Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 8107 31. 03. 2016 1Eingegangen: 31. 03. 2016 / Ausgegeben: 28. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Was unternimmt sie, um die geplante Schließung des Zollamts Bargen zu verhindern ? 2. Welche Bedeutung hat aus ihrer Sicht die Zollabfertigung am Zollamt Bargen für die regionale Wirtschaft? 3. Welche Umwege und Wartezeiten entstehen für die regionale Wirtschaft und die Bevölkerung durch die Schließung des Zollamts Bargen? 31. 03. 2016 Rombach CDU B e g r ü n d u n g Über das Zollamt Bargen verläuft ein reger wirtschaftlicher Austausch. Jeden Tag werden rund 400 Lkw abgefertigt. Die regionale Wirtschaft ist zu einem großen Teil auf grenzüberschreitende Geschäfte angewiesen. Würde das Zollamt Bargen geschlossen, entstehen lange Umwege z. B. für Handwerker, die auf der anderen Seite der Grenze Aufträge ausführen. Die Wartezeiten am jetzt schon überlasteten Zollamt Thayingen würden sich noch weiter verlängern. Ohne das Zollamt Bargen würde die Wirtschaft in der Grenzregion wesentlich geschwächt. Kleine Anfrage des Abg. Karl Rombach CDU und Antwort des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Zollamt Bargen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8107 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. April 2016 Nr. 3-Z040.3/8 beantwortet das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft in Abstimmung mit dem Staatsministerium die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Was unternimmt sie, um die geplante Schließung des Zollamts Bargen zu verhindern ? Die Schweizerische Regierung plant unter anderem auch wegen der Folgen des „Frankenschocks“ ein finanzielles „Stabilisierungsprogramm 2017 bis 2019“, um die Ausgaben der Bundesverwaltung zu stabilisieren. Aufgrund der Einsparvorgaben wurde unter anderem die Schließung bzw. Zusammenlegung von Zollstellen an allen Außengrenzen der Schweiz vorgeschlagen. Betroffen ist auch das Zollamt Bargen. Über die vorgeschlagenen Maßnahmen wurde bis zum 18. März 2016 eine Vernehmlassung (Anhörung) durchgeführt. Die Landesregierung hat sich mit Nachdruck sowohl bei den zuständigen Schweizer Stellen wie auch bei dem der deutschen Zollverwaltung und dem für Zollfragen zuständigen Bundesfinanzministerium dafür eingesetzt, dass das Zollamt Bargen nicht geschlossen wird. Im Rahmen der Internationalen Bodenseekonferenz haben sich alle Bodenseeanrainerländer und -kantone an der Vernehmlassung beteiligt und sich gegen eine Schließung der Zollstellen Bargen und Romanshorn ausgesprochen. Herr Minister Friedrich hat sich zunächst mit Schreiben vom 11. November 2015 an die Schweizerische Botschafterin in Berlin gewandt, um Auskunft gebeten und auf die Probleme bei einer Schließung des Zollamts Bargen hingewiesen. Herr Minister Friedrich hat sich sodann mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 an Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf und mit Schreiben vom 20. Januar 2016 an Herrn Bundesrat Maurer, den neuen Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements , gewandt und darum gebeten, auf eine Schließung von Zollstellen an der Grenze zu Baden-Württemberg zu verzichten. Die Bundesfinanzdirektion Südwest wurde mit Schreiben des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur vom 23. Oktober 2015 darum gebeten, als Mitglied der gemischten Kommission Deutschland-Schweiz für grenzüberschreitende Straßen fragen darauf hinzuwirken, dass das Zollamt Bargen offen bleibt. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hat mit Schreiben vom 1. April 2016 den Leiter der Zollabteilung im Bundesfinanzministerium darum gebeten, sich bei seinen Schweizer Kollegen für das Anliegen eines Verzichts auf die Schließung der Zollstelle Bargen einzusetzen. Des Weiteren hat Frau Regierungspräsidentin Schäfer sich ebenfalls an den Leiter der Zollabteilung im Bundesfinanzministerium gewandt und dabei auch auf die Situation hingewiesen, dass die Schließung von Zollstellen erhebliche Auswirkungen auf die Grenzregion habe. Die Internationale Bodenseekonferenz, deren Mitglied das Land ist, hat sich mit einem gemeinsamen Schreiben vom 17. März 2016 in das eidgenössische Vernehmlassungsverfahren eingebracht und dringend an Herrn Bundesrat Maurer appelliert , die Zollstellen Bargen und Romanshorn offen zu lassen. In dem Schreiben wird dieses Anliegen ausführlich begründet. Darüber hinaus sind der Landesregierung weitere Eingaben beispielsweise der Hochrheinkommission, der Randenkommission oder des Regionalverbands Schwarz wald-Baar-Heuberg gegen die Schließung von Zollstellen bekannt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8107 2. Welche Bedeutung hat aus ihrer Sicht die Zollabfertigung am Zollamt Bargen für die regionale Wirtschaft? 3. Welche Umwege und Wartezeiten entstehen für die regionale Wirtschaft und die Bevölkerung durch die Schließung des Zollamts Bargen? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Nach einer dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft vorliegenden gemein - samen Stellungnahme der IHKs Schwarzwald-Baar-Heuberg, Hochrhein-Bodensee und Reutlingen hätte eine Schließung des Zollamts Bargen erhebliche nega - tive wirtschaftliche Auswirkungen auf Industrie, Handwerk, Handel, Zolldienstleister und das Transportgewerbe, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz. Die Schließung des Zollamts Bargen wäre für die Zolldienstleister vor Ort mit gravierenden Einschnitten verbunden. Dadurch gingen Arbeitsplätze verloren, liefen vorangegangene Standortinvestitionen der Zolldienstleister ins Leere und entfielen kurze Wege sowie flexible Abwicklungen. Die große wirtschaftliche Bedeutung des Zollamts Bargen belegen die Abfertigungszahlen beim Zollamt Neuhaus auf deutscher Seite. Hier werden nach der gemeinsamen Stellungnahme der IHKs monatlich über 4.350 Lkw-Fahrten ein - schließlich Leerfahrten ab einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ausfuhrseitig abgewickelt. Die Anzahl der Einfuhrabfertigungen beträgt etwa 3.500 Lkw-Fahrten . Hinzu kommen monatlich ca. 8.500 Warenbewegungen (Ausfuhranmeldungen ) mit ca. 52.000 Positionen sowie Wareneinfuhren mit ca. 32.000 Positionen und 13.000 bis 15.000 Steuerbescheiden. Da mit dem neuen Unionszollkodex die papiergestützten Empfängerlisten abgeschafft werden, wird sich die Anzahl der Ausfuhranmeldungen weiter erhöhen. Eine Schließung des Zollamts Bargen hätte zur Folge, dass sich diese Warenbewegungen und das damit verbundene Verkehrsaufkommen auf die Grenzzollämter Thayngen und Koblenz (Schweiz) verlagern würden. Die ursprünglich geplanten personellen und organisatorischen Einsparungen der schweizerischen Zoll - direktion liefen ins Leere, da der Personalbestand und die Verwaltungsorganisa - tion bei den verbleibenden Grenzzollämtern aufgrund des erhöhten Waren- und Verkehrsaufkommens weiter aufgestockt werden müssten. Entfiele die Zollabfertigung in Bargen, könnten die Ausfuhren aus Deutschland in das nahe Grenzgebiet in der Schweiz nicht mehr auf direktem Weg über die Bundesstraße 27 und weiter über die Hauptstraße 4 Richtung Schaffhausen abgewickelt werden. Umwege mit spürbaren Zeitverlusten über Bietingen/Thayngen oder Waldshut-Tiengen/Koblenz wären die Folge. Darüber hinaus wäre auf den Ausweichrouten mit einem Anstieg des Verkehrsaufkommens zu rechnen – und damit verbunden auch mit einem erhöhten Lärm- und Schadstoffaufkommen sowie mit einem steigenden Unfallrisiko. Die bereits jetzt schon in Thayngen und Koblenz unannehmbar langen Wartezeiten würden sich weiter verlängern, ein „zweites Basel/Weil am Rhein“ mit kilometerlangen Staus wäre die unmittelbare Folge. Hinzu kommt, dass den Lkw- Fahrern die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten erschwert würde. Denn Wartezeit gilt als Bereitschaft und nicht als Ruhezeit. Außerdem bedeuten längere Wege in die Schweiz und zurück automatisch Mehrkosten in Form der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe. Firmenkunden, die just in time ihre Waren erwarten, müssten längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Diese Verzögerungen stören die Produktionsabläufe und führen zu Mehrkosten. Gleichzeitig nehmen die Kundenfreundlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen ab. Grenznahe Handwerksbetriebe, die sich in der Schweiz durch die dort seit Jahren verschärften „flankierenden Maßnahmen“ mit erheblichen bürokratischen Belastungen konfrontiert sehen, würden bei der Abwicklung grenzüberschreitender Aufträge zusätzlichen Marktzugangsbarrieren ausgesetzt. Weiterhin ist von Schweizer Seite die Einschränkung der Zollabfertigung am Samstag an allen Übergängen vorgesehen. Lediglich am Grenzübergang Basel/ Weil am Rhein-Autobahn soll noch eine Samstagsabfertigung für den Transit auf- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 8107 4 rechterhalten werden. Am Wochenende müsste in Deutschland und der Schweiz, ungeachtet der verkehrs- und umweltpolitischen Konsequenzen, eine Verlagerung der großen Verkehrsströme auf ein einziges Grenzzollamt in Kauf genommen werden, wobei der gesamte östliche Teil und die dort ansässigen Speditionen und Verteilzentren abgeschnitten wären. Regional wäre dadurch vielen Handwerkern, Servicemitarbeitern und Lieferanten samstags der Zugang zur Schweiz faktisch verwehrt, mit gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen beidseits der Grenze. Es ist anzunehmen, dass bestimmte Schweizer Unternehmen auch in der östlichen Schweiz auf den Zugang der Ware am Wochenende angewiesen sind und dies nicht durch verfahrenstechnische Vereinfachungen im Zollbereich abgefangen werden kann. Eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums liegt noch nicht vor. Sobald diese vorliegt, wird das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hierüber informieren . In Vertretung Schumacher Ministerialdirektor