Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1344 11. 01. 2017 1Eingegangen: 11. 01. 2017 / Ausgegeben: 28. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Darf das Schulamt Fristen setzen, bis wann die Anträge auf Überprüfung von sonderpädagogischem Förderbedarf spätestens eingereicht sein müssen? 2. Sind die Fristen einheitlich oder kann dies jedes Amt selbst entscheiden? 3. Falls jedes Amt selbst entscheiden kann – wie sind die Fristen der einzelnen Schulamtsbezirke, bis zu denen jeweils Anträge auf Prüfung von sonderpädagogischem Förderbedarf gestellt werden müssen? 4. Welche Möglichkeiten haben Eltern, bei deren Kind eine Überprüfung auf sonderpädagogischen Förderbedarf erst später sinnvoll erscheint oder die von den Antragsfristen nichts wussten, da z. B. die Beratung in den Kindergärten erst nach Fristende stattfand? 5. Dürfen Schulämter Eltern z. B. bei Anrufen von sonderpädagogischer Förderung in einer darauf spezialisierten Schule abraten und zur Inklusion raten? 6. Wie viele zusätzliche Stellen – unter Angabe der Kosten – wurden geschaffen, damit die Schulämter die Entscheidung über die Genehmigung zur Zulassung und Zuweisung an Förderschulen und an welcher Schule auf sonderpädagogischen Förderbedarf getestet wird, treffen können, statt wie zuvor die Schulen entscheiden und testen zu lassen, wenn für ein Kind dort die Aufnahme beantragt wird? Kleine Anfrage der Abg. Thomas Axel Palka und Anton Baron AfD und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Prüfung auf sonderpädagogischen Förderbedarf Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1344 2 7. Falls kein neues Personal nötig war: Wie wird der zusätzliche Aufwand von den Schulämtern geleistet, um die Akten von allen Kindern, für die Interesse bekundet wurde, zu prüfen, anschließend eine Schule für den Test zuzuweisen und dann die Beurteilung der Lehrkraft auszuwerten und zu entscheiden? 04. 01. 2017 Palka, Baron AfD B e g r ü n d u n g Laut Eltern und Lehrern einer Schule für sonderpädagogischen Förderbedarf konnte früher jederzeit – das heißt bis zu den Sommerferien – ein Antrag zur Überprüfung gestellt werden, ob das Kind sonderpädagogischen Förderbedarf nötig hat. Nun gilt, zumindest bei der den Fragestellern gegenüber genannten Schule und dem zuständigen Schulamt, eine Frist im Dezember. Zu diesem Zeitpunkt wissen viele Eltern, deren Kinder noch in den Kindergarten gehen oder gar zu Hause betreut werden, noch gar nichts von den Möglichkeiten der sonderpädagogischen Förderung und den Antragsfristen. Dementsprechend können sie auch noch keinen Antrag auf Überprüfung gestellt haben, ob ein Förderbedarf bei ihrem Kind besteht. Das führt zwangsläufig dazu, dass ein nötiger Förderbedarf bei manchen Kindern zu spät (erst für das nächste Schuljahr) erkannt wird und die Kinder somit gegebenenfalls ein Jahr lang keine sonderpädagogische Förderung bekommen, obwohl dies sinnvoll und von den Erziehungsberechtigen gewünscht wäre. A n t w o r t Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 Nr. 36-6504.40/475/1 beantwortet das Minis - terium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Darf das Schulamt Fristen setzen, bis wann die Anträge auf Überprüfung von sonderpädagogischem Förderbedarf spätestens eingereicht sein müssen? Die Etablierung inklusiver Bildungsangebote erfordert eine umfassende Beratung der Eltern, die Schulangebotsplanung und komplexe Abstimmungsprozesse mit den berührten Stellen (Bildungswegekonferenzen). Im Vergleich zu den bisherigen Regelungen erfordert dies einen längeren zeitlichen Vorlauf. Die Staatlichen Schulämter tragen diesem Faktum richtigerweise mit Fristsetzungen Rechnung. Diese Fristen sind jedoch keine „Ausschlussfristen“. 2. Sind die Fristen einheitlich oder kann dies jedes Amt selbst entscheiden? Jedes Amt legt – den örtlichen Gegebenheiten und den Arbeitsabläufen im Amt entsprechend – die Fristen für seinen Geschäftsbereich selbst fest. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1344 3. Falls jedes Amt selbst entscheiden kann – wie sind die Fristen der einzelnen Schulamtsbezirke, bis zu denen jeweils Anträge auf Prüfung von sonderpädagogischem Förderbedarf gestellt werden müssen? Die von den Staatlichen Schulämtern festgesetzten Antragsfristen bewegen sich in einem zeitlichen Spektrum von Ende Oktober bis Ende März (Zeitpunkt der Schulanmeldung). Häufig werden für einzelne Fallkategorien (Neuanträge oder Anträge zur Fortführung) unterschiedliche Fristen gesetzt. 4. Welche Möglichkeiten haben Eltern, bei deren Kind eine Überprüfung auf sonderpädagogischen Förderbedarf erst später sinnvoll erscheint oder die von den Antragsfristen nichts wussten, da z. B. die Beratung in den Kindergärten erst nach Fristende stattfand? Da die Fristen keine Ausschlussfristen sind, ist eine spätere Beantragung jederzeit möglich. Mit der gesetzten Frist signalisiert das Schulamt lediglich, dass alle fristgerecht eingereichten Anträge so bearbeitet werden können, dass dem möglichen Elternwunsch nach gemeinsamem Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung mit großer Sicherheit Rechnung getragen werden kann. Später eingegangene Anträge werden genauso regelhaft bearbeitet. 5. Dürfen Schulämter Eltern z. B. bei Anrufen von sonderpädagogischer Förderung in einer darauf spezialisierten Schule abraten und zur Inklusion raten? Nach der Verordnung über sonderpädagogische Bildungsangebote werden die Erziehungsberechtigten über die möglichen Bildungsangebote an allgemeinen Schulen und an sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren umfassend beraten. 6. Wie viele zusätzliche Stellen – unter Angabe der Kosten – wurden geschaffen, damit die Schulämter die Entscheidung über die Genehmigung zur Zulassung und Zuweisung an Förderschulen und an welcher Schule auf sonderpädagogischen Förderbedarf getestet wird, treffen können, statt wie zuvor die Schulen entscheiden und testen zu lassen, wenn für ein Kind dort die Aufnahme beantragt wird? Für die o. g. Aufgaben wurden keine zusätzlichen Stellen geschaffen. Die Auf - gabe der Beauftragung einer sonderpädagogischen Diagnostik, der Prüfung der eingehenden Gutachten und der Entscheidung über einen Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot lag schon immer bei den Staatlichen Schul - ämtern. 7. Falls kein neues Personal nötig war: Wie wird der zusätzliche Aufwand von den Schulämtern geleistet, um die Akten von allen Kindern, für die Interesse bekundet wurde, zu prüfen, anschließend eine Schule für den Test zuzuweisen und dann die Beurteilung der Lehrkraft auszuwerten und zu entscheiden? Der zusätzliche Aufwand an den Staatlichen Schulämtern liegt in der umfassenden Beratung der Eltern von Kindern mit einem festgestellten Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, in der Schulangebotsplanung für das gemeinsame Lernen und in der Abstimmung mit allen berührten Stellen im Rahmen der Bildungswegekonferenz. Zur Bewältigung dieser Aufgaben hat das Land die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Staatlichen Schulämter die Mög - lichkeit haben, Lehrkräfte als Mitarbeiter Inklusion in die Schulverwaltung abzuordnen . Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport