Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1390 07. 02. 2017 1Eingegangen: 07. 02. 2017 / Ausgegeben: 11. 04. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Justizvollzugsanstalten sind in Baden-Württemberg an welchem Standort und mit wie vielen Plätzen vorhanden? 2. Wie ist die derzeitige Belegungssituation der einzelnen Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg (aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Einzel- und Doppelbelegungen )? 3. Gibt es Pläne bei der Landesregierung, die Anzahl der Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg zu verringern oder einzelne Anstalten zu schließen (detaillierte Darstellung, welche Einrichtungen in den nächsten zehn Jahren aufgegeben werden sollen)? 4. Sind ggf. Ersatz- und Neubauten geplant (mit Angabe des Zeitplans incl. Fertigstellung und Kostenschätzung)? 5. Wenn ja, welche Baumaßnahmen sind in welchem Landkreis geplant (mit Begründung und konkreten Zeitangaben)? 6. Wie viel Prozent der Inhaftierten befinden sich zum jetzigen Zeitpunkt in Baden -Württemberg im freien Vollzug? 7. Welche Kosten sind dem Land Baden-Württemberg in den Jahren 2002 bis heute für alle ihre Einrichtungen entstanden (detaillierte tabellarische Auflis - tung aller in Baden-Württemberg betriebenen Einrichtungen inklusive Krankenstände der Vollzugsbeamten der letzten fünf Jahre)? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums der Justiz und für Europa Situation der Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 2 8. Was kostet dem Land Baden-Württemberg ein Häftling am Tag und werden aus diesen Gründen an Gerichten seit Jahren Straftäter zu milde und ohne Haftstrafen verurteilt? 9. Bei wie vielen Einrichtungen zog sich die öffentliche Hand zurück und überließ die Betreuung privaten Sicherheitsdiensten (tabellarische Aufstellung der Einrichtung auch der hälftigen Betreuung von öffentlicher Hand und Privaten sowie diesbezügliche Erfahrungswerte der Landesregierung)? 05. 01. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g Dem Personal der Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg gebührt unsere Anerkennung für ihre Arbeit in einem schwierigen und anspruchsreichen Arbeits - umfeld. Die körperlichen und psychischen Belastungen ihrer Tätigkeit sind keine Selbstverständlichkeit. In jüngster Zeit häufen sich kritische Presseberichte zum Thema Justizvollzug. Ziel der Landesregierung muss es sein, ggf. bestehende Missstände zu identifizieren und schnellstmöglich abzustellen. Um dem parlamentarischen Auftrag nachzukommen, die Regierung bei diesem Vorhaben zu unterstützen , bedarf es einer fundierten Informationsgrundlage. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die aktuelle Situation der Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg aus heutiger Sicht mit einer Stellungnahme durch die Landesregierung näher beleuchtet werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 28. Februar 2017 Nr. 4400/0713 beantwortet das Ministerium der Justiz und für Europa im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Justizvollzugsanstalten sind in Baden-Württemberg an welchem Standort und mit wie vielen Plätzen vorhanden? Das Land Baden-Württemberg verfügt über 17 Justizvollzugsanstalten, 18 angegliederte Außenstellen, ein Justizvollzugskrankenhaus, eine Sozialtherapeutische Anstalt und zwei Jugendarrestanstalten. Die einzelnen Standorte und die festgelegte Belegungsfähigkeit für jede Einrichtung sind aus nachstehender Tabelle ersichtlich : 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 -XVWL]YROO]XJVDQVWDOW %HOHJXQJVIlKLJNHLW VHLW P Z $GHOVKHLP $VW 0RVEDFK %UXFKVDO $EWHLOXQJ 69 9HUPHLGXQJ RIIHQH $EW 6W\UXPVWUD‰H $VW .LVODX )UHLEXUJ $EWHLOXQJ 6LFKHUXQJVYHUZDKUXQJ RIIHQH $EW )UHLJlQJHUKDXV $VW (PPHQGLQJHQ $VW /|UUDFK RIIHQH $EW %DKQKRIVWU +HLOEURQQ RIIHQH $EW 6WHLQVWU X $VW +RKUDLQKRI +HLPVKHLP $EW 7 1 'XUFKJDQJVKDIW 7UDQVSRUW ]HQWUDOH $VW /XGZLJVEXUJ -9.+ +RKHQDVSHUJ .DUOVUXKH $VW %KO .RQVWDQ] RIIHQH $EW 6FKRWWHQVWUD‰H $VW 6LQJHQ 0DQQKHLP )UDXHQDEWHLOXQJ RIIHQH $EW +HUUHQULHG 2IIHQEXUJ 6R]LDOWKHUDSHXWLVFKH $EWHLOXQJ $VW .HQ]LQJHQ 5DYHQVEXUJ RIIHQH $EW +LQ]LVWREHO $VW %HWWHQUHXWH 5RWWHQEXUJ RIIHQH $EW )UHLJlQJHUKHLP $VW 0D‰KDOGHUEXFK $VW 7ELQJHQ 5RWWZHLO $VW +HFKLQJHQ $VW 2EHUQGRUI $VW 9LOO 6FKZHQQLQJHQ 6FKZlELVFK *PQG RIIHQH $EW 7RUEDX 6FKZlELVFK +DOO RIIHQH $EW 8QWHUOLPSXUJHU 6WUD‰H $VW .DSIHQEXUJ 6R]LDOWKHUDS $QVWDOW %DG :UWW RIIHQH $EW .HOOHUHLEDX 6WXWWJDUW 8OP PLW $VW )UDXHQJUDEHQ $VW )UDXHQJU X Ä.XU]VWUDIHQDEW ³ $VW )UDXHQJU :DOGVKXW 7LHQJHQ RIIHQH $EW )HUWLJKDXV -XJHQGDUUHVWDQVWDOWHQ *|SSLQJHQ 5DVWDWW $X‰HQVWHOOH GHU -9$ .DUOVUXKH Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 4 2. Wie ist die derzeitige Belegungssituation der einzelnen Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg (aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Einzel- und Doppelbelegungen )? Die durchschnittliche Zahl der im Januar 2017 in den baden-württembergischen Justizvollzuganstalten Inhaftierten liegt bei 6.980 Personen. Die Zahl der Inhaftierten in Einzel- und Doppelunterbringung wird nicht erfasst. Die Belegungszahlen für jede einzelne Einrichtung sind aus nachstehender Tabelle ersichtlich: -XVWL]YROO]XJVDQVWDOW 'XUFKVFKQLWWVEHOHJXQJ -DQXDU P Z $GHOVKHLP $VW 0RVEDFK %UXFKVDO %UXFKVDO $EW 69 9HUPHLGXQJ RIIHQH $EW 6W\UXPVWUD‰H $VW .LVODX )UHLEXUJ $EWHLOXQJ 6LFKHUXQJVYHUZDKUXQJ RIIHQH $EW )UHLJlQJHUKDXV $VW (PPHQGLQJHQ $VW /|UUDFK RIIHQH $EW %DKQKRIVWU +HLOEURQQ RIIHQH $EW 6WHLQVWU X $VW +RKUDLQKRI +HLPVKHLP $EW 7 1 'XUFKJDQJVKDIW 7UDQVSRUW ]HQWUDOH $VW /XGZLJVEXUJ -9.+ +RKHQDVSHUJ .DUOVUXKH $VW %KO .RQVWDQ] RIIHQH $EW 6FKRWWHQVWUD‰H $VW 6LQJHQ 0DQQKHLP )UDXHQDEWHLOXQJ RIIHQH $EW +HUUHQULHG 2IIHQEXUJ 6R]LDOWKHUDSHXWLVFKH $EWHLOXQJ $VW .HQ]LQJHQ 5DYHQVEXUJ RIIHQH $EW +LQ]LVWREHO $VW %HWWHQUHXWH 5RWWHQEXUJ RIIHQH $EW )UHLJlQJHUKHLP $VW 0D‰KDOGHUEXFK $VW 7ELQJHQ 5RWWZHLO $VW +HFKLQJHQ $VW 2EHUQGRUI $VW 9LOO 6FKZHQQLQJHQ 6FKZlELVFK *PQG RIIHQH $EW 7RUEDX 6FKZlELVFK +DOO RIIHQH $EW 8QWHUOLPSXUJHU 6WU $VW .DSIHQEXUJ 6R]LDOWKHUDS $QVWDOW %DG :UWW RIIHQH $EW .HOOHUHLEDX 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 3. Gibt es Pläne bei der Landesregierung, die Anzahl der Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg zu verringern oder einzelne Anstalten zu schließen (detaillierte Darstellung, welche Einrichtungen in den nächsten zehn Jahren aufgegeben werden sollen)? 4. Sind ggf. Ersatz- und Neubauten geplant (mit Angabe des Zeitplans incl. Fertigstellung und Kostenschätzung)? 5. Wenn ja, welche Baumaßnahmen sind in welchem Landkreis geplant (mit Begründung und konkreten Zeitangaben)? Zu 3. bis 5.: Aktuell gibt es keine Pläne, die Anzahl der Justizvollzugsanstalten in Baden- Württemberg zu verringern oder einzelne Anstalten zu schließen. Für den Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Rottweil soll im Jahr 2017 ein Planungswettbewerb ausgelobt werden. Belastbare Aussagen zu Zeitplan und Kosten können auf Grundlage des aktuellen Planungsstands nicht getroffen werden. Mit Inbetriebnahme dieser Justizvollzugsanstalt wird ausgehend von der dann vorherrschenden Belegungssituation weiter zu entscheiden sein, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu treffen sind. Weitere Ersatz- oder Neubauten für Justizvollzugsanstalten sind derzeit nicht in konkreter Planung. Auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart soll ein neues Justizvollzugskrankenhaus errichtet werden. Auch diesbezüglich sind verlässliche Aussagen zu Zeitplan und Kosten nicht möglich. 6. Wie viel Prozent der Inhaftierten befinden sich zum jetzigen Zeitpunkt in Baden -Württemberg im freien Vollzug? Der durchschnittliche Anteil der im Januar 2017 in Baden-Württemberg im offenen Vollzug untergebrachten Inhaftierten liegt bei 10,3 Prozent. 7. Welche Kosten sind dem Land Baden-Württemberg in den Jahren 2002 bis heute für alle ihre Einrichtungen entstanden (detaillierte tabellarische Auf - listung aller in Baden-Württemberg betriebenen Einrichtungen inklusive Krankenstände der Vollzugsbeamten der letzten fünf Jahre)? 8. Was kostet dem Land Baden-Württemberg ein Häftling am Tag und werden aus diesen Gründen an Gerichten seit Jahren Straftäter zu milde und ohne Haft - strafen verurteilt? Zu 7. und 8.: Nach einem bundeseinheitlich abgestimmten Berechnungsschema werden die Tageshaftkosten unter Einbeziehung der Kosten für die Beihilfe der Beamtinnen und Beamten, den Gebäudeunterhaltkosten, den Kosten für Wasser und Energie und den Unfallfürsorge-Leistungen für Gefangene berechnet. Diese Kosten sind nicht im Haushaltskapitel des Justizvollzuges (Kap. 0508) enthalten und daher in der nachfolgenden Tabelle gesondert ausgewiesen. Nicht enthalten sind die reinen Baukosten, die im Geschäftsbereich des Finanzministeriums anfallen. Eine genaue Zuordnung der angefallenen Kosten auf die einzelnen Anstalten ist mangels entsprechender Erhebung nicht möglich. 6WXWWJDUW 8OP PLW $VW )UDXHQJUDEHQ $VW )UDXHQJUDEHQ X Ä.XU]VWUDIHQDEW ³ $VW )UDXHQJU :DOGVKXW 7LHQJHQ RIIHQH $EW )HUWLJKDXV -XJHQGDUUHVWDQVWDOWHQ *|SSLQJHQ 5DVWDWW $X‰HQVWHOOH GHU -9$ .DUOVUXKH Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 6 Die Einnahmen und Ausgaben für den Justizvollzug in Baden-Württemberg stellen sich für die Jahre 2002 bis 2015 wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich dar: Die Auswertung für 2016 liegt noch nicht vor. Die Zahl der durchschnittlichen Krankheitstage aller Bediensteten in den Justizvollzugseinrichtungen stellt sich im Zeitraum 2012 bis 2016 wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich dar: Der Tageshaftkostensatz wurde für das Jahr 2015 mit 113,96 Euro ermittelt. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe eine Haftstrafe verhängt wird, treffen die Gerichte auf Grundlage der bestehenden Rechtsnormen in richterlicher Unabhängigkeit . 9. Bei wie vielen Einrichtungen zog sich die öffentliche Hand zurück und überließ die Betreuung privaten Sicherheitsdiensten (tabellarische Aufstellung der Einrichtung auch der hälftigen Betreuung von öffentlicher Hand und Privaten sowie diesbezügliche Erfahrungswerte der Landesregierung)? Das Land Baden-Württemberg entschied im Juni 2005, rund 40 Prozent der betrieblichen Aufgaben in der neu zu bauenden Justizvollzugsanstalt Offenburg von einem privaten Dienstleistungsunternehmen erledigen zu lassen. Das Unternehmen sollte insbesondere Aufgaben in den Bereichen Arbeitsbetriebe, Verpflegung , Medizinische Versorgung, Sozialdienst, Psychologischer Dienst und Zentrale Hilfsdienste (Unterstützungsleistungen für Vollzugsbeamte) übernehmen. Entsprechend der von der Vorgängerregierung im Jahr 2011 geschlossenen Koalitionsvereinbarung hat das Justizministerium den Vertrag mit dem privaten Dienstleister über den teilprivatisierten Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Offenburg zum 31. Mai 2014 gekündigt. Die Justizvollzugsanstalt Offenburg wird seither – wie alle anderen Justizvollzugsanstalten des Landes – in rein staatlicher Regie betrieben . -DKU (LQQDKPHQ $XVJDEHQ %HLKLOIH -XVWL]YROO]XJ *HElXGHXQWHUKDOW :DVVHU (QHUJLH 8QIDOOIUVRUJH 6XPPH 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1390 Nach dem Bericht der Vorgängerregierung vom 25. November 2014 (Druck sache 15/6168) hat sich im Rahmen des teilprivaten Betriebs gezeigt, dass die Qualität der erbrachten privaten Dienstleistungen nur teilweise den der Entscheidung für den teilprivaten Betrieb zugrunde liegenden Erwartungen entsprochen hat. Wolf Minister der Justiz und für Europa