Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8103 23. 03. 2016 1Eingegangen: 23. 03. 2016 / Ausgegeben: 20. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Gefahren für landwirtschaftliche Nutztiere können im Rahmen der Grünlandwirtschaft vom Wasserkreuzkraut ausgehen? 2. Welche Möglichkeiten bestehen zur Bekämpfung des Wasserkreuzkrauts, insbesondere in welchem Umfang können Pflanzenschutzmittel zum Einsatz gebracht werden? 3. Welche Kosten entstehen bei der Entsorgung von beseitigtem Wasserkreuzkraut und wer hat diese zu tragen? 4. Ist nach ihrer Einschätzung im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie der bei der Bekämpfung des Wasserkreuzkrauts oder vergleichbarer Unkräuter den Verpflichteten entstehende Aufwand in angemessener Weise abgegolten? 5. Was gedenkt sie speziell in der Region Wurzacher Ried zu unternehmen, um der dort zunehmend unkontrollierten Verbreitung des Wasserkreuzkrauts Herr zu werden? 21. 03. 2016 Locherer CDU Kleine Anfrage des Abg. Paul Locherer CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wasserkreuzkraut auf Landschaftspflegeflächen im Wurzacher Ried Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8103 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 14. April 2016 Nr. Z(23)-0141.5/618 F beantwortet das Minis terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Gefahren für landwirtschaftliche Nutztiere können im Rahmen der Grünlandwirtschaft vom Wasserkreuzkraut ausgehen? Zu 1.: Wasserkreuzkraut ist aufgrund der enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide (PA) hoch giftig für Raufutterfresser. Da die PAs durch Konservierung nicht abgebaut werden , bleibt ihre Giftigkeit auch in Heu und Silage erhalten. Bei Aufnahme von Kreuzkraut-haltigem Futter reichern sich die PAs in der Leber an und führen – je nach Aufnahmemenge – zu Krankheit oder schlimmstenfalls zum Tod des Tieres. Aufgrund der Anreicherung der Giftstoffe infolge ihrer Nichtabbaubarkeit im Tierkörper sind auch geringe Aufnahmemengen an Wasserkreuzkraut zu verhindern , da sie auf längere Zeitdauer das Tier schädigen können. Zwar könnte möglicherweise davon ausgegangen werden, dass Weidetiere in - stinktiv oder durch Lernprozesse die Aufnahme von Kreuzkräutern vermeiden, bei Vorlage von geschnittenem Futter ist ein Aussortieren jedoch nicht möglich. 2. Welche Möglichkeiten bestehen zur Bekämpfung des Wasserkreuzkrauts, insbesondere in welchem Umfang können Pflanzenschutzmittel zum Einsatz gebracht werden? Zu 2.: Grasnarbenlücken und eine Veränderung der Nutzungsintensität erhöhen das Risiko des Aufkommens bzw. der Ausbreitung von Wasserkreuzkraut. Insbesondere bei hängigen Flächen und beweidetem Grünland ist auf eine Grasnarben-schonende Bewirtschaftungsweise zu achten. Bei Flächen mit einem geringen Anfangsbefall sollte Wasserkreuzkraut einzeln mit den Wurzeln ausgestochen und von der Fläche entfernt werden. Nach derzeitigem Erkenntnisstand gibt es zur Eindämmung von Wasserkreuzkraut bei hohem Befall keine nachhaltig effiziente Methode . Bei hoher Wasserkreuzkraut-Besatzdichte werden folgende Maßnahmen empfohlen : 1. Mehrmaliger Schnitt zur Blüte mit dem Ziel, das Aussamen zu verhindern und dauerhaft zu schwächen. 2. Verringerung der Nutzungshäufigkeit auf einen Schnitt jährlich im Herbst (Konkurrenzdruck auf Wasserkreuzkraut durch beschattende Gräser) und Ausstechen blühender Wasserkreuzkraut-Pflanzen (Verhinderung des Aussamens). 3. Sofern es sich nicht um Naturschutzflächen handelt und keine anderweitigen Auflagen bestehen, ist eine Herbizidbehandlung mit anschließender Nachsaat einer Grünlandmischung möglich. Damit werden aber alle zweikeimblättrigen Pflanzen beseitigt. Durch die hierdurch verursachten Lücken besteht ein hohes Risiko einer Neukeimung von Wasserkreuzkraut aus der Bodensamenbank. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Maßnahmen 1 und 2 nachhaltiger. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8103 3. Welche Kosten entstehen bei der Entsorgung von beseitigtem Wasserkreuzkraut und wer hat diese zu tragen? Zu 3.: Die Kosten der Beseitigung variieren naturgemäß je nach der Menge der zu beseitigenden Aufwüchse. Eine Entsorgung ist grundsätzlich auf folgende Weise möglich: • Einspeisung in Biogasanlagen: Große Mengen an Grünlandaufwüchsen sind in Biogasanlagen nicht unbedingt zu verwerten, weil das Material aufgrund des meist hohen Rohfaseranteils nur schwer rührfähig ist und die Effizienz der Biogasausbeute maßgeblich verschlechtert. • Kompostierung: Große Mengen an Grünlandaufwüchsen lassen sich eher schlecht kompostieren. Lokale Wertstoffhöfe nehmen teilweise Wasserkreuzkraut -haltiges Material ab. Es ergeben sich Kosten von 60 €/t netto bei Selbstanlieferung bzw. für einen 7 bis 10 m³ Container 74 € netto. • Verbrennung: Allerdings gibt es nur sehr wenige für große Mengen geeignete Anlagen. Im Landkreis Ravensburg werden Kleinstmengen (einzelne Abfallsäcke ) mit ausgestochenem Kreuzkraut unentgeltlich verbrannt. Die Entsorgung größerer Mengen kostet bis zu 125,60 €/t. Hinzu kommen Transportkosten. Die Kosten sind in der Regel vom Bewirtschafter zu tragen. 4. Ist nach ihrer Einschätzung im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie der bei der Bekämpfung des Wasserkreuzkrauts oder vergleichbarer Unkräuter den Verpflichteten entstehende Aufwand in angemessener Weise abgegolten? Zu 4.: Je nach Besatzstärke an Wasserkreuzkraut wird für die Einzelpflanzenbekämpfung eine Zeitdauer von bis zu zehn Arbeitskraftstunden je Hektar erforderlich sein. Saatmaßnahmen zur Schließung der entstandenen Lücken werden in der Regel im vierbis fünfjährigem Turnus erforderlich und kosten bei Verwendung von landwirtschaftlichem Saatgut und den entsprechenden Geräten bis zu etwa 270 €/ha. In FFH-Gebieten oder auf LPR-Flächen wird gegebenenfalls die Verwendung von speziellem gebietsheimischem Saatgut notwendig, wodurch sich die Kosten der Maßnahmen beträchtlich erhöhen können. Bei der Berechnung der Sätze nach Anhang I der Landschaftspflegerichtlinie wird der Mehraufwand an Arbeit bzw. der Minderertrag gegenüber einer nicht reglementierten Nutzung kalkuliert. Eine Beseitigung oder besondere Behandlung von Giftpflanzen und Neophyten ist dort nicht mit eingerechnet, da das Vorkommen bzw. die Ausbreitung dieser Arten nicht regelmäßig mit der naturschutzkonformen Bewirtschaftung verbunden ist. In Einzelfällen, in denen die Ausbreitung solcher Arten insbesondere auf Naturschutzflächen durch Naturschutzmaßnahmen gefördert wird (z. B. Jakobskreuzkraut auf extensiv beweideten Flächen oder Indisches Springkraut auf spät ge - mähten Streuwiesen), können Bekämpfungsmaßnahmen separat finanziell unterstützt werden. 5. Was gedenkt sie speziell in der Region Wurzacher Ried zu unternehmen, um der dort zunehmend unkontrollierten Verbreitung des Wasserkreuzkrauts Herr zu werden? Zu 5.: Aufgrund der Ausbreitung des Wasserkreuzkrauts und des noch geringen Kenntnisstandes hinsichtlich einer effizienten und nachhaltigen Wasserkreuzkraut-Eindämmung ist eine wissenschaftliche Untersuchung durch das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in Zusammenarbeit mit dem Natur- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8103 4 schutzzentrum Bad Wurzach, dem örtlichen Landschaftserhaltungsverband und dem Landratsamt Ravensburg geplant. Ortsbegehungen und Besprechungen sind bereits im Jahr 2015 erfolgt. Die Untersuchung findet in Zusammenarbeit mit einem betroffenen Landwirt statt und startet im Frühjahr 2016. Geplant ist eine Versuchslaufzeit von fünf bis zehn Jahren. Die Untersuchung dient der Überprüfung der aktuellen Empfehlungen; erste aussagekräftige Ergebnisse hieraus sind aber erst nach drei Versuchsjahren zu erwarten. Auf Praxisschlägen werden derzeit parallel verschiedene Maßnahmen von Landwirten erprobt, die vom Landschaftserhaltungsverband begleitet werden. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz