Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8105 24. 03. 2016 1Eingegangen: 24. 03. 2016 / Ausgegeben: 26. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Sind ihr Fälle der Müllentsorgung von Müll aus Baden-Württemberg im Ausland bekannt, bei denen die hohen Standards inländischer Müllentsorgung nicht erfüllt sind? 2. Liegen ihr Erkenntnisse vor, dass gegen ein Vorarlberger Abfallentsorgungs - unternehmen Strafanzeige wegen illegaler Mülldeponierung erstattet wurde? 3. Handelt es sich hierbei nach ihrer Kenntnis um ein Unternehmen, bei dem auch Biomüll aus Baden-Württemberg verarbeitet wird? 4. Sind bei der illegalen Müllentsorgung nach ihrer Kenntnis auch Störstoffe aus der Biomüllentsorgung aus Baden-Württemberg dabei? 5. Sind bei Bestätigung der Vorwürfe die Grundlagen für die Notifizierung des Müllexports noch erfüllt? 24. 03. 2016 Locherer CDU Kleine Anfrage des Abg. Paul Locherer CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Müllexport aus Baden-Württemberg ins Ausland Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8105 2 B e g r ü n d u n g Den „Vorarlberger Nachrichten“ ist zu entnehmen, dass das Land Vorarlberg einem Lustenauer Abfallverwerter die unerlaubte Deponie von Kunststoffmüll vorwirft und Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet habe. Die Kleine An - frage soll klären, ob es sich dabei auch um Rest- bzw. Störstoffe aus der Biomüllverwertung aus Baden-Württemberg handelt. A n t w o r t Mit Schreiben vom 19. April 2016 Nr. 25-8982.12/80 beantwortet das Ministe - rium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Sind ihr Fälle der Müllentsorgung von Müll aus Baden-Württemberg im Ausland bekannt, bei denen die hohen Standards inländischer Müllentsorgung nicht erfüllt sind? Dem Umweltministerium sind keine Fälle bekannt, in denen notifizierte Abfälle in Abfallbehandlungsanlagen im Ausland unsachgemäß entsorgt wurden. Ein wichtiges Prüfkriterium des Notifizierungsverfahrens ist das Vorliegen der Qualität der Verwertung in der ausländischen Verwertungsanlage, insbesondere, ob die Anlage mit den Standards des EU-Sekundärrechts übereinstimmt. Ein darüber hinaus gehender Verwertungsstandard in Deutschland kann dabei nicht berücksichtigt werden, wenn für die betreffende Abfallverwertung EU-weit geltende, einheitliche Standards gelten, die auch im Bestimmungsland umgesetzt sind. Ein davon zu unterscheidender Fall ist, wenn Abfälle ins Ausland verbracht wurden , ohne dass die dafür notwendigen Verfahren nach der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (VVA) bzw. dem deutschen Abfallverbringungsgesetz (AbfVerbrG) durchgeführt wurden. In diesem Fall ist eine Rückholung der Abfälle verpflichtend, wenn dies vom Empfängerland verlangt wird. Handlungs- und kostenpflichtig ist der Exporteur/ Notifizierende. Ist kein an der Verbringung Beteiligter greifbar oder leistungsfähig , dann ist es Aufgabe der Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH (SAA) in Fellbach, die Abfälle zurück zu holen und ordnungsgemäß zu entsorgen . Laut Länderverwaltungsvereinbarung kann die SAA die dabei entstehenden Kosten nach Abschluss der Rückholung und ordnungsgemäßen Entsorgung der Abfälle nach dem „Königsteiner Schlüssel“ bei den anderen Ländern geltend machen. 2. Liegen ihr Erkenntnisse vor, dass gegen ein Vorarlberger Abfallentsorgungsunternehmen Strafanzeige wegen illegaler Mülldeponierung erstattet wurde? Der Presseberichterstattung (Europaticker vom 1. April 2016) ist zu entnehmen, dass auf dem Betriebsgelände eines Vorarlberger Abfallentsorgungsunternehmens (Firma H. GmbH in A-L.) Mitte März 2016 illegal entsorgte Abfälle (Siebreste aus der Kompostierungsanlage) entdeckt wurden, die wohl in den Jahren 2005 bis 2013 dort abgelagert wurden. Im Rahmen nachfolgender Erkundungen wurden weitere illegal entsorgte Abfälle (ca. 40 Tonnen Altbatterien und Lacke, die wohl aus der Restmüllsortierung stammen) aufgefunden. Wegen dieser Vorgänge erging Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft . Zudem erstattete die Firma H. GmbH nach Bekanntwerden der Vorfälle Selbstanzeige. Laut des für die Notifizierung zuständigen Ministeriums wurden seitens der zuständigen Strafverfolgungsbehörde und der zuständigen Verwaltungsbehörde Ermittlungen zu den Zuständen auf dem Gelände des Vorarlberger Entsorgungs - unternehmens eingeleitet. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8105 3. Handelt es sich hierbei nach ihrer Kenntnis um ein Unternehmen, bei dem auch Biomüll aus Baden-Württemberg verarbeitet wird? Der Landkreis Ravensburg hat in 2014 die Verwertung der ab 1. Januar 2016 im eigenen Kreisgebiet getrennt zu erfassenden Bioabfälle ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Bietergemeinschaft Firma F. R. GmbH in L. und Firma H. GmbH in L. Die Verwertung der getrennt erfassten Bioabfälle des Landkreises Ravensburg erfolgt seit Januar 2016 in der Bioabfallvergärungsanlage der Firma H. GmbH in A-L. 4. Sind bei der illegalen Müllentsorgung nach ihrer Kenntnis auch Störstoffe aus der Biomüllentsorgung aus Baden-Württemberg dabei? Die Vorgänge der illegalen Entsorgung von Abfällen auf dem Betriebsgelände der Firma H. GmbH in A-L. fanden nach bisherigen Kenntnissen in den Jahren 2005 bis 2013 statt. Die Bioabfälle des Landkreises Ravensburg werden erst seit Januar 2016 zu dieser Firma verbracht (vgl. Ziff. 3). Eine Abfrage bei den unteren Abfallrechtsbehörden und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern im Regierungsbezirk Tübingen sowie der SAA ergab, dass es – außer der Verbringung der Bioabfälle aus dem Landkreis Ravensburg – keine vergleichbaren Notifizierungen zur Firma H. GmbH in A-L. gab und gibt. Demzufolge wurden nach unserer Kenntnis keine Störstoffe aus der Biomüllentsorgung aus Baden-Württemberg bei der Firma H. GmbH entsorgt. 5. Sind bei Bestätigung der Vorwürfe die Grundlagen für die Notifizierung des Müllexports noch erfüllt? Nach § 24 a des österreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG 2002)1 bedarf, wer Abfälle sammelt oder behandelt einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Der Antrag muss unter anderem Angaben über die Art der Abfälle, die gesammelt oder behandelt werden sollen und eine verbale Beschreibung der Art der Sammlung oder Behandlung der Abfälle enthalten, einschließlich einer Darlegung, dass die Sammlung und Behandlung der Abfälle umweltgerecht, sorgfältig und sachgerecht erfolgt und dass die öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden. Es werden auch Angaben über die Verlässlichkeit verlangt. Insbesondere ist ein aktueller Strafregisterauszug und Verwaltungsstrafregisterauszug oder Bestätigung der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde vorzulegen. Örtlich zuständige Behörde für eine Erlaubnis zur Behandlung von Abfällen ist der Landeshauptmann, in dessen Bundesland der Abfallbehandler seinen Sitz hat. In § 25 a (3) AWG 2002 ist geregelt: „Verlässlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, dass sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verlässlich gilt eine Person, 1. der die Erlaubnis als Sammler oder Behandler von Abfällen oder als abfallrechtlicher Geschäftsführer (§ 26) innerhalb der letzten fünf Jahre entzogen wurde, _____________________________________ 1 Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), BGBl. I Nr. 102 geändert durch BGBl. I Nr. 43/2004, BGBl. I Nr. 151/2004, BGBl. I Nr. 155/2004, BGBl. I Nr. 181/2004, BGBl. I Nr. 34/2006, BGBl. I Nr. 16/2007, BGBl. I Nr. 43/ 2007, BGBl. I Nr. 54/2008, BGBl. I Nr. 115/2009, BGBl. I Nr. 9/2011, BGBl. I Nr. 35/2012, BGBl.I Nr. 97/2013, BGBl. I Nr. 103/2013, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 193/2013 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8105 4 2. die dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der GewO 1994, des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215, oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften bestraft worden ist, solange die Strafen noch nicht getilgt sind; nicht einzubeziehen sind dabei geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften.“ Liegen die Voraussetzungen für die Erlaubnis nicht mehr vor und können auch durch nachträgliche Bedingungen und Auflagen nicht hergestellt werden, dann ist die Erlaubnis zu entziehen. Es ist der zuständigen Verwaltungsbehörde unbenommen, schon während laufender Strafverfahren die Verlässlichkeit zu prüfen, ob eine Entziehung der Erlaubnis in Betracht kommt. Eine Notifizierung von Abfällen aus Baden-Württemberg an einen Abfallbehandler , der eine Erlaubnis besitzt, ist nicht mehr rechtens, wenn ein Verwaltungsbescheid zum Entzug der Erlaubnis ergangen ist. Die Notifizierungsbehörden überprüfen sowohl die Zuverlässigkeit des Notifizierenden als auch die des Empfängers (die Entsorgungsanlage). Einen Einwandgrund stellt eine rechtskräftige Verurteilung wegen umweltrechtlicher Verstöße dar oder wiederholte Verstöße gegen die Vorschriften der VVA zur Handhabung von Begleitformularen (insbes. Verbringungsankündigung, Empfangsbestätigung, Entsorgungsbescheinigung), ohne dass es hier einer Verurteilung bedarf. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft