Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1182 16. 12. 2016 1Eingegangen: 16. 12. 2016 / Ausgegeben: 23. 01. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass gesetzliche Krankenversicherungen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg Hausärzte anhalten, Patientinnen und Patienten weder Massagen, Naturheilverfahren, osteophatische Behandlungen, bestimmte Behandlungen, Medikamente sowie Überweisungen an Fachärzte, Ergotherapeuten oder Physiotherapeuten nicht mehr zu verschreiben? 2. Müssen Ärzte nach ihrer Einschätzung befürchten, sofern sie ihrem Eid nachkommen und entsprechend dem Bedarf ihrer Patienten Behandlungen und Medikamente verschreiben, dass sie dann selbst für diese aufkommen müssen? 3. Warum dürfen gesetzliche Krankenversicherungen im deutschen Fernsehen überhaupt bei Sportveranstaltungen wie Skispringen oder Biathlon als Sponsor auftreten? 4. Ist ihr bekannt, wie hoch die Beträge der gesetzlichen Krankenversicherer in Baden-Württemberg sind, die sie für Werbung und Sponsoring von Spitzen - sport aller Art ausgeben (bitte nach Verbänden, Werbeindustrie, Fernsehanstalten , Einzelpersonen und Presse ab 1990 auflisten)? 5. Ist ihr bekannt, wie hoch die Zuwendung aller Kassen an Sportler und Verbände sind (bitte nach Verbänden und Einzelpersonen auflisten ab 1990)? 6. Wie hoch sind die Ausgaben von gesetzlichen Krankenversicherungen in Baden -Württemberg für Werbeblöcke im deutschen Fernsehen − vorwiegend in Baden-Württemberg (bitte das Volumen der einzelnen am Markt in Baden- Württemberg tätigen gesetzlichen Krankenversicherungen in Baden-Württemberg ab 1990 auflisten)? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Verschreibungsstopp von gesetzlichen Kranken versiche - rungen gegenüber Hausärzten, Verwendung der Versiche - rungsbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung für Vorstandsgehälter und Sportveranstaltungen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 2 7. Wie hoch schätzt sie den dadurch entstehenden Schaden für die Versicherten, wenn im Gegenzug dadurch Beitragseinnahmen für Behandlungen aller Art im medizinischen Bereich nicht mehr verordnet werden und dies mit Sparzwängen begründet wird? 8. Warum müssen Patientinnen und Patienten in der Regel mehrere Anträge stellen , um eine Kur bekommen? 9. Warum werden aus ihrer Sicht in jeder Krankenkasse mehrere Vorstände und Vertreter gebraucht, die sich aus den Einnahmen der Versicherten ein Gehalt in Höhe von 336.000 Euro bezahlen? 10. Wie viele Budgetüberschreitungen, Strafzahlungen und Aufgaben von Arztsitzen sind ihr bekannt (bitte nach Volumen, Summen und Arztsitzaufgaben nach Landkreisen auflisten seit 1990)? 08. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Der SWR (Südwestrundfunk) berichtete am 5. Dezember 2016 in den Abendstunden , dass Hausärzte angehalten werden, möglichst keine Rezepte mehr für Naturheilverfahren mehr auszustellen, da sie diese sonst selbst tragen müssten. Darüber hinaus werden alle Kunden in Arztpraxen von Baden-Württemberg mit Aushängen ihrer Arztpraxen informiert. Somit schränken viele Kassen ihr Leistungsangebot ein, obwohl sie genau mit diesen Angeboten zuvor werben und dies offen anbieten . Von besorgten Bürgerinnen und Bürgern wird der Fragesteller in Fußgängerzonen im Zollernalbkreis angesprochen, warum die gesetzlichen Krankenversicherer Sportlern z. B. im Biathlon, Skispringern und andere Mittel zur Verfügung stellen sowie nahezu auf jedem Kanal Werbung im TV oder in Zeitschriften machen. Die Ärztezeitung berichtet am 7. März 2016 in ihrer Ausgabe, dass Vorstände von gesetzlichen Krankenversicherungen und Kassenchefs 305.398 Euro Gehalt beziehen, bzw. der Verbandschef bei 336.192 Euro gelistet wird. Es stellt sich zunehmend die Frage, woher die Gelder kommen, die die Vorstände und ihre Vertreter an Gehältern beziehen. Die ständig steigenden Beiträge und die strikten Ablehnungen von Behandlungen gegenüber den Versicherten sind so nicht mehr zu rechtfertigen. Wenn Ärzte und Patienten von ihren Kassen sowie den Entscheidungsträgern aus den Vorständen der gesetzlichen Krankenversicherungen und Politik im Stich gelassen werden, ist solch ein Handeln und ein Wegschauen der Politik nicht mehr zu rechtfertigen. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die Situation und der Verwendungszweck der Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen und die daraus entstehen Folgen im Zollernalbkreis und Baden-Württemberg näher beleuchtet werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Januar 2017 Nr. 5-0141.5/71 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass gesetzliche Krankenversicherungen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg Hausärzte anhalten, Patientinnen und Patienten weder Massagen, Naturheilverfahren, osteophatische Behandlungen, bestimmte Behandlungen, Medikamente sowie Überweisungen an Fachärzte, Ergotherapeuten oder Physiotherapeuten nicht mehr zu verschreiben? Der Landesregierung liegen darüber keine Erkenntnisse vor. 2. Müssen Ärzte nach ihrer Einschätzung befürchten, sofern sie ihrem Eid nachkommen und entsprechend dem Bedarf ihrer Patienten Behandlungen und Medikamente verschreiben, dass sie dann selbst für diese aufkommen müssen? Gemäß § 106 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots in der vertragsärztlichen Versorgung wird durch eine Arbeitsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) und den Landesverbänden der Krankenkassen in Baden-Württemberg sichergestellt. Es handelt sich dabei um die Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen (Prüfstelle Baden-Württemberg nach § 106 c SGB V). Es ist somit der Wille des Bundesgesetzgebers, dass bei der Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet wird, demzufolge unwirtschaftliche Leistungen nicht bewirkt werden dürfen (§ 12 SGB V). Neben der ärztlichen Verordnungsweise unterliegt auch die Behandlungsweise der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die Prüfungsstelle Baden-Württemberg ist daher insbesondere befugt, bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens (sog. Budgetüberschreitung ) auf die Verordnungsweise des Arztes einzuwirken. Dabei gilt der Grundsatz „Beratung vor Regress“. Die vom Gesetzgeber durch das Wirtschaftlichkeitsgebot vorgegebene Mengenbegrenzung stellt Ärzte in ihrem Praxisalltag vor die Herausforderung, einerseits sich streng daran zu halten, unwirtschaftliche Leistungen nicht zu verordnen, andererseits jedoch die Patienten ausreichend und zweckmäßig mit Heilmitteln zu versorgen. Ärzte, die ihr Richtgrößenvolumen überschreiten, werden zunächst beraten. Dabei erhalten sie Hinweise, wie sie ihr Verordnungsverhalten wirtschaftlich gestalten und mittels besonderer Verordnungsbedarfe und Langfristverordnungen und einer Dokumentation solcher „Praxisbesonderheiten“ ihre Patienten dennoch bedarfsgerecht mit notwendigen Heilmitteln versorgen können. Damit Ärzte besser darüber informiert sind, wie sie sich innerhalb des rechtlichen Rahmens verhalten können, hat die KVBW im Sommer 2016 eine sogenannte „Tour de Ländle Heilmittel“ durchgeführt, an der nach Angaben der KVBW über 3.000 Ärzte teilnahmen. Auf diese Weise hat die KVBW die betroffenen Ärzte über eine rationale Heilmitteltherapie, auch unter Berücksichtigung der sog. besonderen Verordnungsbedarfe sowie der langfristigen Heilmittelversorgung informiert . 3. Warum dürfen gesetzliche Krankenversicherungen im deutschen Fernsehen überhaupt bei Sportveranstaltungen wie Skispringen oder Biathlon als Sponsor auftreten? Auch im Gesundheitsbereich gilt der Grundsatz „Wettbewerb bzw. Konkurrenz belebt das Geschäft“ und entsprechend hat der Wettbewerb in der Gesetzlichen Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 4 Krankenversicherung (GKV) eine der Gesundheitsversorgung der Versicherten dienende Funktion. Durch Wettbewerb sollen die Leistungen und ihre Qualität verbessert sowie Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Versorgung und ihrer Strukturen erzielt werden. Um die Rechtmäßigkeit des wettbewerblichen Handelns der Krankenkassen gleichmäßig sicherzustellen, haben sich die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder am 19. März 1998 darauf verständigt, ihre Aufsichtspraxis an konkretisierten gemeinsamen Maßstäben („Wettbewerbsgrundsätzen“ – zuletzt aktualisiert am 11. November 2015) auszurichten. Möglichkeiten zur Gestaltung und mithin wettbewerbliche Auswirkungen ergeben sich auf dem Gebiet der allgemeinen Aufklärung (§ 13 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ), auf dem Gebiet der Verträge (v. a. besondere Versorgung nach § 140 a SGB V), der Modellvorhaben (§ 20 g, §§ 63 bis 65 SGB V), der Bonus - regelung für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65 a SGB V), der strukturierten Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (§ 137 f SGB V) sowie durch Satzungsmehrleistungen. Den Krankenkassen steht einerseits grundsätzlich die Möglichkeit offen, sich und ihre Aktivitäten den potenziellen Versicherten darzustellen. Dabei haben sie die allgemeinen Wertungsmaßstäbe der §§ 1, 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten, d. h. die Werbung der Krankenkassen darf nicht unlauter sein. Gleichzeitig sind die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung im Wettbewerb untereinander besonderen Bedingungen unterworfen , die über jene des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb hinausgehen , da ihre Ausgaben durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber finanziert werden, sie gesetzlich zu sparsamer und wirtschaftlicher Mittelverwendung verpflichtet sind und ihr Wettbewerb ihrem sozialen Auftrag angemessen sein muss. Nach den Wettbewerbsgrundsätzen sind Maßnahmen, die auf Gewinnen und Halten von Mitgliedern gerichtet sind und die weder der Leistungserbringung noch der allgemeinen Aufklärung dienen, allgemeine Werbemaßnahmen. Hierzu zäh - len auch Ausgaben und Unterstützungsleistungen für Sportvereine und -veranstaltungen , soweit es sich nicht um Präventionsmaßnahmen handelt. Als Mittel allgemeiner Werbemaßnahmen kommen grundsätzlich alle zur Verfügung stehenden Medien in Betracht. Trikotwerbung, Banden- und Fußbodenwerbung sind als allgemeine Werbemaßnahmen ausdrücklich erlaubt. 4. Ist ihr bekannt, wie hoch die Beträge der gesetzlichen Krankenversicherer in Baden-Württemberg sind, die sie für Werbung und Sponsoring von Spitzen - sport aller Art ausgeben (bitte nach Verbänden, Werbeindustrie, Fernsehanstalten , Einzelpersonen und Presse ab 1990 auflisten)? 5. Ist ihr bekannt, wie hoch die Zuwendung aller Kassen an Sportler und Verbände sind (bitte nach Verbänden und Einzelpersonen auflisten ab 1990)? 6. Wie hoch sind die Ausgaben von gesetzlichen Krankenversicherungen in Baden -Württemberg für Werbeblöcke im deutschen Fernsehen − vorwiegend in Baden-Württemberg (bitte das Volumen der einzelnen am Markt in Baden- Württemberg tätigen gesetzlichen Krankenversicherungen in Baden-Württemberg ab 1990 auflisten)? Die gesetzlichen Krankenkassen sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts finanziell und organisatorisch unabhängig. Sie führen die ihnen staatlich zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich durch. In der Bundesrepublik Deutschland sind derzeit 117 gesetzliche Krankenkassen tätig (Stand: 1. September 2016). Die Aufsicht über die sogenannten bundesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkassen sowie die bei ihnen jeweils errichteten Pflegekassen führt das Bundesversicherungsamt . Bundesunmittelbar sind die Kassen, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehr als drei Bundesländer erstreckt. Krankenkassen, deren Tätigkeitsgebiet auf bis zu drei Bundesländer beschränkt ist, unterliegen der Landesaufsicht. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 Das Ministerium für Soziales und Integration führt die Rechtsaufsicht über die AOK Baden-Württemberg, den BKK Landesverband Süd sowie über acht landesunmittelbare Betriebskrankenkassen. Aussagen zu den Ausgaben für allge - meine Werbemaßnahmen sind dem Ministerium für Soziales und Integration daher nur für diese gesetzlichen Krankenkassen möglich. Nach der amtlichen Statistik KJ1 (gesetzliche Krankenversicherung: endgültige Rechnungsergebnisse) wendeten die landesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkassen insgesamt 14.555.583,42 Euro für allgemeine Werbemaßnahmen (Konto 7108) im Jahr 2015 auf. Für das Jahr 2016 liegt das endgültige Rechnungsergebnis der gesetzlichen Krankenkassen noch nicht vor. Eine detaillierte Auflistung der Ausgaben aller Krankenkassen, die in Baden- Württemberg agieren, aber auch der landesunmittelbaren Krankenkassen für Werbung und Sponsoring von Spitzensport aller Art nach Verbänden, Werbeindustrie, Fernsehanstalten, Einzelpersonen und Presse ab 1990 liegt der Landesregierung nicht vor. Dies gilt auch für die Höhe von Zuwendungen aller Kassen an Sportler und Verbände und für die Höhe der Ausgaben von gesetzlichen Krankenversicherungen in Baden-Württemberg für Werbeblöcke im deutschen Fernsehen. Auf Grund der finanziellen und organisatorischen Unabhängigkeit der gesetzlichen Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, steht diesen eine hohe Einschätzungsprärogative bei der Verwendung ihrer Mittel zu. Regelmäßige Prüfungen durch die staatliche Aufsicht lassen aber keine Zweifel an der Wahrung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erkennen. 7. Wie hoch schätzt sie den dadurch entstehenden Schaden für die Versicherten, wenn im Gegenzug dadurch Beitragseinnahmen für Behandlungen aller Art im medizinischen Bereich nicht mehr verordnet werden und dies mit Sparzwängen begründet wird? Im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit von allgemeinen Werbemaßnahmen ist seitens der Landesregierung kein Schaden für die Versicherten ersichtlich. 8. Warum müssen Patientinnen und Patienten in der Regel mehrere Anträge stellen , um eine Kur bekommen? Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen gehören zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Hierbei sind die bundesrechtlichen Bestimmungen im SGB V maßgebend. Medizinische Vorsorgeleistungen (sog. „Kuren“) nach § 23 SGB V können angezeigt sein zur Verhütung einer drohenden Krankheit oder zur Vermeidung einer Verschlimmerung bei bestehender Erkrankung. Medizinische Rehabilitationsleistungen nach § 40 SGB V können bewilligt werden , um schwerwiegende Krankheitsfolgen zu mindern, insbesondere Pflegebedürftigkeit abzuwenden. Bei medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ist jeweils zwischen ambulanten und stationären Maßnahmen zu unterscheiden. Es gilt jeweils der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Die Entscheidung über die Bewilligung medizinischer Vorsorge- und Rehabili - tationsleistungen liegt bei der Krankenkasse. Dabei sind die durch das SGB V in § 23 und § 40 SGB V vorgegebenen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Das Verfahren bis zu einer Entscheidung sieht in der Regel folgendermaßen aus: Ergibt sich aus einem Beratungsgespräch mit dem behandelnden Arzt, dass Leis - tungen zur medizinischen Rehabilitation notwendig sein können, teilt der Arzt dies der Krankenkasse auf einem Vordruck mit. Ist die Krankenkasse zuständig, fordert sie den Arzt auf, eine „Verordnung von medizinischer Rehabilitation“ auszustellen . Der behandelnde Arzt äußert sich in einem mehrseitigen Formular zur Notwendigkeit der beantragten Maßnahme und begründet diese medizinisch. Die Krankenkassen sind nach § 275 SGB V verpflichtet, Vorsorge- und Rehabilitationsanträge bei Zweifeln sowie in einer Stichprobe vor Bewilligung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfen zu lassen. Für die MDK-Begutachtung sollten möglichst aussagekräftige Befunde und Unterlagen vorgelegt werden. Die Versicherten können die Krankenkasse bei der Beschaf- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 6 fung der Unterlagen unterstützen. In den meisten Fällen kann der MDK anhand der vorliegenden Unterlagen beurteilen, ob die beantragte Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung medizinisch notwendig und geeignet ist. Nur in besonderen Fällen ist eine persönliche Begutachtung erforderlich. Sollte der MDK die beantragte Maßnahme nicht empfehlen, wird dies ausführlich begründet und der Gutachter zeigt konkrete Alternativvorschläge auf. Die Krankenkasse entscheidet auf der Grundlage des Antrages des Versicherten, der Verordnung des Vertragsarztes, der Beurteilung durch den MDK sowie falls erforderlich weiterer Unterlagen über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Sollte es am Ende dieses mehrstufigen Verfahrens zu einer Ablehnung von medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitationsleistungen kommen, erfolgt diese durch einen schriftlichen Ablehnungsbescheid der Krankenkasse, aus dem sich in aller Regel auch ergibt, innerhalb welcher Frist dagegen Widerspruch eingelegt werden kann. Der Versicherte sollte sich in diesem Fall mit seinem Arzt in Verbindung setzen und ggf. auch rechtliche Hilfestellung einholen. Schon im Vorfeld ist es ggf. sinnvoll, sich durch Dritte beraten zu lassen. 9. Warum werden aus ihrer Sicht in jeder Krankenkasse mehrere Vorstände und Vertreter gebraucht, die sich aus den Einnahmen der Versicherten ein Gehalt in Höhe von 336.000 Euro bezahlen? Nach § 35 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) verwaltet bei den Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie den Ersatzkassen der Vorstand die Krankenkasse und vertritt die Krankenkasse gerichtlich und außergerichtlich, soweit das Gesetz und sonstiges für die Krankenkasse maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen. Dabei üben die Mitglieder des Vorstands ihre Tätigkeit hauptamtlich aus. Der Vorstand besteht bei Krankenkassen mit bis zu 500.000 Mitgliedern aus höchstens zwei Personen, bei mehr als 500.000 Mitgliedern aus höchstens drei Personen. Die Mitglieder des Vorstands vertreten sich gegenseitig . Besteht der Vorstand nur aus einer Person, hat der Verwaltungsrat einen leitenden Beschäftigten der Krankenkasse mit dessen Stellvertretung zu beauftragen . In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber Obergrenzen für die Zahl der Vorstandsmitglieder festgelegt. Innerhalb dieser Obergrenzen entscheidet die Krankenkasse eigenverantwortlich über die Zahl der Vorstandsmitglieder. Im Interesse einer sinnvollen Arbeitsteilung und um auf die jeweiligen Marktsituationen schnell reagieren zu können, kann das Ausschöpfen dieser Obergrenzen erforderlich sein. Hingegen ist es durchaus möglich, dass der Vorstand nur aus einer Person besteht. Dies entscheidet jedoch die Selbstverwaltung. Die Vergütung der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder wird vertraglich vereinbart . Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sind seit 2004 die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen in einer Übersicht jährlich zum 1. März im Bundesanzeiger und gleichzeitig, begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse, in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen. Mit der Veröffent - lichungspflicht wird die notwendige Transparenz beim Inhalt der Vorstandsverträge geschaffen. Für die Verwendung der Beiträge der gesetzlichen Mitglieder von Krankenkassen und der sonstigen zur Beitragszahlung Verpflichteten gilt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Mit der Einfügung von § 35 a Abs. 6 a SGB IV zum 13. August 2013 hat der Gesetzgeber in besonderem Maße zum Ausdruck gebracht und den Verwaltungsrat verpflichtet, dass die Vergütung der Vorstandsmitglieder in angemessenem Verhältnis zum Aufgabenbereich, der Größe und Bedeutung der Krankenkasse zu stehen hat und insbesondere die Mitgliederzahl zu berücksichtigen ist. Des Weiteren ist ein Zustimmungsvorbehalt der zuständigen Aufsichtsbehörde zum Vorstandsdienstvertrag erforderlich. Dies führt auch dazu, dass einheitliche Standards durch die Aufsichtsbehörden festgelegt und mit dem Ziel durchgesetzt werden können, in Einzelfällen grob unwirtschaftliche Verein- 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1182 barungen auszuschließen und im Allgemeinen einen unangemessenen Anstieg des Vergütungsniveaus zu verhindern. Da die selbstverwalteten Krankenkassen ihre Aufgaben im Rahmen der gesetz - lichen Bestimmungen in eigener Verantwortung erfüllen und ihnen bei Anwendung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine Einschätzungsprärogative zusteht, welche die Aufsichtsbehörde grundsätzlich zu achten hat, ergeben sich trotz des formellen Zustimmungserfordernisses zu den Vorstandsdienstverträgen Gestaltungsspielraume für die Selbstverwaltung. Im Übrigen handelt es sich bei den genannten Gehältern um die höchsten Vorstandsgehälter bei einer bundesunmittelbaren Krankenkasse bzw. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung , die der Aufsicht des Bundes unterstehen. 10. Wie viele Budgetüberschreitungen, Strafzahlungen und Aufgaben von Arztsitzen sind ihr bekannt (bitte nach Volumen, Summen und Arztsitzaufgaben nach Landkreisen auflisten seit 1990)? Die KVBW verfügt über keine statistischen Daten, die Aufschluss darüber geben, wie viele Praxen in Baden-Württemberg mangels eines Nachfolgers geschlossen werden mussten. Grund dafür ist, dass Ärzte, die in einem offenen Planungsbereich eine Neuzulassung beantragen, nicht verpflichtet sind, in ihrem Zulassungsantrag anzugeben, ob sie eine bestehende Praxis übernehmen oder ob sie eine Praxis neu gründen. Im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 Abs. 1 SGB V (siehe Antwort zu Ziffer 2) gilt der Grundsatz „Beratung vor Regress“. Strafzahlungen (Regresse) werden daher nur in Ausnahmefällen fällig. Eine detaillierte Auflis - tung rechtskräftiger Regresse ab dem Jahr 1990 liegt der Landesregierung nicht vor. In Vertretung Prof. Dr. Hammann Ministerialdirektor