4. Wie beurteilt sie dieses Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Integration, d. h. deren Förderung oder deren Gefährdung? Sofern die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Grundgesetz, der Verfassung des Landes Baden-Württemberg, dem Privatschulgesetz und der Vollzugsverordnung vorliegen, besteht ein Anspruch auf Genehmigung. Aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen ist eine weitergehende Bewertung insoweit nicht vorzunehmen. Über diese Genehmigungsvoraussetzungen hinausgehende Gesichtspunkte der Integration können für sich genommen nicht zu einer Ablehnung des Genehmigungsantrags führen und sind daher vom Regierungspräsidium nicht zu prüfen. Die zuständigen Behörden werden – auch aufgrund in der Presse aufgeworfenen – Fragen hinsichtlich angeblicher problematischer Verflechtungen des Antragstellers mit der Gülen-Bewegung nachgehen. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach der Konzeption der geplanten Privatschule vorerst kein islamischer Religionsunterricht vorgesehen ist. Vielmehr werden sowohl evangelischer als auch katholischer Religionsunterricht angeboten. Ab Klasse 7 soll Ethik angeboten werden. Die Schule soll nach Angaben der Antragsteller Schülerinnen und Schülern jeglicher Nationalität offen stehen. Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport