Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 986 08. 12. 2011 1Eingegangen: 08. 12. 2011 / Ausgegeben: 13. 01. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. An wie vielen Schulen (absolut und prozentual), aufgeschlüsselt nach Schul arten, besteht in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe eine Ganztagesbetreuung? 2. Wieviel Prozent der Schülerinnen und Schüler, ebenfalls aufgeschlüsselt nach Schularten, könnten in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe eine Ganztagesbetreuung nutzen (unter Angabe, wieviel Prozent es tatsächlich tun)? 3. In welchem Verhältnis stehen der Bedarf an Ganztagesbetreuung und seine Deckung in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe je nach Schulart? 4. Aus welchen Gründen kann im Einzelnen der Bedarf an verschiedenen Stand - orten in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe derzeit nicht gedeckt werden? 5. Mit welchem höheren Bedarf an Ganztagesbetreuung rechnet sie bis 2014 in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe? 6. Wann und mit welchen Maßnahmen plant sie, auf einen etwaigen höheren Bedarf in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe zu reagieren? 7. Mit welchen finanziellen Mitteln werden die Schulen mit Ganztagesbetreuung in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe derzeit und in Zukunft gefördert? 8. Welche Schulen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe haben derzeit Anträge auf Einrichtung einer Ganztagesbetreuung gestellt (mit Angabe, wann die betreffenden Schulen mit einem Bescheid rechnen können)? 9. Mit welchen konkreten pädagogischen Konzepten – unter Angabe der Kooperationspartner oder zusätzlicher Angebote, die zusammengenommen eine Ganz - tagesbetreuung ergeben – gestalten die einzelnen Schulen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe ihre jeweilige Ganztagesbetreuung? Kleine Anfrage der Abg. Katrin Schütz CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Situation der Ganztagesbetreuung an Schulen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 986 2 10. Welche Bedeutung misst sie der Ganztagesbetreuung an Schulen bei, gerade im Hinblick auf den demografischen Faktor, den Fachkräftemangel und die damit verbundene Notwendigkeit, Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können? 08. 12. 2011 Schütz CDU B e g r ü n d u n g Die optionale Ganztagesbetreuung von Schülern wird zunehmend wichtiger, denn erst sie ermöglicht immer mehr jungen Menschen, Familien mit Kindern zu gründen und gleichzeitig berufliche Ziele zu verfolgen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das zentrale Stichwort. Daher ist die optionale Ganztagesbetreuung aus verschiedenen Gründen für unsere Gesellschaft und insbesondere einen Hochschulstandort wie Karlsruhe von immenser Bedeutung: 1. Weil qualifizierte Fachkräfte, insbesondere Frauen, auch als Mütter weiter dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und langfristig eigene Karriereziele im Berufsleben verfolgen können. Angesichts des noch zu erwartenden Fachkräftemangels ergibt sich hier ein Reservoir an Arbeitskräften, das von essenzieller Bedeutung für das Hochtechnologieland Baden-Württemberg werden wird. 2. Weil durch den Verbleib im Arbeitsprozess in der Zukunft Altersarmut in der Gruppe der Frauen vermieden werden kann. 3. Weil die Kinderlosigkeit bei jungen Paaren, insbesondere jungen Akademikern, gesenkt werden kann, indem sie Familie mit Kindern und Karriere miteinander verbinden können. So besteht die Chance, dem Geburtenrückgang in Baden- Württemberg zu begegnen, mit langfristig positiven Folgen für den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme. 4. Weil die Attraktivität des Hochschul- und Technologiestandortes Karlsruhe für ausländische Spitzenkräfte durch ein gut ausgebautes Ganztagesbetreuungs - system von Kindertagesstätten und Schule, das internationalen Standarts entspricht , deutlich erhöht wird. A n t w o r t Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 Nr. 24-6503.1/806 beantwortet das Minis - terium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. An wie vielen Schulen (absolut und prozentual), aufgeschlüsselt nach Schul - arten, besteht in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe eine Ganztagesbetreuung ? Die Ausführungen beziehen sich auf öffentliche allgemein bildende Schulen, die im Schuljahr 2010/2011 lt. amtlicher Schulstatistik ein Ganztagsangebot mindes - tens nach KMK-Definition führen. Auswertungen aus der amtlichen Statistik des Schuljahres 2011/2012 liegen noch nicht vor. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 986 2. Wie viel Prozent der Schülerinnen und Schüler, ebenfalls aufgeschlüsselt nach Schularten, könnten in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe eine Ganztagesbetreuung nutzen (unter Angabe, wie viel Prozent es tatsächlich tun)? Aus den Meldungen der amtlichen Schulstatistik kann nicht abgeleitet werden, wie viele Schülerinnen und Schüler das Ganztagsangebot einer Schule maximal nutzen könnten. Erhebungsmerkmal der amtlichen Schulstatistik ist die Zahl der Teilnehmer am Ganztagsbetrieb. Die folgende Tabelle bildet ab, wie viele Schülerinnen und Schüler anteilig an allen Schülern der Schulart das Ganztagsangebot der Stadt bzw. des Landkreises Karlsruhe wahrnehmen. Quelle: amtliche Schulstatistik Zahl der öffentlichen allgemein bildende Schulen, die lt. amtlicher Schulstatistik im Schuljahr 2010/2011 ein Ganztagsangebot nach KMK-Definition bzw. Landeskonzept Baden-Württemberg bereit stellen Kreis Schulart Anzahl absolut %-Anteil an allen Schulen der Schulart Karlsruhe (Stadt) Grundschule 3 6,8 Haupt- und Werkrealschule 6 24,0 Realschule 1 11,1 Gymnasium 1 9,1 Sonderschule 5 50,0 Karlsruhe (Landkreis) Grundschule 3 3,0 Haupt- und Werkrealschule 15 31,9 Realschule 1 6,7 Gymnasium 6 50,0 Sonderschule 6 42,9 Teilnehmer am Ganztagsbetrieb der öffentlichen allgemein bildende Schulen, die lt. amtlicher Schulstatistik im Schuljahr 2010/2011 ein Ganztagsangebot nach KMK-Definition bzw. Landeskonzept Baden-Württemberg bereit stellen Kreis Schulart %-Anteil an allen Schülern der Schulart im Kreis Karlsruhe (Stadt) Grundschule 2,7 Haupt- und Werkrealschule 27,8 Realschule 1,2 Gymnasium 3,1 Sonderschule 47,2 Karlsruhe (Landkreis) Grundschule 2,6 Haupt- und Werkrealschule 18,2 Realschule 0,5 Gymnasium 5,2 Sonderschule 39,9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 986 4 3. In welchem Verhältnis stehen der Bedarf an Ganztagesbetreuung und seine Deckung in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe je nach Schulart? 4. Aus welchen Gründen kann im Einzelnen der Bedarf an verschiedenen Stand - orten in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe derzeit nicht gedeckt werden? 5. Mit welchem höheren Bedarf an Ganztagesbetreuung rechnet sie bis 2014 in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe? 6. Wann und mit welchen Maßnahmen plant sie, auf einen etwaigen höheren Bedarf in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe zu reagieren? Die Gesamtverantwortung für die Einrichtung von Betreuungsangeboten vor Ort liegt bei den kommunalen Schulträgern. Das Land kann hierzu keine Vorgaben machen. Die Entscheidung, einen Antrag auf Einrichtung einer Schule als Ganztagsschule zu stellen, obliegt daher dem Schulträger, der diese Entscheidung in Abstimmung mit der Schule nach dem Bedarf vor Ort trifft. 7. Mit welchen finanziellen Mitteln werden die Schulen mit Ganztagesbetreuung in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe derzeit und in Zukunft gefördert? Das Land fördert und unterstützt die Einrichtung von Ganztagsschulen durch zusätzliche Lehrerwochenstunden. Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung erhalten folgende Stundenzuweisung: – Grundschulen: 8 Lehrerwochenstunden (LWS) je Ganztagskasse, – Haupt- und Werkrealschulen: 5 LWS je Ganztagsklasse, – Förderschulen: bis zu 0,75 Deputate je Schule im Endausbau. Ganztagsschulen in offener Angebotsform erhalten folgende Stundenzuweisung: – Grundschulen: 6 LWS je Ganztagsklasse, – Haupt- und Werkrealschulen/Realschulen: 2 LWS je Ganztagsklasse, – Gymnasien (Sek. I)/Förderschulen: 1 LWS je Ganztagsklasse. Alle Ganztagsschulen nach Landeskonzept erhalten zusätzlich je eine Anrechnungsstunde für Schulleitungsaufgaben. Zudem fördert das Land Betreuungsangebote im Rahmen der Verlässlichen Grundschule und der flexiblen Nachmittagsbetreuung auch an Ganztagsschulen. Der Ausbau der Ganztagsschulen und deren Verankerung im Schulgesetz ist ein Schwerpunkt der Landesregierung. Die Frage der zukünftigen finanziellen Förderung ist im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Landeskonzepts Ganztagsschule zu klären und soll im Kontext der Gesamtaufgaben entschieden werden. 8. Welche Schulen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe haben derzeit Anträge auf Einrichtung einer Ganztagesbetreuung gestellt (mit Angabe, wann die betreffenden Schulen mit einem Bescheid rechnen können)? Die Schulträger folgender Schulen des Stadt- und Landkreises Karlsruhe haben einen Antrag auf Einrichtung einer Ganztagsschule in offener Angebotsform zum Schuljahr 2012/2013 gestellt: Karlsruhe (Stadt): – Tulla-Grundschule – Otto-Hahn-Gymnasium 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 986 Karlsruhe (Land): – Joß-Fritz-Realschule Untergrombach Die Entscheidungen über die Ganztagsschulanträge, die derzeit geprüft werden, sollen im Frühjahr 2012 vor der Lehrerbedarfsmeldung für das nächste Schuljahr getroffen werden. 9. Mit welchen konkreten pädagogischen Konzepten – unter Angabe der Kooperationspartner oder zusätzlicher Angebote, die zusammengenommen eine Ganztagesbetreuung ergeben – gestalten die einzelnen Schulen in der Stadt und im Landkreis Karlsruhe ihre jeweilige Ganztagesbetreuung? Nach der Landeskonzeption ist für die Genehmigung einer Schule als Ganztagsschule ein pädagogisches Konzept erforderlich. Die Kooperation mit außerschulischen Partnern ist ein besonderer Bestandteil der Ganztagsschulkonzeption. Die Entscheidung darüber, mit welchen außerschulischen Partnern und in welchem Umfang solche Kooperationen eingegangen werden, obliegt der jeweiligen Schule ; diese trägt die Gesamtverantwortung für die Ausgestaltung des pädagogischen Konzepts der Ganztagsschule. Sie entscheidet selbst, abhängig von ihrem Schulkonzept bzw. von den Gegebenheiten vor Ort, über die pädagogischen Schwerpunkte ihres Ganztagsangebots sowie über die Wahl der Kooperationspartner und hat damit auch die Möglichkeit, das pädagogische Konzept sich ändernden Bedarfen anzupassen. 10. Welche Bedeutung misst sie der Ganztagesbetreuung an Schulen bei, gerade im Hinblick auf den demografischen Faktor, den Fachkräftemangel und die damit verbundene Notwendigkeit, Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können? Durch den Wandel von Gesellschaft und Familie kommt der Ganztagsschule eine immer größere Bedeutung zu. Die Ganztagsschule ist eine familien- und vor allem frauenpolitische Maßnahme, weil sie durch eine verlässliche und kompetente Betreuung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Sie bietet aber auch viele Möglichkeiten, das bisherige Schulsystem zu ergänzen und weiterzuentwickeln . Ganztagsschulen bieten Kindern und Jugendlichen daher auch mehr Zeit zum Lernen und somit besonders gute Voraussetzungen, durch Fördermaßnahmen Defizite zu beheben bzw. besondere Begabungen zu unterstützen und individuelle Förderung zu ermöglichen, die Ausbildungsfähigkeit zu fördern und soziale Kompetenzen zu vermitteln. Die Ganztagsbetreuung leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Integration von sozial benachteiligten Kindern sowie der schulischen Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund und somit zum Abbau herkunftsbedingter Bildungsungleichheiten im Schulsystem. Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport