Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8095 03. 03. 2016 1Eingegangen: 03. 03. 2016 / Ausgegeben: 06. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist es richtig, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss zur Besetzung der Stelle des Leiters der Verkehrspolizeidirektion im Polizeipräsidium Mannheim von „durchgreifenden rechtlichen Bedenken“ und „unzu - reichenden Beurteilungsräumen“ spricht sowie die Einschätzung des Innenministeriums bezüglich einem der Stellenbewerber als „eklatant“, „abenteuerlich und „auffallend“ ansieht? 2. Welche Rolle spielte der Inspekteur der Polizei D. W. bei den Beurteilungen der Stellenbewerber? 3. In welcher Form und mit welchem konkreten Wortlaut kommunizierte D. W. in dieser Sache mit dem Mannheimer Polizeipräsidenten T. K.? 4. Mit welchen konkreten Wortlauten hat Minister Gall in dieser Sache mit dem Inspekteur der Polizei D. W. kommuniziert? 5. Warum hat das Innenministerium aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 2014 zur Stellenbesetzung der Führungskräfte der Polizei nicht solche Konsequenzen gezogen, die eine weitere Niederlage vor dem Verwaltungsgericht mit Blick auf Beurteilungen und Stellenbesetzungsverfahren verhindert hätten? 6. Wie und mit welchen wortwörtlichen Wertungen von welchen Personen wurde das Verhalten von D. W. bei den Stellenbesetzungen, die jeweils vom Verwaltungsgericht Karlsruhe bemängelt wurden, sowie bei der Besetzung der Stelle des Polizeivizepräsidenten in Offenburg im Innenministerium aufgearbeitet? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Innenministeriums Wieder kritisiert das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Stellenvergabe durch das Innenministerium – Ist der Innenminis - ter gewillt, für ordnungsgemäße Stellenbesetzungs verfah ren zu sorgen? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8095 2 7. Welche Konsequenzen hat Innenminister Gall aus diesen Wertungen gezogen? 8. Auf welche Weise bzw. mit welchen Maßnahmen hat der Innenminister innerhalb und außerhalb seines Ministeriums deutlich gemacht, dass er für ordnungsgemäße Stellenbesetzungsverfahren sorgen will? 9. Wie begegnet der Innenminister dem Vorwurf, bei der Besetzung von bedeutenden Stellen bei der Polizei gehe es nicht um eine Bestenauslese, sondern um persönliche Befindlichkeiten des Ministers und einzelner anderer Personen? 02. 03. 2016 Dr. Rülke FDP/DVP B e g r ü n d u n g Bereits im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 2014 zur Besetzung von Präsidenten- und Vizepräsidentenstellen bei der Polizei wurde das Stellenbesetzungsverfahren des Innenministeriums scharf kritisiert. So wurde auf die förmliche Erstellung von Beurteilungen verzichtet. Dies machte eine Vergleichbarkeit der Bewerber unmöglich, wie das Gericht feststellte. Bei der Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Offenburg wurde dann bekannt, dass die Ausschreibungskriterien passgenau auf einen vom Innenministerium gewünschten Bewerber zugeschnitten wurden. So wurde beispielsweise auf die Anforderung „Einsatzerfahrungen“ verzichtet, weil man sonst einen bestimmten Bewerber „rauskicken“ würde, wie Medienberichte aus einer E-Mail des Inspekteurs der Polizei D. W. zitierten. Nun stellte erneut das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Medienberichten fest, dass ein Stellenbesetzungsverfahren durch das Innenministerium rechtswidrig erfolgte . Von „durchgreifenden rechtlichen Bedenken“ bis „unzureichenden Beurteilungszeiträumen “ berichtet die Rhein-Neckar-Zeitung. Und wieder wird auch das Verhalten des Inspekteurs der Polizei D. W. kritisiert. Er soll zu Ungunsten eines Bewerbers auf den Mannheimer Polizeipräsidenten T. K. eingewirkt haben. Angesichts dieser Häufung fragwürdigen Verhaltens ist eine parlamentarische Befassung erforderlich. Im Raum steht der Vorwurf, der Innenminister sei nicht gewillt, bestimmte Stellenbesetzungsverfahren rechtmäßig durchzuführen, da unter allen Umständen jeweils die Bewerbungen bestimmter Personen erfolgreich sein sollen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8095 A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. März 2016 Nr. 3-0300.0/46 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist es richtig, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss zur Besetzung der Stelle des Leiters der Verkehrspolizeidirektion im Polizeipräsidium Mannheim von „durchgreifenden rechtlichen Bedenken“ und „unzu - reichenden Beurteilungsräumen“ spricht sowie die Einschätzung des Innenministeriums bezüglich einem der Stellenbewerber als „eklatant“, „abenteuerlich und „auffallend“ ansieht ? Zu 1.: In dem Stellenbesetzungsverfahren, das dem angesprochenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zugrunde liegt, wurden für alle Bewerber, die über keine aktuelle Regelbeurteilung verfügten, Anlassbeurteilungen über einen Zeitraum von jeweils zwei Jahren erstellt. Dies entspricht beim Polizeivollzugdienst dem Zeitraum, den eine Regelbeurteilung umfasst. In seinem Beschluss beanstandet das Verwaltungsgericht allein den Zeitraum, den die Anlassbeurteilung des Antragstellers umfasste. Diese hätte aus Sicht des Verwaltungsgerichts nahtlos an dessen letzte Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2011 anknüpfen, mithin also nicht den Zeitraum 1. Februar 2013 bis 31. Januar 2015, sondern den Zeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Januar 2015 umfassen müssen. Im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe findet sich im Rahmen der rechtlichen Würdigung die folgende Passage: „Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Auswahlentscheidung des Antragsgegners durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Diese ergeben sich vorliegend daraus, dass der Auswahlentscheidung eine Anlassbeurteilung des Antragstellers zugrunde gelegt wurde, die sich auf einen unzureichenden Beurteilungszeitraum bezog.“ Hierzu ist anzumerken, dass es sich beim ersten Satz um eine bei stattgebenden Beschlüssen in Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz völlig gebräuchliche Formulierung handelt. Das Wort „eklatant“ taucht in dem Beschluss in folgender Passage auf: „Es ist auch nicht von vornherein unmöglich, dass eine Auswertung der Tätigkeit des Antragstellers in diesem Zeitraum Leistungen erkennen lässt, die eine Korrektur der Beurteilung seines aktuellen Leistungs- und Befähigungsstandes erfordern und letztendlich zu einer Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten führen. Zwar ist nach den vorliegenden jüngsten dienstlichen Beurteilungen ein eklatanter Eignungs - und Leistungsvorsprung des in der Gesamtbewertung um drei Notenstufen besser beurteilten Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller festzustellen. Auch verkennt die Kammer nicht, dass Erkenntnisse betreffend einen länger zurückliegenden Zeitraum für die Beurteilung des aktuellen Leistungs- und Befähigungsstandes regelmäßig von geringerem Gewicht sind. Der nach Auffassung der Kammer unzutreffend gewählte Beurteilungszeitraum betrifft jedoch die Beurteilung als Ganzes, sodass es der Kammer nicht obliegt zu prognostizieren, welche Auswirkungen die Einbeziehung des Zeitraums 1. Juli 2011 bis 31. Januar 2013 in die Beurteilung des Antragstellers auf den Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen haben wird.“ Die Worte „abenteuerlich“ und „auffallend“ sind in dem Beschluss nicht beinhaltet . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8095 4 2. Welche Rolle spielte der Inspekteur der Polizei D. W. bei den Beurteilungen der Stellenbewerber? 3. In welcher Form und mit welchem konkreten Wortlaut kommunizierte D. W. in dieser Sache mit dem Mannheimer Polizeipräsidenten T. K.? Zu 2. und 3.: Gemäß Nr. 5.1.2 der Verwaltungsvorschrift über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes (VwV-Beurteilung Pol) ist der Inspekteur der Polizei Endbeurteiler und Leiter der Beurteilungskonferenz für den höheren Polizeivollzugsdienst. Als solcher hat er gemäß Nr. 5.3 VwV-Beurteilung Pol das einheitliche Vorgehen bei der Beurteilung zu gewährleisten. Es ist insbesondere seine Aufgabe, die Beurteilungen mit den (Vor-)Beurteilern und gegebenenfalls mit den Beurteilungsberatern mit dem Ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Gesamturteile für seinen Zuständigkeitsbereich zu erreichen. Dies erfolgt bei Anlassbeurteilungen, für die nach der Verwaltungsvorschrift eine Beurteilungskonferenz nicht vorgesehen ist, im Rahmen von mündlichen oder fernmündlichen Abstimmungsgesprächen; so auch mit dem Polizeipräsidenten von Mannheim als Beurteiler des Antragstellers im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Über den Inhalt des Gesprächs bestehen keine Aufzeichnungen. 4. Mit welchen konkreten Wortlauten hat Minister Gall in dieser Sache mit dem Inspekteur der Polizei D. W. kommuniziert? Zu 4.: Eine Kommunikation zwischen dem Inspekteur der Polizei und dem Minister ist im Zusammenhang mit Beurteilungsverfahren nicht üblich und hat auch nicht stattgefunden. Für die Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens wurde der Hausspitze des Innenministeriums nach Abschluss der relevanten Beurteilungsverfahren ein schriftlicher Besetzungsvorschlag des Landespolizeipräsidenten unterbreitet . Dieser wurde vom Ministerialdirektor des Innenministeriums zustimmend zur Kenntnis genommen. 5. Warum hat das Innenministerium aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 2014 zur Stellenbesetzung der Führungskräfte der Polizei nicht solche Konsequenzen gezogen, die eine weitere Niederlage vor dem Verwaltungsgericht mit Blick auf Beurteilungen und Stellenbesetzungsverfahren verhindert hätten? Zu 5.: In seiner aktuellen Entscheidung rügt das VG Karlsruhe lediglich den Beurteilungszeitraum für eine Anlassbeurteilung. Dieser Gesichtspunkt spielte in dem Verfahren , das dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 2014 zur Stellenbesetzung der Führungskräfte der Polizei zugrunde lag, keinerlei Rolle. Die Frage des Beurteilungszeitraums für eine Anlassbeurteilung ist in der vorliegenden Konstellation im Übrigen bislang nicht abschließend gerichtlich geklärt. 6. Wie und mit welchen wortwörtlichen Wertungen von welchen Personen wurde das Verhalten von D. W. bei den Stellenbesetzungen, die jeweils vom Verwaltungsgericht Karlsruhe bemängelt wurden, sowie bei der Besetzung der Stelle des Polizeivizepräsidenten in Offenburg im Innenministerium aufgearbeitet? 7. Welche Konsequenzen hat Innenminister Gall aus diesen Wertungen gezogen? Zu 6. und 7.: D. W. war an den Entscheidungen über die Stellenbesetzungen, die dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 2014 zur Stellenbesetzung der Führungskräfte der Polizei zugrunde lagen, nicht beteiligt. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8095 Über die Besetzung der Stelle des Polizeivizepräsidenten beim PP Offenburg wurde noch nicht entschieden. Der Festlegung des Anforderungsprofils für die Stellenausschreibung lagen rein fachliche Überlegungen zugrunde. Nach der Rechtsprechung ist die Festlegung eines Anforderungsprofils bei der Besetzung eines Beförderungsdienstpostens Beschränkungen unterworfen. Die Vorgabe spezifischer , über die jeweilige Laufbahnbefähigung hinausgehender Eignungsanforderungen darf im Interesse der Gewährleistung des Leistungsgrundsatzes nur erfolgen , wenn diese zur Ausübung des konkret betroffenen Dienstpostens im Inte - resse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich sind. 8. Auf welche Weise bzw. mit welchen Maßnahmen hat der Innenminister innerhalb und außerhalb seines Ministeriums deutlich gemacht, dass er für ordnungsgemäße Stellenbesetzungsverfahren sorgen will? Zu 8.: Für den Innenmister sind ordnungsgemäße Stellenbesetzungsverfahren selbstverständlich . 9. Wie begegnet der Innenminister dem Vorwurf, bei der Besetzung von bedeutenden Stellen bei der Polizei gehe es nicht um eine Bestenauslese, sondern um persönliche Befindlichkeiten des Ministers und einzelner anderer Personen? Zu 9.: Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Stellenbesetzungsverfahren einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Gall Innenminister