Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1396 24. 01. 2017 1Eingegangen: 24. 01. 2017 / Ausgegeben: 13. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen gelang es den Beamten bei der Polizei in den letzten fünf Jahren nicht, die Anzahl von geleisteten Überstunden nicht zu unterschreiten (aufgeschlüsselt nach Polizei, Polizeidirektionen, Landeskriminalamt, Präsi - dium der Bereitschaftspolizei, Hochschulen der Polizei, Polizeiverwaltungsamt und Polizeirevieren)? 2. In wie vielen Fällen (bezogen auf Frage 1) konnte die Mehrarbeit aus welchen Gründen nicht binnen eines Jahres durch Freizeitausgleich abgegolten werden? 3. In wie vielen Fällen (bezogen auf Frage 1 in Verbindung mit Frage 2) wurde die Mehrarbeit durch Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung abgegolten? 4. In wie vielen Fällen wurde in den letzten fünf Jahren eine Mehrarbeitszeit von fünf Stunden in der monatlichen Abrechnung nicht erreicht, sodass diese tatsächlich geleisteten Mehrarbeitsstunden verfallen sind? 5. Wieso werden in den nächsten Jahren weniger Beamte bei der Polizei eingestellt statt in Pension gehen? 6. Wie kann die innere Sicherheit weiterhin gewährleistet werden, wenn nur 80 Pro - zent an Neueinstellungen in dieser Legislaturperiode vorgenommen werden? 7. Was unternimmt sie, um mehr Bewerber in den einzelnen Jahrgängen zuzu - lassen? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Neueinstellungen und Umgang mit Überstunden bei der Polizei in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1396 2 8. Warum setzt sie in allen Bereichen im öffentlichen Dienst das Eintrittsalter nicht auf 45 Jahre nach oben? 9. Warum werden beispielsweise in den Finanzämtern nur zehn Prozent der ursprünglichen Bewerberanzahl tatsächlich eingestellt, obwohl die Behörden unterbesetzt sind? 02. 01. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g Im SWR 1 Radio wurde berichtet, das nahezu jedes Jahr 900 Beamte bei der Polizei in Baden-Württemberg in Pension gehen, aber nur 750 Neueinstellungen vorgenommen werden, obwohl die Bewerberzahl in allen Bereichen deutlich höher liegt, wie beispielsweise bei den Finanzämtern, wo nur zirka zehn Prozent der Bewerber tatsächlich eingestellt werden. Erst im Jahr 2020 soll das Verhältnis wieder ausgeglichen sein. Mit dieser Kleinen Anfrage soll dieser Sachverhalt näher beleuchtet werden und die Landesregierung um Stellungnahme gebeten werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. Februar 2017 Nr. 3-0305.1/41 beantwortet das Ministe - rium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen gelang es den Beamten bei der Polizei in den letzten fünf Jahren nicht, die Anzahl von geleisteten Überstunden nicht zu unterschreiten (aufgeschlüsselt nach Polizei, Polizeidirektionen, Landeskriminalamt, Präsi - dium der Bereitschaftspolizei, Hochschulen der Polizei, Polizeiverwaltungsamt und Polizeirevieren)? 2. In wie vielen Fällen (bezogen auf Frage 1) konnte die Mehrarbeit aus welchen Gründen nicht binnen eines Jahres durch Freizeitausgleich abgegolten werden? 3. In wie vielen Fällen (bezogen auf Frage 1 in Verbindung mit Frage 2) wurde die Mehrarbeit durch Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung abgegolten? 4. In wie vielen Fällen wurde in den letzten fünf Jahren eine Mehrarbeitszeit von fünf Stunden in der monatlichen Abrechnung nicht erreicht, sodass diese tat - sächlich geleisteten Mehrarbeitsstunden verfallen sind? Zu 1. bis 4.: Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Polizeistrukturreform zum 1. Januar 2014 die früheren Polizeidirektionen aufgelöst und zusammen mit den vier Landespolizeidirektionen und drei Polizeipräsidien zu zwölf regionalen Polizeipräsidien zusammengefasst wurden. Festzuhalten ist weiter, dass zum gleichen Zeitpunkt das Bereitschaftspolizeipräsidium aufgelöst wurde und die Bereitschaftspolizei seither Teil des Polizeipräsidiums Einsatz ist. Mehrere Hochschulen der Polizei hat das Land ebenso wenig gehabt, wie ein Polizeiverwaltungsamt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1396 Die Polizei Baden-Württemberg betreibt keine statistischen Erhebungen zu den Fallzahlen der in den Fragen 1 bis 4 behandelten Sachverhalte. Es liegen damit keine sofort abrufbaren Daten vor. Eine Erhebung wäre – soweit aufgrund des zeitlichen Horizonts überhaupt noch möglich – mit unverhältnismäßig großem Aufwand verbunden und würde zu einer erheblichen Mehrbelastung der Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst führen, weshalb davon Abstand genommen wurde. Eine jährliche Erhebung erfolgt beschränkt auf die für den Polizeivollzugsdienst angeordnete Mehrarbeit nach dem Landesbeamtengesetz auf der Ebene der sechzehn Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst, den Abbau durch Freizeit sowie durch die Auszahlung von Mehrarbeitsvergütung ohne weitere Differenzierung. 5. Wieso werden in den nächsten Jahren weniger Beamte bei der Polizei eingestellt statt in Pension gehen? 6. Wie kann die innere Sicherheit weiterhin gewährleistet werden, wenn nur 80 Pro - zent an Neueinstellungen in dieser Legislaturperiode vorgenommen werden? Zu 5. und 6.: Die Planstellen im Staatshaushaltsplan sind die Grundlage für die Einstellungsplanung im Polizeivollzugsdienst. Diese erfolgt aufgrund der 30- und 45-monatigen Ausbildungszeit mindestens vier Jahre vor dem jeweiligen zukünftigen Ausbildungsende von Polizeianwärterinnen und -anwärtern. Für die Planungsphase für 2017 und 2018 war ursprünglich der Wegfall von 420 kw-Stellen beginnend ab 2017 im Staatshaushaltsplan festgeschrieben. Dieser Wegfall ist im Laufe des Jahres 2015 sukzessive durch entsprechende Landtagsentscheidungen zurückgenommen worden. Die danach erfolgten Änderungen in der Einstellungsplanung können nur mit dem beschriebenen Zeitversatz Wirkung zeigen. Ergänzend wird auf die Antwort auf Frage Nummer 7 verwiesen. Die innere Sicherheit lässt sich nicht alleine an der Quantität des Polizeivollzugsdienstes fest machen. Auf Basis einer ständigen Lagebewertung und eines angemessen Einsatzkonzeptes wird die Sicherheit gewährleistet. 7. Was unternimmt sie, um mehr Bewerber in den einzelnen Jahrgängen zuzu - lassen? Zu 7.: Bereits 2015 wurde festgelegt, die Einstellungszahlen in den Jahren 2017 und 2018 von jeweils 800 auf 1.400 Polizeianwärterinnen und -anwärter zu erhöhen. Zur Bewältigung dieser Einstellungsoffensive (Einstellungsoffensive 1) wurde eine Projektgruppe unter der Leitung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg eingerichtet, die einem Lenkungskreis unter Vorsitz des Landespolizeipräsidenten letztmalig am 19. April 2016 ihre Planungen und Vorschläge vorgelegt hat. Die erforderlichen Entscheidungen sind getroffen und befinden sich in der Umsetzung. Dazu gehört auch die Intensivierung der Nachwuchswerbung. Aufgrund der günstigen Bewerberlage wurden die für 2016 geplanten Einstellungszahlen von 900 auf 1.100 erhöht. Für die Jahre nach 2018 bis etwa 2022 sollen die Einstellungszahlen weiter auf hohem Niveau gehalten werden (sogenannte Einstellungsoffensive 2). Hierzu sind das Innenministerium und die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg derzeit in der konkreten Planung. 8. Warum setzt sie in allen Bereichen im öffentlichen Dienst das Eintrittsalter nicht auf 45 Jahre nach oben? Zu 8.: Die Höchstaltersgrenze liegt für Beamtinnen und Beamte, sowie für Richterinnen und Richter grundsätzlich bei 42 Jahren (§ 48 Abs. 1 LHO), für Professoren bei 47 Jahren (§ 48 Abs. 2 LHO). Ausnahmen sind in § 48 Abs. 3 ff. LHO genannt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1396 4 Im Rahmen der Prüfung, ob eine Verbeamtung bei Überschreitung der Höchst - altersgrenze erfolgen kann, wird auch eine intensive Abwägung des Vorteils für das Land (Versorgungslasten im Verhältnis zur Arbeitsleistung) vorgenommen. Bei einer Verbeamtung vor Vollendung des 42. Lebensjahrs liegt das Verhältnis der Versorgungslasten zum Wert der Arbeitsleistung deutlich unter 50 %. Die Verbeamtung stellt somit aus fiskalischen Gesichtspunkten einen deutlichen Vorteil für das Land dar. Nach Auffassung des Ministeriums für Finanzen gewährleisten die Altersgrenzen des § 48 LHO ein ausgewogenes Verhältnis zwischen aktiver Beschäftigungszeit und Versorgungsansprüchen und stehen somit in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, Rz. 80). 9. Warum werden beispielsweise in den Finanzämtern nur zehn Prozent der ursprünglichen Bewerberanzahl tatsächlich eingestellt, obwohl die Behörden unterbesetzt sind? Zu 9.: Die Einstellungszahlen für die in der Steuerverwaltung angebotenen Ausbildungen errechnen sich auf Basis des fortlaufend prognostizierten Nachwuchskräftebedarfs . Zur Einstellung kommen letztlich nur jene Bewerberinnen und Bewerber, die die notwendigen Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen und im weiteren Bewerberauswahlverfahren erfolgreich waren. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus dem jährlich variierenden Verhältnis zwischen Einstellungszahl und der ursprünglichen Gesamtbewerberzahl kein aus - sagekräftiger Wert ableiten. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration