Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 830 03. 11. 2011 1Eingegangen: 03. 11. 2011 / Ausgegeben: 09. 12. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchen Gründen wurde allein die M. R. mit der Erstellung der gutachterlichen Stellungnahme beauftragt und die beiden weiteren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften , die bei der Schlichtung im Herbst des Jahres 2010 beteiligt waren, nicht? 2. Trifft es zu, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. ein entsprechendes Ersuchen des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg abgelehnt hat? 3. Stellt das Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme, welches im Rahmen der Pressekonferenz vom 3. November 2011 präsentiert wurde, die einhellige Auffassung der Landesregierung dar? 4. Aus welchen Gründen erfolgte die Beauftragung mit einem Zeithorizont, der die Veröffentlichung erst im nahen Umfeld der Volksabstimmung zuließ und nicht bereits zu einem Zeitpunkt, der die Aufnahme der Ergebnisse in den Gesetzentwurf des S 21-Kündigungsgesetzes ermöglicht hätte, um so der Koali - tionsvereinbarung Rechnung tragen zu können, statt diese zu brechen? 5. Welche Kosten sind dem Land durch die Erstellung des Gutachtens entstanden ? 03. 11. 2011 Haußmann FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Gutachten der M. R. GmbH zu etwaigen Ausstiegskosten bei Kündigung des S 21 Finanzierungsvertrags durch das Land Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 830 2 B e g r ü n d u n g Im Rahmen einer Pressekonferenz am 3. November 2011 wurden die Ergebnisse der genannten gutachterlichen Stellungnahme präsentiert. Auf Rückfrage eines Journalisten äußerte Herr Verkehrsminister, dass das Wirtschaftsprüfungsunternehmen P. eine Beauftragung abgelehnt habe. Diesbezüglich wird um verbind - liche Auskunft mit Benennung des konkreten Ablehnungsschreibens gebeten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, weshalb erst im unmittelbaren Vorfeld der Volksabstimmung die Ergebnisse einer einschlägigen Beauftragung vorliegen. Im Koalitionsvertrag war auf Seite 30 ausdrücklich Folgendes vorgesehen: „Bestandteil des zur Abstimmung gestellten Gesetzesentwurfs ist dabei auch, welche Kosten auf das Land im Falle eines solchen Ausstiegs zukommen.“ Diese Vereinbarung wurde eindeutig gebrochen. Es erscheint fraglich, weshalb im Nachgang zur Erstellung eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt wurde, nicht jedoch bereits im Vorfeld eines gründlich erarbeiteten Gesetzentwurfs. Es gilt den Anschein zu widerlegen, dass es sich um ein interessengesteuertes Gutachten handelt . Des Weiteren muss die Verbindlichkeit für die Landesregierung dargelegt werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 28. November 2011 Nr. 3-3824.1-0-01/169*1 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Ministe - rium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Aus welchen Gründen wurde allein die M. R. mit der Erstellung der gutachterlichen Stellungnahme beauftragt und die beiden weiteren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften , die bei der Schlichtung im Herbst des Jahres 2010 beteiligt waren, nicht? Die Beauftragung von drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wäre im Hinblick auf die dadurch entstehenden Kosten nicht wirtschaftlich gewesen. Im Übrigen wird auf die Stellungnahme zu Ziff. 2 verwiesen. 2. Trifft es zu, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. ein entsprechendes Ersuchen des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg abgelehnt hat? Neben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft M. R. wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S. angefragt. Diese hat eine Beauftragung mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass sie sowohl in der Schlichtung als auch bei einer früheren Beauftragung durch das Bundesverkehrsministerium Einblick in Geschäftsgeheimnisse der DB AG gewonnen habe. Es sei ein Konflikt zu befürchten, da sie die Geschäftsgeheimnisse einerseits bei einem Auftrag für das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur nicht verwerten, andererseits aber deren Kenntnis auch nicht ausblenden könne. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. wurde nicht angefragt. Die P. prüft regelmäßig die Geschäftsabschlüsse der DB AG. Bei P. war wegen der laufenden Geschäftsbeziehung zur DB AG ein Interessenkonflikt zu befürchten . Abgesehen von den bereits in der Schlichtung tätig gewesenen Wirtschafts - prüfungsgesellschaften wurden auch zwei weitere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften um Abgabe eines Angebots gebeten. Davon hat nur eine ein Angebot abgegeben , das jedoch nicht wirtschaftlich war. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 830 3. Stellt das Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme, welches im Rahmen der Pressekonferenz vom 3. November 2011 präsentiert wurde, die einhellige Auffassung der Landesregierung dar? Die Frage nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 und daraus resultierenden Ersatzansprüchen stellt sich nach dem Ergebnis der Volksabstimmung vom 27. November 2011 nicht mehr. 4. Aus welchen Gründen erfolgte die Beauftragung mit einem Zeithorizont, der die Veröffentlichung erst im nahen Umfeld der Volksabstimmung zuließ und nicht bereits zu einem Zeitpunkt, der die Aufnahme der Ergebnisse in den Gesetzentwurf des S 21-Kündigungsgesetzes ermöglicht hätte, um so der Koalitionsvereinbarung Rechnung tragen zu können, statt diese zu brechen? Es ist nicht Aufgabe einer Gesetzesbegründung, Ersatzansprüche zu beziffern, die weder dem Grunde nach feststehen noch der Höhe nach von den Beteiligten derzeit substantiiert beziffert werden können. Dagegen hielt es das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur für erforderlich, dass die Bürger-/innen des Landes bei einer Volksabstimmung hinreichende Informationen über für das Abstimmungsverhalten wesentliche Sachverhalte erhalten. Insofern trug das Gutachten nach Auffassung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur dazu bei, die Debatte über die Folgen eines Ausstiegs des Landes aus der Finanzierung für Stuttgart 21 zu versachlichen. Außerdem hatte die Erarbeitung des Gutachtens wegen der gebotenen Sorgfalt und der komplexen Materie mehr Zeit beansprucht als vorgesehen . Im Übrigen teilt die Landesregierung die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Sorge um den Bestand der Koalitionsvereinbarung nicht. 5. Welche Kosten sind dem Land durch die Erstellung des Gutachtens entstanden ? Das Gutachten wird voraussichtlich 70.000 bis 75.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer kosten. Eine Schlussrechnung liegt dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur derzeit noch nicht vor. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur