Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1325 11. 01. 2017 1Eingegangen: 11. 01. 2017 / Ausgegeben: 23. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern hat sie die Möglichkeit, bei Tierhaltungsanlagen (Güllelagerung) eine Abdeckung mit Stroh zuzulassen (sofern noch nicht geschehen)? 2. Hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg eine Entscheidung zur Anwendung mit Stroh getroffen, um diese als wirksame und kostengünstige Variante eingestufte Möglichkeit in der Landwirtschaft einzusetzen? 3. Inwiefern tragen die genannten Anforderungen zur Güllelagerung gerade in der aktuellen wirtschaftlich schwierigen Lage zu einer Beschleunigung des Strukturwandels bei? 4. Wird sie eine Abdeckung mit Stroh zulassen (sofern dies noch nicht entschieden ist)? 5. Falls nein, warum nicht? 6. Ist ihr bekannt, wie viele Betreiber von betroffenen Anlagen zur Lagerung von Schweine- und Mischgülle von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Anlage im Laufe des kommenden Jahres stillzulegen, weil sie sich den zusätzlichen Anforderungen nicht gewachsen sehen? 7. Wie hoch sind die Ammoniakemmissionen im Zollernalbkreis im Vergleich zu Baden-Württemberg? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Ammoniak in der Landwirtschaft treibt Emissionen und die Feinstaubkonzentration im Zollernalbkreis nach oben – Böden auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis sind besonders betroffen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1325 2 8. Ist ihr bekannt, zu welchem Grad die Böden in der Landwirtschaft durch Ammoniak im Zollernalbkreis belastet sind? 9. Inwieweit tragen die Ammoniakemmisionen in der Landwirtschaft auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis zur Bindung von Feinstaub in der Atemluft bei? 10. Was unternimmt sie, um in der Landwirtschaft die Ammoniakemmisionen und die Versauerung der Böden auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis zu reduzieren bzw. zu verhindern? 15. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Aufgrund eines Radioberichts des Radiosenders SWR 1 vom 14. Dezember 2016 soll dieses Thema näher beleuchtet werden. In diesem Beitrag wird berichtet, dass auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis die Böden durch Massentierhaltung und andere Gründe stark versauern und mit Ammoniak stark kontaminiert sind. Düngemittel tun ihr übriges. Auch binden sich Ammoniak und Ammonium mit der Umgebungsluft und werden so in Feinstaubemmissionen in der Luft nachweisbar . Das Umweltbundesamt, das Bayerische Landesamt sowie die Landes - anstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) und andere Einrichtungen berichten, dass Gülle und Dünger Auswirkungen auf die Böden und die Umgebungsluft haben. Mit dieser Kleinen Anfrage soll diese Problematik mit einer Stellungnahme der Landesregierung näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 3. Februar 2017 Nr. 4-8822.03/277 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwiefern hat sie die Möglichkeit, bei Tierhaltungsanlagen (Güllelagerung) eine Abdeckung mit Stroh zuzulassen (sofern noch nicht geschehen)? Im Rahmen von baurechtlichen bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigungs - verfahren wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung gegeben sind. Die Abdeckung eines Güllelagers mit Stroh bedarf keiner gesonderten Zulassung. 2. Hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg eine Entscheidung zur Anwendung mit Stroh getroffen, um diese als wirksame und kostengünstige Variante eingestufte Möglichkeit in der Landwirtschaft einzusetzen? Für die Errichtung und den Betrieb von Tierhaltungsanlagen sind u. a. die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des untergesetzlichen Regelwerkes zu beachten. Immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Tier - 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1325 haltungsanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und dass nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Tierhaltungsanlagen fordert Nummer 5.4.9.36 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes -Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) aus Vorsorgegründen Maßnahmen zur Minderung der Ammoniakemissionen um mindestens 80 Prozent bezogen auf den offenen Behälter ohne Abdeckung . Die TA Luft gibt damit keine baulichen oder technischen Voraussetzungen vor, wie diese Anforderung erfüllt werden soll, d. h. die Wahl der Emissionsminderungsmaßnahme obliegt dem Betreiber. Eine entsprechende Minderung der Ammoniakemissionen kann z. B. durch eine Abdeckung mit Stroh erfüllt werden, alternativ können auch Schwimmkörper oder Abdeckungen mit einer Betondecke oder einem Zeltdach gewählt werden. Der Bund beabsichtigt derzeit, die TA Luft zu novellieren. Bezüglich der Ammoniakemissionen ist auch ein strengerer Emissionsminderungsgrad von 90 Prozent in der Diskussion, der möglicherweise durch eine Kombination aus Strohabdeckung und Schwimmschicht nicht mehr erfüllt werden kann. 3. Inwiefern tragen die genannten Anforderungen zur Güllelagerung gerade in der aktuellen wirtschaftlich schwierigen Lage zu einer Beschleunigung des Strukturwandels bei? Der Landesregierung sind über die oben genannten Vorschriften hinaus keine weiteren Anforderungen zur Strohabdeckung bekannt. Die angedachte Vorgabe einer Ammoniakemissionsminderung von 90 Prozent, die im Zusammenhang mit der Novelle der TA Luft auch für bestehende Güllebehälter diskutiert wird, könnte möglicherweise nur über eine feste Abdeckung erreicht werden. Ob diese Änderung in die TA Luft übernommen wird und inwieweit sich dadurch Auswirkungen auf die Struktur der Landwirtschaft ergeben, bleibt abzuwarten. 4. Wird sie eine Abdeckung mit Stroh zulassen (sofern dies noch nicht entschieden ist)? Siehe Antwort auf Frage 2. 5. Falls nein, warum nicht? Siehe Antwort auf Frage 2. 6. Ist ihr bekannt, wie viele Betreiber von betroffenen Anlagen zur Lagerung von Schweine- und Mischgülle von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Anlage im Laufe des kommenden Jahres stillzulegen, weil sie sich den zusätzlichen Anforderungen nicht gewachsen sehen? Siehe Antwort zu Frage 3. 7. Wie hoch sind die Ammoniakemissionen im Zollernalbkreis im Vergleich zu Baden-Württemberg? Im Jahr 2014 wurden in Baden-Württemberg 57.413 Tonnen Ammoniak emittiert, davon im Zollernalbkreis 925 Tonnen. Dies entspricht 1,6 Prozent der in Baden- Württemberg emittierten Menge. Rund 90 Prozent der Ammoniakemissionen stammen in Baden-Württemberg aus der Landwirtschaft. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1325 4 8. Ist ihr bekannt, zu welchem Grad die Böden in der Landwirtschaft durch Ammoniak im Zollernalbkreis belastet sind? Der Grad der Belastung durch Ammoniak für Böden in der Landwirtschaft ist nicht bekannt. 9. Inwieweit tragen die Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis zur Bindung von Feinstaub in der Atemluft bei? Es wird davon ausgegangen, dass es bei der Frage um den Beitrag der Ammoniak - emissionen zur Bildung von Feinstaub geht. Feinstaub besteht aus einer Vielzahl von Substanzen. Dazu gehören auch sekundäre anorganische Aerosole (Hauptbestandteil Ammoniumnitrat), darunter Ammo - nium, das sich in der Atmosphäre aus Ammoniak bildet. Deshalb ist Ammoniak an der Bildung von Feinstaub beteiligt. Die Zusammensetzung ist regional verschieden. An der Luftmessstation Gärtringen , deren Messergebnisse zur Feinstaubzusammensetzung auf den Zollernalbkreis übertragbar sind, stammen ungefähr 6 Prozent der Feinstaubmasse aus Ammonium (Jahresmittel 2015). Rund 90 Prozent der Ammoniakemissionen resultieren aus der Landwirtschaft. Insofern können sich Ammoniakminderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft positiv auf die Reduzierung des Feinstaubs im ländlichen Raum auswirken. In den Städten ist der Verkehr hingegen Hauptverursacher. Wann und wo es zu sehr hohen Feinstaubbelastungen kommt, ist grundsätzlich von den örtlichen Gegebenheiten , der Jahreszeit und der Wetterlage abhängig. 10. Was unternimmt sie, um in der Landwirtschaft die Ammoniakemissionen und die Versauerung der Böden auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis zu reduzieren bzw. zu verhindern? Ziel der Landesregierung ist es, eine landesweite Reduzierung der Stickstoffüberschüsse und Ammoniakemissionen insbesondere durch eine konsequente Umsetzung der Düngeverordnung, des Immissionsschutzrechtes und der Unterstützung von Maßnahmen für eine effizientere Stickstoffdüngung zu bewirken und die Versauerung der Böden zu vermindern bzw. verhindern. Aus geologischen Gründen ist die Versauerung der Böden auf der Schwäbischen Alb und im Zollernalbkreis wenig problematisch, da der Kalk aus dem Untergrund die Säurebildung mindert. Eine besondere diesbezügliche lokale Betroffenheit ist derzeit nicht bekannt . Für die Schwäbische Alb und speziell den Zollernalbkreis sind über die v. g. Maßnahmen hinaus daher keine spezifischen Maßnahmen vorgesehen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft