Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 839 07. 11. 2011 1Eingegangen: 07. 11. 2011 / Ausgegeben: 07. 12. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchem Grund entsprechen die Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler im Berufsvorbereitenden Jahr im Rahmen der Zusatzprüfung im Fach Deutsch nicht den Anforderungen, welche im Rahmen der Deutschprüfung an die Schülerinnen und Schüler der Hauptschule gestellt werden? 2. Teilt sie die Einschätzung, dass aufgrund der deutlich stärkeren Gewichtung des Prüfungsbereichs „Textproduktion“ die Anforderungen der BVJ-Deutschprüfung an den berufsvorbereitenden Schulen als deutlich höher einzuordnen ist als die Anforderungen der Deutschprüfung für die Schülerinnen und Schüler an der Hauptschule? 3. Sieht sie vor, die Anforderungen der BVJ-Zusatzprüfung den Anforderungen der Hauptschulprüfung im Fach Deutsch anzupassen und in diesem Zuge eine verbesserte Strukturierung der Prüfung vorzunehmen? 07. 11. 2011 Lehmann GRÜNE Kleine Anfrage des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Anpassung der Deutschprüfung im Berufsvorbereitenden Jahr (BVJ) an die Hauptschulprüfung Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 839 2 B e g r ü n d u n g Durch das Ablegen einer BVJ-Prüfung sollen insbesondere leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsabschluss erlangen können. So heißt es im Bildungsplan BVJ für das Fach Deutsch: „Schülerinnen und Schüler, die an der Zusatzprüfung im Fach Deutsch teilnehmen wollen, erlangen über den Deutschunterricht das für einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand geforderte Bildungsniveau.“ Ein Vergleich der in den Hauptschul- und BVJ-Prüfungen zu erbringenden Kompetenzen zeigt jedoch, dass im Rahmen der BVJ-Zusatzprüfung gegenüber dem Prüfungsbereich „Textverständnis“ der Prüfungsbereich „Textproduktion“ deutlich schwerer gewichtet wird (14/20 zu erzielende Punkte in der BVJ-Prüfung gegen - über 25/15 zu erzielenden Punkten in der HS-Prüfung). Der Bereich der „Text - produktion“ setzt in der Regel ein Textverständnis voraus und ist damit meiner Auffassung nach als deutlich schwieriger anzusehen als der Prüfungsbereich des „Textverständnisses“. Darüber hinaus weist insbesondere die Deutsch-Zusatz - prüfung des BVJ weitere deutliche Mängel auf, die es den Prüflingen wie den korrigierenden Lehrkräften unnötig schwer machen: • So kann der Prüfling auf seinem Prüfbogen keine Punkteangaben finden und somit nicht erkennen, wie hoch die erreichbaren Punktezahlen sind. • Weder für Schülerinnen und Schüler noch für Lehrerinnen und Lehrer ist durchschaubar, wie viel Text im Rahmen der Prüfung produziert werden soll. • Die korrigierenden Lehrkräfte verfügen über keine Handreichung, wie im Rahmen des Prüftextes mit Rechtschreibfehlern verfahren werden soll. Meiner Auffassung nach ist es daher notwendig, die Zusatzprüfungen des BVJ zu überarbeiten und das Niveau der Prüfungsleistung an das zu erbringende Niveau einer Hauptschulprüfung anzupassen, da eben dieses Bildungsniveau durch das Bestehen der Prüfung nachgewiesen werden soll. A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. November 2011 Nr. 44-6621.04--P/87 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchem Grund entsprechen die Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler im Berufsvorbereitenden Jahr im Rahmen der Zusatzprüfung im Fach Deutsch nicht den Anforderungen, welche im Rahmen der Deutschprüfung an die Schülerinnen und Schüler der Hauptschule gestellt werden? 2. Teilt sie die Einschätzung, dass aufgrund der deutlich stärkeren Gewichtung des Prüfungsbereichs „Textproduktion“ die Anforderungen der BVJ-Deutschprüfung an den berufsvorbereitenden Schulen als deutlich höher einzuordnen ist als die Anforderungen der Deutschprüfung für die Schülerinnen und Schüler an der Hauptschule? Die Lerninhalte im Fach Deutsch des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) sind auf die Erlangung grundlegender Berufs- und Alltagskompetenzen ausgerichtet. Diese Basiskompetenzen für einen gelingenden Einstieg in eine Ausbildung und ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft sind als Lernziele im Fach Deutsch verankert. Wesentliche Lernziele sind u. a. die elementare Grammatik und Rechtschreibung, der Umgang mit Texten und Medien und das Erstellen von schriftlichen Arbeiten . Diese Lernziele sind überwiegend deckungsgleich mit dem für die Hauptschul abschlussprüfung an der Werkrealschule oder der Hauptschule rele- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 839 vanten Deutsch-Lehrplan. Auch sind die Aufsatzarten Stellungnahme, Beschreibung und Bericht im BVJ wegen ihrer Ausbildungs- und Alltagsrelevanz verpflichtend zu unterrichten. Derartige Formen der Textproduktion sind im Bildungsplan für das Fach Deutsch, der dem Hauptschulabschluss an der Werkrealschule oder der Hauptschule zugrunde gelegt wird, enthalten und werden auch in der dortigen Abschlussprüfung umfassend abgeprüft. Die Textproduktion hat – unabhängig von den konkreten Aufgabenstellungen – in beiden Prüfungen einen hohen Stellenwert. Die bestehenden Unterschiede in den Aufgabenstellungen der Hauptschulabschlussprüfung und der Zusatzprüfung im Fach Deutsch im BVJ spiegeln die unterschiedliche Verankerung der jeweiligen Bildungsgänge wider. Im Berufsvorbereitungsjahr , einem Bildungsgang der Berufsschule mit umfangreichen beruflichen Inhalten, erfolgt die Entwicklung der konkreten Aufgabenstellungen mit direktem Blick auf die Anforderungen, die an Auszubildende in der Ausbildung und in der Berufsschule gestellt werden (beispielsweise Führung des Berichts - heftes, Beschreibung von typischen beruflichen Arbeitsabläufen). Dies führt aber nicht zu einem insgesamt höheren Prüfungsniveau als in der Hauptschulabschluss - prüfung im Fach Deutsch. Der Bewertung der bei den im BVJ verwendeten Aufgabenstellungen gezeigten Schülerleistungen liegen – wie bei allen anderen Aufgabenarten auch – Anforderungen zugrunde, die vom Niveau des Hauptschul - abschlusses ausgehen. Die Art der Aufgabenstellung im BVJ ist damit nicht per se mit einem erhöhten Anforderungsniveau der Prüfung verbunden. 3. Sieht sie vor, die Anforderungen der BVJ-Zusatzprüfung den Anforderungen der Hauptschulprüfung im Fach Deutsch anzupassen und in diesem Zuge eine verbesserte Strukturierung der Prüfung vorzunehmen? Aufgrund der obigen Ausführungen sieht das Kultusministerium keinen Handlungsbedarf bezüglich einer Angleichung der bestehenden unterschiedlichen Prüfungsformen . Diese sind jeweils das Ergebnis von bewusst reflektierten Entwicklungsprozessen innerhalb der jeweiligen Bildungsgänge. Grundsätzlich werden Prüfungsformen aber kontinuierlich daraufhin überprüft, inwieweit sie die Ziele eines Bildungsganges noch adäquat abbilden. Hinsichtlich der Zusatzprüfung Deutsch wird so zurzeit eruiert, inwieweit die Überprüfung der Lesekompetenz noch weiter von der Kompetenz der Textproduktion entkoppelt werden kann. In Bezug auf die angefragte Verbesserung der Prüfungsstruktur der BVJ-Abschlussprüfung im Fach Deutsch greift das Kultusministerium gerne den Wunsch einer Ausweisung der pro Aufgabe erreichbaren Punktezahl auf den Prüfungsaufgaben auf. Die erforderliche Textlänge soll allerdings auch zukünftig in den Ermessensraum der Deutsch-Lehrkraft gestellt werden, um deren pädagogischen Handlungs- und Bewertungsspielraum möglichst umfassend zu erhalten. Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport