Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1329 05. 01. 2017 1Eingegangen: 05. 01. 2017 / Ausgegeben: 15. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wird sich ihrer Meinung nach die Bedeutung der Geriatrie in Zukunft im Zuge des demografischen Wandels und der Veränderungen in der Kliniklandschaft sowie bei privaten Arztsitzen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zwischen heute und 2030 entwickeln? 2. Welche Bedeutung misst sie der speziellen geriatrischen Weiterbildung der Ärzte im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg bei und wie ist eine entsprechende Weiterentwicklung in Richtung Facharzt Geriatrie bzw. Schwerpunkt Geriatrie als zehnte Säule der Inneren Medizin in den nächsten fünfzehn Jahren geplant? 3. Ist ihr bekannt, ob es in Baden-Württemberg Lehrstühle und Ausbildungsmöglichkeiten für den Fachbereich der Geriatrie gibt (tabellarisch aufschlüsseln)? 4. Wie wird sie dafür Sorge tragen, dass an allen medizinischen Fakultäten in Baden -Württemberg auch Lehrstühle für Geriatrie bis 2030 angeboten werden? 5. Wie wird sie darüber hinaus sicherstellen, dass der wachsende Bedarf an geriatrisch qualifiziertem Personal in den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen im Zollernalbkreis im ländlichen Raum sowie in Baden-Württemberg für die kommenden dreißig Jahre gedeckt werden kann? 6. Wie bewertet sie aus ihrer Sicht die Unterschiede der Krankenhauspläne anderer Länder wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern – sofern ihr diese bekannt sind – im Vergleich zum Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg , insbesondere im Hinblick auf die Verbindlichkeit der akutstationären Einstellungen älterer Patienten im Zollernalbkreis, im Landkreis Tübingen und in Baden-Württemberg gesamt? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Mangel an Neurologen und Fachärzten in der Geriatrie im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1329 2 7. Wie wird sie gegen den akuten Mangel an Fachärzten für Neurologie und psychiatrisch Erkrankte in Balingen, Albstadt und im restlichen Zollernalbkreis in den nächsten dreißig Jahren vorgehen? 08. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Die Bevölkerung in Deutschland zählt zu den ältesten der Welt. Darin wiederum steht Baden-Württemberg und der Zollernalbkreis an der Spitze. Vor diesem Hintergrund ist bereits heute ein großer Bedarf an geriatrisch besonders qualifiziertem Personal in den Krankenhäusern sowie Arztpraxen und anderen Einrichtungen im ländlichen Raum festzustellen, der in naher Zukunft noch deutlich steigen wird. Gleichzeitig ist gegenwärtig im Zollernalbkreis und gerade in Baden-Württemberg die Ausbildung zum Facharzt für Geriatrie nicht möglich. Mit dieser Kleinen Anfrage soll diese Problematik näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 30. Januar 2017 Nr. 34-0141.5/141 beantwortet das Ministe - rium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie wird sich ihrer Meinung nach die Bedeutung der Geriatrie in Zukunft im Zuge des demografischen Wandels und der Veränderungen in der Kliniklandschaft sowie bei privaten Arztsitzen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zwischen heute und 2030 entwickeln? Nach der Ärztestatistik für das Jahr 2015 besitzen in Baden-Württemberg 163 Ärztinnen und Ärzte die Zusatzweiterbildung „Geriatrie“, davon 21 in Südwürttemberg . Es kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden wie viele ausschließlich privatärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte es mit der Zusatzweiterbildung „Geriatrie“ in Baden-Württemberg gibt. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage Ziffer 1 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Katrin Schütz CDU vom 9. Oktober 2014, Drucksache 15/5857, Bezug genommen. 2. Welche Bedeutung misst sie der speziellen geriatrischen Weiterbildung der Ärzte im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg bei und wie ist eine entsprechende Weiterentwicklung in Richtung Facharzt Geriatrie bzw. Schwerpunkt Geriatrie als zehnte Säule der Inneren Medizin in den nächsten fünfzehn Jahren geplant? Es wird auf die Antwort zur Frage Ziffer 2 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Katrin Schütz CDU vom 9. Oktober 2014, Drucksache 15/5857, verwiesen. Die Diskussion über die Einführung eines/einer Facharztes/Fachärztin für Innere Medizin und Geriatrie wurde und wird weitergeführt. Bislang existiert nur in drei Bundesländern eine entsprechende Facharztkompetenz. Aktuell dauern die Beratungen zur Novellierung der Musterweiterbildungsordnung auf der Bundesebene an. Tendenziell wird die Einführung einer Facharztkompetenz eher nicht favori- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1329 siert. Die bestehende Zusatzweiterbildung Geriatrie wird als ausreichend angesehen , um den Versorgungsbedarf zukünftig besser decken zu können. Im Rahmen der Novellierung der Musterweiterbildungsordnung ist vorgesehen, die geriatrische Grundversorgung inhaltlich in den Facharztkompetenzen Allgemeinmedizin weiter und verstärkt abzubilden. Die geriatrische Versorgung berührt verschiedene Fachgebiete der Medizin (Innere Medizin, Psychiatrie, Neurologie). Die Schaffung vertiefender Strukturen ausschließlich im Gebiet Innere Medizin wird als nicht zielführend angesehen. 3. Ist ihr bekannt, ob es in Baden-Württemberg Lehrstühle und Ausbildungsmöglichkeiten für den Fachbereich der Geriatrie gibt (tabellarisch aufschlüsseln)? An der Universität Heidelberg wurde zum Wintersemester 2016/2017 ein Lehrstuhl für Geriatrie neu geschaffen. Der Lehrstuhlinhaber ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie e. V. Zudem ist seit 2015 ein außerplanmäßiger Professor in der Inneren Medizin – Fachgebiet Geriatrie an der Universität Ulm tätig. 4. Wie wird sie dafür Sorge tragen, dass an allen medizinischen Fakultäten in Baden -Württemberg auch Lehrstühle für Geriatrie bis 2030 angeboten werden? Die Medizinischen Fakultäten haben bei der Verteilung ihrer Ressourcen weitgehende Gestaltungsfreiheit und können eigenständig über ihre Schwerpunkte entscheiden . In der Approbationsordnung für Ärzte ist die Geriatrie als „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ als Querschnittsbereich verankert und damit fester Bestandteil des Medizinstudiums. Die Lehre ist an allen Medizinischen Fakultäten sichergestellt. Anfang 2016 hat die Enquetekommission „Pflege in Baden-Württemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten“ die Ein - richtung eines Lehrstuhls für Geriatrie an einer medizinischen Fakultät in Baden- Württemberg empfohlen. Mit dem Lehrstuhl für Geriatrie an der Universität Heidelberg ist die Empfehlung bereits umgesetzt worden. 5. Wie wird sie darüber hinaus sicherstellen, dass der wachsende Bedarf an geriatrisch qualifiziertem Personal in den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen im Zollernalbkreis im ländlichen Raum sowie in Baden-Württemberg für die kommenden dreißig Jahre gedeckt werden kann? Die Landesregierung hat unter Beteiligung aller maßgeblichen Akteure das Geriatriekonzept Baden-Württemberg 2014 auf Basis des Geriatriekonzeptes aus 1989 konsentiert, um eine qualitativ hochwertige Behandlung geriatrischer Patienten/ Patientinnen auch im Krankenhaus sicherzustellen. Zu deren Gewährleistung empfiehlt das Ministerium für Soziales und Integration, unter Wahrung der Organisationshoheit der Krankenhausträger, personelle, bauliche und prozessuale Qualitätskriterien . Beschrieben wird eine Personalausstattung, die den besonderen Bedürfnissen der geriatrischen Patienten/Patientinnen entspricht und sich darstellt durch eine multiprofessionelle Zusammensetzung des Teams, die sich an die Funktionsbeschreibung der Geriatrischen Schwerpunkte und Geriatrischen Zentren anlehnt und den Anforderungen zur Erbringung einer geriatrisch-frührehabilitativen Komplex - behandlung entspricht. Diese Personalausstattung sollte folgende Berufsgruppen umfassen: – ärztlicher Bereich, – nichtärztlich-therapeutischer Bereich mit Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, – pflegerischer Bereich (aktivierend-therapeutisch) und – sozial-betreuerischer Bereich. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1329 4 Eine Orientierung an den Personalkennzahlen des Qualitätssiegels Geriatrie für die Akutgeriatrie wird empfohlen. Das Qualitätssiegel Geriatrie wurde im Jahr 2004 von den beiden Fachgesellschaften im Bereich Geriatrie (Deutsche Gesellschaft für Geriatrie – DGG, Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie – DGGG) gemeinschaftlich mit dem Bundesverband Geriatrie entwickelt. Da die Erteilung einer Weiterbildungsermächtigung für die Zusatzweiterbildung Geriatrie vom Vorhandensein entsprechender Behandlungsbetten abhängig ist, leisten die Krankenhäuser mit der Schaffung akut-geriatrischer Einheiten einen maßgeblichen Beitrag dazu, dass die Weiterbildungsmöglichkeiten in Zukunft sichergestellt werden und mehr geriatrisch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen. Die Sicherstellung des Bedarfs an geriatrisch qualifiziertem Personal obliegt den Einrichtungen. 6. Wie bewertet sie aus ihrer Sicht die Unterschiede der Krankenhauspläne anderer Länder wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern – sofern ihr diese bekannt sind – im Vergleich zum Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg , insbesondere im Hinblick auf die Verbindlichkeit der akutstationären Einstellungen älterer Patienten im Zollernalbkreis, im Landkreis Tübingen und in Baden-Württemberg gesamt? Es wird auf die Antwort zur Frage Ziffer 7 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Katrin Schütz CDU vom 9. Oktober 2014, Drucksache 15/5857, verwiesen. 7. Wie wird sie gegen den akuten Mangel an Fachärzten für Neurologie und psychiatrisch Erkrankte in Balingen, Albstadt und im restlichen Zollernalbkreis in den nächsten dreißig Jahren vorgehen? Im Jahre 2015 stellte sich die Ärztesituation in Baden-Württemberg, im Regierungsbezirk Tübingen und im Zollernalbkreis wie aus der Anlage ersichtlich dar. Weitergehende Aussagen hinsichtlich der Ärztesituation einzelner Kommunen in Baden-Württemberg können nicht getroffen werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben den gesetzlichen Auftrag, die ambulante ärztliche Versorgung sicherzustellen. Die KVBW teilt im Hinblick auf die Situation im Zollernalbkreis mit, dass der akute Mangel an Fachärzten/Fachärztinnen für Neurologie und Psychiatrie dadurch gemildert wurde, dass nach der zum 31. Dezember 2016 erfolgten Schließung des MVZ Balingen einem im MVZ angestellten Arzt – trotz rechnerischer Überversorgung und damit Sperrung des Planungsbereiches – eine Sonderbedarfszulassung ermöglicht wurde. Lucha Minister für Soziales und Integration 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1329 An la ge Au sg ew äh lte Ä rz te im Z ol le rn al bk re is, im R eg ie ru ng sb ez irk T üb in ge n un d in B ad en -W ür tt em be rg 2 01 5 BE ZE IC HN U N G N ie de rge la ss en e Är zt e in sg es am t N ie de rge la ss en e Är zt e in sg es am t an - ge st el lte Är zt e an - ge st el lte Är zt e Är zt e in Kr an ke nhä us er n in sg es am t Är zt e in Kr an ke nhä us er n in sg es am t Är zt e be i Be hö rd en / Kö rp er - sc ha ft en in sg es am t Är zt e be i Be hö rd en / Kö rp er - sc ha ft en in sg es am t Är zt e in so ns tig er är zt lic he r Tä tig ke it Är zt e in so ns tig er är zt lic he r Tä tig ke it Zu sa m m en Zu sa m m en In sg esa m t m än nl ic h w ei bl ic h m än nl ic h w ei bl ic h m än nl ic h w ei bl ic h m än nl ic h w ei bl ic h m än nl ic h w ei bl ic h m än nl ic h w ei bl ic h Zo lle rn al bk re is FA N er ve nh ei lk un de 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 0 3 FA N er ve nh ei lk un de (N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie ) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 FA N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie (N er ve na rz t) 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 FA N eu ro lo gi e 0 0 1 1 1 0 0 0 0 0 2 1 3 FA P hy sik al isc he u nd R eh ab ili ta tiv e M ed izi n 1 0 0 0 2 0 0 0 0 0 3 0 3 FA P sy ch ia tr ie 1 2 1 0 0 2 0 0 0 0 2 4 6 FA P sy ch ia tr ie u nd P sy ch ot he ra pi e 0 1 0 0 1 2 0 0 0 0 1 3 4 FA P sy ch ot he ra pe ut isc he M ed izi n 2 2 1 0 1 0 0 0 0 0 4 2 6 FA P sy ch ot he ra pi e 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 FA P sy ch os om at isc he M ed izi n un d Ps yc ho th er ap ie 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Re gi er un gs be zi rk T üb in ge n FA N er ve nh ei lk un de 30 3 1 0 8 4 1 0 5 1 45 8 53 FA N er ve nh ei lk un de (N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie ) 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 FA N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie (N er ve na rz t) 3 1 0 0 2 0 0 0 0 0 5 1 6 FA N eu ro lo gi e 13 5 2 10 62 45 4 1 3 3 84 64 14 8 FA P hy sik al isc he u nd R eh ab ili ta tiv e M ed izi n 15 7 1 2 29 20 0 0 4 1 49 30 79 FA P sy ch ia tr ie 17 16 2 2 25 23 5 1 0 0 49 42 91 FA P sy ch ia tr ie u nd P sy ch ot he ra pi e 17 20 3 1 61 54 1 0 3 1 85 76 16 1 FA P sy ch ot he ra pe ut isc he M ed izi n 48 53 4 3 17 6 1 2 3 1 73 65 13 8 FA P sy ch ot he ra pi e 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 FA P sy ch os om at isc he M ed izi n un d Ps yc ho th er ap ie 1 8 0 1 7 12 0 0 0 0 8 21 29 Ba de n- W ür tt em be rg FA N er ve nh ei lk un de 14 6 43 6 2 37 16 4 1 30 10 22 3 72 29 5 FA N er ve nh ei lk un de (N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie ) 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 2 FA N eu ro lo gi e un d Ps yc hi at rie (N er ve na rz t) 49 9 2 1 15 8 2 1 11 0 79 19 98 FA N eu ro lo gi e 10 9 53 22 40 30 5 23 8 6 6 19 11 46 1 34 8 80 9 FA P hy sik al isc he u nd R eh ab ili ta tiv e M ed izi n 49 26 3 6 87 69 4 5 20 6 16 3 11 2 27 5 FA P sy ch ia tr ie 10 1 11 7 3 15 10 9 83 10 7 11 8 23 4 23 0 46 4 FA P sy ch ia tr ie u nd P sy ch ot he ra pi e 11 1 11 6 12 17 25 5 26 2 8 8 9 7 39 5 41 0 80 5 FA P sy ch ot he ra pe ut isc he M ed izi n 26 6 30 3 7 5 83 24 1 2 10 8 36 7 34 2 70 9 FA P sy ch ot he ra pi e 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 FA P sy ch os om at isc he M ed izi n un d Ps yc ho th er ap ie 7 37 1 2 36 64 1 1 1 0 46 10 4 15 0 Da te nq ue lle .: Be zir ks är zt ek am m er B ad en -W ür tt em be rg .