Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 846 08. 11. 2011 1Eingegangen: 08. 11. 2011 / Ausgegeben: 09. 12. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind in Baden-Württemberg derzeit adipös? 2. Ist eine Zunahme der Zahl der adipösen Menschen in den letzten zehn Jahren, insbesondere von Kindern zu erkennen und gibt es dabei unterschiedliche Entwicklungen gegenüber anderen Bundesländern? 3. Gibt es spezielle gesellschaftliche Gruppen bei denen Adipositas gehäuft diag - nostiziert wird? 4. Welche Kosten entstehen im Gesundheitssystem für adipöse Patientinnen und Patienten? 5. Welche präventiven Maßnahmen werden in Baden-Württemberg ergriffen, um Übergewicht und Adipositas zu verhindern? 6. Welche Behandlungsmethoden sind am erfolgversprechendsten und in welcher Häufigkeit werden diese angewendet? 7. Welche Erkenntnisse bestehen über die Kosten von Magenverkleinerungen (metabolische Chirurgie) und andere medizinischen Behandlungsmethoden und deren Nutzen insbesondere im Hinblick auf die Reduzierung von Diabetes Typ 2 sowie Bluthochdruck? 08. 11. 2011 Sakellariou SPD Kleine Anfrage des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Adipositas bei Kindern und Erwachsenen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 846 2 B e g r ü n d u n g In Deutschland litten im Jahr 2009 51 Prozent der Erwachsenen unter Über - gewicht. 2009 hatten 16 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen starkes Übergewicht, was als Adipositas bezeichnet wird. Die Kosten des Gesundheits - systems entfielen bereits 1990 zu einem Drittel auf übergewichtige Patienten. Deshalb ist es umso wichtiger, Projekte für eine gesunde Ernährung schon in Kindertagesstätten zu fördern und damit die Gesundheitskosten zu verringern. Nach Erkenntnissen des Adipositas-Zentrums in Schwäbisch Hall werden nach einem chirurgischen Eingriff bei 85 Prozent der behandelten Patienten keine Diabetes Typ 2 sowie kein Bluthochdruck mehr diagnostiziert. Dieser Behandlungserfolg sollte mit den Kosten für einen solchen Eingriff in Relation gesetzt werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 28. November 2011 Nr. 5 0141.5/15/846 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind in Baden-Württemberg derzeit adipös? Zur Berechnung der Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas bei Einschulungskindern werden in Baden-Württemberg ebenso wie in den anderen Bundesländern der Body-Mass-Index und die Referenzwerte von Kromeyer-Hauschild et al. verwendet. Von den Kindern, die im Jahr 2011 in Baden-Württemberg eingeschult und bereits im Jahr zuvor im Alter von durchschnittlich 5 Jahren untersucht wurden, waren 3,2 Prozent adipös. Dies liegt im erwarteten Bereich von 3 Prozent, da Adipositas im Kindesalter als Überschreitung des altersspezifischen 97. Perzentilwertes definiert ist. Nach Ergebnissen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) steigt die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas allerdings erst mit Beginn der Schulzeit an, sodass aus den Ergebnissen der Einschulungsuntersuchung nicht auf die Häufigkeit von Adipositas bei älteren Kindern und Jugendlichen geschlossen werden kann. Die bei Viertklässlern in Baden-Württemberg in mehreren Landkreisen erhobenen Daten ergaben jedoch ebenfalls, wie bei den Einschulungskindern, keine wesentlich höheren Anteile von Kindern mit Adipositas als nach den Referenzwerten von Kromeyer-Hauschild zu erwarten. Weitere Daten zu Gewicht und Größe von Kindern und Jugendlichen in Baden- Württemberg liegen dem Sozialministerium nicht vor. Daten aus dem Mikrozensus 2009 zeigten für Erwachsene in Baden-Württemberg insgesamt eine Adipositas-Häufigkeit rund 13 Prozent, die damit unter dem Bundesdurchschnitt von rund 15 Prozent lag. 2. Ist eine Zunahme der Zahl der adipösen Menschen in den letzten zehn Jahren, insbesondere von Kindern zu erkennen und gibt es dabei unterschiedliche Entwicklungen gegenüber anderen Bundesländern? Bei den Einschulungsuntersuchungen 1999 bis 2008 in Baden-Württemberg ist bei den sechsjährigen Kindern keine eindeutige Veränderung der Häufigkeit adipöser Kinder zu erkennen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 846 Ein Vergleich von Ergebnissen aus Einschulungsuntersuchungen anderer Bundesländer in den Jahren 2004 und 2008 ergab ebenfalls keine Zunahme der Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas in diesem Zeitraum. In einigen Bundes - ländern sank der Anteil übergewichtiger bzw. adipöser Einschulungskinder sogar leicht. Allerdings sind die Ergebnisse der einzelnen Bundesländer wegen des unterschiedlichen Alters der Kinder bei der Einschulungsuntersuchung und möglicherweise auch abweichender Methodik bei der Auswertung nur bedingt vergleichbar . Die in Baden-Württemberg seit 1992 bei Viertklässlern erhobenen Daten geben ebenfalls keinen Hinweis auf eine Zunahme des Anteils übergewichtiger bzw. adipöser Kinder in Baden-Württemberg im Zeitraum von 1992 bis heute. Zu anderen Altersgruppen von Kindern und Jugendlichen liegen dem Sozial - minis terium keine über einen ausreichenden Zeitraum erhobenen Daten zur Häufigkeit von Adipositas und Übergewicht für Baden-Württemberg vor. Bei Erwachsenen in Baden-Württemberg erhöhte sich die Häufigkeit von Adipositas von 2003 zu 2009 von rund 12 Prozent auf rund 13 Prozent (Quelle: Mikrozensus ). Daten aus den vorausgegangenen Jahren liegen dem Sozialministerium nicht vor. 3. Gibt es spezielle gesellschaftliche Gruppen bei denen Adipositas gehäuft diag - nostiziert wird? Zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchungen waren Kinder mit Migrationshintergrund häufiger von Adipositas betroffen als deutsche Kinder. Hierauf deutet eine Auswertung nach der in den ersten drei Lebensjahren des Kindes gesprochenen Familiensprache hin. Von den Kindern, die 2011 eingeschult wurden und bei denen als Familiensprache nur Deutsch angegeben wurde, waren 2,3 Prozent adipös. Wurde Deutsch und eine weitere Sprache angegeben, waren 5,0 Prozent der Kinder adipös. Wurde eine Fremdsprache (ohne Deutsch) angegeben, waren 6,2 Prozent der Kinder adipös. 4. Welche Kosten entstehen im Gesundheitssystem für adipöse Patientinnen und Patienten? Der Landesregierung liegen keine aktuellen wissenschaftlich fundierten Daten zu adipositas-assoziierten Kosten im Gesundheitssystem vor. Nach einer Krankheitskostenstudie aus dem Jahr 2003 ergaben sich für das Bezugsjahr 2003 direkte Behandlungskosten für Adipositas in Höhe von 85,71 Mio. Euro. Einschließlich assoziierter Komorbiditäten und anderem gelangt die Studie unter diesen Annahmen zu einer Gesamtkostenbelastung von rund 13 Mrd. Euro (Knoll K.-P., Hauner H.: Kosten der Adipositas in der Bundesrepublik Deutschland – Eine aktuelle Krankheitskostenstudie Adipositas 2008 [Vo. 2], Heft 4 2008, 204 bis 212). Auf der Basis der Trendrechnungen der WHO für die Entwicklung der Adipositas in Europa, die von einem moderaten Zuwachs bis 2020 ausgeht (World Health Organisation – JointWHO/FAO Expert Consultant on Diet, Nutrition and the Prevention of Chronic Diseases, 28 January–1 February 2002. Technical Report Series 916. WHO, Geneva, Switzerland, 2003) – erwartet die Studie einen Anstieg der Gesamtausgaben bis zum Jahr 2020 auf ca. 25 Mrd. Euro für das deutsche Gesundheitssystem . Auf dem 31. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer in Berlin im Januar 2007 wurden die durch Adipositas hervorgerufenen Gesamtkosten auf jährlich 15 bis 20 Mrd. Euro geschätzt. Prof. Dr. Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik München, gelangt für das Jahr 2011 zu der Annahme von Gesamtkosten von über 17 Mrd. Euro. Die Landesregierung hält sowohl die Kostenanalysen als auch die Kostenhochrechnung auf der Basis der Trendrechnungen der WHO für realistisch. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 846 4 5. Welche präventiven Maßnahmen werden in Baden-Württemberg ergriffen, um Übergewicht und Adipositas zu verhindern? Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist eng mit den Lebensbedingungen ihrer Familie und dem kommunalen Umfeld verknüpft. Ein gesundes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen beginnt schon in der Schwangerschaft und wird weiter unterstützt, wenn sich Kinder und deren Eltern ausgewogen ernähren und regelmäßig bewegen zusammen mit der Förderung von Lebenskompetenzen . Daher ist es von besonderer Bedeutung, den Alltag von Kindern und Jugendlichen möglichst aktiv zu gestalten sowie ihnen Anregung und buchstäblich Raum für mehr Bewegung zu geben. Zudem sollen alle Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben und darin unterstützt werden, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung wurden am Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Rahmen des Förderpreises „Gesundheit zum Thema Prävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen“ über 200 Maßnahmen erfasst, fachlich bewertet und herausragende Initiativen prämiert. Daraus hervorgegangen ist zunächst die Initiative „Gesund aufwachsen in Baden- Württemberg“, die zum Ziel hatte, in fünf Pilotkommunen ein systematisches Vorgehen in der Kommune zum gesunden Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu erproben, mit Schwerpunkt auf gesunde Ernährung und Bewegungs - förderung. Aktuell werden die bisherigen Erfahrungen weiterentwickelt und mit der Landes - initiative „Gesund aufwachsen und leben in Baden-Württemberg“ ein generationenübergreifender Ansatz erprobt. Die Initiative ist ein Angebot an alle Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg. Sie zielt auf die Förderung der Gesundheit und Lebensqualität von Kindern, Familien und älteren Menschen durch Änderungen im Lebensstil und in den Lebensräumen. Darüber hinaus erarbeitet eine Projektgruppe „Weiterentwicklung der Primärprävention und Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche“ derzeit Orientierungshilfen zur Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen für Gesundheitsförderung und Primärprävention bei Kindern und Jugendlichen. Sie sollen die Umsetzung des für Baden-Württemberg gesetzten Gesundheitsziels „Gesund aufwachsen“ auf Ebene der Entscheidungsträger vor Ort sowie der Kommunalen Gesundheitskonferenzen auf Stadt-/Landkreisebene unterstützen. Das Sozialministerium wird die Gesundheitsstrategie zu einem Konzept „Gesundheit in allen Lebensbereichen“ fortentwickeln. In diesem Rahmen soll die Umsetzung des Gesundheitsziels „Gesund aufwachsen“ weiter verfolgt werden. Die Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung – BeKi“ des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verfolgt das Ziel, die bewusste Gestaltung des Handlungsbereichs Essen und Trinken in Familien und in Bildungseinrichtungen zu verankern. Dabei wird der Aspekt der Prävention von Übergewicht berücksichtigt. Über die Initiative werden Empfehlungen zur Gestaltung des Speisen - und Getränkeangebots gegeben. Daneben stehen die Empfehlungen zur Ernährungserziehung und zur Gestaltung von Vereinbarungen zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen über das Lebensmittel- und Getränkeangebot. In den Familien und Einrichtungen werden im Idealfall die Angebote bedarfsgerecht gestaltet und Kinder sind in den Bildungseinrichtungen nicht einer ständigen Verführungssituation ausgesetzt. Über die Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung – BeKi“ werden die Eltern von Kindern im Alter von 6 Monaten bis ca. 12 Jahren angesprochen, darüber hinaus werden Fortbildungen für Tagespflegepersonen und Erzieherinnen im vorschulischen Bildungs- und Betreuungsbereich sowie für Lehrkräfte aller Schul - arten bis einschließlich Klasse 6 angeboten. Über die Ringordner „Esspedition Kindergarten“ bzw. „Esspedition Schule“ mit zahlreichen Fachinformationen zu Ernährung und pädagogischen Umsetzungsmöglichkeiten stehen allen Bildungseinrichtungen Grundlagenwerke zur Er näh - rung und Ernährungserziehung zur Verfügung. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 846 Über die Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung – BeKi“ haben die auf Honorarbasis tätigen BeKi-Fachfrauen im letzten Jahr über 5.000 Einsätze in Bildungseinrichtungen geleistet. Zudem fanden ca. 240 Erzieherinnenfortbildungen statt. Steigendes Interesse finden dabei besonders die Fortbildungen für die Zielgruppe unter 3 Jahren bzw. unter 1 Jahr. Dies ist wichtig, weil Erzieherinnen als wichtiges Vorbild für die Kinder deren Ernährungsverhalten mit prägen und über das Angebot mit entscheiden. Das Aktionsprogramm „Komm in Form“ hat zum Ziel, Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Es bietet z. B. die Möglichkeit, über neue regionale Projekte in den Landkreisen Erfahrungen zu gewinnen, wie Personengruppen mit bekannt hoher Übergewichtsproblematik erreicht werden können. Z. B. wurden Kursprogramme für Familien mit Migrationshintergrund und für Familien in schwierigen Lebensverhältnissen entwickelt. Diese könnten nach einer weiteren Erprobungsphase in allen Landkreisen umgesetzt werden, sofern hierfür die personellen und finanziellen Voraussetzungen geklärt sind. Diese Projekte sind ebenso wie die bereits etablierten Landesinitiativen „Bewusste Kinderernährung – BeKi“ und „Blickpunkt Ernährung“ Bausteine der lokalen und regionalen Projekte im Rahmen des landesweiten Präventionsprojektes „Gesund aufwachsen und leben in Baden-Württemberg“. In zunehmendem Maße wird auch über eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen, z. B. über das Schulfruchtprogramm oder über die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, Einfluss auf das Speisen- und Getränkeangebot in Bildungseinrichtungen genommen. Die schulische Prävention zielt zunehmend auf eine ganzheitliche, umfassende Förderung der Gesundheit und hat dabei sowohl die Psyche als auch die Physis im Blick. Durch die Vermittlung grundlegender Lebenskompetenzen soll Fehlentwicklungen vorgebeugt werden, in deren Folge ganz unterschiedliche Formen von Störungen – auch Essstörungen – auftreten können. Viele Präventionsprogramme, die an Schulen durchgeführt werden, enthalten Bausteine zu Ernährung und Bewegung und können somit indirekt auf das Ess - verhalten von Kindern und Jugendlichen einwirken. Beispiele sind die Pro - gramme „Klasse 2000“ für die Grundschule oder „Komm mit in das gesunde Boot“ für den Kindergarten (BW Stiftung). Das Gemeinschaftsprojekt des Kultusministeriums und der AOK Baden-Württemberg „ScienceKids: Kinder entdecken Gesundheit“, das auch das nachhaltige Lernen im Bereich Bewegung und Ernährung zum Ziel hat, wurde in den letzten Jahren flächendeckend an die Grundschulen getragen. Aufgrund des großen Erfolgs wurde mittlerweile ein Konzept für die Sekundarstufe I erarbeitet, das Jugendlichen die Entwicklung von Gesundheitskompetenz ermöglichen soll. Ein weiteres Projekt ist der „Fitness Coach“, bei dem sich Schülerinnen und Schüler in einem zweitägigen Seminar ein Grundlagenwissen in den Bereichen Ernährung und Bewegung aneignen. Zu nennen ist darüber hinaus „IN FORM“, eine bundesweite Initiative, die sich an Menschen jeden Alters richtet. Trotz der aufgezeigten Aktivitäten besteht zur frühzeitigen Verhinderung von Adipositas und Übergewicht weiterhin großer und kontinuierlicher Handlungs - bedarf, insbesondere hinsichtlich der Vernetzung und Abstimmung von Programmen und Akteuren. 6. Welche Behandlungsmethoden sind am erfolgversprechendsten und in welcher Häufigkeit werden diese angewendet? Nach den S3-Leitlinien der Fachgesellschaften (DAG, DGEM, DDG, DGE) gibt es drei wissenschaftlich begründete Therapieansätze: (1) Konservative Therapie über 6 bis 12 Monate mit multimodalen Lifestyle- Interventionsprogrammen (Ernährungstherapie, Bewegungstherapie, Verhaltenstherapie und med. Begleitung), fakultativ mit „very low calorie diet“ (Formuladiät) als Anfangshilfe über 6 bis 12 Wochen (z. B. Optifast-Programm o. ä.). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 846 6 (2) Medikamentöse Therapie als supplementäre Maßnahme zu (1): allerdings wurden in der Zwischenzeit die wirksamsten Medikamente aus Sicherheitsgründen vom Markt genommen, sodass diese Option praktisch irrelevant geworden ist. (3) Chirurgische Therapie, wobei derzeit drei verschiedene Verfahren empfohlen werden: (a) Gastric Banding: ähnliche Effekte und Nachsorgebedarf wie bei (1), (b) Gastric sleeve: etwas effektiver, auch Nachsorgebedarf, (c) Gastric bypass: am effektivsten, aber auch am nebenwirkungsreichsten. Die konservative Therapie findet selten Anwendung. Derzeit werden ca. 2.000 bis 3.000 Patienten deutschlandweit mit solchen Programmen behandelt. Zur Häufigkeit der medikamentösen Therapie liegen dem Sozialministerium keine Daten vor. Schätzungsweise ähnlich viele Patienten wie bei der konservativen Therapie unterziehen sich einer chirurgischen Therapie. 7. Welche Erkenntnisse bestehen über die Kosten von Magenverkleinerungen (metabolische Chirurgie) und andere medizinischen Behandlungsmethoden und deren Nutzen insbesondere im Hinblick auf die Reduzierung von Diabetes Typ 2 sowie Bluthochdruck? Die Verfahren der konservativen und der chirurgischen Therapie sind wirksame Verfahren zur Gewichtsreduktion. Beide sind auch nachhaltig, aber mit der Gefahr des Wiederanstiegs des Gewichts und bedürfen deshalb einer Anschluss - betreuung. Mit der konservativen Therapie lassen sich Gewichtsreduzierungen von ca. 20 bis 30 Kilogramm erzielen. Die Gewichtsreduktion im Bereich der chirurgischen Intervention liegt je nach Verfahren bei ca. 20 bis 50 Kilogramm. Laut Literaturrecherche haben beide Ansätze klar gezeigt, dass neben Gewichts - reduktion auch eine Reduktion von Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Hypercholesterinämie und Diabetes erzielt und der Medikamentenverbrauch für Begleiterkrankungen deutlich reduziert werden können. Die Kosten für die konservative Therapie liegen bei ca. 300 Euro im Monat über einen Zeitraum von 12 Monaten, was Gesamttherapiekosten von etwa 3.600 Euro entspricht. Für die chirurgische Intervention liegen die Kosten je nach Verfahren und Absprache mit den Kassen zwischen 5.000 und 12.000 Euro. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren