Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1415 24. 01. 2017 1Eingegangen: 24. 01. 2017 / Ausgegeben: 14. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie entwickelte sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Waldbodenversauerung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg in den letzten 35 Jahren? 2. Setzt sie zur Verringerung der Problematik Kalkungen auf den Waldböden des Zollernalbkreises und in Baden-Württemberg ein (Ergebnisse und Wirkungen der letzten 35 Jahre tabellarisch darstellen)? 3. Welche Maßnahmen leitet sie für die Zukunft aus ihren vorliegenden Erkenntnissen ab, um der Waldbodenversauerung in der Zukunft besser zu begegnen sowie um die Gesundheit der Waldböden im Zollernalbkreis und in Baden- Württemberg zu verbessern? 4. In welchen Wäldern und Regionen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg besteht bei welchen Bodentypen in den nächsten Jahren voraussichtlich konkreter Handlungsbedarf für Kalkungsmaßnahmen (Kalkbedarf pro Hektar und Region und die dafür vorhandenen Fördermittel tabellarisch benennen)? 5. Welche Waldflächen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zeigen natürlich saure Bodenbeschaffenheit und sind von Bodenschutzkalkungen auszunehmen ? 6. Welche Erkenntnisse hat sie zur Bodenversauerung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg innerhalb und außerhalb von Waldflächen? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Bodenversauerung in unseren Wäldern im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg stärker bekämpfen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1415 2 7. Wie können nach ihrer Meinung die Luftschadstoffe als Verursacher des sauren Regens in Zukunft weiter reduziert werden? 30. 12. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Mit dieser Kleinen Anfrage soll die Problematik und die aktuelle Situation unserer Waldböden im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg näher beleuchtet werden und die Landesregierung um Stellungnahme gebeten werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. Februar 2017 Nr. Z(55)-0141.5/102 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie entwickelte sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Waldbodenversauerung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg in den letzten 35 Jahren? Zu 1.: Die Waldbodenversauerung wird u. a. im Rahmen der bundesweiten Bodenzustandserhebung erfasst; in Baden-Württemberg an ca. 300 Waldstandorten. Jüngste Ergebnisse zeigen ein generelles Fortschreiten der Versauerung insbesondere im Unterboden versauerungsempfindlicher Standorte. Dank erfolgreicher Luftreinhaltepolitik ist der Eintrag starker Säuren auf vor - industrielles Niveau reduziert worden, Stickstoff weist hingegen ein immer noch hohes Niveau auf. Im Zollernalbkreis dominieren jedoch Böden, die weniger versauerungsempfindlich reagieren (Böden auf Kalkstein, Böden aus Tonstein); hier fand und findet ebenfalls ein Eintrag an Säuren statt, der jedoch gepuffert werden kann. 2. Setzt sie zur Verringerung der Problematik Kalkungen auf den Waldböden des Zollernalbkreises und in Baden-Württemberg ein (Ergebnisse und Wirkungen der letzten 35 Jahre tabellarisch darstellen)? Zu 2.: Waldkalkungen wurden seit den 1980er-Jahren gezielt als Kompensationsmaßnahme eingesetzt. Seit 2003 wird das Konzept der regenerationsorientierten Bodenschutzkalkung angewandt, welches auf die Wiederherstellung von durch Versauerung gestörter Bodenfunktionen abzielt. Auch aktuell wird der Problematik der Bodenversauerung in den Wäldern Baden- Württembergs mit dem Konzept der regenerationsorientierten Bodenschutzkalkung begegnet. Dieses wurde von der Forstlichen Forschungs- und Versuchsan- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1415 stalt Freiburg entwickelt. Im Jahre 2010 erhielt ForstBW im Rahmen eines Kabinettsbeschlusses den Auftrag, das Konzept der regenerationsorientierten Bodenschutzkalkung zunächst für den Zeitraum 2011 bis 2021 umzusetzen. Insgesamt wird jedoch von einem Zeitbedarf von 40 Jahren ausgegangen, bis die erforder - liche regenerationsorientierte Bodenschutzkalkung vollständig umgesetzt ist. Im Zollernalbkreis wurden und werden aufgrund der Dominanz nicht-versauerungsempfindlicher Waldstandorte bisher keine Kalkungsmaßnahmen durchgeführt . Die aktuellen Veröffentlichungen der 2. bundesweiten Bodenzustandserhebungen durch das Thünen-Institut belegen deutlich die positiven Wirkungen der bisherigen Bodenschutzkalkungsmaßnahmen. 3. Welche Maßnahmen leitet sie für die Zukunft aus ihren vorliegenden Erkenntnissen ab, um der Waldbodenversauerung in der Zukunft besser zu begegnen sowie um die Gesundheit der Waldböden im Zollernalbkreis und in Baden- Württemberg zu verbessern? Zu 3.: Die regenerationsorientierte Bodenschutzkalkung ist aufgrund der langsam und damit schonend wirkenden Kalkung mit Dolomit und Dolomit-Holzasche-Gemischen über mehrere Jahrzehnte angelegt. Dabei werden standortangepasst Wiederholungskalkungen durchgeführt. Aus oben genannten Gründen wurden im Zollernalbkreis keine Kalkungen durchgeführt . 4. In welchen Wäldern und Regionen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg besteht bei welchen Bodentypen in den nächsten Jahren voraussichtlich konkreter Handlungsbedarf für Kalkungsmaßnahmen (Kalkbedarf pro Hektar und Region und die dafür vorhandenen Fördermittel tabellarisch benennen)? Zu 4.: Waldkalkungen werden auf allen versauerungsempfindlichen Böden empfohlen. Aus dem Anteil kalkungswürdiger Fläche zur gesamten Waldfläche und der Anzahl notwendiger Wiederholungskalkungen wird ein Indikator der Dringlichkeit für jeden Landkreis berechnet. Dabei weisen im Zollernalbkreis aufgrund der sehr hohen Speicherkapazität für Nährstoffe und somit auch für Säuren insbesondere die Böden aus Tongestein zunächst einen scheinbar hohen Kalkungsbedarf auf. Diese Böden verfügen jedoch über sehr hohe Pufferkapazitäten, sodass die eingetragenen Säuren zwar noch gespeichert sind, die Auswirkungen auf den Nährstoffhaushalt jedoch gering sind. Eine Waldkalkung hätte auf diesen Standorten kaum Einfluss auf den Nährstoffhaushalt und wird daher nicht empfohlen. Bei einem festgestellten Kalkungsbedarf wird mit einer Dosierung von 3 t pro Hektar Dolomitkalk bzw. bei festgestelltem Kalium- und Phosphormangel mit einer Dosierung von 4 t pro Hektar Dolomitholzaschemischung gekalkt. Je nach Versauerungsintensiät können bis zu 4 Wiederholungskalkungen erforderlich sein. Zwischen den einzelnen Kalkungen ist jedoch ein zeitlicher Abstand von min - destens 10 Jahren einzuhalten. Die Bodenschutzkalkung wird im Rahmen der Verwaltungsvorschrift des Minis - teriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Gewährung von Zuwendungen für Nachhaltige Waldwirtschaft (VwV NWW) vom 25. November 2015, Az.: 52-8678.01, gefördert. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1415 4 5. Welche Waldflächen im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg zeigen natürlich saure Bodenbeschaffenheit und sind von Bodenschutzkalkungen auszunehmen ? Zu 5.: Natürlich saure Böden werden von der Bodenkalkung ausgenommen, wenn naturschutzrelevante Schutzfunktionen durch die Kalkung beeinträchtigt werden könnten , bzw. wenn die gespeicherten Säuren auf Standorten mit einer extrem geringen Pufferkapazität derart gering sind, dass eine Kalkung mit 3 t Dolomit pro Hektar diesen Wert deutlich überschreiten würde. Dies ist im Zollernalbkreis jedoch im Vergleich zum Rest Baden-Württembergs von untergeordneter Bedeutung. 6. Welche Erkenntnisse hat sie zur Bodenversauerung im Zollernalbkreis und in Baden-Württemberg innerhalb und außerhalb von Waldflächen? Zu 6.: Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen werden andere Maßstäbe bei der Kalkung angewandt. Hierbei ist ein für die landwirtschaftliche Produktion optimaler pH-Bereich > 6 angestrebt. Dahingegen wird im Wald ein vorindustrielles Niveau angestrebt, wodurch Unterschiede zwischen den Standorten erhalten bleiben sollen. 7. Wie können nach ihrer Meinung die Luftschadstoffe als Verursacher des sauren Regens in Zukunft weiter reduziert werden? Zu 7.: Aktuell ist die Hauptursache für die voranschreitende Bodenversauerung der nach wie vor zu hohe Eintrag von Stickstoff. Die ergriffenen Maßnahmen zur Reduzierung insbesondere des Stickstoffeintrags müssen konsequent weitergeführt werden. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz