Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1059 16. Wahlperiode Eingang: 24.11.2016 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon Auswirkung der Grenzgängerregelung auf die Gemeinde Büsingen Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellen sich das Finanzministerium in Stuttgart und die Landesregierung zum Wunsch der Gemeinde Büsingen, aus der „Grenzgängerregelung“ herausgenommen zu werden und die Vorteile des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zugebilligt zu bekommen ? 2. Wie steht das Finanzministerium zur Büsinger Situation? 3. Wie steht das Finanzministerium zur Beurteilung des Bundesfinanzministeriums, nach der der Wunsch Büsingens, aus der deutschen Grenzgänger-Regelung herausgenommen zu werden, weder dem Bund noch den Ländern politisch vermittelbar sei? 4. Bei Zustimmung zu dieser Position (Frage 3): Inwiefern wäre aus ihrer Sicht dieser Wunsch Büsingens dem Bund und den Ländern politisch nicht vermittelbar? 5. Was spräche dagegen, Büsingen aus oben genannten Gründen die Bedingungen des DBA zuzugestehen und es aus der Grenzgänger-Regelung herauszunehmen? 23.11.2016 Dr. Gedeon fraktionslos Begründung Im Rahmen des Besuchs bei Bürgermeister Möll konnte der Fragesteller erfahren, dass in der Gemeinde Büsingen der überwiegende Teil ihrer erwerbstätigen Bevölkerung im Wirtschaftsraum Schweiz arbeitet. Was die Lebenshaltungskosten anbelangt, hat Büsingen aber, obwohl es rechtlich zu Deutschland gehört, tatsächlich, was gutachterlich festgestellt ist, Schweizer Verhältnisse ; das heißt die Lebenshaltungskosten in Büsingen sind wesentlich höher als in den deutschen Nachbargemeinden. Büsingen ist eine deutsche Exklave in der Schweiz. Durch den 1967 geschlossenen Staatsvertrag gehört die Gemeinde rechtlich zu Deutschland, wirtschaftlich zur Schweiz. Steuerlich werden die Büsinger nach deutschem Steuerrecht behandelt, das heißt sie bezahlen wesentlich höhere Steuerprozentsätze – im Durchschnitt bis zu 60 Prozent mehr − als die erwerbstätigen Bürger der Schweizer Nachbargemeinden. Die Erhöhung des Freibetrags zum 1. Januar 2015 konnte diese Lücke nicht ausgleichen. Damit haben die erwerbstätigen Bürger der Gemeinde Büsingen steuerlich und von den Lebenshaltungskosten jeweils die ungünstigere Situation im Hinblick auf ihre deutschen wie auch auf ihre Schweizer Nachbargemeinden. Diese doppelte Benachteiligung hat nun dazu geführt, dass die erwerbstätige Bevölkerung in Büsingen im Gegensatz zu allen Nachbargemeinden in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat (minus 10 Prozent in zwölf Jahren, wobei der noch deutlichere Schwund innerhalb der erwerbstätigen Bevölkerung durch einen starken, steuerlich freilich nicht einträglichen Zuzug von Rentnern verdeckt wird). Durch Zubilligung der Vorteile des DBA würden die erwerbstätigen Büsinger nur den Steuersatz zahlen, den sie zahlen müssten, wenn sie in der Schweiz lebten, und die Herausnahme aus der Grenzgänger-Regelung würde der faktischen Situation gerecht, dass in Büsingen Schweizer und nicht deutsche Lebenshaltungskosten anfallen. Damit hätte die Gemeinde gegenüber allen ihren Nachbargemeinden adäquate und damit faire Wettbewerbsbedingungen und wäre so nicht weiter von der jetzt anhaltenden demografischen Auszehrung bedroht.