Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1194 20. 12. 2016 1Eingegangen: 20. 12. 2016 / Ausgegeben: 16. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Durchschnittsrente im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg in den vergangenen dreißig Jahren bei Männern und Frauen entwickelt ? 2. Wie viele Rentnerinnen und Rentner im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg erhalten derzeit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII (bitte aufteilen nach Altersgruppen und aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 3. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger schaffen es nicht, bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters zu arbeiten (statistische Aufstellung bzw. prozentuale Darstellung der Einwohner im Zollernalbkreis und der in Baden-Württemberg lebenden Menschen)? 4. Wie hat sich die Anzahl der Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in den vergangenen zehn Jahren im Zollernalbkreis sowie Baden-Württemberg entwickelt? 5. Wie hoch sind derzeit die Kosten für die Grundsicherung im Alter für Menschen ab 65 Jahren im Zollernalbkreis sowie Baden-Württemberg? 6. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt sie, um prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken, die Altersarmut begünstigt? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Altersarmut in Baden-Württemberg sowie armutsfeste Grundsicherung im Zollernalbkreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 2 7. Welche Bundesratsinitiativen strebt sie an, die eine Überwindung der Unterschiede im Rentenrecht für Ost und West zum Ziel haben? 8. Wie hat sich die betriebliche Altersversorgung im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg in den vergangenen dreißig Jahren entwickelt? 07. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Der in diesem Jahr vorgestellte Bericht zur Armutsentwicklung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes konstatiert, dass die Altersarmut seit 2006 stark zunimmt. So hat sich die Zahl der älteren Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, in elf Jahren praktisch verdoppelt. Die Prognose ist bedrückend : Rentnerinnen und Rentner sind diejenige Gruppe, für die in den nächs - ten Jahren und Jahrzehnten die Armut dramatisch ansteigen wird, wenn die Politik nicht gegensteuert − beispielsweise durch eine armutsfeste Grundrente. Der Grundstein für Armut im Alter wird im Erwerbsleben gelegt. Grund sind gebrochene Erwerbsbiografien nach 1990, die auch im Zollernalbkreis durch Arbeits - losigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die Einführung von Hartz IV geprägt sind. Wer bei Eintritt in das Rentenalter arm ist, bleibt es. Für Betroffene ist es eine ausweglose Situation, wenn das Geld zum Lebensunterhalt und für oft notwendige Medikamente und Therapien nicht reicht. Mit dieser Kleinen Anfrage soll dieses Thema für den Zollernalbkreis und Baden-Württemberg näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 Nr. 35-0141.5/16/1194 beantwortet das Minis - terium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Durchschnittsrente im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg in den vergangenen dreißig Jahren bei Männern und Frauen entwickelt ? Es wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 2. Wie viele Rentnerinnen und Rentner im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg erhalten derzeit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII (bitte aufteilen nach Altersgruppen und aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Es wird auf die nachfolgende Übersicht verwiesen. Eine weitergehende Aufschlüsselung ist nicht möglich. Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung am Ende des Jahres 2015 (65 Jahre und älter): Sozialhilfeträger Altersgrenze 65 Jahre und älter Alb-Donau-Kreis 526 Stadt Baden-Baden 843 Landkreis Biberach 676 Landkreis Böblingen 1.348 Bodenseekreis 1.080 Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald 1.001 Landkreis Calw 516 Landkreis Emmendingen 722 Enzkreis 448 Landkreis Esslingen 1.995 Stadt Freiburg im Breisgau 1.935 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 4 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Sozialhilfeträger Altersgrenze 65 Jahre und älter Landkreis Freudenstadt 426 Landkreis Göppingen 1.130 Stadt Heidelberg 1.130 Landkreis Heidenheim 601 Landkreis Heilbronn 1.179 Stadt Heilbronn 913 Hohenlohekreis 366 Landkreis Karlsruhe 1.293 Stadt Karlsruhe 2.814 Landkreis Konstanz 1.564 Landkreis Lörrach 980 Landkreis Ludwigsburg 1.758 Main-Tauber-Kreis 480 Stadt Mannheim 3.139 Neckar-Odenwald-Kreis 603 Ortenaukreis 1.814 Ostalbkreis 1.150 Stadt Pforzheim 1.101 Landkreis Rastatt 1.099 Landkreis Ravensburg 1.259 Rems-Murr-Kreis 1.819 Landkreis Reutlingen 1.248 Rhein-Neckar-Kreis 2.178 Landkreis Rottweil 562 Landkreis Schwäbisch Hall 690 Schwarzwald-Baar-Kreis 1.080 Landkreis Sigmaringen 454 Stadt Stuttgart 5.257 Landkreis Tübingen 753 Landkreis Tuttlingen 555 Stadt Ulm 909 Landkreis Waldshut 648 Zollernalbkreis 519 Kommunalverband für Jugend und Soziales 67 Baden-Württemberg insgesamt 52.628 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 3. Wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger schaffen es nicht, bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters zu arbeiten (statistische Aufstellung bzw. prozentuale Darstellung der Einwohner im Zollernalbkreis und der in Baden-Württemberg lebenden Menschen)? Nachdem 82 Prozent der Senioren und 92 Prozent der Seniorinnen ihre Renten - leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten (Quelle: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 10/2016 „Lebenssituation älterer Menschen in Baden-Württemberg“), beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen auf den Personenkreis der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Versichertenstatistik der Deutschen Rentenversicherung Bund kann entnommen werden , dass in Baden-Württemberg im Jahr 2015 1,82 Prozent in der Altersgruppe 59 Jahre und jünger eine Rente (Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) bezogen haben; im Zollernalbkreis lag der Anteil bei 2,8 Prozent. Für die Altersgruppe 60 Jahre und älter lässt sich die Zahl der Rentenbeziehenden sowie deren prozentualer Anteil an allen Versicherten und Rentnerinnen und Rentnern den angeschlossenen Tabellen „Bundesland Baden-Württemberg – Versicherte und Rentner am 31. Dezember 2015“ (Anlage 1) und „Zollernalbkreis – Versicherte und Rentner am 31. Dezember 2015“ (Anlage 2) entnehmen. Die individuellen Gründe für die gewählte Rentenart und den Beginn können aus der Rentenstatistik nicht abgeleitet werden. 4. Wie hat sich die Anzahl der Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in den vergangenen zehn Jahren im Zollernalbkreis sowie Baden-Württemberg entwickelt? Es wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 6 5. Wie hoch sind derzeit die Kosten für die Grundsicherung im Alter für Menschen ab 65 Jahren im Zollernalbkreis sowie Baden-Württemberg? Die Statistik über die Einnahmen und Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII enthält keine Aufteilung der Nettoausgaben nach den Personenkreisen der dauerhaft Erwerbsgeminderten und der über 65-jährigen Leistungsbezieher. Eine entsprechende Differenzierung ist aber seit 2016 im Rahmen der Bundeserstattung nach § 46 a SGB XII vorzunehmen. Da die Bundeserstattung quartalsweise erfolgt und das 4. Quartal 2016 noch nicht abgerechnet ist, wurden die Nettoausgaben für das 4. Quartal 2016 auf der Grundlage der Nettoausgaben für das 1. bis 3. Quartal 2016 hochgerechnet . Danach ergeben sich für das Jahr 2016 hochgerechnet folgende Nettoausgaben der Stadt- und Landkreise: Kreis Bundeserstattung 2016 Euro Alb-Donau-Kreis 1.917.351,86 Baden-Baden 5.460.032,76 Biberach 3.107.082,95 Böblingen 7.082.035,18 Bodenseekreis 4.679.412,36 Breisgau-Hochschwarzwald 5.043.989,16 Calw 2.542.950,37 Emmendingen 3.706.587,13 Enzkreis 1.960.758,59 Esslingen 10.740.616,03 Freudenstadt 1.911.990,63 Freiburg 12.850.784,63 Göppingen 5.120.918,56 Heidelberg 7.407.950,82 Heidenheim 2.618.877,75 Heilbronn Land 5.030.920,53 Heilbronn Stadt 5.191.775,74 Hohenlohekreis 1.590.353,69 Karlsruhe Land 6.005.133,90 Karlsruhe Stadt 18.238.050,64 Konstanz 8.001.318,01 Lörrach 5.417.139,25 Ludwigsburg 9.177.270,72 Main-Tauber-Kreis 2.084.053,39 Mannheim 19.855.655,82 Neckar-Odenwald-Kreis 2.636.170,46 Ortenaukreis 8.267.121,48 Ostalbkreis 4.887.970,75 Pforzheim 5.602.224,76 Rastatt 5.422.279,67 Ravensburg 5.610.044,60 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 6. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt sie, um prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken , die Altersarmut begünstigt? Prekäre Beschäftigung zeichnet sich durch ein erhöhtes Armutsrisiko der Beschäftigten aus, welches zusätzlich von der persönlichen Berufsbiografie und dem persönlichen Haushaltskontext abhängig ist. Besonders hohe Prekaritätsrisiken bestehen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unterbrochenen Erwerbsverläufen und/oder geringer beziehungsweise ganz fehlender beruflicher Qualifikation sowie Beschäftigte im Niedriglohnbereich, aber auch für atypisch Beschäftigte . Allerdings können atypische Beschäftigungsformen (befristete Beschäftigung, Teil - zeitbeschäftigung mit bis zu 20 Wochenstunden, ausschließlich geringfügige Beschäftigung und Zeitarbeit) nicht durchgängig mit prekärer Beschäftigung gleichgesetzt werden. Vor allem Personen, die freiwillig atypische Beschäftigung einem Normalarbeitsverhältnis vorziehen, zählen im Allgemeinen nicht zu den prekär Beschäftigten. Der Übergang in ein Normalarbeitsverhältnis stellt einen sicheren Weg aus pre - kären Beschäftigungen dar. Der Zugang zum Normalarbeitsverhältnis setzt im Regelfall einen Berufsabschluss bzw. einen Zugang zu überbetrieblicher und betrieblich-beruflicher Weiterbildung voraus. Zudem sind flankierend Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit (Gesundheitsförderung ) notwendig. Die Landesregierung sieht deshalb in der Förderung der beruflichen Bildung und der Sicherung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft sowie der Förderung eines effizienten Betrieblichen Gesundheitsmanagements einen wichtigen Schritt zum Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Zur Verwirklichung dieser Ziele hat die Landesregierung die Fachkräfteallianz Baden-Württemberg gegründet. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaftsorganisationen, der Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit , den kommunalen Spitzenverbänden, den regionalen Wirtschaftsfördergesellschaften und des Landesfrauenrates soll damit der Fachkräftebedarf für die Zukunft gesichert werden. Dabei soll unter anderem die berufliche Aus- und Weiterbildung verstärkt, die Beschäftigung von Frauen, von älteren Personen und von Menschen mit Migrationshintergrund erhöht werden (http://wm.baden-wuerttemberg .de/de/arbeit/allianz-fuer-fachkraefte/). Kreis Bundeserstattung 2016 Euro Rems-Murr-Kreis 8.495.985,12 Reutlingen 6.582.438,16 Rhein-Neckar-Kreis 8.806.586,94 Rottweil 2.551.242,78 Schwäbisch Hall 3.621.900,13 Schwarzwald-Baar-Kreis 4.834.146,84 Sigmaringen 2.223.204,32 Stuttgart 34.518.770,65 Tübingen 3.778.943,52 Tuttlingen 2.340.501,92 Ulm 5.469.506,26 Waldshut 3.248.816,38 Zollernalbkreis 2.221.485,93 Summe Kreise 277.862.351,14 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1194 8 Darüber hinaus zielt das Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses in Baden-Württemberg 2015 bis 2018 darauf ab, das hohe Qualitätsniveau der beruflichen Bildung zu sichern und weiterzuentwickeln. Dabei werden künftige wirtschafts- und gesellschaftspolitische Herausforderungen berücksichtigt. Zu den einzelnen Maßnahmen wird auf das Bündnispapier verwiesen (http://wm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-wm/intern/Dateien_ Downloads/Arbeit/Berufliche_Bildung/Ausbildungsbuendnis_2015_2018.pdf). Mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds für Baden-Württemberg zur Integration und Verbesserung des Zugangs in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt werden auch Maßnahmen für armutsgefährdete und arbeitsmarktferne Personengruppen gefördert, die prekärer Beschäftigung entgegenwirken und damit Armut und langfristig Altersarmut verhindern. Das Thema Altersarmut und die Faktoren, die dazu führen, war auch Gegenstand des im November 2015 veröffentlichten Ersten Armuts- und Reichtumsberichts des Landes. Danach haben ältere Menschen in Baden-Württemberg insgesamt im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein leicht erhöhtes Armutsrisiko. Ein Ergebnis dieses Berichts war die Initiierung des Ideenwettbewerbs für Strategien gegen Armut im Jahr 2015, der durch die Förderung von ausgewählten Projekten im Land Gelegenheit bietet, erfolgversprechende Ansätze zu verwirklichen und zur Nachahmung vorzustellen. Die Projekte betreffen auch die Bereiche Prävention der Altersarmut von Frauen, Entwicklung eines speziellen Konzepts der Schuld - nerberatung für ältere Menschen sowie Schuldnerberatung für Ältere im Stadtteil. 7. Welche Bundesratsinitiativen strebt sie an, die eine Überwindung der Unterschiede im Rentenrecht für Ost und West zum Ziel haben? Der Bundesrat hat die Bundesregierung in der Vergangenheit wiederholt darum gebeten, die Rentenangleichung Ost–West zügig voranzubringen, da er der Auffassung ist, dass dies ein wesentlicher und notwendiger Schritt im Prozess des Zusammenwachsens von Ost und West ist (Beschluss des Bundesrates vom 29. Januar 2016, Drucksache 585/15). Ende November 2016 hat sich die Regierungskoalition auf Bundesebene nun auf eine Angleichung der Renten in Ost und West in sieben Schritten verständigt. Bezüglich der konkreten Regelungen bleibt der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt werden soll, abzuwarten. 8. Wie hat sich die betriebliche Altersversorgung im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg in den vergangenen dreißig Jahren entwickelt? Der Landesregierung liegen keine repräsentativen Daten über die Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung im Zollernalbkreis sowie in Baden-Württemberg in den vergangenen dreißig Jahren vor. Lucha Minister für Soziales und Integration 9 10