Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1172 13. 12. 2016 1Eingegangen: 13. 12. 2016 / Ausgegeben: 27. 01. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder mit festgestelltem Förderbedarf besuchen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg eine Kindertagesstätte? 2. Wie viele davon sind in Förderkindertagesstätten, in integrativen Kindertagesstätten und wie viele in den Regelkindertagesstätten? 3. Wie ist die Verteilung der Kinder nach ihren Förderbedarfen auf unterschied - liche Formen der Kindertagesstätten in den letzten zehn Jahren? 4. Was beinhaltet das Konzept der integrativen Kindertagesstätten im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg? 5. Wie ist die Ausstattung der integrativen Kindertagesstätten hinsichtlich des Personalschlüssels und der räumlichen Ausstattung? 6. Wie viele Kinder werden durch Einzelintegrationen in baden-württembergischen Kindertagesstätten sowie im Zollernalbkreis seit 2006 betreut? 06. 12. 2016 Herre AfD Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Rahmenbedingungen der Inklusion in der Kindertagesstätte Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1172 2 B e g r ü n d u n g Kinder mit und ohne Behinderung haben ein Recht auf inklusive Betreuung und Bildung von der Kinderkrippe über die Kindertagesstätte und die Schule bis zur Berufsausbildung oder Hochschule. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirksamkeit inklusiver Bildung liegen seit vielen Jahren vor, die UN-Behindertenrechtskonvention hat Gesetzescharakter und Pläne zu ihrer schrittweisen Umsetzung in die gesellschaftliche Realität müssen zeitnah Gestalt annehmen und umgesetzt werden, damit Baden-Württemberg barrierefrei wird und möglichst alle Kinder ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert und gefordert werden können. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die aktuelle Situation im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. Januar 2017 Nr. 31-6930.0/768 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder mit festgestelltem Förderbedarf besuchen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg eine Kindertagesstätte? Die Kinder- und Jugendhilfestatistik nach §§ 98 ff. Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) erhebt nicht den festgestellten Förderbedarf eines Kindes. Erhoben werden Kinder, die in der Tageseinrichtung Eingliederungshilfe nach SGB XII/ SGB VIII wegen körperlicher, geistiger, drohender oder seelischer Behinderung erhalten. Nach dieser Abgrenzung wurden zum 1. März 2016 an Kindertageseinrichtungen im Zollernalbkreis insgesamt 57 Kinder betreut und an den Kinder - tageseinrichtungen im gesamten Land Baden-Württemberg 5.710 Kinder. 2. Wie viele davon sind in Förderkindertagesstätten, in integrativen Kindertagesstätten und wie viele in den Regelkindertagesstätten? 3. Wie ist die Verteilung der Kinder nach ihren Förderbedarfen auf unterschied - liche Formen der Kindertagesstätten in den letzten zehn Jahren? Tageseinrichtungen werden in der Kinder- und Jugendhilfestatistik unterschieden nach Einrichtungen mit integrativer Betreuung und nach Einrichtungen für behinderte Kinder. Das jeweilige Einrichtungsmerkmal bestimmt sich danach, wie viele Kinder zum Statistikstichtag an der Einrichtung Eingliederungshilfe nach SGB XII/SGB VIII wegen körperlicher, geistiger, drohender oder seelischer Behinderung erhalten. Landesweit haben sich zum 1. März 2016 insgesamt 2.965 Tages - einrichtungen als Einrichtungen mit integrativer Betreuung signiert und fünf Tageseinrichtungen als Einrichtungen für behinderte Kinder. Eingliederungshilfe nach dem SGB XII/VIII haben an diesen Einrichtungen 5.710 Kinder erhalten. Darunter 1.671 Kinder wegen körperlicher Behinderung, 1.225 Kinder wegen geis - tiger Behinderung und 3.622 Kinder wegen drohender oder seelischer Behinderung . Mehrfachsignaturen sind bei diesen Behinderungsmerkmalen möglich. Eine Zuordnung der Kinder auf Tageseinrichtungen mit integrativer Betreuung bzw. auf Tageseinrichtungen für behinderte Kinder ist auf Basis der vorliegenden Daten nicht möglich. Auf Kreisebene liegen keine entsprechenden Auswertungen vor. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1172 4. Was beinhaltet das Konzept der integrativen Kindertagesstätten im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg? Nach dem Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII), dem Kindertagesbetreuungsgesetz Baden-Württemberg (KiTaG) und dem Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kinder - tageseinrichtungen sollen Kinder mit und ohne Behinderungen in Gruppen gemeinsam gefördert werden, sofern der Hilfebedarf dies zulässt. Im Orientierungsplan wird ausgeführt, dass alle Kinder in Kooperation miteinander auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau spielen, lernen und arbeiten können sollen. Wesentliche individuelle Förderziele können erreicht werden, wenn die aktive Teilhabe am Gruppengeschehen gelingt. Die pädagogische Fachkraft „ist herausgefordert, die vorgefundene Vielfalt anzuerkennen, sie als Bereicherung zu verstehen und sich mit Bildungsbarrieren auseinanderzusetzen, diese abzubauen und Zugangswege zu erweitern“ (Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen, 2014, S. 48). Jede Gruppe einer Kindertageseinrichtung kann grundsätzlich integrativ geführt werden. Für einen im Einzelfall erhöhten Betreuungsbedarf sind die erforderlichen personellen und sachlichen Voraussetzungen in Erfahrung zu bringen und zu beachten. Über die Umsetzung dieser Richtlinien im Zollernalbkreis liegen dem Ministe - rium für Kultus, Jugend und Sport keine Erkenntnisse vor. Die Einschätzung, ob in konkreten Fällen ein besonderer Förderbedarf besteht, und welcher höhere Bedarf an Personal- und Sachaufwand im Einzelfall besteht, ist vor Ort vom Träger im Rahmen seiner Zuständigkeit und den Fachkräften der Einrichtungen in Koope - ration mit Fachstellen und gegebenenfalls mit dem Gesundheitsamt vorzunehmen. 5. Wie ist die Ausstattung der integrativen Kindertagesstätten hinsichtlich des Personalschlüssels und der räumlichen Ausstattung? Der Träger einer Kindertageseinrichtung bedarf für deren Betrieb einer Erlaubnis nach § 45 SGB VIII. Die Betriebserlaubnis ist beim Landesjugendamt des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) zu beantragen und wird erteilt, wenn die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind. Der Träger muss hierfür die erforderlichen fachlichen, konzeptionellen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen sicherstellen. Für jedes Kind mit Behinderung und/oder Förderbedarf ist individuell zu prüfen, an welchem Förderort die bestmögliche Erziehung, Bildung und Betreuung umgesetzt werden kann. Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern ist ebenso maßgeblich . Bei Neubauten wird vom KVJS empfohlen, räumliche Ressourcen für zusätzliche Förderung mit einzuplanen und Barrierefreiheit zu gewährleisten. In schon bestehenden Kitas wird dahingehend beraten, für Kinder mit Förderbedarf konzeptionell Raumangebote für ggf. individuelle Förderung auszuweisen. Ein eventueller zusätzlicher im Einzelfall zu ermittelnder Betreuungsbedarf von Kindern mit Behinderung, die in integrativen Gruppen gemäß § 1 Abs. 4 und § 2 Abs. 2 KiTaG betreut werden, ist von dem für die jeweilige Gruppe gültigen Mindestpersonalschlüssel nicht abgedeckt. Als Orientierung berät der KVJS, eine Besetzung mit mindestens zwei Fachkräften während der gesamten Öffnungszeit anzustreben . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1172 4 6. Wie viele Kinder werden durch Einzelintegrationen in baden-württembergischen Kindertagesstätten sowie im Zollernalbkreis seit 2006 betreut? Da die Einzelintegration kein Erhebungsmerkmal der Kinder- und Jugendhilfe - statistik ist, kann die Frage nicht beantwortet werden. Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport