Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1341 09. 01. 2017 1Eingegangen: 09. 01. 2017 / Ausgegeben: 20. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst sie im Rahmen der Energiewende und des Klimaschutzes der thermischen Verwertung des nachwachsenden Rohstoffs Holz bei? 2. In welchem Umfang wird in Baden-Württemberg aufgeschlüsselt nach den Verbrauchssektoren Wärme, Strom und Kraft-Wärme-Kopplung Energie aus der Verfeuerung von Holz genutzt? 3. In welchem Umfang findet die Wärmegewinnung aus Holz in Baden-Württemberg jeweils in Einzelraumfeuerstätten, Zentralheizungen, Heizwerken und Feuerungen zur Prozesswärme statt (Angabe in Anzahlen und nach erzeugter Wärmemenge)? 4. Wie hoch ist das bei der Holzfeuerung in Einzelraumfeuerungen und Heiz - kesseln entstehende Staubaufkommen in Baden-Württemberg insgesamt und nach Anlagentypen getrennt? 5. Wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang das vom Deutschen Biomasseforschungszentrum Leipzig 2013 erstellte Gutachten zum Staubaufkommen bei Holzfeuerungen? 6. Wie gestalteten sich nach Inkrafttreten der ersten und der zweiten Grenzwertstufe der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes die Staubemissionen bei der Installation neuer Holzfeuerungsanlagen im Vergleich zu den Staubemissionen des Anlagenbestands? 7. Ist es aus ihrer Sicht vor diesem Hintergrund angemessen, die Installation neuer Holzfeuerungsanlagen mit Emissionsfaktoren zu bewerten, die für den Anlagenbestand gelten? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Emissionsverhalten von Holzfeuerungen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1341 2 8. Wenn nein, was tut sie dafür, dass die Bewertung neuer Holzfeuerungsanlagen künftig nicht mehr mit Emissionsfaktoren für den Anlagenbestand erfolgt, sondern mit Emissionsfaktoren für neue Holzfeuerungsanlagen? 9. Wie ist in Baden-Württemberg der Vollzug der Übergangsregelungen der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes geregelt, nach denen alte Holzfeuerungsanlagen, welche die verschärften Emissionsanforderungen nicht einhalten können, von den Betreibern entweder nachgerüstet oder stillgelegt werden müssen? 10. Sieht sie diesbezüglich Verbesserungsmöglichkeiten bei den Vorgaben für die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und die für den Immissionsschutz zuständigen Behörden, um sicherzustellen, dass die alten Holzfeuerungsanlagen , welche die Anforderungen nicht einhalten können, im Interesse der Luft - reinhaltung tatsächlich nachgerüstet bzw. stillgelegt werden? 05. 01. 2017 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. Februar 2017 Nr. 4-8820.20-01.VO/199 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst sie im Rahmen der Energiewende und des Klimaschutzes der thermischen Verwertung des nachwachsenden Rohstoffs Holz bei? Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen ist unter anderem auch ein verstärkter Einsatz regenerativer Energien erforderlich. Nachhaltig angebautes Holz leis - tet als Brennstoff hierzu einen positiven Beitrag. Allerdings sollte dabei grund - sätzlich eine Kaskadennutzung angestrebt werden, in der der stofflichen Nutzung von Holz beispielsweise als Baumaterial der Vorrang vor einer energetischen Nutzung eingeräumt wird. Bei der stofflichen Nutzung wird das klimaschädliche Kohlendioxid gebunden. Aktuell hat die Bioenergie in Baden-Württemberg einen Anteil von rund zwei Dritteln an der Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien . Die Holznutzung hat dabei den größten Anteil und trägt allein knapp die Hälfte zur gesamten erneuerbaren Energiebereitstellung bei. Da die Potenziale bereits weitgehend ausgeschöpft sind, werden die relativen Anteile der Holzfeuerung im Vergleich zu den anderen erneuerbaren Energiequellen zukünftig bei der Umsetzung der Energiewende sinken. Jedoch sollen die absoluten Beiträge durch die Erschließung teilweise ungenutzter Potenziale wie Landschaftspflegeholz und Grünabfälle noch wachsen. Insbesondere soll die Energieerzeugung aus Holz vor allem über eine verbesserte Effizienz der Wärmeerzeugung gesteigert werden. Derzeit wird mehr als die Hälfte des Holzes in traditionellen Heizungssystemen verfeuert. Diese weisen jedoch nur vergleichsweise geringe Wirkungsgrade und vor allem erhöhte Schadgasemissionen auf. Deutliche Verbesserungen bringen hier Zentralheizungskessel, Heizwerke und Heizkraftwerke. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1341 2. In welchem Umfang wird in Baden-Württemberg aufgeschlüsselt nach den Verbrauchssektoren Wärme, Strom und Kraft-Wärme-Kopplung Energie aus der Verfeuerung von Holz genutzt? Der Landesregierung liegen die Daten in der nachgefragten Aufschlüsselung nicht vor. Es wird daher auf Daten des Emissionskatasters Baden-Württemberg und des Energieatlasses für Baden-Württemberg zurückgegriffen. So weist das Emissionskataster Baden-Württemberg für das Bezugsjahr 2014 für die Quellengruppe Kleine und Mittlere Feuerungsanlagen einen Endenergieeinsatz von ca. 8,3 Terawattstunden aus. Davon entfallen auf den Bereich Haushalte etwa 7,7 Terawattstunden und auf den Bereich Kleinverbraucher (Firmen mit nicht - genehmigungsbedürftigen Feuerungsanlagen) ca. 0,5 Terawattstunden. Für den Bereich der Quellengruppe Industrie wird im Bezugsjahr 2014 ein Endenergie - einsatz von ca. 6,9 Terawattstunden angegeben. Aktuellere Zahlen sind noch nicht verfügbar. Die Beiträge der erneuerbaren Energien zur Energiebereitstellung in Baden-Württemberg werden vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft erfasst und im jährlichen Bericht über die Entwicklung des Anteils der erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmesektor veröffentlicht. Im Jahr 2015 wurden aus der Verfeuerung von Holz 14,9 Terawattstunden Endenergie Wärme und 1,1 Terawattstunden Strom bereitgestellt. Dabei stammte der Strom überwiegend aus Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Der Wärmeanteil aus der Kraft-Wärme-Kopplung betrug 1,7 Terawattstunden. 3. In welchem Umfang findet die Wärmegewinnung aus Holz in Baden-Württemberg jeweils in Einzelraumfeuerstätten, Zentralheizungen, Heizwerken und Feuerungen zur Prozesswärme statt (Angabe in Anzahlen und nach erzeugter Wärmemenge)? Im Jahr 2015 wurden in traditionellen Einzelfeuerstätten (Kachelöfen, Kamin - öfen, Kamine, Beistellherde) 8,9 Terawattstunden, in modernen Feuerstätten (Zentralheizungsanlagen, Heizwerke) 4,3 Terawattstunden und in Heizkraftwerken 1,7 Terawattstunden Wärme erzeugt. Detaillierte Angaben zu den Anlagenzahlen liegen nicht vor. 4. Wie hoch ist das bei der Holzfeuerung in Einzelraumfeuerungen und Heiz - kesseln entstehende Staubaufkommen in Baden-Württemberg insgesamt und nach Anlagentypen getrennt? Das Emissionskataster Baden-Württemberg weist für das Bezugsjahr 2014 bei den Holzfeuerungen in Einzelraumfeuerungen und Heizkesseln für Feinstaub PM10-Emissionen im Bereich Haushalte ca. 2.474 t und im Bereich Kleinverbraucher ca. 206 t aus. Eine weitere Aufteilung nach Anlagentypen ist anhand der vorliegenden Daten nicht möglich. 5. Wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang das vom Deutschen Biomasseforschungszentrum Leipzig 2013 erstellte Gutachten zum Staubaufkommen bei Holzfeuerungen? Das Gutachten des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig gibt auf - bauend auf den Ergebnissen durchgeführter Untersuchungen eine objektive Einschätzung zum Anteil der Staubemissionen aus zentralen Holzfeuerungsanlagen im Vergleich zu denen aus Einzelraumfeuerungen und im Vergleich zu den an - deren Staubemittenten in Deutschland. Die aufgeführten Einschätzungen für Deutschland können auf Baden-Württemberg übertragen werden. Danach ist von folgender Einschätzung auszugehen: Der Anteil des Staubaufkommens aus Kleinfeuerungsanlagen mit Holzeinsatz liegt im Land über 85 % der Gesamtemissionen aus Anlagen von Haushalten und Kleinverbrauchern und hat bezogen auf die Gesamtstaubemissionen in Baden- Württemberg einen wachsenden relativen Anteil an den gesamten Staubemissionen . Ungeachtet der angewandten Methode und der vorhandenen Unsicherheiten sind in Baden-Württemberg die Kleinfeuerungsanlagen nach dem Straßenverkehr der zweitstärkste Verursacher der Feinstaub PM10-Belastung. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1341 4 6. Wie gestalteten sich nach Inkrafttreten der ersten und der zweiten Grenzwertstufe der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes die Staubemissionen bei der Installation neuer Holzfeuerungsanlagen im Vergleich zu den Staubemissionen des Anlagenbestands? Bedingt durch die geringeren Staub- und Kohlenstoffmonoxidgrenzwerte für Neu - anlagen werden die Emissionen durch neu installierte und ausgetauschte Feuerstätten für feste Brennstoffe generell reduziert. Dies gilt sowohl für Heizkessel als auch für Einzelraumfeuerstätten und ist seitens der Schornsteinfeger durch Emissionsmessungen im Betrieb und/oder durch geringere Ablagerungen von Verbrennungsrückständen im Abgassystem belegt. 7. Ist es aus ihrer Sicht vor diesem Hintergrund angemessen, die Installation neuer Holzfeuerungsanlagen mit Emissionsfaktoren zu bewerten, die für den Anlagenbestand gelten? Die verwendeten Emissionsfaktoren werden laufend überprüft und dem aktuellen Anlagenbestand angepasst. Sie spiegeln damit das Emissionsverhalten des gesamten Anlagenbestandes wider. Des Weiteren wird durch die Aktualisierung der eingesetzten Emissionsfaktoren der Austausch von älteren durch neuere Anlagen im Bestand berücksichtigt. Aus Sicht der Landesregierung werden neue Holzfeuerungsanlagen mit den verwendeten Emissionsfaktoren angemessen und richtig bewertet . 8. Wenn nein, was tut sie dafür, dass die Bewertung neuer Holzfeuerungsanlagen künftig nicht mehr mit Emissionsfaktoren für den Anlagenbestand erfolgt, sondern mit Emissionsfaktoren für neue Holzfeuerungsanlagen? Die LUBW, die die Landesregierung u. a. in Fragen des Immissionsschutzes be - rät, legt ihren Auswertungen ständig den neuesten Wissensstand zugrunde. Durch die Fortschreibung der Emissionsfaktoren wird so stets der aktuelle Anlagenbestand berücksichtigt. 9. Wie ist in Baden-Württemberg der Vollzug der Übergangsregelungen der Ers ten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes geregelt, nach denen alte Holzfeuerungsanlagen, welche die verschärften Emissionsanforderungen nicht einhalten können, von den Betreibern entweder nachgerüstet oder stillgelegt werden müssen? Die Übergangsregelungen für Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe finden sich in § 25 (Feuerungsanlagen ausgenommen Einzelraumfeuerungsanlagen) und § 26 (Einzelraumfeuerungsanlagen) der 1. BImSchV. Aufgrund der Vorschriften der 1. BImSchV sind dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und somit auch den Betreibern der Feuerungsanlagen die Zeitpunkte der Stilllegung oder Nach - rüstung bekannt. Bei begründetem Verdacht, dass der Betreiber seiner Verpflichtung zu Stilllegung oder Nachrüstung nicht nachkommt, unterrichtet der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger die zuständige untere Immissionsschutzbehörde . Diese kann ggf. eine Stilllegung anordnen und durchsetzen. 10. Sieht sie diesbezüglich Verbesserungsmöglichkeiten bei den Vorgaben für die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und die für den Immissionsschutz zuständigen Behörden, um sicherzustellen, dass die alten Holzfeuerungsanlagen , welche die Anforderungen nicht einhalten können, im Interesse der Luft - reinhaltung tatsächlich nachgerüstet bzw. stillgelegt werden? Von den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern in Baden-Württemberg wurden ca. 1,4 Mio. Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe eingestuft und den Betreibern dabei mündlich und schriftlich mitgeteilt, ob und ggf. ab wann bestimmte Emissionsgrenzwerte eingehalten werden müssen bzw. die Feuerstätte außer Betrieb zu nehmen oder nachzurüsten ist. Die festgelegten Fristen werden im Falle der Kesselanlagen bei der wiederkehrenden Überwachung nach § 15 der 1. BImSchV 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1341 von einem Schornsteinfeger/einer Schornsteinfegerin alle zwei Jahre bzw. bei Einzelraumfeuerungsanlagen im Rahmen der Feuerstättenschau alle drei bis vier Jahre vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger überprüft. Unter Berücksichtigung des Aufwands und der Verhältnismäßigkeit erscheint eine davon abweichende Herangehensweise unangemessen, zumal der nicht rechtskonforme Weiterbetrieb eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 62 Bundes-Immissionsschutzgesetz i. V. m. § 24 Nr. 2 bzw. Nr. 16 der 1. BImSchV darstellt und entsprechend geahndet werden kann. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft