Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1387 24. 01. 2017 1Eingegangen: 24. 01. 2017 / Ausgegeben: 09. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Sind ihr die kinderärztlichen Versorgungsprobleme im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg bekannt? 2. Was unternimmt sie bzw. plant sie konkret zu unternehmen, um eine bedarfsgerechte kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg über den 1. Februar 2017 hinaus sicherzustellen? 3. Hat sie Kenntnisse darüber, ob und inwieweit die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg mittels Schaffung von Eigeneinrichtungen im Zollern - albkreis bereits aktiv geworden ist? 4. Inwieweit eignen sich aus ihrer Sicht Modelle, bei welchen sich zwei Medizinerinnen bzw. Mediziner einen Kassensitz teilen, gut bzw. weniger gut für die kinderärztliche Versorgung? 5. Was empfiehlt sie betroffenen Eltern, wenn sie aufgrund der kinderärztlichen Versorgungsengpässe zum Teil monatelang auf einen Kinderarzttermin warten müssen und dadurch um die gesundheitliche Versorgung ihrer Kinder ernsthaft besorgt sind? 6. Wie viele Einwohner kommen auf einen Arzt im Zollernalbkreis und in Baden- Württemberg (nach fachärztlichen Bereichen tabellarisch gliedern – je Kommune , Stadt, Landkreis, Gemeinde und Regierungsbezirk)? 7. Wie viele Einwohner betreute bzw. betreut ein Hausarzt im Zollernalbkreis, in Tübingen, in Stuttgart und in Baden-Württemberg 1999, 2008 und derzeit (nach niedergelassenen Ärzten und Betreuungsschlüssel für alle genannten Land - kreise tabellarisch im Verhältnis Einwohner und Hausärzte aufgeschlüsselt)? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Wie sicher ist die kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1387 2 8. Wie schätzt sie das Stadt-Land-Gefälle in der ärztlichen Versorgung heute, in zehn und in zwanzig Jahren ein? 9. Inwieweit hat sie Kenntnis davon, dass in den nächsten fünf Jahren im Zollern - albkreis und in Baden-Württemberg annähernd die Hälfte der Kinderärzte und anderer Ärzte, ähnlich wie in Rheinland-Pfalz, in den Ruhestand gehen und ihre Praxen nicht fortgeführt werden? 09. 01. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g Berichten zufolge ist die kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis ein ernst zunehmendes Problem: Schließt eine Praxis mangels Nachfolge, wartet man oft Monate, um einen Termin bei einem Kinderarzt in der näheren Umgebung zu erhalten . Statistiken belegen, dass in den letzten Jahren im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg und auch in den nächsten Jahren viele Ärzte altersbedingt ihre Praxen schließen. Jedoch werden diese entstandenen Lücken in der Versorgung kaum durch neue Ärzte geschlossen. Daraus resultieren für Patienten erheblich längere Wege und auch Wartezeiten, um angemessen behandelt werden zu können. Im SWR 3 Radio lief am 9. Januar 2017 die Meldung, wonach in Rheinland -Pfalz die Hälfte der Kinderärzte ohne Hoffnung auf Nachfolger ihre Praxen aus Altersgründen schließen. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die aktuell entbrannte Diskussion über die kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis und diese Problematik allgemein in Baden-Württemberg näher beleuchtet werden. Aus diesen Gründen wird die Landesregierung um Stellungnahme gebeten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. Februar 2017 Nr. 52-0141.5/76 beantwortet das Ministe - rium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Sind ihr die kinderärztlichen Versorgungsprobleme im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg bekannt? Ja, insoweit wird nicht zuletzt auch auf die Begründung dieser Kleinen Anfrage verwiesen. 2. Was unternimmt sie bzw. plant sie konkret zu unternehmen, um eine bedarfs - gerechte kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg über den 1. Februar 2017 hinaus sicherzustellen? Eine bedarfsgerechte kinderärztliche Versorgung im Zollernalbkreis und in Baden- Württemberg ist auch über den 1. Februar 2017 hinaus sichergestellt. Im Übrigen wird auf den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg (KVBW) und ergänzend auf die Antworten in der Landtags-Drucksache 16/1333 verwiesen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1387 3. Hat sie Kenntnisse darüber, ob und inwieweit die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg mittels Schaffung von Eigeneinrichtungen im Zollern - albkreis bereits aktiv geworden ist? Nein, die Voraussetzungen dürften auch nicht vorliegen. 4. Inwieweit eignen sich aus ihrer Sicht Modelle, bei welchen sich zwei Medizinerinnen bzw. Mediziner einen Kassensitz teilen, gut bzw. weniger gut für die kinderärztliche Versorgung? Sog. Jobsharer-Praxen werden im Bundesgebiet und auch in Baden-Württemberg regelhaft betrieben, sodass die Eignung ersichtlich nicht abgesprochen werden kann. Im Bereich der KVBW existieren 229 solcher Praxen. 5. Was empfiehlt sie betroffenen Eltern, wenn sie aufgrund der kinderärztlichen Versorgungsengpässe zum Teil monatelang auf einen Kinderarzttermin warten müssen und dadurch um die gesundheitliche Versorgung ihrer Kinder ernsthaft besorgt sind? Kinder- und Jugendliche werden vor allem im ländlichen Raum nicht nur von den Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin betreut, sondern im hohen Umfang auch von Allgemeinärzten. Sollten im Einzelfall tatsächlich längere Wartezeiten bei einem Kinderarzt/einer Kinderärztin anfallen, sollte sich zunächst der jeweilige Hausarzt/die jeweilige Hausärztin mit dem Krankheitsfall befassen. 6. Wie viele Einwohner kommen auf einen Arzt im Zollernalbkreis und in Baden- Württemberg (nach fachärztlichen Bereichen tabellarisch gliedern – je Kommune , Stadt, Landkreis, Gemeinde und Regierungsbezirk)? Die angefragten Zahlen, Daten, Fakten können dem Bedarfsplan für Baden-Württemberg entnommen werden, der in der jeweils aktuellen Fassung auf der Internetseite der KVBW abrufbar ist. 7. Wie viele Einwohner betreute bzw. betreut ein Hausarzt im Zollernalbkreis, in Tübingen, in Stuttgart und in Baden-Württemberg 1999, 2008 und derzeit (nach niedergelassenen Ärzten und Betreuungsschlüssel für alle genannten Land - kreise tabellarisch im Verhältnis Einwohner und Hausärzte aufgeschlüsselt)? Entsprechende Zahlen, Daten, Fakten liegen der Landesregierung nicht vor. Der KVBW – bei der es sich nicht um ein Organ der Landesregierung handelt – liegen nur Daten über die kollektiv vertraglich betreuten Patienten vor. Zahlen, Daten, Fakten aus dem Jahr 1999 und 2008 sind darüber hinaus im Übrigen nicht mehr erhebbar. 8. Wie schätzt sie das Stadt-Land-Gefälle in der ärztlichen Versorgung heute, in zehn und in zwanzig Jahren ein? In ländlichen Regionen kommen mehrere ungünstige Faktoren zusammen, wie ein tendenziell niedriger ärztlicher Versorgungsgrad, ein hoher Altersanteil bei den Ärztinnen und Ärzten, steigende Abwanderungstendenz der Jüngeren in die großen Städte sowie eine erschwerte Praxisübergabe durch vergleichsweise viele Einzelpraxen mit entsprechend höherem unternehmerischem Risiko. Die allgemeine Tendenz zu weniger, dafür größeren Praxen, in denen z. B. angestellte Ärzte und Ärztinnen auch in Teilzeit arbeiten können, wird in ländlichen Gebieten eine verstärkte Kooperation zwischen den Gemeinden, beispielsweise bei Mobilitätskonzepten , erfordern. In solchen Praxen kann dafür aber auch ein breiteres Versorgungsangebot vorgehalten werden. Positiv zu vermerken ist, dass die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte, die in Baden- Württemberg die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin mit der Facharztprüfung abschließen, steigt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Hausarztberuf wieder Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1387 4 als attraktiver wahrgenommen wird. Durch gezielte Förderprogramme, wie beispielsweise das Programm „Ziel und Zukunft“ der KVBW oder das Landärzteprogramm des Ministeriums für Soziales und Integration, ist es zudem gelungen, Ärztinnen und Ärzte zur Niederlassung in ländlichen Regionen zu motivieren. Im Übrigen kann eine Aussage zur Entwicklung in den nächsten zehn und zwanzig Jahren nicht getroffen werden. 9. Inwieweit hat sie Kenntnis davon, dass in den nächsten fünf Jahren im Zollern - albkreis und in Baden-Württemberg annähernd die Hälfte der Kinderärzte und anderer Ärzte, ähnlich wie in Rheinland-Pfalz, in den Ruhestand gehen und ihre Praxen nicht fortgeführt werden? Die KVBW geht prognostisch davon aus, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass binnen der nächsten fünf Jahre von den 1.600 voraussichtlich in den Ruhestand gehenden Ärztinnen und Ärzten etwa 1.200 möglicherweise keinen Nachfolger /keine Nachfolgerin zur Praxisübernahme finden werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Ziffer 8 verwiesen. Lucha Minister für Soziales und Integration