Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1257 21. 12. 2016 1Eingegangen: 21. 12. 2016 / Ausgegeben: 10. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Tierschutz-Ethikkommissionen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und ethischen Zulässigkeit von Tierversuchen existieren zum jetzigen Zeitpunkt in Baden-Württemberg? 2. Wie oft tagten die Tierschutz-Ethikkommissionen in den vergangenen zwölf Monaten? 3. Wie viele Stunden dauerten die Sitzungen der Tierschutz-Ethikkommissionen in den vergangenen zwölf Monaten jeweils? 4. Wie viele Anträge wurden pro Sitzung der Tierschutz-Ethikkommissionen innerhalb der letzten zwölf Monate behandelt? 5. Wie viel Vorbereitungszeit war pro Sitzung durchschnittlich erforderlich? 6. Wie setzen sich die Tierschutz-Ethikkommissionen in Bezug auf ihre Mitglieder zum jetzigen Zeitpunkt zusammen (aufgeschlüsselt nach Mitgliedern, welche von Tierschutzorganisationen benannt wurden, Mitgliedern, welche von staatlichen Forschungseinrichtungen und/oder Universitäten benannt wurden und Mitgliedern, welche von privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen benannt wurden)? 7. Wie hoch ist die Aufwandsentschädigung, welche die ehrenamtlichen Mitglieder von Ethikkommissionen nach § 40 bzw. 42 Arzneimittelgesetz (AMG) in Baden-Württemberg derzeit erhalten? Kleine Anfrage der Abg. Thekla Walker GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Arbeitsbedingungen von Tierschutz-Ethikkommissionen in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1257 2 8. Wie hoch sind die Antragsgebühren, welche Antragstellerinnen und Antragsteller für ethische Bewertungen von Ethikkommissionen nach § 40 bzw. 42 AMG an das Land Baden-Württemberg oder die jeweiligen Einrichtungen derzeit zu entrichten haben? 9. Wie lässt es sich aus ihrer Sicht rechtfertigen, dass die ehrenamtlichen Mitglieder der Tierschutz-Ethikkommissionen für ihren Arbeitsaufwand pro Sitzung lediglich eine pauschale Aufwandsentschädigung von 25 Euro erhalten? 10. Welche Handlungsmöglichkeiten sieht sie, um die gesetzlich vorgeschriebene Kommissionstätigkeit den Anforderungen entsprechend besser auszustatten? 21. 12. 2016 Walker GRÜNE B e g r ü n d u n g Nach § 15 Tierschutzgesetz (TierSchG) sind die nach Landesrecht für die recht - liche Genehmigung von Tierversuchen zuständigen Landesbehörden dazu verpflichtet , Tierschutz-Ethikkommissionen zu berufen, welche die Landesbehörden bei der Entscheidung über die rechtliche Genehmigung von Tierversuchen unterstützen . Die Mitgliedschaft in den Tierschutz-Ethikkommissionen gilt als Ehrenamt , welches nicht vergütet wird. Die Mitglieder der Kommissionen erhalten stattdessen lediglich eine Fahrtkostenerstattung und eine pauschale Aufwandsentschädigung von 25 Euro pro Sitzung. Im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Mitgliedern in Tierschutz-Ethikkommissionen erhalten die ebenfalls ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder in Ethikkommissionen im Humanbereich eine vollumfäng - liche Aufwandsentschädigung. Die Aufwandsentschädigung der Mitglieder der Ethikkommissionen im Humanbereich erfolgt kostenneutral aus den Gebühren, welche die Antragstellerinnen und Antragsteller für die Bewertung ihrer Anträge an das Land zu entrichten haben. Für die Genehmigung von Tierversuchen sind vonseiten der Antragsteller keine Gebühren an das Land zu entrichten. Die Entschädigungsmodalitäten der Ethikkommissionen im Humanbereich und deren kostenneutrale Finanzierung durch Antragsgebühren können als Vorbild für die Schaffung einer fairen und angemessene Entschädigung der ehrenamtlichen Mitglieder der Tierschutzethikkommissionen dienen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. Januar 2017 Nr. Z(34)-0141.5/95F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Soziales und Integration, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Tierschutz-Ethikkommissionen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und ethischen Zulässigkeit von Tierversuchen existieren zum jetzigen Zeitpunkt in Baden-Württemberg? Zu 1.: Zum jetzigen Zeitpunkt existieren sieben Tierschutz-Ethikkommissionen in Baden- Württemberg. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1257 2. Wie oft tagten die Tierschutz-Ethikkommissionen in den vergangenen zwölf Monaten? Zu 2.: Die sieben Kommissionen haben im vergangenen Jahr 63 mal getagt. 3. Wie viele Stunden dauerten die Sitzungen der Tierschutz-Ethikkommissionen in den vergangenen zwölf Monaten jeweils? Zu 3.: Durchschnittlich dauerten die Sitzungen in 6 der 7 Kommissionen ca. 5 bis 6 Stun - den, in einer Kommission ca. 2,5 Stunden. 4. Wie viele Anträge wurden pro Sitzung der Tierschutz-Ethikkommissionen innerhalb der letzten zwölf Monate behandelt? Zu 4.: Durchschnittliche Anzahl Neuanträge/Sitzung im Jahr 2016: 12. Einige Kommissionen haben regelmäßig bis zu 20 Anträge pro Sitzung zu bearbeiten. Darüber hinaus werden auch Rückfragen der Kommissionen (wieder vorgelegte Anträge) und wesentliche Erweiterungen bestehender Genehmigungen beraten. 5. Wie viel Vorbereitungszeit war pro Sitzung durchschnittlich erforderlich? Zu 5.: Nach Mitteilung der für das Genehmigungsverfahren zuständigen Regierungspräsidien auf Grundlage von Schätzungen: Für jedes Kommissionsmitglied je nach Antragsaufkommen bis über 20 Stunden/Sitzung; exakte Erhebungen hierzu sind nicht verfügbar. 6. Wie setzen sich die Tierschutz-Ethikkommissionen in Bezug auf ihre Mitglieder zum jetzigen Zeitpunkt zusammen (aufgeschlüsselt nach Mitgliedern, welche von Tierschutzorganisationen benannt wurden, Mitgliedern, welche von staatlichen Forschungseinrichtungen und/oder Universitäten benannt wurden und Mitgliedern, welche von privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen benannt wurden)? Zu 6.: Mitglieder/Stellvertretende Mitglieder benannt von: Anzahl Mitglieder/Stellvertreter – Tierschutzorganisationen 17/13 – öffentlich rechtl. (Universitäten) 24/27 – privaten Forschungseinrichtungen 2/6 Gesamt 43 + 46 = 89 Personen Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1257 4 7. Wie hoch ist die Aufwandsentschädigung, welche die ehrenamtlichen Mitglieder von Ethikkommissionen nach § 40 bzw. 42 Arzneimittelgesetz (AMG) in Baden- Württemberg derzeit erhalten? Zu 7.: Die Landesregierung weist darauf hin, dass die hier angefragten Kommissionen organisatorisch nicht mit den beim jeweils zuständigen Regierungspräsidium (Genehmigungsbehörde ) angesiedelten Kommissionen nach § 15 Abs. 1 Tierschutzgesetz vergleichbar sind. Die inhaltliche Tätigkeit (Prüfung von Forschungsanträgen unter wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten mit Abgabe eines Votums) ist allerdings durchaus vergleichbar. Was die Aufwandsentschädigung der Mitglieder der Ethikkommission der Lan - des ärztekammer Baden-Württemberg angeht, so wird dies in deren Statut vom 16. Au gust 2006 in § 7 Absatz 3 wie folgt geregelt: „Die Mitglieder der Ethikkommission erhalten Sitzungsgeld nach dem Reise - kostenstatut der Landesärztekammer Baden-Württemberg in der jeweils geltenden Fassung. Sie erhalten außerdem eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe vom Vorstand festgelegt wird.“ Derzeit beträgt die Aufwandsentschädigung für Mitglieder der Ethikkommission der Landesärztekammer 540 Euro im Monat. Die bei den Universitäten oder Universitätsklinika angesiedelten Ethikkommissionen beraten die Universitätsorgane in Fragen der medizinischen Ethik. Das bedeutet , diese Ethikkommissionen erbringen keine Beratungsleistungen gegenüber Dritten. Sie werden nur aktiv, wenn Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler der jeweiligen Einrichtung an dem Projekt beteiligt sind. Insbesondere die Mitglieder der Ethikkommission, die den Universitäten und Universitätsklinika angehören und dort auch hauptberuflich tätig sind, erhalten keine Vergütung oder Aufwandsentschädigung. Den Einrichtungen steht es frei, auch externe Mitglieder aufzunehmen – dann kann diesen auch eine angemessene Aufwandsentschädigung bezahlt werden. Beim Universitätsklinikum Heidelberg beträgt diese Aufwandsentschädigung für externe Mitglieder 240 Euro pro Sitzung (inklusive Vorbereitung). 8. Wie hoch sind die Antragsgebühren, welche Antragstellerinnen und Antragsteller für ethische Bewertungen von Ethikkommissionen nach § 40 bzw. 42 AMG an das Land Baden-Württemberg oder die jeweiligen Einrichtungen derzeit zu entrichten haben? Zu 8.: Was die Höhe der Antragsgebühren angeht, so wird dies gemäß § 7 Absatz 2 des Statuts der Ethikkommission der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 16. August 2006 in einer Gebührenordnung (gültig ab 1. März 2013) geregelt. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1257 Hiernach werden Gebühren wie folgt erhoben: Die Gebühren legen die jeweiligen Kommissionen selbst fest. Die jeweiligen Gebühren der Ethikkommissionen der Medizinischen Fakultäten bzw. Universitätskliniken sind im Internet auf den Seiten der Ethikkommissionen veröffentlicht. Dabei wird eine vergleichbare Struktur wie in der oben dargestellten Tabelle verwendet . Für Bewertungen nach § 40 bzw. 42 AMG berechnen die Kommissionen bei monozentrischen Prüfungen zwischen 2.000 Euro und 2.500 Euro. Die Federführung bei multizentrischen Studien wird zwischen 3.000 Euro und 6.000 Euro veranschlagt . Für die Mitwirkung an multizentrischen Studien werden Gebühren in Höhe von 500 Euro bis 1.500 Euro erhoben. Teilweise sind Beratungen gebührenfrei, wenn es sich um rein eigenfinanzierte Studien handelt. 6. Gebühren für die Beurteilung ärztlicher Tätigkeit durch die Ethikkommission 6.1 Bewertung nach §§ 40,42 AMG 6.1.1 bei monozentrischen klinischen Studien 2.500 Euro 6.1.2 als federführende Ethikkommission bei multizentrischen klinischen Prüfungen 3.500 Euro bis 6.000 Euro 6.2 als beteiligte Ethikkommission bei einer multizentrischen klinischen Prüfung nach § 8 Abs. 5 GCP-Verordnung bis 3 Prüfstellen 900 Euro jede weitere Prüfstelle 150 Euro 6.3 Nachträgliche Änderung nach § 10 GCP-Verordnung 6.3.1 Bewertung nach § 10 Abs. 1 GCP-V 6.3.1.1 bei monozentrischen klinischen Prüfungen 100 bis 700 Euro 6.3.1.2 als federführende Ethikkommission bei multizentrischen klinischen Prüfungen 100 bis 1.000 Euro 6.3.1.3 als beteiligte Ethikkommission bei multizentrischen klinischen Prüfungen 50 bis 500 Euro 6.3.2 Bewertung nach § 10 Abs. 4 GCP-V 6.3.2.1 als zuständige/federführende Ethikkommission Bearbeitungsgrundgebühr 300 Euro jede Prüfstelle im eigenen Bereich 150 Euro jede an dem Verfahren nach § 10 Abs. 4 GCP-V beteiligte Ethikkommission 150 Euro 6.3.2.2 als beteiligte Ethikkommission a) bei erstmaliger Befassung mit der klinischen Prüfung – Bearbeitungsgrundgebühr inkl. 3 Prüfstellen 900 Euro – jede weitere Prüfstelle 150 Euro b) bei vorangegangener Befassung mit der klinischen Prüfung – Bearbeitungsgrundgebühr – Bearbeitungsgebühr 300 Euro – jede Prüfstelle 150 Euro 6.4 Stellungnahme nach MPG*, RöV, StrSchVO, TransfusionsG 2.500 Euro 6.4.1 Stellungnahme zu Protokolländerungen 100 bis 700 Euro 6.5 berufsrechtliche Beratung eines sponsorunterstützten Forschungsvorhabens 250 bis 1.500 Euro Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1257 6 9. Wie lässt es sich aus ihrer Sicht rechtfertigen, dass die ehrenamtlichen Mitglieder der Tierschutz-Ethikkommissionen für ihren Arbeitsaufwand pro Sitzung lediglich eine pauschale Aufwandsentschädigung von 25 Euro erhalten? 10. Welche Handlungsmöglichkeiten sieht sie, um die gesetzlich vorgeschriebene Kommissionstätigkeit den Anforderungen entsprechend besser auszustatten? Zu 9. und 10.: Rechtliche Grundlage für die fragliche Entschädigung ist die „Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen und Kommissionen in der Landesverwaltung (VwV-Beiratsentschädigungen )“ in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Entschädigung für ehrenamtlich tätige Personen und für Mitglieder von Prüfungsausschüssen nach dem Berufsbildungsgesetz und der Hufbeschlagverordnung (VwV MLR EntschEA). Nach Nr. 3.2.2 der VwV-Beiratsentschädigungen dürfen die dort genannten (pauschalen ) Sätze für die Sitzungsvergütung „in ganz besonderen Ausnahmefällen“ im Einvernehmen mit dem Finanzministerium überschritten werden. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat im Rahmen der Neufassung der VwV MLR EntschEA vom 2. Dezember 2016 (GABl. S. 715 ff.) im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Sitzungsvergütung der Kommissionen nach § 15 Tierschutzgesetz und § 42 Tierschutz-Versuchstierverordnung durch finanzielle Umschichtungen innerhalb des MLR rückwirkend zum 1. August 2016 verdreifacht, mit der Folge, dass sich nunmehr beispielsweise für jeden Sitzungstag über fünf Stunden die Entschädigung auf 84 Euro erhöht (vgl. Nr. 3.2 VwV MLR EntschEA). Zugleich sieht der Entwurf des Haushaltsplans 2017 wegen der o. g. Neuregelung eine Erhöhung der Ausstattung des entsprechenden Haushaltstitels zur Entschädigung für Beiratsmitglieder und sonstige ehrenamtlich tätige Personen (Kapitel 0802 Titel 526 23) auf insgesamt 180.000 Euro vor. Zu den Ausführungen in der Begründung der Anfrage wonach die zuständigen Behörden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Tierversuche keine Gebühren erheben, wird noch darauf hingewiesen, dass privatrechtliche Antragsteller gebührenpflichtig sind; für einen Vollantrag werden von den Regierungspräsidien Gebühren in Höhe von 130 bis 339 Euro angegeben. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz