Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1289 23. 12. 2016 1Eingegangen: 23. 12. 2016 / Ausgegeben: 09. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die Situation im Hinblick auf die derzeitige Nutzung des Geländes und der Gebäude der ehemaligen Polizeischule in Wertheim zum augenblicklichen Zeitpunkt dar? 2. Auf welche Höhe beziffern sich insgesamt die dem Land durch die Verlegung der Einrichtung von Wertheim nach Böblingen entstandenen Kosten? 3. Inwiefern ist eine Analyse der konkreten baulichen Situation in Wertheim und Böblingen Teil der von der Regierung in Auftrag gegebenen Evaluierungs - studie? 4. Wie ist der aktuelle Stand der Aus- und Umbaumaßnahmen am neuen Standort in Böblingen, insbesondere im Hinblick auf die Unterbringungsgegebenheiten (Einzel-/Doppelzimmer), die dort vorhandenen sanitären Einrichtungen (Etagenwaschräume ) sowie die aktuell nutzbaren Lehrsäle? 5. Trifft es zu, dass bis zum aktuellen Zeitpunkt weiterhin in Böblinger Hotels Zimmer für Lehrgangsteilnehmer durch das Land angemietet werden müssen, da aufgrund von fehlenden bzw. nicht fertig gestellten Übernachtungsmöglichkeiten in der Einrichtung keine ausreichenden Aufnahmekapazitäten für die Beamtinnen und Beamten vorhanden sind? 6. Trifft es ferner zu, dass das Innenministerium im Laufe des Jahres 2016 angeordnet hat, dass Teilnehmer an Lehrgangsmaßnahmen, welche ihren privaten Wohnsitz in bis zu 30 km Entfernung zur Einrichtung in Böblingen haben, aufgrund der sich verzögernden Umbaumaßnahmen keinen Anspruch auf eine Unterbringung in Böblingen haben und somit gezwungen sind, vor Beginn und nach Ende der jeweiligen Unterrichtseinheiten an ihren Wohnort zu pendeln? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Aktuelle Situation am ehemaligen Standort der Polizeischule in Wertheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1289 2 7. Gibt es aufgrund der oben geschilderten baulichen Gegebenheiten am Stand - ort in Böblingen seitens der Landesregierung konkrete Überlegungen, den seinerzeitigen Standort in Wertheim zumindest teilweise und/oder zeitweise als Bildungsstandort für die Polizei Baden-Württemberg zu reaktivieren? 8. Welche Möglichkeiten sieht sie in diesem Zusammenhang für die Wieder - belebung des Wertheimer Standorts aufgrund seiner sich im unmittelbaren Grenzbereich zu den Bundesländern Bayern und Hessen befindlichen geografischen Lage, beispielsweise durch die Etablierung einer länderübergreifenden polizeilichen Fortbildungsstätte? 9. Erkennt sie ferner Spielräume, um das Gelände und die sich darauf befind - lichen Gebäude zukünftig einer Nutzung im Bereich Wissenschaft und Forschung , beispielsweise durch die Ansiedlung einer Hochschuleinrichtung, zuzuführen ? 10. Ist sie dazu bereit, in der aktuellen Legislaturperiode durch konkretes Regierungshandeln und die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel die Große Kreisstadt Wertheim dahingehend aktiv zu unterstützen, vor Ort die Ansiedlung und Etablierung von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und vergleichbaren Instituten zu forcieren? 22. 12. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. Januar 2017 Nr. 3-1165.0/373/52 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stellt sich die Situation im Hinblick auf die derzeitige Nutzung des Geländes und der Gebäude der ehemaligen Polizeischule in Wertheim zum augenblicklichen Zeitpunkt dar? Zu 1.: Seit September 2015 wird das Areal als Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge genutzt . 2. Auf welche Höhe beziffern sich insgesamt die dem Land durch die Verlegung der Einrichtung von Wertheim nach Böblingen entstandenen Kosten? Zu 2.: Die Fortbildung der Polizei fand in der Vergangenheit hauptsächlich in der – ehemaligen – Akademie der Polizei in Freiburg und deren Außenstelle in Wertheim sowie an den Ausbildungsstandorten (z. B. in Göppingen und Böblingen) statt. Diese Standorte wurden im Zuge der Polizeistrukturreform aufgegeben beziehungsweise einer anderen Nutzung zugeführt, um die Fortbildung, organisatorisch unter dem Dach der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, zentral in Böblingen auf dem Wildermuth-Areal konzentrieren zu können. Die Kosten für die baulichen Maßnahmen am Standort Böblingen werden Stand heute auf rund 25 Millionen Euro geschätzt. Eine Kostenaufteilung auf die ehemaligen Fortbildungsstandorte ist nicht möglich, da verschiedene Räumlichkeiten , wie beispielsweise Fortbildungs- und Tagungsräume oder der Kantinenbereich am zentralen Standort künftig synergetisch genutzt werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1289 3. Inwiefern ist eine Analyse der konkreten baulichen Situation in Wertheim und Böblingen Teil der von der Regierung in Auftrag gegebenen Evaluierungs - studie? Zu 3.: Die Projektgruppe „Evaluation der Polizeistrukturreform Baden-Württemberg“ (kurz EvaPol) untersucht seit Oktober 2016 die Auswirkungen der zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Polizeistrukturreform. Es sind sieben Teilprojekte eingerichtet , eines davon beschäftigt sich mit der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg und damit auch mit der Situation und den Standorten der polizeilichen Einrichtungen für die Aus- und Fortbildung. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen werden im Frühjahr 2017 vorliegen. Sofern sich hieraus Verbesserungen für die Arbeit der Polizei ergeben, wird die Landesregierung diese abschlie - ßend bewerten und gegebenenfalls zielgerichtet weiterverfolgen. 4. Wie ist der aktuelle Stand der Aus- und Umbaumaßnahmen am neuen Standort in Böblingen, insbesondere im Hinblick auf die Unterbringungseinheiten (Einzel -/Doppelzimmer), die dort vorhandenen sanitären Einrichtungen (Etagenwaschräume ) sowie die aktuell nutzbaren Lehrsäle? 5. Trifft es zu, dass bis zum aktuellen Zeitpunkt weiterhin in Böblinger Hotels Zimmer für Lehrgangsteilnehmer durch das Land angemietet werden müssen, da aufgrund von fehlenden bzw. nicht fertig gestellten Übernachtungsmöglichkeiten in der Einrichtung keine ausreichenden Aufnahmekapazitäten für die Beamtinnen und Beamten vorhanden sind? 6. Trifft es ferner zu, dass das Innenministerium im Laufe des Jahres 2016 angeordnet hat, dass Teilnehmer an Lehrgangsmaßnahmen, welche ihre privaten Wohnsitz in bis zu 30 km Entfernung zur Einrichtung in Böblingen haben, aufgrund der sich verzögernden Umbaumaßnahmen keinen Anspruch auf eine Unterbringung in Böblingen haben und somit gezwungen sind, vor Beginn und nach Ende der jeweiligen Unterrichtseinheiten an ihren Wohnort zu pendeln? Zu 4. bis 6.: Im Zuge der Polizeireform wurde Böblingen aufgrund seiner zentralen Lage als Fortbildungsstandort für die Polizei Baden-Württemberg gewählt, da ein großer Teil der Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie der Referentinnen und Referenten (zum Beispiel des Landeskriminalamtes und des Präsidiums Technik, Logistik, Service der Polizei) aus dem Ballungsraum Stuttgart kommen und grundsätzlich keine Übernachtungsmöglichkeit mehr benötigen. Derzeit verfügt der Standort Böblingen über 156 Einzelzimmer, wobei 80 Zimmer über einen eigenen Sanitärbereich und 76 Zimmer über sanitäre Einrichtungen auf der jeweiligen Etage verfügen. Für diese 76 Zimmer sind in ausreichendem Maße Duschen, Toiletten und Waschplätze vorhanden. Mit Fortschritt der Baumaßnahmen sollen stufenweise über die Jahre 2017/2018 hinweg die Zimmerkapazitäten ausgebaut werden. Im Endausbau könnten in Böblingen 242 moderne Einzelzimmer, von denen fünf Zimmer behindertengerecht sein werden, zur Verfügung stehen. Derzeit werden die Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer bei Bedarf auch in Hotels untergebracht. Die zur Verfügung stehenden Zimmer werden sowohl während der Bauphase unter Berücksichtigung der Gesamtwirtschaftlichkeit belegt . Die Vergabe erfolgt einzelfallbezogen an die Fortbildungsteilnehmerinnen oder -teilnehmer mit der weitesten Anreise. Als Orientierung, ab welcher Entfernung auf die Gestellung einer Unterkunft verzichtet werden kann, soll die gesetzliche Zumutbarkeitsgrenze aus dem Umzugskostenrecht von 30 km herangezogen werden. Dem Institut für Fortbildung in Böblingen stehen derzeit 15 Lehrsäle zur Verfügung . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1289 4 7. Gibt es aufgrund der oben geschilderten baulichen Gegebenheiten am Standort in Böblingen seitens der Landesregierung konkrete Überlegungen, den seinerzeitigen Standort in Wertheim zumindest teilweise und/oder zeitweise als Bildungsstandort für die Polizei Baden-Württemberg zu reaktivieren? 8. Welche Möglichkeiten sieht sie in diesem Zusammenhang für die Wiederbelebung des Wertheimer Standorts aufgrund seiner sich in unmittelbaren Grenzbereich zu den Bundesländern Bayern und Hessen befindlichen geografischen Lage, beispielsweise durch die Etablierung einer länderübergreifenden polizeilichen Fortbildungsstätte? Zu 7. und 8.: Der Standort Wertheim ist Gegenstand der Untersuchungen im Rahmen der Evaluation der Polizeireform, deren Ergebnisse aktuell noch nicht vorliegen. 9. Erkennt sie ferner Spielräume, um das Gelände und die sich darauf befind - lichen Gebäude zukünftig einer Nutzung im Bereich Wissenschaft und Forschung , beispielsweise durch die Ansiedlung einer Hochschuleinrichtung, zuzuführen ? 10. Ist sie dazu bereit, in der aktuellen Legislaturperiode durch konkretes Regierungshandeln und die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel die Große Kreisstadt Wertheim dahingehend zu unterstützen, vor Ort die Ansiedlung und Etablierung von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und vergleichbaren Instituten zu forcieren? Zu 9. und 10.: Der Landesregierung ist bekannt, dass es seitens der Stadt Wertheim Bestrebungen gibt, eine nichtstaatliche Hochschule am Standort Wertheim anzusiedeln. Ein Anspruch auf staatliche Finanzhilfe ist nach § 70 Absatz 8 Landeshochschul - gesetz (LHG) nicht gegeben. Die Stadt Wertheim wurde darüber entsprechend informiert . Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration