Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1324 05. 01. 2017 1Eingegangen: 05. 01. 2017 / Ausgegeben: 16. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Schlussfolgerung zieht sie aus dem Armutsbericht der Bundesregierung für das Land Baden-Württemberg? 2. Wann wird Baden-Württemberg wieder einen Landessozialbericht nach 2015 vorlegen? 3. Wie werden in Baden-Württemberg bislang Lebenslagen beziehungsweise gesellschaftliche Teilhabe- und individuelle Verwirklichungschancen konzeptionell berichtsmäßig aufgearbeitet? 4. Wie wird in Baden-Württemberg bislang eine Armuts- und Reichtumsberichterstattung mit den inhaltlichen Themenfeldern, Fragestellungen und Problemlagen eines Landessozialberichts abgebildet beziehungsweise dargestellt? 5. Wie wird in Baden-Württemberg bislang über die Lebenslagen im Sozialgesetzbuch (SGB)-II-Bezug berichtet? 6. Wie bewertet sie aus ihrer Sicht die Konzeptionen von Landessozialberichten beziehungsweise Armuts- und Reichtumsberichten in den anderen Bundesländern mit entsprechenden Berichten, sofern ihr diese bekannt sind? 7. Wie ernst sieht sie die soziale Lage in Baden-Württemberg wirklich? 8. Wie sieht sie den Einfluss vermögender und ärmerer Bürger auf die Landes - politik? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Landessozialbericht Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1324 2 9. Sieht sie die Wahrscheinlichkeit der Politikveränderung nur dann gegeben, wenn eine große Anzahl von Menschen ein höheres Einkommen erzielt? 10. Wie verhält sich der Einfluss von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen durch sie zum Nachteil der Bevölkerung in Baden-Württemberg? 15. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g In Baden-Württemberg gab es zuletzt im Jahr 2015 einen Sozialbericht. Dieser Armuts- und Reichtumsbericht bietet den sozialpolitischen Akteurinnen und Akteuren sowie der Bevölkerung einen umfassenden Überblick über die soziale Lage in Baden-Württemberg. Dieser Bericht zeigt deutlich, dass Teile der Bevölkerung nicht an der Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes teilhaben, die Spaltung der Gesellschaft also weiter zunimmt. Diese Kleine Anfrage soll den Armutsbericht der Bundesregierung vom 14. Dezember 2016 sowie die aktuelle Situation in Baden-Württemberg näher beleuchten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 Nr. 36-5001-95-6 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft , Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Schlussfolgerung zieht sie aus dem Armutsbericht der Bundesregierung für das Land Baden-Württemberg? Die Endfassung des 5. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung liegt noch nicht vor. 2. Wann wird Baden-Württemberg wieder einen Landessozialbericht nach 2015 vorlegen? Die Landesregierung wird die Armuts- und Reichtumsberichterstattung in Baden- Württemberg fortsetzen. Die Art und Weise der Berichterstattung wird noch festgelegt . 3. Wie werden in Baden-Württemberg bislang Lebenslagen beziehungsweise gesellschaftliche Teilhabe- und individuelle Verwirklichungschancen konzeptionell berichtsmäßig aufgearbeitet? Das Land Baden-Württemberg hat im November 2015 den Ersten Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg vorgelegt. Der Bericht umfasst eine daten - orientierte Analyse der Einkommens- und Lebenslagen der Menschen in Baden- Württemberg mit dem Schwerpunkt Kinderarmut. Neben einkommensbasierten Armuts- und Reichtumsindikatoren werden auch nichtmaterielle Indikatoren der sozialen Exklusion aufgegriffen. Darüber hinaus enthält der Bericht auch Beiträge des Landesbeirats für Armutsbekämpfung und Prävention sowie Maßnahmen und Handlungsempfehlungen der Landesregierung. Ergänzt wurde der Bericht durch aktuelle Kurzreports. Zuletzt erschienen ist im Oktober 2016 der Kurzreport „Re- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1324 lative Einkommensarmut von jungen Erwachsenen“, eine Untersuchung zur Armutsgefährdung junger Menschen im Alter von 18 bis unter 25 Jahren in Baden- Württemberg. Weitere Kurzreports deckten folgende Themen ab: Einkommens - lage älterer Menschen in Baden-Württemberg (2014) und Armutsgefährdung von Familien in Baden-Württemberg (2012). Mit den Lebenslagen älterer Menschen und ihren Teilhabeinteressen und -chancen befasst sich konzeptionell der „Kompass Seniorenpolitik – Politik für Seniorinnen und Senioren in Baden-Württemberg “, der im Oktober 2015 veröffentlicht wurde. 4. Wie wird in Baden-Württemberg bislang eine Armuts- und Reichtumsbericht - erstattung mit den inhaltlichen Themenfeldern, Fragestellungen und Problemlagen eines Landessozialberichts abgebildet beziehungsweise dargestellt? Siehe die Antwort zur Frage Ziffer 3. Im Sozialbereich besteht in Baden-Württemberg als weiteres Berichtssystem die Familienberichterstattung. 5. Wie wird in Baden-Württemberg bislang über die Lebenslagen im Sozialgesetzbuch (SGB)-II-Bezug berichtet? Nach § 53 Absatz 1 und 3 SGB II ist die Bundesagentur für Arbeit für die Erstellung von Statistiken über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und deren Veröffentlichung zuständig. Das Statistische Landesamt Baden- Württemberg veröffentlicht ebenfalls regelmäßig Statistiken zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Auch im Ersten Armuts- und Reichtumsbericht Baden -Württemberg wurde die „Lebenslage Sozialleistungsbezug“ – einschließlich des Bezugs von Grundsicherung für Arbeitsuchende – durchgängig aufgegriffen. 6. Wie bewertet sie aus ihrer Sicht die Konzeptionen von Landessozialberichten beziehungsweise Armuts- und Reichtumsberichten in den anderen Bundesländern mit entsprechenden Berichten, sofern ihr diese bekannt sind? Die Landessozialberichte beziehungsweise Armuts- und Reichtumsberichte anderer Länder folgen den unterschiedlichsten Konzeptionen, haben unterschiedlichste Formen (Berichte, Kurzuntersuchungen, Internetseiten etc.) und ergeben sich wie auch in Baden-Württemberg aus der politischen Bewertung der jeweiligen Landesregierung . 7. Wie ernst sieht sie die soziale Lage in Baden-Württemberg wirklich? Die soziale Lage im Land wird von der Landesregierung insgesamt nicht als „ernst“ im Sinne von dramatisch bewertet. Im Land ist durch die sozialen Sicherungssysteme , insbesondere durch das SGB II und das SGB XII, ein hohes Maß an sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit gewährleistet. Gleichwohl hat der Erste Armuts- und Reichtumsbericht gezeigt, dass es auch in Baden-Württemberg Menschen gibt, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Es ist das Anliegen der Landesregierung, mit ihrer Sozialpolitik allen Menschen im Land Selbstbestimmung, Teilhaberechte und Teilhabechancen gleichermaßen zu ermög - lichen. Im Übrigen wird auf den ausführlichen Ersten Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg verwiesen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1324 4 8. Wie sieht sie den Einfluss vermögender und ärmerer Bürger auf die Landes - politik? Im Land Baden-Württemberg ist die Gleichheit der Wahl nach Artikel 26 Absatz 4 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg gewährleistet. Jeder Bürger hat ein Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung. Im Übrigen wird auf den Ersten Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg (dort insbesondere das Kapitel „Politische Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement“, S. 579 ff.) verwiesen. 9. Sieht sie die Wahrscheinlichkeit der Politikveränderung nur dann gegeben, wenn eine große Anzahl von Menschen ein höheres Einkommen erzielt? Nein. 10. Wie verhält sich der Einfluss von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen durch sie zum Nachteil der Bevölkerung in Baden-Württemberg? Der Landesregierung sind keine Fälle des „Einflusses von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen zum Nachteil der Bevölkerung in Baden-Württemberg “ bekannt. Lucha Minister für Soziales und Integration