Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1380 24. 01. 2017 1Eingegangen: 24. 01. 2017 / Ausgegeben: 08. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen über die baden-württembergischen Wälder im Hinblick auf die Vielfalt der Baumarten, die Naturnähe der Bestände, das Baum - alter und die Gesundheit der Wälder vor? 2. Inwiefern ist in Baden-Württemberg infolge der Trockenheit und Hitze im Sommer 2015 und 2016 eine negative Entwicklung der Gesundheit der Wälder zu bemerken? 3. Welche Erkenntnisse liegen speziell zu den Stadt- und Gemeindewäldern im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch vor und zwar im Hinblick auf die Vielfalt der Baumarten, die Naturnähe der Bestände, das Baumalter und die Gesundheit der Wälder allgemein? 4. Gibt es Unterschiede zwischen den Privat-, Stadt- und Gemeindewäldern im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch und dem Staatswald in diesem Gebiet im Hinblick auf die Qualität des Baumbestands? 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Forstwirtschaft im Umgang mit den Folgen des Klimawandels für die Wälder zu unterstützen? 6. Wie trägt die im Koalitionsvertrag vorgesehene Herausnahme von bis zu zehn Prozent der Staatswaldfläche Baden-Württembergs bis 2020 aus der Bewirtschaftung zum Schutz der Wälder bei? 23. 01. 2017 Nemeth CDU Kleine Anfrage des Abg. Paul Nemeth CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Qualität der Wälder in Baden-Württemberg − insbesondere im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 2 B e g r ü n d u n g Wald ist als flächenhaft vorherrschender und vielfältigster naturnaher Lebensraum in Deutschland und speziell in Baden-Württemberg von großer Bedeutung. Baden-Württemberg verfügt über die größte Anzahl naturnaher Wälder in der Bundesrepublik. Mit der kontinuierlichen Veränderung der Lebens- und Umweltbedingungen verändern sich auch die Bedingungen für und die Ansprüche an den Wald ständig. Es handelt sich hierbei um einen Wandel, der mit der Klimaerwärmung einhergeht und laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zu einer latenten Waldkrankheit führt. Es gilt deshalb, die baden-württembergischen Wälder als wichtige Roh - stoff quelle, aber auch als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und beliebten Erholungsraum für Waldbesucher zu schützen und zu stärken. A n t w o r t Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 Nr. Z(52)-0141.5/100F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen über die baden-württembergischen Wälder im Hinblick auf die Vielfalt der Baumarten, die Naturnähe der Bestände, das Baum - alter und die Gesundheit der Wälder vor? Zu 1.: Eine umfassende und methodisch repräsentative Darstellung über den Zustand der Wälder in Baden-Württemberg bietet die Auswertung der Bundeswaldinventuren. Diese wurden in den Jahren 1987, 2002 und 2012 über alle Waldbesitzarten hinweg durchgeführt und bilden mit ihren Ergebnissen die Erkenntnisse zu den angefragten Waldzustandsparametern im Wesentlichen ab. Die Vielfalt der Baumarten lässt sich mittelbar am besten über den Anteil der Mischbestände, die Baumartenanteile und die Entwicklung der Baumartenanteile charakterisieren. Baden-Württemberg belegt beim Anteil der Mischbestände mit 88 % bundesweit nach dem Saarland den zweiten Platz. Von den großen Flächenländern ist es das Land mit dem höchsten Anteil an Mischbeständen im Wald. Bei den Baumarten hat die Fichte mit 34 % den höchsten Anteil (s. Abb. 1), gefolgt von der Buche mit 21,5 %. Insgesamt beträgt der Anteil der Laubbäume 46 %. Sieben Baumartengruppen erreichen einen Flächenanteil von über 5 % (Fichte, Buche, Laubbäume mit hoher Lebensdauer, Tanne, Eichen, Kiefern, Laubbäume mit niedriger Lebensdauer). Eine derart breit gefächerte Baumartenpalette findet sich im Bundesgebiet nur noch in Rheinland-Pfalz. Die Wälder der anderen Bundesländer werden sehr viel stärker von nur einer oder zwei Baumarten dominiert. In der Entwicklung der Baumarten sind während der drei Bundeswaldinventuren in Baden-Württemberg vor allem Fichtenanteile zugunsten von Laubbaumanteilen verloren gegangen. Die Ursachen hierfür waren im Wesentlichen die Orkane der 1990er-Jahre (Vivian, Wiebke und Lothar), die durch die Klimaerwärmung und das Sturmholz begünstigten Borkenkäferkalamitäten sowie der gezielte Umbau standortswidriger Fichtenbestockungen in standortgerechte Buchen-, Eichenund Tannen-Mischwälder. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 Abb. 1: Flächenanteile der Baumartengruppen der drei Bundeswaldinventuren im Gesamtwald von Baden-Württemberg Bei der Naturnähe der Bestände nimmt Baden-Württemberg bundesweit mit großem Abstand einen Spitzenplatz ein. So wurde die Hälfte der Waldfläche den beiden höchsten Naturnähestufen sehr naturnah und naturnah zugewiesen. In der Entwicklung der Altersstruktur nach Altersklassen mit 20 Jahren Klassenbreite fällt die kontinuierliche Zunahme des Anteils älterer Waldbestände auf (s. Abb. 2). Die Fläche der über 140 Jahre alten Wälder hat sich annähernd verdoppelt . Die starke Zunahme dieser alten Wälder ist von großer Bedeutung für die Struktur- und Artenvielfalt der Wälder. Abb. 2: Altersstruktur nach Altersklassen bei den drei Bundeswaldinventuren im Gesamtwald Baden-Württembergs Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 4 Die Baumgesundheit bzw. den Gesundheitszustand des Waldes beschreibt der Waldzustandsbericht 2016 für Baden-Württemberg. Der Gesundheitszustand der Bäume wird dort über die Nadel- bzw. Blattverluste der Stichproben-Bäume in Bezug zu einem gesunden, voll benadelten bzw. belaubtem Referenzbaum in fünf Schadstufen (von 0 = gesund bis 4 = abgestorben) eingeschätzt. Im Jahr 2016 lag der Anteil der Schadstufen mit deutlichen Nadel-/Blattverlusten (Schadstufe 2 bis 4) bei 37 %. Dieser Wert entspricht dem Durchschnittswert für diese Schadstufen der letzten 10 Jahre. Insofern stagniert der Gesundheitszustand unserer Wälder auf mittlerem Niveau. Der mittlere Nadel-/Blattverlust lag 2016 bei 23,8 %. Die stärksten Blattverluste zeigten die Buche mit 32,9 % und die Esche mit 29,7 %. Bei der Buche war dies durch eine außerordentlich starke Fruktifikation bedingt, welche nachweislich zu Lasten der Belaubung verläuft. Bei der Esche sind die Blattverluste vor allem durch das Eschentriebsterben ausgelöst. 2. Inwiefern ist in Baden-Württemberg infolge der Trockenheit und Hitze im Sommer 2015 und 2016 eine negative Entwicklung der Gesundheit der Wälder zu bemerken? Zu 2.: In Baden-Württemberg war das Jahr 2015 beinahe ganzjährig zu trocken (von Februar bis Oktober) mit einem deutlich zu warmen Juli und August. Das Jahr 2016 war durch ein überdurchschnittlich feuchtes Frühjahr und Frühsommer und einen zu trockenen und zu warmen Spätsommer und Herbst geprägt. Bewertet anhand der Daten der Waldzustandsinventur haben sich die als Indikator herangezogenen Nadel-/Blattverluste der Bäume in etwa auf dem Niveau der Vorjahre bewegt. Insofern hat das Witterungsgeschehen der Jahre 2015 und 2016 keinen wahrnehmbaren Einfluss auf den Kronenzustand unserer Waldbäume gehabt. Bei der Fichte haben die beiden warm-trockenen Sommer- und Herbstquartale der Jahre 2015 und 2016 zu einer spürbaren Verschärfung der Borkenkäfersituation, besonders bei Buchdrucker und Kupferstecher, gesorgt. So hat sich gegenüber 2014 der jährliche Anfall an Käferholz annähernd verdoppelt. Die von den unteren Forstbehörden gemeldete, mit Buchdrucker oder Kupferstecher befallene Waldfläche hat sich mehr als verdoppelt. 3. Welche Erkenntnisse liegen speziell zu den Stadt- und Gemeindewäldern im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch vor und zwar im Hinblick auf die Vielfalt der Baumarten, die Naturnähe der Bestände, das Baumalter und die Gesundheit der Wälder allgemein? Zu 3.: Die Körperschaftswälder im Wahlkreis Böblingen nehmen insgesamt eine Fläche von 6.069 ha ein. Die Baumartenzusammensetzung präsentiert sich wie folgt: %DXPDUW )OlFKHQDQWHLO LQ 5RWEXFKH (LFKH XQEHVWLPPW )LFKWH :DOGNLHIHU *HPHLQH (VFKH %LUNH +DLQEXFKH %HUJDKRUQ 6RQVWLJH 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 Die Baumartenzusammensetzung wird dominiert von standortsheimischen Baum - arten wie Buche, Eiche und anderen Laubhölzern. Die Fichte befindet sich seit Jahren in einem stetigen Rückgang und nimmt gerade noch 16 % der Fläche ein. Der Altersaufbau der Wälder ist ziemlich ausgeglichen. Lediglich die jüngsten Bestände sind ebenso wie die ältesten Waldteile leicht überrepräsentiert. Dies lässt sich bei den jungen Beständen an den Nachwirkungen des Sturmes Lothar festmachen. Bei den älteren Teilen liegt dies am relativ hohen Eichenanteil. Die Eiche benötigt deutlich länger als andere Baumarten um auszureifen. 4. Gibt es Unterschiede zwischen den Privat-, Stadt- und Gemeindewäldern im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen-Schönbuch und dem Staatswald in diesem Gebiet im Hinblick auf die Qualität des Baumbestands? Zu 4.: Der Privatwald nimmt im Landkreis Böblingen lediglich 5 % der gesamten Waldfläche ein und wird von ForstBW auch nicht einer regelmäßigen periodischen Betriebsplanung (Forsteinrichtung) unterzogen. Valide Aussagen zum Privatwald sind daher nicht möglich. Vergleichsaussagen zu dem im Wahlkreis Böblingen gelegenen Teil des Staatswaldes können nicht getroffen werden. Als Vergleich werden die Werte aus der Betriebsinventur für den Staatswald des Landkreises herangezogen. Der Staatswald im Landkreis Böblingen nimmt eine Fläche von 3.846 ha ein. Die Baum - artenzusammensetzung des Staatswaldes gleicht in etwa derjenigen des Körperschaftswaldes : Bei der Altersverteilung ist der Anteil der jüngsten Bestände deutlich niedriger als bei den kommunalen Forstbetrieben. Offensichtlich war die Lothar-Betroffenheit im Staatswald geringer. Ein weiterer Unterschied zeigt sich im Anteil des Dauerwaldes . Dieser liegt im Staatswald erheblich höher. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Forstwirtschaft im Umgang mit den Folgen des Klimawandels für die Wälder zu unterstützen? Zu 5.: Die Entwicklung einer klaren waldbaulichen Zielsetzung und eines konkreten forstlichen Maßnahmenkatalogs zur Klimaanpassung der Wälder ist angesichts der Unsicherheiten bei den Projektionen für die Folgen der Klimaerwärmung vergleichsweise schwierig. %DXPDUW )OlFKHQDQWHLO LQ 5RWEXFKH (LFKH )LFKWH :DOGNLHIHU :HL‰WDQQH 'RXJODVLH /lUFKH %HUJDKRUQ *HPHLQH (VFKH %LUNH 6RQVWLJH Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 6 Zur Vorbereitung der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in Baden- Württemberg wurde durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) ein Fachgutachten zu den Auswirkungen des Klimawandels auf das Handlungsfeld Wald und Forstwirtschaft beauftragt. Die Erstellung des Fachgutachtens wurde durch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) und die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) begleitet . Das Gutachten stellt die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder in Baden-Württemberg dar, definiert Anpassungsziele und formuliert Handlungsvorschläge. In der Anpassungsstrategie (2015) werden neun prioritäre Handlungsempfehlungen für das Handlungsfeld Wald- und Forstwirtschaft aufgezeigt . Zu den waldbaulichen Maßnahmen gehören eine strikte Beachtung der Standortseignung der Baumarten bei der Waldverjüngung und Bestandspflege, eine noch stärkere Mischung der Baumarten in den Waldbeständen, eine Beschränkung der Baumhöhe bei sturmlabilen Fichten, die Vitalisierung und Stabilisierung des Einzelbaums durch eine konsequente Bestandspflege und Durchforstung sowie eine frühzeitige Vorausverjüngung des Waldes unter Schirm, also unter den älteren Bäumen. Hinzu kommt eine möglichst schadfreie Waldbewirtschaftung (Vermeidung von Fäll- und Rückeschäden sowie von Befahrungsschäden), um die Bäume nicht zusätzlich zu schwächen. Die FVA beschäftigt sich im Rahmen des Projektes „Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder Baden-Württembergs“ intensiv mit der Frage der zukünftigen Eignung der Hauptbaumarten Südwestdeutschlands bei sich ändernden klimatischen Bedingungen. Ein erstes Zwischenergebnis dieses Projektes sind Karten , die eine Neueinschätzung der Eignung der Baumarten Fichte, Buche, Trau - beneiche und Tanne in Baden-Württemberg auf Landkreisebene darstellen und auf der FVA-Homepage verfügbar sind. Als konkrete Entscheidungsunterstützung führt die Abteilung Waldnaturschutz der FVA zu Beginn der alle 10 Jahre stattfindenden Forsteinrichtung im öffent - lichen Wald einen standortskundlichen Grundlagenbegang durch und erläutert der jeweiligen unteren Forstbehörde und den Forsteinrichtungsverantwortlichen die regionalen Auswirkungen des Klimawandels. Zusätzlich werden klimabedingte Problemsituationen beispielhaft vor Ort aufgegriffen und Möglichkeiten zur Klimaanpassung der Waldbestände aufgezeigt. Hinsichtlich der stärkeren Betonung der Standortseignung spielt auch die Vermeidung von Verbiss- und Fegeschäden durch angepasste Wildbestände eine große Rolle, weil fast alle im Hinblick auf ihre Klimatoleranz besonders geeigneten Baumarten durch den Wildverbiss oder das Verfegen besonders gefährdet sind. Basierend auf diesen Grundsätzen hat der Landesbetrieb ForstBW seine landesweite Waldentwicklungstypen-Richtlinie (WET-Richtlinie) überarbeitet und im April 2014 neu in Kraft gesetzt. Dabei wurden neben der Begrenzung der Baumhöhen bei der Fichte auch sogenannte Umbautypen für klimalabile Fichtenbestände erarbeitet und in mehreren Waldentwicklungstypen die Zielanteile für die Mischbaumarten erhöht. Zudem wurden bei den einzelnen Waldentwicklungs - typen die standörtliche Eignung und die klimatische Anpassungsfähigkeit neu bewertet . Die überarbeitete WET-Richtlinie hat über die VwV Nachhaltige Waldwirtschaft auch Eingang in die forstliche Förderung gefunden. Dort ist insbesondere der Umbau nicht standortsgerechter oder nicht klimatoleranter Bestände ein Fördertatbestand , ebenso die Wiederherstellung und Weiterentwicklung stabiler und naturnaher Waldbestände. Die Begründung von Mischbeständen und die Verwendung standortsgerechter Baumarten ist obligatorisch. Bei der besonders wärme - toleranten Eiche wurden zudem die Fördermöglichkeiten bei der Bestandsbegründung und bei der Kulturpflege ausgeweitet, um den Umbau auf die im Pflegeaufwand besonders intensiven Eichenkulturen für die Waldbesitzenden attraktiv zu gestalten. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1380 Diese direkte Förderung der privaten und kommunalen Waldbesitzenden im Umgang mit den Folgen des Klimawandels wird durch eine qualifizierte Beratung und Betreuung bspw. zur Baumartenwahl oder zu geeigneten Umbauverfahren durch die unteren Forstbehörden flankiert. Im Rahmen des vom UM koordinierten Programms KLIMOPASS (Klimawandel und modellhafte Anpassung in Baden-Württemberg) wurden seit 2011 insgesamt 14 Projekte mit rund 1,1 Mio. Euro aus dem Bereich Forst- und Waldwirtschaft gefördert. Dabei handelt es sich u. a. um Forschungsprojekte zur Klärung von wichtigen Fragestellungen für die Entwicklung von konkreten Anpassungsmaßnahmen im Bereich Forstwirtschaft, z. B. Abschätzung des Risikos durch den Pinienprozessionsspinner, Prognose der zukünftigen Leistungsfähigkeit bzw. Bonitätsentwicklung spezieller Arten und Prüfung der zukünftigen Eignung der Douglasie. Ergänzend zu den Forschungsprojekten wurden auch pilothafte Maßnahmen im Umgang mit dem Klimawandel erarbeitet und getestet, z. B. Möglichkeiten zur Einrichtung eines Risiko- und Krisenmanagements. Eine Übersicht über die Forschungsergebnisse findet sich auf der Homepage der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. Um für einen entsprechenden Wissenstransfer der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse, der waldbaulichen Anpassungsmaßnahmen und der forstpolitischen Fördermöglichkeiten zu sorgen, wird von ForstBW außerdem ein umfangreiches Fortbildungsangebot für Waldbesitzende und Waldbewirtschaftende angeboten. Seit 2015 gibt es zudem über sogenannte Waldbautrainer für die unteren Forstbehörden die Möglichkeit, für diese Problemstellungen in vor Ort-Schulungen gemeinsam Lösungsansätze und Anpassungsmaßnahmen kennenzulernen und bei der Waldbewirtschaftung umzusetzen. 6. Wie trägt die im Koalitionsvertrag vorgesehene Herausnahme von bis zu zehn Prozent der Staatswaldfläche Baden-Württembergs bis 2020 aus der Bewirtschaftung zum Schutz der Wälder bei? Zu 6.: Ein dauerhafter Verzicht auf eine forstliche Nutzung auf einen begrenzten Teil der Waldfläche hat für den Schutz und die Entwicklung natürlicher, vom Menschen wenig beeinflusster Wälder große Bedeutung. Damit kann das Artenspektrum wesentlich erweitert und ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Biologischen Vielfalt im Sinne der Naturschutzstrategie des Landes geleistet werden. Mit der Herausnahme aus der Bewirtschaftung kommen Prozesse in Gang, in deren Verlauf Wälder um ein Vielfaches älter werden können, als dies im bewirtschafteten Wald der Fall ist. Gerade in der Totholz- und Zerfallsphase entstehen Lebensräume für besonders seltene und stark gefährdete Arten. Ohne einen Verzicht auf Bewirtschaftung ist ein Schutz von Wäldern als Zeugnisse besonders naturnaher Ökosysteme nicht möglich. Der Erhalt solcher Wälder als Bannwälder, Kernzonenflächen von Nationalpark und Biosphärengebieten oder kleinflächig, z. B. in Form von Waldrefugien im Rahmen des Alt- und Totholzkonzeptes, das im Staatswald verbindlich umgesetzt wird, sichert Teile unseres heimischen Waldnaturerbes für künftige Generationen. Für die heutige Forstwirtschaft sind z. B. die Bannwälder wichtige Lern- und Vergleichsflächen. So fließen Ergebnisse der Bannwaldforschung in den Waldbau ein und tragen dazu bei, die Waldwirtschaft gerade im öffentlichen Wald zurecht als naturnahe Waldwirtschaft zu bezeichnen. Die FVA untersucht gegenwärtig die Auswirkungen stillgelegter Waldflächen im Hinblick auf die Sicherung der Biodiversität und stellt eine vergleichende Ana - lyse mit den Effekten der Umsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes an. Diese Ergebnisse werden in die Umsetzung und Weiterentwicklung des Gesamtkonzeptes Waldnaturschutz einfließen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz