Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 1434 25. 01. 2017 1Eingegangen: 25. 01. 2017 / Ausgegeben: 15. 03. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, wie viele Mitglieder und Sympathisanten die 2013 in Heidelberg gegründete Organisation „Der dritte Weg“ hat, möglichst aufgeschlüsselt nach Landkreisen? 2. Gibt es nach ihrer Kenntnis eine Übereinstimmung zwischen den Personen, die in der Organisation „Der dritte Weg“ aktiv sind und denen, die Teil der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ waren? 3. Inwiefern sind die Personen polizeibekannt bzw. welche Vorstrafen liegen vor? 4. Inwiefern waren diese im Jahr 2016 – aufgeschlüsselt nach Landkreisen – an Straftaten beteiligt? 5. Wie viele Straftaten sind insgesamt zu verzeichnen? 6. Wie viele Demonstrationen hat „Der dritte Weg“ im Jahr 2016, insbesondere im Landkreis Göppingen, organisiert? 7. Liegen ihr sonstige Informationen inklusive des Veranstaltungsorts über Treffen , Konzerte, politische Veranstaltungen oder „Schulungen“ vor, die die Organisation „Der dritte Weg“ entweder durchgeführt hat bzw. bei denen seine Mitglieder auftraten? 8. Ist ihr bekannt, zu welchen anderen rechtsextremistischen Organisationen im In- und Ausland „Der Dritte Weg“ und seine Mitglieder und Sympathisanten Kontakte unterhalten? Kleine Anfrage des Abg. Alexander Maier GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Organisation „Der dritte Weg“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1434 2 9. Inwieweit hat sie Kenntnis von vom „Dritten Weg“ gegründeten Bürgerwehren , insbesondere in Göppingen und wie schätzt sie diese ein, insbesondere hinsichtlich einer Beobachtung der fortwährenden Entwicklung? 24. 01. 2017 Maier GRÜNE B e g r ü n d u n g Nach Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz hat die Partei „Der Dritte Weg“ rechtsextremistischen bis neonazistischen Charakter; „die Verfassungsfeindlichkeit und konkret die Ablehnung der Demokratie [habe] selbst für rechtsextremistische Verhältnisse fundamentalistische Ausmaße (…)“ beschreibt der Verfassungsschutzbericht 2015. Bei ihren Aktionen handelt es sich unter anderem um Flugblattaktionen, die häufig auch im Landkreis Göppingen stattfinden . Die Kleine Anfrage soll die näheren Umstände der Aktivitäten des „Dritten Weges“ in Erfahrung bringen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. Februar 2017 Nr. 4-1082.2/404-1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist ihr bekannt, wie viele Mitglieder und Sympathisanten die 2013 in Heidelberg gegründete Organisation „Der dritte Weg“ hat, möglichst aufgeschlüsselt nach Landkreisen? Zu 1.: Der Partei „Der Dritte Weg“ werden in Baden-Württemberg ca. 30 Mitglieder zugerechnet . Diese verteilen sich auf die „Stützpunkte“ Schwaben und Württemberg , wobei sich der „Stützpunkt“ Schwaben auch auf Bereiche außerhalb Baden- Württembergs erstreckt. Schwerpunktmäßig tritt die Partei in Baden-Württemberg in den Landkreisen Göppingen, Esslingen, Villingen-Schwenningen und Tübingen sowie dem Bodenseekreis auf. 2. Gibt es nach ihrer Kenntnis eine Übereinstimmung zwischen den Personen, die in der Organisation „Der dritte Weg“ aktiv sind und denen, die Teil der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ waren? Zu 2.: Ein Teil der Mitglieder der im Dezember 2014 verbotenen „Autonomen Nationalisten Göppingen“ hat seine öffentlichen rechtsextremistischen Aktivitäten eingestellt oder den Raum Göppingen verlassen. Andere sind weiterhin in rechtsextremistischen Kreisen aktiv, einige davon auch im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Partei „Der Dritte Weg“. Eine vollständige Übereinstimmung des Personenpotenzials ist jedoch nicht gegeben. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1434 3. Inwiefern sind die Personen polizeibekannt bzw. welche Vorstrafen liegen vor? 4. Inwiefern waren diese im Jahr 2016 – aufgeschlüsselt nach Landkreisen – an Straftaten beteiligt? 5. Wie viele Straftaten sind insgesamt zu verzeichnen? Zu 3. bis 5.: Der Landesregierung liegen keine belastbaren Erkenntnisse im Sinne der Frage - stellung vor. 6. Wie viele Demonstrationen hat „Der dritte Weg“ im Jahr 2016, insbesondere im Landkreis Göppingen, organisiert? Zu 6.: Die Partei „Der Dritte Weg“ hat im Landkreis Göppingen im Jahr 2016 fünf Demonstrationen bzw. Kundgebungen durchgeführt. Am 9. April 2016 veranstaltete sie in Süddeutschland einen sogenannten „Anti - kapitalistischen Aktionstag“, mit dem unter dem Motto „Kapitalismus zerschlagen – Für einen deutschen Sozialismus“ in verschiedenen Städten für die 1.-Mai- Kundgebung in Plauen/Sachsen mobilisiert werden sollte. Im Rahmen des Ak - tionstages sollte auch in Göppingen eine Demonstration stattfinden, welche von der Stadt verboten wurde. Daraufhin meldete die Partei eine Demonstration in Ebersbach an der Fils an, welche ebenfalls untersagt wurde. Schließlich führten rund 15 Parteimitglieder eine Spontankundgebung in Ebersbach an der Fils durch. In Göppingen fanden am 23. Juli 2016 eine angemeldete Versammlung mit 50 Teilnehmern und am 29. November 2016 eine angemeldete Kundgebung mit vier Teilnehmern statt. Beide standen unter dem Motto „Asylflut stoppen“. Zudem marschierten am 29. September 2016 mehrere maskierte Personen mit einem Banner mit der Aufschrift „Multikulti tötet – Überfremdung stoppen!“ über das Göppinger Weinfest und verteilten hierbei Flyer der Partei „Der Dritte Weg“. Am Abend des 30. Dezember 2016 führten rund 15 Personen aus dem Umfeld der Partei eine unangemeldete Demonstration in Göppingen durch, wobei sie ein Trans - parent mit der Aufschrift „NS-Zone – Unsere Stadt – Unsere Regeln“ zeigten. 7. Liegen ihr sonstige Informationen inklusive des Veranstaltungsorts über Treffen , Konzerte, politische Veranstaltungen oder „Schulungen“ vor, die die Organisation „Der dritte Weg“ entweder durchgeführt hat bzw. bei denen seine Mitglieder auftraten? Zu 7.: Die Partei fiel 2016 regelmäßig durch zumeist asylkritische Flugblattverteilungen und Klebeaktionen auf. Insbesondere in der ersten Jahreshälfte standen diese regelmäßig in Zusammenhang mit der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen, insbesondere im Landkreis Göppingen. Darüber hinaus wurden Infostände der Partei in Göppingen, Singen, Rottenburg am Neckar und Villingen-Schwenningen aufgestellt. Auch dabei stand zumeist die Kritik an der aktuellen Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt. Am 25. Juli 2016 hielt die Partei anlässlich eines kurz zuvor begangenen Mordes eine Spontankundgebung unter dem Motto „Multikulti tötet – Ausländerterror stoppen“ in Reutlingen ab. Die Mitglieder der Partei pflegen ihre „Kameradschaft“ grundsätzlich auch bei privaten Veranstaltungen wie gemeinsamen Zeltwochenenden oder Ausflügen. Außerdem versucht die Partei mit vermeintlich sozialen Aktivitäten Zuspruch zu erlangen. So engagierte sie sich auch in diesem Jahr wieder unter dem Slogan „Tierfutter statt Böller“ mit Spenden für Tierheime und beteiligte sich an dem Projekt „Deutsche Winterhilfe“, bei dem Sachspenden für (ausdrücklich deutsche ) Obdachlose und sozialschwache Familien gesammelt und verteilt werden. Ferner organisierte die Partei Vortragsveranstaltungen zu verschiedenen Themen Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 1434 4 – zum Teil verbunden mit Auftritten von Liedermachern – sowie zumindest eine „Rechtsschulung“. Eine nennenswerte Einbindung von Mitgliedern aus Baden-Württemberg in die Bundesstrukturen ist bislang nicht festzustellen. Gleichwohl nahmen Parteimitglieder aus Baden-Württemberg an bundesweiten Aktionen wie beispielsweise dem sogenannten Arbeiterkampftag am 1. Mai 2016 in Plauen oder dem Heldengedenken in Wunsiedel teil. Darüber hinaus gab es auch gemeinsame Aktivitäten mit Mitgliedern anderer Stützpunkte. So wurde z. B. im Anschluss an eine Schulung das Kyffhäuserdenkmal in Thüringen besucht. Engere Kontakte bestehen insbesondere zu Parteimitgliedern aus Bayern. 8. Ist ihr bekannt, zu welchen anderen rechtsextremistischen Organisationen im In- und Ausland „Der Dritte Weg“ und seine Mitglieder und Sympathisanten Kontakte unterhalten? Zu 8.: Bei den Mitgliedern der Partei „Der Dritte Weg“ handelt es sich um langjährige Szeneangehörige, die vorher regelmäßig in anderen rechtsextremistischen Strukturen aktiv waren. Insofern bestehen unterschiedlich stark ausgeprägte Kennver - hält nisse zu anderen rechtsextremistischen Organisationen und deren Mitgliedern. Inwieweit hier zwischen einzelnen Personen Kontakte unterhalten werden, kann nicht abschließend beantwortet werden. Eine strukturelle Zusammenarbeit oder Kooperation der Partei „Der Dritte Weg“ mit anderen rechtsextremistischen Organisationen gibt es jedoch nicht. Vereinzelt sind Kontakte der Partei zur griechischen Partei „Chrysi Avgi“ (Gol - dene Morgenröte) bekannt, wobei baden-württembergische Parteimitglieder bei der Pflege dieser Kontakte keine nennenswerte Rolle spielen. 9. Inwieweit hat sie Kenntnis von vom „Dritten Weg“ gegründeten Bürgerwehren , insbesondere in Göppingen und wie schätzt sie diese ein, insbesondere hinsichtlich einer Beobachtung der fortwährenden Entwicklung? Zu 9.: Im Oktober 2016 berichtete der „Stützpunkt“ Württemberg auf der Homepage der Partei in dem Artikel „Nationale Streife zeigt in Göppingen Präsenz“, dass „Mitglieder und Freunde vom hiesigen Stützpunkt Württemberg unserer Partei einmal mehr offensiv Präsenz in der Göppinger Innenstadt“ gezeigt hätten, um „den Bürgern gerade in der dunkleren Jahreszeit ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln“. Weiter wurde angekündigt: „Auch in anderen Städten und Gemeinden der Region werden die heimattreuen Aktivisten zukünftig verstärkt und noch gezielter auf der Straße präsent sein.“ Mit diesem Beitrag versucht die Partei den Anschein zu vermitteln , regelmäßig in verschiedenen Städten und Gemeinden zu patrouillieren, um den Schutz der Bürger zu gewährleisten, was der Staat nicht mehr könne. Damit wird versucht, nach außen den Eindruck eines bürgerwehrähnlichen Verhaltens zu erwecken. Allerdings liegen keine Erkenntnisse vor, dass sich entsprechende Auftritte wiederholt hätten. Insofern ist nicht von der Bildung einer Bürgerwehr in Göppingen oder einer anderen Stadt in Baden-Württemberg auszu - gehen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration