Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1251 20. 12. 2016 1Eingegangen: 20. 12. 2016 / Ausgegeben: 13. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit ist ihr bekannt, dass die Vorgaben der Bundesregierung zu den Bahnsteighöhen von einer Soll- in eine Muss-Vorschrift mit 76 cm über Schienenoberkante (SO) umgewandelt werden? 2. Inwieweit geht sie davon aus, bei einer grundsätzlichen Ausrichtung des Bundes auf 76 cm über SO überhaupt noch Ausnahmegenehmigungen für Bahnsteige in Baden-Württemberg mit einer Höhe von 55 cm über SO erhalten zu können? 3. Inwieweit wurde für den Ausbau des Bahnhofs Niefern eine derartige Ausnahmegenehmigung mit 55 cm über SO erteilt? 4. Warum werden trotz dieses Kenntnisstands 2016 und 2017 Bahnhöfe auf eine Bahnsteighöhe von 55 cm über SO umgebaut? 5. Wie geht sie mit der Differenz der Bahnsteighöhen von 55 cm über SO (als Zielvorgabe im Land) und 76 cm (als Zielvorgabe im Bund) um? 6. Welche Züge werden nach der Neuausschreibung auf der Strecke der Residenzbahn eingesetzt, wenn sowohl der Startbahnhof Karlsruhe Hauptbahnhof (Hbf), als auch der (neue) Zielbahnhof Stuttgart Hbf (Tiefbahnhof) Fernverkehrsbahnhöfe mit 76 cm über SO sind und dazwischen nur regionale Bahn - höfe liegen? 7. Welche Bahnsteighöhe wird in Zukunft landesweit für den Nahverkehr angestrebt ? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Bahnsteighöhen für den Fern- und Nahverkehr im Enzkreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1251 2 8. Inwieweit ist beabsichtigt, die Flotte der Regionalzüge in Baden-Württemberg umzurüsten bzw. auszutauschen, um Barrierefreiheit sowohl bei einer Bahnsteighöhe von 76 cm über SO als auch bei 55 cm über SO zu erreichen? 9. Welche Mehrkosten sind dadurch entstanden bzw. werden dadurch entstehen, dass Bahnhöfe nicht sofort auf 76 cm über SO, sondern zuerst auf 55 cm über SO umgebaut wurden und dann in Zukunft wieder auf 76 cm über SO erhöht werden? 10. Bis wann plant sie, die Bahnhöfe im Enzkreis mit einer Bahnsteighöhe von unter 76 cm über SO auf eine Bahnsteighöhe von 76 cm über SO umzubauen? 20. 12. 2016 Dr. Erik Schweickert FDP/DVP B e g r ü n d u n g Der Verkehrsminister hat in seiner Stellungnahme auf den Antrag der Abg. Dr. Erik Schweickert u. a. FDP/DVP (Drucksache 16/254) mitgeteilt, dass in Baden- Württemberg unterschiedliche Bahnsteighöhen von 36 bis 96 cm über Schienen - oberkante vorkommen. Beim Regionalbahnhof Niefern plant die Bahn nun den Ausbau von 76 cm über SO, was der Äußerung des Ministers widerspricht, dass in Baden-Württemberg eine einheitliche Bahnsteighöhe von 55 cm über SO festgelegt ist. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 27. Januar 2017 Nr. 34-3894.0/1256 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit ist ihr bekannt, dass die Vorgaben der Bundesregierung zu den Bahnsteighöhen von einer Soll- in eine Muss-Vorschrift mit 76 cm über Schienenoberkante (SO) umgewandelt werden? 2. Inwieweit geht sie davon aus, bei einer grundsätzlichen Ausrichtung des Bundes auf 76 cm über SO überhaupt noch Ausnahmegenehmigungen für Bahn - steige in Baden-Württemberg mit einer Höhe von 55 cm über SO erhalten zu können? Die Ziffern 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gibt es keine Planungen, die in § 13 Abs. 1 EBO enthaltene Soll-Vorschrift in eine Muss-Vorschrift zu ändern. Eine förmliche Ausnahmegenehmigung ist somit auch weiterhin nicht erforderlich. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1251 3. Inwieweit wurde für den Ausbau des Bahnhofs Niefern eine derartige Ausnahmegenehmigung mit 55 cm über SO erteilt? Eine förmliche Ausnahmegenehmigung ist, nach den unter der Ziffer 1 erwähnten Gründen, nicht erforderlich. 4. Warum werden trotz dieses Kenntnisstands 2016 und 2017 Bahnhöfe auf eine Bahnsteighöhe von 55 cm über SO umgebaut? 5. Wie geht sie mit der Differenz der Bahnsteighöhen von 55 cm über SO (als Zielvorgabe im Land) und 76 cm (als Zielvorgabe im Bund) um? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet: Die Deutsche Bahn AG hat sich bundesweit als langfristiges Ziel für eine Bahnsteighöhe von 76 cm über SO als Regelbahnsteighöhe entschieden. In Baden- Württemberg würde dies in den Fällen, in denen eine Bahnsteighöhe von unter 38 cm vorliegt, dazu führen, dass die entsprechenden Stationen im SPNV mit modernen Fahrzeugen mit stufenfreien Einstiegsbereichen nicht mehr bedient werden könnten. Das Land hat sich daher bereits in den 1990er-Jahren bei den meis - ten Stationen des Nahverkehrs im Grundsatz auf eine einheitliche Bahnsteighöhe von 55 cm über SO festgelegt. Dadurch wird ein niveaugleicher Ein- und Ausstieg zu den Fahrzeugen des Nahverkehrs und der neueren Modelle der Karlsruher Zweisystem-Stadtbahnwagen mit einer Wagenbodenhöhe von 60 cm über SO im Einstiegsbereich ermöglicht. Die Landesregierung wird bei der Weiterentwicklung des SPNV die Frage der Bahnsteighöhen gemeinsam mit der DB nochmals prüfen und die Konzeption fortentwickeln. 6. Welche Züge werden nach der Neuausschreibung auf der Strecke der Residenzbahn eingesetzt, wenn sowohl der Startbahnhof Karlsruhe Hauptbahnhof (Hbf), als auch der (neue) Zielbahnhof Stuttgart Hbf (Tiefbahnhof) Fernverkehrsbahn - höfe mit 76 cm über SO sind und dazwischen nur regionale Bahnhöfe liegen? Bei der Neuausschreibung der sogenannten Stuttgarter Netze, welche auch die Verkehrsleistungen auf der Residenzbahn umfassen, wurden Elektrotriebwagen mit einer Fußbodenhöhe von 60 cm vorgegeben. Diese Fahrzeuge sind von den Stationen mit einer Bahnsteighöhe von 55 cm über SO ohne Höhenunterschied erreichbar. Verbleibende Spalte oder Höhenunterschiede bis etwa 20 cm können durch im Fahrzeug vorhandene klappbare Rampen oder am Bahnsteig oder im Fahrzeug vorhandene Hublifte überbrückt werden. Für letzteres ist in der Regel eine telefonische Voranmeldung erforderlich. 7. Welche Bahnsteighöhe wird in Zukunft landesweit für den Nahverkehr angestrebt ? Siehe Antwort zu Frage 5. 8. Inwieweit ist beabsichtigt, die Flotte der Regionalzüge in Baden-Württemberg umzurüsten bzw. auszutauschen, um Barrierefreiheit sowohl bei einer Bahnsteighöhe von 76 cm über SO als auch bei 55 cm über SO zu erreichen? Die Vorgaben im Fahrzeuglastenheft für die Züge des Nahverkehrs wurden schon in der Vergangenheit jeweils bei Neuausschreibungen von Verkehrsleistungen so gewählt, dass bei den Fahrzeugen eine vollständige Barrierefreiheit bei einer Bahnsteighöhe von 55 cm über SO erreicht wird. Darüber hinaus kann mit klappbaren Rampen bzw. Hubliften im Fahrzeug auch die Barrierefreiheit bei Bahnsteighöhen von 76 cm über SO und auch Bahnsteighöhen von mindestens 25 cm über SO hergestellt werden. Die TSI PRM fordert beim Höhenunterschied zwischen Bahnsteig und Fahrzeug ein Höchstmaß von 31 cm; d. h. wenn der Höhen- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1251 4 unterschied größer ist, müssen weitere Maßnahmen getroffen werden, die jedoch dann nicht mehr barrierefrei sind, wie z. B. weitere Schiebetritte. Aufgrund der Vielzahl an vorkommenden unterschiedlichen Bahnsteighöhen von unter 38 cm, 38 cm, 55 cm, 76 cm und 96 cm hohen Bahnsteigen wird in den nächsten Jahrzehnten kein durchgehend niveaugleicher Einstieg möglich sein. Barrierefreiheit kann nur über Lifte und Rampen hergestellt werden. 9. Welche Mehrkosten sind dadurch entstanden bzw. werden dadurch entstehen, dass Bahnhöfe nicht sofort auf 76 cm über SO, sondern zuerst auf 55 cm über SO umgebaut wurden und dann in Zukunft wieder auf 76 cm über SO erhöht werden? 10. Bis wann plant sie, die Bahnhöfe im Enzkreis mit einer Bahnsteighöhe von unter 76 cm über SO auf eine Bahnsteighöhe von 76 cm über SO umzubauen? Die Ziffern 9 und 10 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine solche Planung ist seitens des Landes nicht vorgesehen, weil dann ein niveau gleicher Einstieg in die Züge der Stadtbahn Karlsruhe und der künftigen Regionalzüge nach Stuttgart nicht mehr möglich ist. In Vertretung Dr. Lahl Ministerialdirektor