Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1225 14. 12. 2016 1Eingegangen: 14. 12. 2016 / Ausgegeben: 24. 01. 2017 Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Fernwärmepreis in Böblingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die abermalige Erhöhung des Grundpreises für Fernwärme in Böblingen zum 1. Januar 2017 bei gleichzeitiger Herabsetzung des Arbeitspreises? 2. Wie bewertet sie die einzelnen Schritte zur Erhöhung des Gesamtpreises für Fernwärme in Böblingen seit dem 1. August 2015 hinsichtlich Plausibilität und Transparenz? 3. Inwieweit betrachtet sie eine Preissteigerung von etwa 45 Prozent in nur 17 Mo - naten im konkreten Fall als wirtschaftlich erforderlich und angemessen? 4. Inwieweit wird die Energiekartellbehörde des Landes das neue Preissystem des Anbieters umfassend überprüfen? 14. 12. 2016 Glück FDP/DVP Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1225 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. Januar 2017 Nr. 4-4452.89/103 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die abermalige Erhöhung des Grundpreises für Fernwärme in Böblingen zum 1. Januar 2017 bei gleichzeitiger Herabsetzung des Arbeitspreises? Mit der Preisänderung zum 1. Januar 2017 verfolgt die Stadtwerke Böblingen GmbH Co. KG offenbar verschiedene Ziele. Zunächst sieht die Fernwärmeversorgerin wohl Bedarf, ihre Erlössituation weiter zu stärken und zu verstetigen, auch mit Blick auf anstehende Investitionen zur Behebung des von ihr erkannten Sanierungsstaus . Hierzu soll wie angekündigt ab 1. Januar 2017 der Grundpreis nochmals markant erhöht werden, jedoch bei gleichzeitiger Senkung des Arbeitspreises um ca. 16 €/MWh (brutto ohne Konzessionsabgabe). Kunden mit eher geringem bis durchschnittlichem Verbrauch und mit einem Anschluss bis 50 kW Anschlussleistung sind von der Preisstrukturumstellung zum 1. Januar 2017 besonders betroffen. In Summe dürfte die Preisstrukturumstellung auf 2017 vermutlich ein Erlöszuwachs bedeuten, d. h. die Arbeitspreisreduzierung wird von der Anhebung der Grundpreise überkompensiert. Konkret ist hier, ebenso wie bei anderen ähnlichen Versorgungsverhältnissen auch, zu beobachten, dass zunehmend der Grundpreis stärker gewichtet wird. Dies hat zur Folge, dass sich ein schwankendes Abnahmeverhalten sowohl kunden- wie erlösseitig, z. B. in Folge besonders warmer oder besonders kalter Winter, im insgesamt zu zahlenden Preis für die Wärmelieferung weniger stark bemerkbar macht. Zugleich fällt aber auch die Kostenreduktion der Kunden bei einem sparsamen Energieverbrauch geringer aus. Mittelbar nimmt die Stadtwerke Böblingen GmbH Co. KG die Preisumstellung zum Anlass, ihre Kunden, die vielfach noch ohne schriftlichen Vertragsabschluss versorgt werden, über Zusatzboni zu motivieren, nunmehr schriftliche Anschlussund Versorgungsverträge abzuschließen. Durch die Einführung einer Preisgleitklausel in den neuen Verträgen, soll ferner eine „automatische“ Preisanpassung anhand der in der Preisgleitklausel festgelegter Paramater eingeführt werden. 2. Wie bewertet sie die einzelnen Schritte zur Erhöhung des Gesamtpreises für Fernwärme in Böblingen seit dem 1. August 2015 hinsichtlich Plausibilität und Transparenz? Beide Schritte sind für alle Kundengruppen prinzipiell als transparent zu werten. Hinsichtlich der Plausibilität – soweit damit nicht die Frage angesprochen ist, ob diese neuen Preise erforderlich und angemessen, also „gerechtfertigt“ sind – war der erste Schritt, die Grundpreiserhöhung zum 1. August 2015 von brutto (ohne Konzessionsabgabe) 10,83 €/kW Anschlussleistung auf 34,30 €/kW Anschluss - leistung mit Blick auf die letzte Grundpreiserhöhung, die nach Angaben der Stadtwerke Böblingen GmbH & Co. KG knapp 25 Jahre zurücklag, durchaus plausibel. Auch der zweite Schritt, die Preisstrukturumstellung zum 1. Januar 2017, kann – soweit damit nicht ein missbräuchlich überhöhter Preis verlangt wird und unbeschadet einer Bewertung der Preispolitik des Unternehmens – nicht grund - sätzlich als unplausibel bezeichnet werden, weil die erneute, allerdings sehr deutliche Anhebung des Grundpreises von 34,30 €/kW auf brutto 55,93 €/kW (Stufe 3 über 100 kW Anschlussleistung, z. B. große Wohneinheiten) bis brutto 75,57 €/ kW (Stufe 1, Anschlussleistung bis 50 kW, z. B. Ein-/Zweifamilienhaus) mit einer Arbeitspreisreduzierung von ca. 16 €/MWh auf brutto 66,72 €/MWh verbunden war. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1225 3. Inwieweit betrachtet sie eine Preissteigerung von etwa 45 Prozent in nur 17 Mo - naten im konkreten Fall als wirtschaftlich erforderlich und angemessen? Ob und inwieweit die genannten Preisveränderungen wirtschaftlich erforderlich und angemessen sind kann erst nach einer sorgfältigen kartellrechtlichen Prüfung beurteilt werden. Die Preisveränderungen führen übrigens nicht durchweg bei allen Kundengruppen zu den gleichen Auswirkungen, jedenfalls nicht im genannten Umfang von 45 %. 4. Inwieweit wird die Energiekartellbehörde des Landes das neue Preissystem des Anbieters umfassend überprüfen? Eine kartellrechtliche Prüfung der dann ab 2017 aktuellen Fernwärmepreise, in erster Linie anhand des Kostenprüfmaßstabes, ist vorgesehen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft