Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1327 05. 01. 2017 1Eingegangen: 05. 01. 2017 / Ausgegeben: 23. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Filialen von Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken gibt es nach ihrer Kenntnis zur Zeit im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, aufgeschlüsselt nach einzelnen Bankhäusern, nach Regierungsbezirken, Landkreisen , kreisfreien Städten und Gemeinden? 2. Wie viele Filialen wurden nach ihrer Kenntnis seit 2000 im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg geschlossen, aufgeschlüsselt nach konkreten Standorten, Art der Bank und Jahren? 3. Wie stellt sie sich die Bargeldversorgung im Zollernalbkreis im Ländlichen Raum und in Baden-Württemberg zukünftig vor? 4. Wie sollen nach ihrer Auffassung zukünftig ältere Menschen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg vorwiegend in ländlich geprägten Gebieten ihre Bankgeschäfte erledigen, wenn sie keine Möglichkeit der Mobilität haben, um in die Innenstädte zu kommen und nach Praxisschließungen nun auch Lebensmittelgeschäfte , Bäckereien, Metzgereien und eben auch Banken ihre Filialen schließen und somit ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg , Sachsen und Thüringen eine Art Landflucht entsteht? 5. Wie schätzt sie die Entwicklung des Bankgeschäfts in Baden-Württemberg für die nächsten 15 Jahre ein und wie möchte sie zum Wohle der Bevölkerung und der Arbeitsplätze der Bankangestellten vorgehen? 16. 12. 2016 Herre AfD Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Wirtschaftliche Situation von Banken im Zollernalbkreis und die zu erwartenden Schließungswellen in 2017 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1327 2 B e g r ü n d u n g Volksbank Balingen-Hohenzollern schließt 13 Filialen ersatzlos. Sparkasse Balingen schließt elf Geschäftsstellen und läutet nun das Ende des Zeitalters von Filialbetrieb und Service ein. Nach Schließung der Santanderbank in Albstadt folgen nun auch Sparkassen und Volksbanken in Balingen und Albstadt sowie im gesamten Zollernalbkreis. Auch anderswo machen Sparkassen ihre Filialen dicht. Selbst die Freiburger Sparkasse wird bis 2020 ihr Netz um 15 bis 20 Filialen verringern . Mit dieser Kleinen Anfrage soll die Sichtweise der Landesregierung zu dieser Problematik sowie die aktuelle Situation im Zollernalbkreis und Baden- Württemberg näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 3. Februar 2017 Nr. 45-4293.0/27 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Filialen von Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken gibt es nach ihrer Kenntnis zur Zeit im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg, aufgeschlüsselt nach einzelnen Bankhäusern, nach Regierungsbezirken, Landkreisen , kreisfreien Städten und Gemeinden? 2. Wie viele Filialen wurden nach ihrer Kenntnis seit 2000 im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg geschlossen, aufgeschlüsselt nach konkreten Standorten, Art der Bank und Jahren? Zu 1. und 2.: Amtliche Daten über die Zahl von Bankfilialen in Baden-Württemberg liegen nicht vor. Ohne umfangreiche, zusätzliche und mit erheblichem Aufwand verbundene Erhebungen sind Auswertungen zur Zahl von Bankfilialen getrennt nach Bankhäusern, Regierungsbezirken, Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden sowie deren Entwicklung im zeitlichen Verlauf nicht möglich. Gleichwohl erlauben u. a. vorliegende Zahlen der Bundesbank ein recht genaues Bild zur Entwicklung von Bankfilialen in Baden-Württemberg und dem Zollernalbkreis. Gemäß Bankstellenstatistik der Bundesbank kann sich auch Baden-Württemberg nicht dem seit vielen Jahren, auch international beobachtbaren Trend zur Abnahme der Zahl von Kreditinstituten und ihrer Zweigstellen entziehen. Zum Jahres - ende 2016 hatten 292 Kreditinstitute ihren Sitz in Baden-Württemberg (Definition Kreditinstitut hier: betreibt mindestens eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 des Kreditwesengesetzes aufgeführten Bankgeschäfte, u. a. auch Bausparkassen). Im Jahr 2000 hatten noch 484 Kreditinstitute ihren Sitz in Baden-Württemberg. Gleichlaufend hat sich laut Auswertung der Bundesbank die Zahl der inländischen (das heißt in Deutschland ansässigen) Zweigstellen der baden-württembergischen Kreditinstitute entwickelt. Im Zeitraum von 2000 bis 2015 (Zahlen für 2016 zum Zeitpunkt der Antwort nicht vorliegend) hat sich ihre Zahl um rund 34 % von 7.683 auf 5.037 verringert. Anzumerken ist, dass die Zahl der Bankfilialen in Baden -Württemberg deutlich höher liegt, da in den vorstehenden Zahlen nicht die baden-württembergischen Filialen von Kreditinstituten mit Sitz außerhalb von Baden-Württemberg (u. a. Deutsche Postbank AG, Deutsche Bank AG, Commerzbank AG, ausländische Banken) berücksichtigt sind. Für Baden-Württemberg besonders hervorhebenswert ist das enge und flächendeckende Geschäftsstellennetz der Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen sowie der Deutschen Postbank AG mit Partnerfilialen der Deutschen Post AG. Alleine die genannten Kreditinstitute kamen in Baden-Württemberg zum Jahres - ende 2016 zusammen auf 5.763 Geschäftsstellen (in dieser Zahl sind neben Haupt - 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1327 stellen und Beratungszentren auch Filialen sowie rund 1.000 Selbstbedienungsstellen mit mindestens einem Bankautomat und in der Regel einem Kontoauszugsdrucker und in Teilen einem Überweisungsterminal sowie Einzahlungsmöglichkeiten enthalten). Das dichteste Geschäftsstellennetz unterhalten in Baden-Würt - temberg die Volks- und Raiffeisenbanken (2.821 Geschäftsstellen zum 31. Dezember 2016), gefolgt von den Sparkassen (2.149 Geschäftsstellen) sowie der Deutschen Postbank AG (793 Geschäftsstellen). Im Zollernalbkreis kamen Volks- und Raiffeisenbanken, die Sparkasse Zollernalb sowie die Deutsche Postbank AG zum 31. Dezember 2016 zusammen auf 117 Geschäftsstellen (53 Geschäftsstellen der Volks- und Raiffeisenbanken, 50 Geschäftsstellen der Sparkasse Zollernalb, 14 Geschäftsstellen der Postbank). Zu den Filialen und Geschäftsstellen anderer Kreditinstitute im Zollernalbkreis liegen der Landesregierung keine weiteren belastbaren Zahlen vor. 3. Wie stellt sie sich die Bargeldversorgung im Zollernalbkreis im Ländlichen Raum und in Baden-Württemberg zukünftig vor? 4. Wie sollen nach ihrer Auffassung zukünftig ältere Menschen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg vorwiegend in ländlich geprägten Gebieten ihre Bankgeschäfte erledigen, wenn sie keine Möglichkeit der Mobilität haben, um in die Innenstädte zu kommen und nach Praxisschließungen nun auch Lebensmittelgeschäfte , Bäckereien, Metzgereien und eben auch Banken ihre Filialen schließen und somit ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Thüringen eine Art Landflucht entsteht? Zu 3. und 4.: Was die Bargeldversorgung anbelangt, ist zu vermerken, dass immer mehr Supermärkte , Discounter, Baumärkte und Tankstellen ihren Kunden anbieten, Geld vom Girokonto abzuheben und als Bargeld auszuzahlen. Die Kreditwirtschaft in Baden-Württemberg (Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e. V., Sparkassenverband Baden-Württemberg, Bankenverband Baden-Württemberg e. V.) betont übereinstimmend und mit Nachdruck, dass es ein Anliegen ihrer Mitglieder ist, älteren Menschen auch künftig einen guten Zugang zu Finanz- und Bankdienstleistungen zu ermöglichen. Kreditinstitute stellen fest, dass sich die Kundenbedürfnisse im Zuge der Digitalisierung ändern. Immer mehr Kunden nutzen die Möglichkeiten des Online-Banking und mobiler Anwendungen . Die Kundenfrequenz in klassischen Filialen nimmt stetig ab. Zudem werde die Beratung von Kunden auch wegen regulatorischer Vorgaben anspruchsvoller . Dies erschwere das Angebot von Beratungsdienstleistungen in Kleinfilialen. Der insbesondere von Genossenschaftsbanken und Sparkassen verfolgte Ansatz lautet: sofern vertretbar, Erhalt von Geschäftsstellen auch in kleinen Gemeinden, z. B. mit eingeschränkten Öffnungszeiten oder in der Form eines Selbstbedienungsangebots . Zudem umfängliche Angebote der telefonischen Beratung sowie Ausbau digitaler Dienstleistungen (Multikanal-Ansatz). Angedacht bzw. zum Teil realisiert sind weiterhin: fahrbare Zweigstellen, Beratung in den Geschäftsstellen nach Terminvereinbarung sowie Video-Beratung. Die Sparkasse Zollernalb hebt hervor, dass sie ihren älteren bzw. hilfsbedürftigen Kunden einen kostenlosen Bargeldservice (Postversand bis 1.000 Euro) anbietet. Der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband e. V. weist darauf hin, dass Volks- und Raiffeisenbanken an einigen Orten älteren und wenig mobilen Menschen die Möglichkeit eröffnen, dass ein Bankberater auf Termin nach Hause kommt oder ihnen ein Bankmitarbeiter einmal pro Woche Bargeld vorbeibringt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1327 4 5. Wie schätzt sie die Entwicklung des Bankgeschäfts in Baden-Württemberg für die nächsten 15 Jahre ein und wie möchte sie zum Wohle der Bevölkerung und der Arbeitsplätze der Bankangestellten vorgehen? Zu 5.: Es ist davon auszugehen, dass die Digitalisierung auch von Finanzdienstleistungen weiter voranschreiten wird. Die Landesregierung unterstützt die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Land durch vielfältige Maßnahmen, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Auch der Trend hin zu einer verringerten Zahl an Kreditinstituten und ihrer Geschäftsstellen wird sich vermutlich fortsetzen. Die baden-württembergische Kreditwirtschaft ist sich bewusst, dass dies zu Einschränkungen insbesondere für ältere Kunden führen kann und ist bestrebt, ihr Angebot auch für sie attraktiv zu gestalten. Baden-Württemberg profitiert weiterhin von einem engen Geschäftsstellennetz der Kreditinstitute. Hinzuweisen ist, dass es zu den gesetzlichen Aufgaben der Sparkassen in Baden-Württemberg gehört, eine angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise auch in der Fläche des Landes sicherzustellen. Was die Volks- und Raiffeisenbanken anbelangt , bestimmen wesentlich die Mitglieder über das Angebot ihrer Bank. Der Genossenschaftsverband Baden-Württemberg e. V. verweist darauf, dass die Volksund Raiffeisenbanken fest in ihrer jeweiligen Region verwurzelt sind und dass den Genossenschaften mit ihren fast 3,9 Millionen Mitgliedern in Baden-Württemberg bezüglich der Entwicklung der jeweiligen Region ein gesellschaftlicher Gestaltungsauftrag zukomme. In Vertretung Wicker Ministerialdirektor