Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8098 08. 03. 2016 1Eingegangen: 08. 03. 2016 / Ausgegeben: 08. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Werden die derzeitigen Regelungen für den sozialen Wohnungsbau in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen als ausreichend angesehen und falls nicht, wie sollen diese weiterentwickelt werden? 2. Welche Pläne hat sie speziell im Hinblick auf die Förderung von Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen und Flüchtlinge? 3. Inwieweit wird der soziale Wohnungsbau im ländlichen Raum dabei in den Fokus genommen? 4. Ist angedacht, die im Zusammenhang mit der Konversion von Komplexeinrichtungen der Behindertenhilfe frei werdenden Gebäude und freie Grundstücke (Baulücken) zur Schaffung von Wohnraum oder zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen und wenn ja, in welcher Form und zu welchen Kon - ditionen? 5. Welche Fördermöglichkeiten stehen hierfür allgemein zur Verfügung? 6. Plant sie, speziell für Kommunen, die die frei werdenden Flächen und Gebäude der Komplexeinrichtungen nutzen wollen, Förderprogramme anzuwenden bzw. neu zu schaffen? 7. Welche Maßnahmen plant sie im Einzelnen, um die Komplexträger und die Kommunen in ihren Dezentralisierungsbemühungen zu unterstützen – auch unter Einbeziehung der Angabe, inwieweit Planungen zur Quartierentwicklung eine Rolle spielen? 8. Welche Mittel will sie künftig insgesamt für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bereitstellen? 03. 03. 2016 Locherer CDU Kleine Anfrage des Abg. Paul Locherer CDU und Antwort des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Möglichkeiten beim sozialen Wohnungsbau Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8098 2 B e g r ü n d u n g Landauf, landab fehlen Wohnungen. Durch die Umwandlung von Komplexeinrichtungen könnte im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus Wohnraum geschaffen werden. Hierzu bedarf es jedoch der Flexibilisierung vorhandener Förderprogramme . So könnten vorhandene Strukturen sinnvoll und ressourcenschonend umgenutzt werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 30. März 2016 Nr. 6-2700.2/578 beantwortet das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und dem Ministerium für Länd - lichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Werden die derzeitigen Regelungen für den sozialen Wohnungsbau in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen als ausreichend angesehen und falls nicht, wie sollen diese weiterentwickelt werden? Zu 1.: Die Landesregierung sieht die Regelungen, die das Landeswohnraumförderungsprogramm 2015/2016 zur sozial orientierten Wohnraumförderung vorsieht, als ausreichend an, um die gesetzten Ziele zu erreichen. 2. Welche Pläne hat sie speziell im Hinblick auf die Förderung von Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen und Flüchtlinge? Zu 2.: Für die Förderung von Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen stehen im Programmjahr 2016 115 Mio. Euro bereit. Hiervon entfallen über 90 Mio. Euro auf die Förderung von Mietwohnraum. Zum 2. Januar 2015 wurde das Förderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ als zweite Säule der Wohnraumförderung im Land aufgelegt. Ziel ist die Schaffung neuen Wohnraums für die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge in den Gemeinden Baden-Württembergs. Mit dem Zweiten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2015/2016 werden für das Förderjahr 2016 hierfür 30 Mio. Euro Bewilligungsvolumen zur Verfügung gestellt . Zusätzlich werden 60 Mio. Euro Verpflichtungsermächtigungen bereitgestellt , die im Jahr 2017 und im Jahr 2018 jeweils in Höhe von 30 Mio. Euro in Anspruch genommen werden können. 3. Inwieweit wird der soziale Wohnungsbau im ländlichen Raum dabei in den Fokus genommen? Zu 3.: Das Förderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ sowie die Förderung zur Bildung von Wohneigentum nach dem Landeswohnraumförderungsprogramm werden bereits landesweit angeboten. Die Gebietskulisse des Landeswohnraumförderungsprogramms im Bereich in der allgemeinen sozialen Mietwohnraumförderung ist dagegen derzeit auf Bedarfszentren begrenzt. Im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum werden im Förderschwerpunkt Wohnen die Modernisierung und der Neubau von Wohnungen ebenso gefördert wie die Umnutzung leerstehender und brachliegender Bausubstanz zu Wohnungen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8098 4. Ist angedacht, die im Zusammenhang mit der Konversion von Komplexeinrichtungen der Behindertenhilfe frei werdenden Gebäude und freie Grundstücke (Baulücken) zur Schaffung von Wohnraum oder zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen und wenn ja, in welcher Form und zu welchen Konditionen. Zu 4.: Gebäude und Grundstücke am Zentralstandort von Einrichtungen der Behindertenhilfe sind regelmäßig Eigentum der Einrichtungsträger. Daher ist über deren Nutzung von den Eigentümern zu entscheiden. Es gelten die allgemeinen Fördertatbestände und Konditionen der Programme. 5. Welche Fördermöglichkeiten stehen hierfür allgemein zur Verfügung? Zu 5.: Sowohl nach dem Landeswohnraumförderungsprogramm als auch auf der Grundlage des Programms „Wohnraum für Flüchtlinge“ sind Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen ebenso förderfähig wie die Umwandlung von Räumen, die bisher anderen als Wohnzwecken dienten, soweit damit neuer Wohnraum geschaffen wird. Für unbebaute Grundstücke kommt die Förderung zur Errichtung neuen Wohnraums in Betracht, wenn neben den förderrechtlichen auch die baurecht - lichen Voraussetzungen erfüllt sind. 6. Plant sie, speziell für Kommunen, die die frei werdenden Flächen und Gebäude der Komplexeinrichtungen nutzen wollen, Förderprogramme anzuwenden bzw. neu zu schaffen. Zu 6.: Der Schaffung neuer Förderprogramme zur Regelung dieser Fallgestaltung wird als nicht erforderlich angesehen. Die Gemeinden bzw. kommunale Wohnungsgesellschaften können als Antragsteller die dargestellten Förderangebote nutzen. 7. Welche Maßnahmen plant sie im Einzelnen, um die Komplexträger und die Kommunen in ihren Dezentralisierungsbemühungen zu unterstützen – auch unter Einbeziehung der Angabe, inwieweit Planungen zur Quartierentwicklung eine Rolle spielen? Zu 7.: Auf der Grundlage des sog. Gültstein-Prozesses und aufgrund des Wunsches nach Koordinierung und Moderation der an einem Dezentralisierungsprozess beteiligten Akteure – neben den Trägern, den Standortkommunen der Komplexeinrichtungen sowie den Stadt- und Landkreisen als Leistungsträgern auch die Sozialverbände und Selbsthilfeverbände der Menschen mit Behinderung – ist das Sozialministerium initiativ geworden: Es wurde ein Verfahrensvorschlag für ein jeweils an einer Komplexeinrichtung orientiertes, regionales Vorgehen vorgelegt und der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und der freien Wohlfahrtspflege (LAGÖFW) sowie ihren Mitgliedsverbänden (Liga-Verbände der freien Wohlfahrtspflege , Kommunalverband Jugend und Soziales [KVJS], Städtetag Baden- Württemberg und Landkreistag Baden-Württemberg), aber auch dem Landes-Behindertenbeauftragten und Landes-Behindertenbeirat sowie den Initiativen der Regionalen Träger und Komplexträger vorgestellt: 1. Säule: Mit der Förderung sog. Wirkungsanalysen bietet das Land den Standortgemeinden und Standortkreisen von Komplexträgern an, die konkreten Auswirkungen der Dezentralisierung weg vom Zentralstandort auf die kommunale Infrastruktur professionell untersuchen zu lassen. Soweit sich tatsächlich signifikante Nachteile der Dezentralisierung belegen lassen, bietet das Land den betreffenden Gemein- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8098 4 den bzw. Kreisen eine Chancenanalyse an. Dabei können konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der mit der Dezentralisierung zusammenhängenden Herausforderungen entwickelt werden. 2. Säule: Mit der Förderung sog. Regionaler Entwicklungskonferenzen Dezentralisierung (RED) soll der Dezentralisierung von Komplexstandorten unter Einbeziehung der sozialplanerischen Rahmenbedingungen eine geordnete Struktur gegeben werden. An den RED sollen insbesondere die Träger und die Standortkommunen der Komplexeinrichtungen beteiligt sein. Auch Vertreter der Menschen mit Behinderungen und die kommunalen Behindertenbeauftragten müssen beteiligt werden. Sowohl die Initiativen der Träger als auch Städtetag und Landkreistag als wesentlich Beteiligten haben mitgeteilt, dass das Zwei-Säulen-Konzept von ihren Mitgliedern grundsätzlich wohlwollend aufgenommen worden sei. Allerdings haben die Landkreise ihre endgültige Positionierung zunächst noch zurückgestellt. Sie wollen die Ergebnisse einer vom KVJS anhand der Sozial- und Teilhabeplanungen der Stadt- und Landkreise durchgeführten sog. Situationsanalyse bewerten. Die Situationsanalyse ist ein eigenständiges Projekt des KVJS und soll dazu dienen , die Sozial- und Teilhabeplanungen aller 44 Stadt- und Landkreise zusammenzuführen . Von der Situationsanalyse erwarten sich die Landkreise nach Mitteilung des Landkreistags ein Gesamtbild über die Bestands- und Bedarfssituation in Baden-Württemberg. Erst nach Abschluss der Situationsanalyse sehen sich die Landkreise in der Lage, zu beurteilen, welche weiteren Schritte aus ihrer Sicht erforderlich sind. Das Sozialministerium könnte nach erfolgter Zustimmung die ersten beiden RED alsbald beauftragen. Die RED böten den geeigneten Rahmen, nicht nur Planungen zur Quartierentwicklung, sondern auch zur Sozialraumvernetzung zu diskutieren. 8. Welche Mittel will sie künftig insgesamt für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bereitstellen? Zu 8.: Zur Ausstattung des Landeswohnraumförderungsprogramms sowie des Förderprogramms „Wohnraum für Flüchtlinge“ stehen bereits im Jahr 2016 insgesamt über 205 Mio. Euro an Fördermittel für investive Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnraumsituation bereit. Davon entfallen jeweils rd. 90 Mio. Euro, somit insgesamt über 180 Mio. Euro auf Maßnahmen zur Förderung von Mietwohnraum . Die Entscheidung über die finanzielle Ausgestaltung des sozialen Wohnungsbaus in den Jahren 2017 ff. trifft der Haushaltsgesetzgeber. Die Antwort ist mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Ver - braucherschutz abgestimmt. In Vertretung Rebstock Ministerialdirektor